Nachhaltig investieren

Nachhaltige Geldanlagen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit in den deutschsprachigen Ländern, allen voran in Deutschland. Laut LGT Private Banking Report gaben 39 Prozent der befragten Deutschen, 25 Prozent der Österreicher und 22 Prozent der Schweizer an, dass ökologische Kriterien in der Vergangenheit „sehr konkret“ eine Rolle bei der Anlageentscheidung gespielt hätten. Und dieser Trend setzt sich fort. Nach Angaben des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) ist der Markt in den drei deutschsprachigen Ländern auch 2016 überproportional gewachsen und verzeichnete ein Plus von 29 Prozent. Die Summe aller Investitionen, bei denen zusätzlich zu den finanziellen auch ökologische und soziale Aspekte berücksichtigt werden, betrug im vergangenen Jahr rund 420 Milliarden Euro – zum Vergleich: Der Bundeshaushalt sieht für 2017 Ausgaben in einer Höhe von knapp 330 Milliarden Euro vor. Auch die Bertelsmann-Stiftung kommt in einer aktuellen Studie zu dem Ergebnis, dass „die Nachfrage nach sozialer Wirkung bei der Geldanlage steigt“. Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann-Stiftung, formuliert es so: „Klassischerweise werden bei Vermögensanlagen die beiden Faktoren Risiko und Rendite betrachtet. Immer mehr Anleger möchten auch die Frage beantwortet haben: Was genau bewirkt mein Geld?“

Was genau bewirkt eigentlich mein Geld?

Millennials und Frauen vorne

Wer sind die treibenden Kräfte bei den nachhaltigen Geldanlagen? Für Antonia Strachwitz, Kommunikationsverantwortliche bei LGT Impact Ventures, ist es vor allem die Millennial-Generation, also die Gruppe der heute 20- bis 34-Jährigen, die einerseits einen nachhaltigen Lebensstil pflegt, andererseits an nachhaltigen Investitionen interessiert ist. Diese Ansicht wird durch Untersuchungen von Morgan Stanley aus dem Jahr 2014 gestützt, bei denen 800 Investoren, darunter 200 Millennials, nach ihren Investitionsentscheidungen befragt wurden. Letztere wären weitaus eher geneigt, bei der Job- oder Produktauswahl Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen, so die Untersuchung. Und 84 Prozent der befragten Millennials gaben an, an nachhaltigen Investitionen interessiert zu sein. „Wirklich bedeutsam ist, dass sie auch mit doppelter Wahrscheinlichkeit in Aktien oder Fonds investieren, bei denen Nachhaltigkeit eine Rolle spielt“, sagt Audrey Choi, Sprecherin von Morgan Stanley. Zu den treibenden Kräften gehören überproportional Frauen. Hier zeigten 76 Prozent der befragten Frauen Interesse an nachhaltigem Investment, hingegen nur 62 Prozent der Männer. Bei der Frage, ob zusätzlich zur Rendite auch die Folgen der Investition zu berücksichtigen seien, lag die Zustimmungsrate unter den Frauen mit 40 Prozent fast doppelt so hoch wie bei den Männern (23 Prozent). Laut Antonia Strachwitz sind vor allem die wohlhabenden Frauen unzufrieden mit den bisherigen Angeboten der Finanzdienstleister. Und diese Gruppe wird allen Prognosen zufolge über ein immer größeres Geldvermögen verfügen – und damit die Investitionsentscheidungen mitprägen.

Besonderheit Impact-Investing

Zu den besonderen Formen nachhaltiger Geldanlagen zählt das Impact-Investing, bei dem es darum geht, gesellschaftliche Herausforderungen direkt anzugehen und Probleme zu lösen, also um mehr als nur um Vermeidung etwa von CO2-Emissionen oder Ausbeutung. Investoren, nicht selten Stiftungen, investieren über Darlehen, Kredite oder Beteiligungen in bestimmte Projekte – etwa in die Unterstützung autistischer Hochbegabter in der IT-Branche, in die Kommunikation für Hörgeschädigte, in Augenkliniken für Arme oder in die Verbesserung von Wertschöpfungsketten für Kleinbauern in Afrika. Nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung hat sich das Volumen beim Impact-Investing seit 2012 mehr als verdreifacht. Da die Basis 2012 aber relativ niedrig war, mahnt die Stiftung politische Unterstützung an, „um den Durchbruch zu schaffen“.

Investitionen in erneuerbare Energien

Es gibt viele Beispiele für nachhaltige Investments: So bietet der Finanzdienstleister UDI Investitionen „in ökologisch sinnvolle und qualitativ hochwertige Geldanlagen“. Das Unternehmen versteht sich nach eigenen Angaben als „Partner für Menschen, die ökologisch sinnvolle Kapitalanlagen und lukrative Rendite in verantwortungsvoller Form kombinieren wollen“. Dazu zählen Anlagen in erneuerbare Energien, also Energiegewinnung aus Sonne, Wind und Biomasse, aber auch in Nullenergiegebäude und Nullemissionsgebäude. Zu den Projekten gehört auch die Errichtung von 60 „grünen“ Wohneinheiten, teils Eigentumswohnungen, teils Doppelhaushälften nahe Nürnberg, die „sehr konkreten ökologischen Kriterien entsprechen müssen“, so Georg Hetz, Geschäftsführer von UDI. Die Anleger könnten vom Trend zu energieeffizienten Gebäuden auch profitieren, wenn sie nicht gleich eine ganze Immobilie kaufen möchten, erläutert der gelernte Banker. Rund 16 500 Anleger vertrauen auf das 60 Personen starke Team des Unternehmens, das bisher 139 Projekte mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von knapp 1,3 Milliarden Euro betreut hat.

Auf die Kraft der Sonne setzen

Stark in Fotovoltaik investiert das Unternehmen Neitzel & Cie, nach eigenen Angaben „der Spezialist für Energie-Sachwertanlagen“. Bisher hat das Unternehmen 22 Fotovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 62 Megawatt Strom erworben. Die Investitionen dafür belaufen sich auf rund 160 Millionen Euro. „Mit unserer derzeitigen Vermögensanlage setzen wir weiterhin auf die Kraft der Sonne, indem wir Fotovoltaik-Anlagen in unser Portfolio aufnehmen“, erklärt dazu der Geschäftsführer Bernd Neitzel. Neu für das Programm „Zukunftsenergie Deutschland 4“, für das 50 Millionen Euro, darunter 20 Millionen Euro Eigenkapital, veranschlagt sind, sei die Kombination von Fotovoltaik und Blockheizkraftwerken. Der Vorteil liege auf der Hand, so Neitzel: „Beide Systeme schonen die Umwelt, und wir fördern die politisch wie gesellschaftlich beschlossene Energiewende.“

Gute Investition: In Verbindung mit Solarenergie­anlagen sind Strom- und Batteriespeicher ein logischer Baustein.

Gute Investition: In Verbindung mit Solarenergie­anlagen sind Strom- und Batteriespeicher ein logischer Baustein.

Rohstoffe „Next Generation“

Doch auch Investitionen in Rohstoffe der „nächsten Generation“ können als nachhaltige Geldanlage firmieren, wie Tobias Tretter von der Commodity Capital AG betont. Mit dem Structured Solutions Next Generations Resources Fund investiert das Unternehmen in Rohstoffe, die zur Herstellung von Produkten wie etwa Batterien oder Fotovoltaikanlagen benötigt werden, allen voran Lithium, aber auch Kobalt, Grafit oder Zink. „Lithium ist der große Profiteur der Elektrifizierung, und wir sehen weiterhin enormes Potenzial bei Lithium“, sagt Tobias Tretter. Bei den anderen Metallen sieht er ein „extremes Angebotsdefizit auf die Batteriehersteller zukommen“. Beispiel Kobalt: Dieses wird hauptsächlich in der Demokratischen Republik Kongo abgebaut, die aufgrund von Kinderarbeit und grausamer Arbeitsbedingungen als Lieferant nicht in Frage komme: „Insofern werden händeringend neue, verlässliche Kobaltquellen benötigt“, erläutert Tretter. „Aktuell ist noch keinerlei verlässliche Produktion absehbar, und wir rechnen aufgrund der stark wachsenden Nachfrage mit weiter steigenden Preisen.“

Überdurchschnittliche Renditen erzielen?

Doch trotzdem erzielen grüne Investments vergleichbare Renditen wie traditionelle Geldanlagen. Nach Ansicht von Barbara Claus, Fondsanalystin bei Morning Star, gibt es Nachhaltigkeitsfonds mit überdurchschnittlicher Wert­entwicklung, so etwa den First State Asia Pacific Sustainability Fund (GB00B 0TY6S22), den Fonds Carnegie World­wide Ethical (LU0122292328) oder den UBS (Lux) EF Global Sustainable (LU0076532638). Andere Experten empfehlen den internationalen Natur-Aktien-Index (NAI), in dem 30 internationale Unternehmen gelistet sind, die anhand ökonomischer und ökologischer Kriterien ausgewählt und von unabhängigen Gutachtern überprüft werden. Laut Handelsblatt haben diese Unternehmen über Jahre hinweg mit elf Prozent pro Jahr im Schnitt eine doppelt so hohe Rendite wie die Unternehmen des deutschen Aktien-Index (DAX) erzielt.

Regeln für die Anleger

Dennoch sollten Anleger nicht einfach den bunten Werbebroschüren vertrauen, die „grüne“ Investitionen versprechen, sondern ganz genau hinschauen, denn neben vielen weißen Schafen findet sich auch das eine oder andere schwarze Schaf unter den Anbietern. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, die auf nachhaltige Geldanlagen spezialisierte Ecoeffekt, die Stiftung Warentest oder andere Verbraucherorganisationen zu Rate zu ziehen. Wer sich kostenlos informieren möchte, kann auf das unabhängige Verbraucherportal www.ich-investiere-gruen.de zurückgreifen, das Informationen über Anlagemöglichkeiten bietet. Dabei wird nach Anlagesumme, gewünschter Laufzeit und sonstigen Anlagepräferenzen ein Angebot ermittelt und Kontakt zum jeweiligen Anbieter hergestellt. Fachleute raten, bei nachhaltigen Geldanlagen zwei Regeln zu beherzigen: Zum einen feste Ausschlusskriterien zu definieren und zweitens im Fall ausbleibender Renditen nicht aus falsch verstandener Treue an den Investitionen festzuhalten, sondern „die Pferde zu wechseln“.

Wer sich über seine Anlagen Gedanken macht, sich klug informiert, sich über den Kurs der Aktien oder Fonds auf dem Laufenden hält und im Extremfall die eine oder andere Investition beendet, kann nicht viel falsch machen. Eigentlich genauso wie bei herkömmlichen Geldanlagen.

von Dr. Ralf Magagnoli
r.magagnoli@trendreport.de

 

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