"Windräder" (CC BY-SA 2.0) by  christianreimer 

Nachhaltigkeit in Lieferketten: Wie können Unternehmen ihre Zusammenarbeit mit Zulieferern verbessern?

Ein Gastbeitrag von Melanie Wilneder, Key Account Manager, South Pole Group

Auch wenn die Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsthemen immer differenzierter wird, bleibt ein blinder Fleck bestehen: die Lieferkette. Der überwiegende Teil der Umweltauswirkungen entsteht in der nachgeschalteten Lieferkette, genau dort, wo belastbare Daten und zuverlässige Berichtspraktiken schwer zu finden sind. Wie können globale Unternehmen sich besser mit ihren Zulieferern vernetzen, um eine Lösung für diese Herausforderung zu finden?

Über 90% der „Global 250“-Unternehmen, der oberen Hälfte der „Fortune Global 500“, berichten über unternehmerische Verantwortung an verschiedene Stakeholder-Gruppen. Dazu gehören unter anderem Investoren, B2B-Kunden und Regulierungsbehörden. Die Berichterstattung über Initiativen wie GRI, CDP und den Dow Jones Sustainability Index gehört mittlerweile zum Standard und ist weit verbreitet. Im Rahmen der ökologischen Nachhaltigkeit berichten Unternehmen zunehmend über ihre Treibhausgasemissionen sowie über Risiken, denen sie aufgrund ihrer Ressourcennutzung ausgesetzt sind, zum Beispiel hinsichtlich Abholzung und Wasserverbrauch.

Um ihre Bilanzen langfristig zu schützen und ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern, streben Unternehmen eine kontinuierliche Verbesserung der Nachhaltigkeit ihrer Lieferketten an. Einige Softwareanbieter und NGOs, die Unternehmen bereits in ihrer eigenen Berichterstattung unterstützen, weiten ihr Angebot auf die Lieferkette aus und ermöglichen es damit Unternehmen, relevante Daten direkt von ihren Lieferanten zu sammeln. Spezifische Lösungen kombinieren Selbstbewertungen und Audits zur Lieferkette, die sowohl ökologische als auch soziale Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigen.

Allerdings ist die Mehrheit der Umweltauswirkungen oftmals in nachgeschalteten Bereichen der Lieferkette zu finden, z.B. bei Tier-3 oder Tier-4 Lieferanten: Pumas Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) beispielsweise zeigt, dass 57% der Umweltauswirkungen bei Tier-4 Zulieferern entstehen, verglichen mit 6% im eigenen Betrieb, und 9% bei direkten Lieferanten (Tier-1). Konkret bedeutet dies, dass über die Hälfte der Umweltauswirkungen der Lieferkette weit außerhalb des direkten Einflussbereiches von verbraucherorientierten Unternehmen liegen.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass Lieferanten oft weniger in der Lage – oder bereit – sind, die benötigten Daten zur Verfügung zu stellen, da ihre Nachhaltigkeitsabteilungen oft nicht so gut aufgestellt und finanziert sind wie die der großen internationalen Markenunternehmen. Vor einem globalen Hintergrund ist dies mehr als beunruhigend: In westlichen Ländern sinken die Treibhausgasemissionen oder haben ihren Höchststand erreicht, da emissionsintensive Herstellungsprozesse zunehmend an nachgeschaltete Lieferanten in Schwellenländer ausgegliedert werden. Dies geht oft mit insgesamt niedrigeren regulatorischen Berichterstattungs- und Transparenzanforderungen in diesen Ländern einher.

Wie können globale Unternehmen sich stärker mit ihren Lieferanten vernetzen, um ihre Verantwortung gegenüber Endkunden wahrzunehmen?

Ein solides Management von Wasser, Waldressourcen und Energie ist ein wichtiger Prozess, um die Lieferketten von Konsumgüterfirmen nachhaltig auszurichten. Die drei wichtigsten Schritte umfassen die Identifizierung von Risiken, die mit natürlichen Ressourcen verbunden sind, die Umstellung auf eine erneuerbare Energieversorgung und die Kompensation von Emissionen, die unvermeidbar sind. Eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten in diesen Bereichen ist entscheidend.

1) Risiken von Ressourcen und Rohstoffen identifizieren

Um Rohstoffrisiken entlang der Lieferkette zu identifizieren, müssen Unternehmen nur die Geokoordinaten ihrer Rohstoffverarbeitung kennen, unabhängig davon, wie weit hinten sie in der Lieferkette gelagert sind.

Mit anspruchsvollen Werkzeugen, die auf geographischen Informationssystemen (GIS) basieren, wie etwa dem „Big Chain Tool“ der South Pole Group, kann ein Unternehmen herausfinden, ob die Rohstoffbeschaffung und -verarbeitung zur Entwaldung an einem bestimmten Ort beiträgt, oder ob Wasserrisiken vorhanden sein können. Häufig mangelt es jedoch noch an Transparenz und Unternehmen können die ökologischen Auswirkungen ihrer Lieferkette nicht vollständig nachvollziehen. In der Folge können globale Markenunternehmen mit Umweltkampagnen konfrontiert werden, ohne angemessene Kommunikations- oder Unternehmensrichtlinien als Antwort zu haben. Darüber hinaus verhindern zerstörte Ökosysteme langfristig effiziente Produktionsprozesse. Nur ein nachhaltiges Management der natürlichen Ressourcen kann eine Fortführung der Geschäftsaktivitäten in der Zukunft sicherstellen.

Wenn ein Rohstoff mit Abholzung in Verbindung gebracht wird, können Unternehmensrichtlinien formuliert, umgesetzt und überwacht werden, um dies in Zukunft zu vermeiden. Fortschritte können an Stakeholder berichtet werden, die zunehmend Nachweise für konkrete Nachhaltigkeitsmaßnahmen verlangen. Aus gutem Grund: Das kürzlich von der South Pole Group und CDP veröffentlichte Unternehmens-Scoring zum Bereich Waldressourcen zeigt, dass nur 30% der an CDP berichtenden Unternehmen den Ursprung von Rohstoffen bestimmen kann, die mit Abholzung in Verbindung gebracht werden. Gleichzeitig hängen Unternehmensumsätze von bis zu 906 Milliarden US-Dollar von Rohstoffen ab, die den Großteil der weltweiten Abholzung der tropischen Regenwälder verantworten.

Sobald Probleme mit Rohstoffen oder natürlichen Ressourcen identifiziert sind, kann ein nächster Schritt eine Verpflichtung zur Vermeidung von Entwaldung sein.
Verpflichtungen zu „Zero Deforestation“ entwickeln sich immer mehr zu Best Practices, wie der Anstieg um 30% gegenüber dem Vorjahr seit 2009 und die Beschleunigung auf 80% zwischen 2013 und 2014 zeigt.

2) Umstellung der Produktion auf erneuerbare Energie

Auch die negativen Umweltauswirkungen von Produktion und Fertigung können signifikant reduziert werden. Dank Initiativen wie RE100 oder den „Renewable Energy Buyers’ Principles” haben viele große Unternehmen sich zeitliche Ziele gesetzt, um 100% erneuerbare Energien zu erreichen.

Nicht nur die CSR-Abteilungen sind in großen Unternehmen weiter fortgeschritten als ihre Lieferanten, dies trifft meistens auch auf ihre Beschaffungsabteilungen zu. Energieeinkäufer arbeiten mit CSR-Abteilungen zusammen, um sicherzustellen, dass die richtige Menge und Qualität erneuerbarer Energie eingekauft wird, angefangen von nationalen Grünstromtarifen bis hin zu Power Purchase Agreements (PPAs) für große eigene Produktionsanlagen und Herkunftsnachweisen (Renewable Energy Certificates, RECs) für den Stromverbrauch von Niederlassungen und Einzelhandelsgeschäften mit geringem Energieverbrauch, die ihren Stromanbieter nicht direkt auswählen können.

Produzierende Hersteller sollten diesem Beispiel folgen: Sie können davon profitieren, dass große Markenunternehmen eine Vorreiterrolle einnehmen und die Nachfrage nach erneuerbaren Energien ankurbeln, während die Kosten für Erneuerbare Energien weiter sinken. Gleichzeitig können Unternehmen produzierende Lieferanten bei ihrer Energiestrategie unterstützen. Sie können ihre Expertise in Bezug auf die Beschaffung von erneuerbaren Energien teilen und finanzielle Unterstützung zur Verfügung stellen, um PPAs vor Ort oder in der Nähe von Produktionsanlagen umzusetzen.

3) Die Kompensation unvermeidbarer Emissionen

Viele große Unternehmen kompensieren bereits ihre eigenen unvermeidbaren Treibhausgasemissionen. Emissionen, die in ihrer Lieferkette entstehen, z.B. in der Logistik oder Rohstoffbeschaffung, werden hingegen oftmals nicht kompensiert.

Unternehmen können ihre Rohstofflieferanten in Projekte zur Reduktion von Emissionen entlang der Lieferkette einbinden, durch das sogenannte „Insetting“. Dabei werden Klimaschutzprojekte, die CO2 vermeiden, direkt innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens entwickelt. Der Fokus liegt auf der Quantifizierung aller relevanten Auswirkungen über CO2 hinaus, einschließlich der lokalen Gemeinschaften, Mitarbeiter und anderer natürliche Ressourcen. Je nach Unternehmensanforderungen wenden die Projekte den am besten geeigneten Monitoring-, Reporting- und Verifizierungs- / Auditstandard an, einschließlich des Goldstandards, des Verified Carbon Standards, des Plan Vivo, des GHG-Protokolls, des CCB-Standards usw.

Der Druck auf Unternehmen steigt, ihre Auswirkungen und Risiken entlang der Wertschöpfungsketten offenzulegen – ein Bereich, der zum Hauptfokus von Nachhaltigkeitsmaßnahmen wird. Dank der zunehmenden Verfügbarkeit und Transparenz von relevanten Daten wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung zunehmend ermöglicht.

Dennoch können dauerhafte positive Auswirkungen entlang der Wertschöpfungskette nur gewährleistet werden, wenn Unternehmen mit ihren Hauptzulieferern zusammenarbeiten. Die Kaufkraft von großen Konsumgüterunternehmen ermöglicht ihnen einen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsaktivitäten ihrer Zulieferer. Letztlich können große Unternehmen ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele nur erreichen, wenn sie hohe Standards für die Leistung ihrer Zulieferer setzen. Die langfristige Zusammenarbeit mit Zulieferern ist vor diesem Hintergrund die nächste große Herausforderung – und ein entscheidender Schritt, um die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen.

Autorin:

Melanie Wilneder_SPGMelanie Wilneder, Key Account Manager, South Pole Group

 

 

 

 

Weitere Informationen unter:
http://www.thesouthpolegroup.com/

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