Smarter Standort Deutschland

Die angespannte wirtschaftliche Situation und die Herausforderung, in neue digitale Geschäftsmodelle zu investieren, können gemeistert werden.

Work smarter, not harder“ – der Denkansatz könnte aufgehen im Hinblick auf die neuen Technologien und Innovationen, die Unternehmern am Standort Deutschland zur Verfügung stehen.
Laut der Bundeskanzlerin soll Deutsch­land führender KI-Standort werden. Deutschland müsse „noch schneller und entschiedener“ bei der Förderung der künstlichen Intelligenz (KI) werden. Das sagt Bundeskanzlerin Merkel in ihrem Video-Podcast. Bis zum Ende dieser Legislaturperiode stehen drei Milliarden Euro für die Förderung von künstlicher Intelligenz zur Verfügung.

Künstliche Intelligenz (KI) ist mittlerweile keine Zukunftsmusik mehr: Gerade auch für mittelständische Betriebe ergeben sich durch sie unzählige neue Möglichkeiten, die vielerorts schon genutzt werden. Durch eine intelligente Produk­tionssteuerung beispielsweise wird die Ressourcen- und Mitarbeiterplanung flexibler, smarte Kamerasysteme erhöhen die Effizienz der Qualitäts­prüfung oder Produktionsausschüsse werden durch intelligente Systeme vermieden.
Die zahlreichen Chancen, die durch den KI-Einsatz entstehen, sollten deutsche Unternehmen nicht ungenutzt lassen, sofern sie auch in Zukunft auf den internationalen Märkten die Nase vorn haben wollen.


Der Build-measure-learn-Denkansatz ist schon lange keine Neuheit mehr, aber einfach mal loszulegen heißt auf das „Minimum Viable Product“, den MVP-Ansatz zu setzen.

Oliver Bendig, Matrix42

Doch momentan stehen die Unternehmen vor diversen Herausforderungen. Nach vielen Jahren des Wachstums scheint das Ende in Sicht. Die Süddeutsche Zeitung schreibt dazu am 27. August 2019, „2020 könnte das Jahr der nächsten großen Wirtschaftskrise werden – und anders als vor elf Jahren wissen diesmal alle seit Monaten Bescheid.“ Wie kann nun der Spagat zwischen drohenden Kosteneinsparungen und Investitionen in die neuen Technologien von Unternehmen gemeistert werden? Kostensenkung ist im derzeitigen Wirtschaftsumfeld hoch aktuell. Dennoch verfehlen dabei laut der Deloitte-Studie zur strategischen Kostentransformation viele deutsche Unternehmen ihre Zielvorgaben.

Dr. Hendrik Engelhardt, Director Strategic Cost Transformation bei Deloitte, berichtet dazu: „Nur inkrementelle Maßnahmen reichen hierzu nicht aus, weil insbesondere die Einführung neuer digitaler Tech­nologien signifikante finanzielle Ressourcen benötigt – Ressourcen, die bei einem angespannten Marktumfeld bewusst und gezielt eingesetzt werden müs­sen. Hier geht es um grundlegende beziehungsweise disruptive Struktur­än­derungen im jeweiligen Geschäftsmodell.“ Ihm zufolge sind die Kostenstruktu­ren strategisch weniger relevanter Geschäftsbereiche rigoros auf Effizienz zu trimmen. Somit wird zusätzlicher finanzieller Spielraum für Investitionen in Innovation und Digitalisierung geschaffen.

Innovative Einsparungen lassen sich laut Engelhardt durch RPA („Robotic Process Automation“) generieren: „Dabei handelt es sich um einen neuen Software-gestützten Ansatz, der dort zum Einsatz kommt, wo Prozesse einem festen Regelwerk folgen und immer wieder nach demselben Muster ablaufen, etwa in der Buchhaltung, bei der Mitarbeiterverwaltung oder im IT-Support.“ Laut Engelhardt ist das Effizienzpotenzial durch RPA enorm.
In Zeiten von neuen Arbeitskonzepten und digitalen Tools, die global und demokratisch für alle bestehenden und neuen Marktteilnehmer verfügbar sind, muss Deutschland smarter werden, was den Einsatz der vorhandenen Mittel angeht. Dr. Hendrik Engelhardt ergänzt dazu: „Vermutlich wird die deutsche Wirtschaft nicht mehr automatisch an allen Tischen in der ersten Liga spielen können. Um im Bild zu bleiben: Manches Unternehmen sollte überlegen, sich neue Karten geben zu lassen.“


„Digitale Lösungen, mit denen sich operative Kosten senken lassen, werden
häufig nur unzureichend implementiert,“ schlägt Dr.Engelhardt Alarm.

 

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„Talent Management und Recruiting auf Basis einer intelligenten Lösung zu betreiben, ist eine strategische Entscheidung, deren Erfolg messbar ist.“ so Dr. Jan Christian Seevogel,

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Start-up-Mentalität und das „Minimum Viable Product“ (MVP)

Das tradierte Geschäftsmodell zu verlassen, hört sich nach einer großen Herausforderung oder besser nach einem Neustart an. Was macht dann eigentlich die „alte Ziegelei in Nürnberg“ oder eine Versicherung, die Unfallversicherungen verkauft, um in Zeiten der Digitalisierung en vogue zu bleiben? Als gestandener Unternehmer können Sie entweder warten, bis Sie die Großen oder Kleinen disruptiv überholen, oder Sie investieren in ein neues und digitales Geschäftsmodell, das jetzt agie­ren kann und nicht reagieren muss. Start-up-Mentalität ist wieder gefragt wie nie. Neugeschäft bedeutet in diesem Sinne auch, neue Risiken einzugehen und sich auf neuem Terrain zu bewegen – schon vergessen? Nach der Idee steht dann die Umsetzung im Raum und Agilität ist dabei Trumpf.

In diesem Kontext sind viele Innovationsmethoden und Begriffe aus dem Silicon Valley für deutsche Unternehmen noch Neuland. So auch das „Minimum Viable Product“, was auf Deutsch so viel wie „minimal funktionsfähiges Pro­dukt“ bedeutet. Start-ups verschaffen sich mit dieser Methode einen Wettbewerbsvorteil gegenüber etablierten Unternehmen, weil sie Innovationen schnel­ler umsetzen und auf neue Anforderungen flexibler reagieren können.

„Voraussetzung für die Entwicklung des MVP ist die Durchführung eines Design-Sprints. In diesem können Sie anhand der Lean-Start-up-Methodik in einem disruptive Business-Anwendungs­fälle entwerfen, ohne das finanzielle Risiko aus den Augen zu verlieren“, betonte Achim Nierbeck, von codecentric, im Gespräch mit der Redaktion. Eigentlich ganz einfach, denn Anwendungen werden heute wie in einer Fabrik produziert. „Wir haben schon immer darauf gebaut, dass wir Innovationen erkennen und fördern. Neun von zehn Start-up-Ideen funktionieren nicht, deshalb sorgen wir für die richtigen Rahmenbedingungen, sodass wir kontinuierlich Ideen entwickeln und testen können“, ergänzt noch der Branch Manager der IT-Beratungsfirma für agile Softwareentwicklung.

Auch Oliver Bendig von Matrix42 rät zum MVP-Ansatz, wenn es um die digitale Transformation im Kontext des digitalen Arbeitsplatzes geht: „Einfach mal loslegen“. Der Build-measure-learn-Denkansatz ist schon lange keine Neuheit mehr, aber einfach mal loszulegen heißt auf das „Minimum Viable Product“, den MVP-Ansatz zu setzen. „Ich probiere und ich experimentiere. Ich rate jedem Unternehmen, lieber sich selbst zu disruptieren, bevor es jemand anderes tut. Hin­terfragen Sie, was Digitalisierung für Ihr Geschäftsmodell bedeutet.“ Beispielhaft nennt er Uber. Das Unternehmen aus San Francisco arbeitet selbst am autonomen Fahren und disruptiert damit sein eigenes Geschäftsmodell, entwickelt aber gleichzeitig neue Dienstleistungen, die auch dann noch Bestand haben. Exemplarisch für eines von vielen neuen Geschäftsmodellen nennt er Uber-Eats, wo man jetzt Essen bestellen kann. Sein Punkt ist: „Nicht rasten, sondern sich kontinuierlich neu erfinden.“ Er glaubt, dass gerade mittelständische Unternehmen in einer hervorragenden Situation sind, so etwas zu tun. Weil Geschwindigkeit in der digitalen Welt ein extrem hohes Gut ist.


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Das Land des Low-Speed-Internets

Apropos Geschwindigkeit, die wichtigsten Merkmale für einen smarten Standort sind die Vernetzung und schnelles Internet. Wie sonst sollen die neuen Technologien auch wirklich jedem Unternehmen nutzen und nur so können die neuen Arbeitsformen umgesetzt werden. Im internationalen Vergleich sind die Deutschen recht langsam im Internet unterwegs. Singapur ist das Land mit der schnellsten Internet-Geschwindigkeit. Deutschland liegt im Ranking weit abgeschlagen auf Platz 31 im weltweiten Vergleich. Durch die Digitalisierung und das Internet sind z. B. unsere Gebäude in der Lage, effizienter und nachhaltiger bewirtschaftet zu werden.
Für Tom Dreiner, Commercial Director bei ISS Facility Services, hat Deutschland ganz klar hohen Nachholbedarf. „In vielen Bereichen hängen wir bei der Nutzung smarter Technologien anderen Ländern hinterher. Hier ist Umdenken notwendig, um z. B. Gebäudenutzung und digitale Technologien miteinander zu verbinden“, erklärte Tom Dreiner. Doch wie sieht das in Gebäuden von Unternehmen aus? „In diesem Bereich steht im Fokus, die Sicherheit, unternehmerische Effizienz und Nachhaltigkeit zu steigern. Hier ist in Deutschland noch viel Luft nach oben, um langfristig international wettbewerbsfähig zu bleiben“, betont Dreiner.


Dem Fachkräftemangel begegnen

Nach einer aktuellen GfK-Studie vom 14. Oktober 2019 fehlen Großunternehmen zunehmend die Fachkräfte für die digitale Transformation. Trotzdem müssen Unternehmen gewährleisten, dass die richtigen Mitarbeiter für die richtigen Stellen rekrutiert werden, damit neue Geschäftsmodelle etabliert werden können. Was also tun? Dr. Jan Seevogel von Avature meint dazu: „Das wichtigste Gut für unternehmerischen Erfolg in näherer Zukunft und gerade in Zeiten des extrem schnellen Wandels bleiben aber die Menschen, die an und in den Unternehmen arbeiten. Denn Wachstum entsteht aus Transformation und Transformation kann nur mit den Menschen gelingen, die das Unternehmen ausmachen.“ Laut Dr. Jan Seevogel sind Investitionen in die richtige HR-Technologie mit Abstand die bedeutendsten. „Es gibt nichts Wichtigeres, als die am besten passenden Talente schneller zu finden als andere und diese anschließend dauerhaft an Ihr Unternehmen zu binden. Wer hier rechtzeitig, vor anderen und vor allem klug investiert, spart enorm hohe Kosten in der Zukunft und verhindert vielleicht sogar das Scheitern der gesamten Organisation“, betont Dr. Seevogel.


„Die beste Technologie bleibt wirkungslos, wenn sie nicht eingesetzt wird,“ weiß Torsten Köbel und erläutert Vorteile seiner „Digital Asset Management“-Lösung.

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Innovation bedeutet Vorsprung, Wandel, Neuheit. Das ist Achim Nierbeck´s Kerngeschäft, und das ist, was sein Team und er auch Ihnen bieten kann.

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Der digitalen Datenflut Herr werden

Klug investiert hat auch derjenige Unternehmer, der sein Datenmanagement in Zukunft gut organisiert. Zur Bewältigung der Datenflut ist ein „Digital Assessment Management“-System (DAM) zwingend erforderlich. Dies gilt insbesondere angesichts der immer strengeren gesetzlichen Vorgaben: Mit einem DAM lassen sich zentral und effizient alle Quellen sichten, konvertieren, mit Stichwörtern versehen etc. Torsten Köbel von Extensis erklärte uns dazu: „Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch ein wirtschaftlicher Aspekt: Die Assets beanspruchen in der Masse enorm viel Speicherplatz. Ein DAM kann dafür sorgen, dass sich unbrauchbares Material schnell finden und aussortieren lässt. Es kann Dubletten vermeiden helfen und Dateien in die benötigten Dateiformate in den benötigten Abmessungen automatisiert konvertieren.“ Es stehen uns also eine Vielzahl von Tools zur Verfügung, die nur richtig zum Einsatz gebracht werden müssen, um den Automatisierungsgrad zu erhöhen.


Wie muss ein attraktiver Arbeitsplatz gestaltet sein, um Wissensaustausch und Teamarbeit zu fördern und die vorhandene Fläche möglichst effizient zu nutzen?

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Der digitale Wandel in der Instandhaltung spiegelt sich besonders auf der Messe maintenance, der Leitmesse für industrielle Instandhaltung.

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Industrie 4.0

Die neuen Technologien und Möglichkeiten wie z. B. Predictive Maintenance und maschinelles Lernen durchdringen alle Branchen. Wenn Industrieunternehmen heute ihre Prozesse digitalisieren und nach den Grundsätzen von Industrie 4.0 gestalten, werden die ersten Anwendungsfälle häufig in der Instandhaltung umgesetzt. In diesem Kon­text profitiert der Standort Deutschland in Zukunft auch beim Einsatz von AR-Technologien.

In nicht allzu ferner Zukunft werden die Instandhalter mit Augmented-Reality-Werkzeugen wie AR-Brillen durch Inspektionsprozesse geführt. Die von den Maschinenkomponenten gesammelten Betriebsdaten ermöglichen klare Vorhersagen zur Restlebensdauer und einen Austausch zum optimalen Zeitpunkt im Sinne der „Predictive Maintenance“. Zu jeder Maschine wird es einen digitalen Zwilling geben, der alle instandhaltungsrelevanten Daten enthält und z. B. die Identifikation von Ausfallursachen und das Bestellen von Ersatzteilen vereinfacht. Genau diese Themen beleuchtet für ihre Besucher die maintenance. Die Fachmesse für industrielle Instandhaltung findet vom 12. bis 13. Februar 2020 in Dortmund statt.

„Auf der kommenden maintenance in Dortmund werden wir uns verstärkt mit künstlicher Intelligenz, Data Scien­ce, mobilen Systemen in der Instandhaltung und neuen Geschäftsmodellen, die damit eng verbunden sind, beschäftigen. In Deutschland wird auf dem Gebiet bereits sehr viel unternommen, es entstehen neue Geschäftsmodelle und Kooperationen. Alles wird ‚digitaler‘ und ‚vernetzter‘. Und das sind für mich die Schlag­wörter, die den ‚Smarten Standort Deutschland‘ ausmachen“, betont Maria Soloveva, Projektleiterin der maintenance, im Hintergrundgespräch mit der Redaktion.

Bernhard Haselbauer
b.haselbauer@trendreport.de