ESG Reporting: Pflichten und Herausforderungen

Interview:

Lisa Scharrer von BIG.Cube schafft Transparenz über Herausforderungen und Lösungsansätze im digitalen ESG Reporting – einem Thema, an dem zahlreiche Unternehmen aktuell nicht vorbeikommen.

Frau Scharrer, welche Herausforderungen müssen aktuell Finanzinstitute im Hinblick auf ESG Reporting meistern?

Die aktuellen Anforderungen an Unternehmen im Bereich ESG Reporting stellen ein Potpourri an Herausforderungen dar. Zum einen begibt man sich auf noch nahezu unerforschtes Terrain, auf dem es bislang nur wenige Experten gibt. Zum anderen sind Komplexität und Vielschichtigkeit der Anforderungen unheimlich groß – d.h. den Durchblick zu behalten ist bereits nicht einfach. Dazu kommt, dass mehrere „moving targets“ gleichzeitig im Blick behalten werden müssen. Das gilt insbesondere für die Vorgaben im regulatorischen Bereich, in dem sich leider noch kein Branchenkonsens bezüglich der Auslegung gebildet hat. Obendrein kommen die Klarstellungen der EU meist erst zu einem Zeitpunkt, an dem die IT-Implementierung schon lange begonnen haben muss, um rechtzeitig fertig zu werden. Zu guter Letzt müssen für das ESG Reporting Daten, die bisher im Unternehmen nicht oder zurecht ohne Berührungspunkte existieren, für ESG-Belange aufbereitet werden. Dafür müssen sie gematched, anhand komplexer Logiken prozessiert und reportingfähig gemacht werden – das ganze natürlich unter Einglie­derung in bestehende Infrastrukturen.

Welche Herangehensweise und Technologie empfehlen Sie für große Player im Finanzmarkt?

Wir bei BIG.Cube sehen die richtige Herangehensweise zunächst darin, die aktuellen Geschäfts- und IT-Prozesse grundlegend zu analysieren. Hier ist ein tiefes Verständnis voneinander für beide Bereiche wichtig. Auf dieser Basis kann in einer agilen Projektvorgehensweise eine Lösung für die volatilen Anforderungen erarbeitet werden. Zum ThemaTechnologie: Meist müssen sich die neuen KPIs und Datenmodelle in bestehende Reporting-Landschaften einfügen – dies gilt insbesondere bei großen Playern. Da hier oft bereits stark spezialisierte und professionalisierte Lösungen im Einsatz sind, entscheidet man sich eher für die Nutzung der vorhandenen Technologien und integriert die ESG- Anforderungen in die bestehenden Reporting-Lösungen.

Wie unterstützen Sie die Institute im Kontext dieser Anforderungen?

Wir sehen für solch herausfordernde Projekte drei Säulen als essenziell an: Die Businessanalyse, die Technologie sowie die agile, alles integrierende Methodik. Mit unseren eingespielten Projektteams, welche stets durch Experten in diesen Bereichen geprägt werden, bringen wir eine starke Struktur in diese Umsetzungen. Das ist bei der gegebenen Komplexität dringend nötig.

Wie können die nötigen Daten in guter Qualität erhoben werden?

Dies ist in der Tat ein großes Thema, welches unsere Kunden gerade stark beschäftigt. Die Datenqualität muss passen, sodass vor allem ESG KPIs, die in die nichtfinanzielle Erklärung der Unternehmen eingehen, bspw. zur EU-Taxonomie, SASB oder TCFD, korrekt sind. Hierfür halten wir es für sinnvoll, die geforderte Datenqualität der Eingangsdaten in einer automatisierten Lösung bei jeder Zulieferung sicherzustellen. Insbesondere bei manuellen Datenerhebungsprozessen oder tatsächlich auch bei Daten spezialisierter, externer Datenprovider ist der Bedarf dafür sehr groß. Zu diesem Zweck setzen wir beispielsweise unser eigenes Standardprodukt Q-THOR ein, ein Tool für fachlich getriebene Datenqualitätschecks.

Im Portrait
Lisa Scharrer, geb. 1989, M. Sc. Wirtschaftsmathematik, kam bereits 2019 mit Nachhaltigkeitsprojekten im BI-Kontext bei der Mercedes-Benz AG in Kontakt. Als Bereichs- wie auch Projektleiterin bei BIG.Cube, betreut sie aktuell Implementierungsprojekte für ESG-Reporting-Anforderungen im Finanzumfeld, vor allem in SAPTechnologien.

Welche Erfahrungen konnten Sie in den letzten Jahren im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung und SAP Business Intelligence-Lösungen sammeln?

Gemeinsam mit unseren Kunden arbeiten wir bereits seit mehreren Jahren an großen Nachhaltigkeitsprojekten. Dabei sind wir stets in den Technologien SAP BW und SAP HANA unterwegs, da diese bereits bei vielen unserer Kunden im Einsatz sind und sie als mächtiges Reporting-Fundament geschätzt werden. Als SAP Premiumberatung im Bereich Analytics ist unsere Expertise hier von großem Vorteil. In den letzten drei Jahren konnten wir mit unseren Businessanalysten sehr tief in die fachliche Materie des ESG Reportings eintauchen, sodass wir die Herausforderungen selbst sehr gut verstehen und eigene Best Practices erarbeiten können. Diese umfassen beispielsweise, dass Flexibilität aufgrund der volatilen Anforderungen einer der wichtigsten Faktoren ist. Hierfür schaffen wir in der Datenarchitektur einen einheitlichen Aufbau sehr heterogener Datenflüsse und zentralisierte, modular aufgebaute Logikbausteine zur einfachen Anpassung bei Änderungen der gesetzlichen Vorgaben.


Woran arbeiten Sie gerade bzgl. des ESG Reporting?

Aktuell unterstützen wir vor allem dabei, EU-Regulatorik umzusetzen –zum einen im Hinblick auf die nichtfinanzielle Erklärung unserer Kunden, wie bereits erläutert. Zum anderen beschäftigen uns aber auch Implementierungsprojekte im Hinblick auf MiFID II oder der SFDR. Beispielsweise arbeiten wir gerade in diversen Projekten, um die Offenlegung von ESG-Werten in Jahresberichten von Fonds zu ermöglichen oder den angestrebten vereinfachten Datenaustausch via EET.


Wohin gehen die Entwicklungen?

Wir sehen aktuell, dass die Entwicklungen im ESG Reporting in eine Richtung gehen: Es wird immer mehr. Unsere Kunden bzw. konkret die IT- und Fachabteilungen, die wir unterstützen, können sich vor internen wie auch externen Anfragen zu KPIs, Rohdaten, abgeleiteten Informationen und Auswertungen kaum retten. Meist ist die Anforderung nach einer Information bereits eingegangen, bevor überhaupt fachlich formuliert werden konnte, wie die Rohdaten zu einer aussagekräftigen und wertstiftenden bzw. regulatorisch korrekt umgesetzten Kennzahl zusammengesetzt werden sollen. Wir bemerken also, dass die ESG-Thematik immer schneller jeden Unternehmensbereich durchdringt und zunehmend an Signifikanz und Aufmerksamkeit gewinnt.


Welche Rolle spielen Simulationen, um ESG-Szenarien und ihre Auswirkungen einzuschätzen? Gibt es hier bereits eine Beteiligung durch ML oder KI?

ML und KI sind sicherlich valide Mittel, um im Hinblick auf Planungsfunktionen Entscheidungen zu simulieren und auf dieser Basis ESG-Auswirkungen in wirtschaftliche Entscheidungen miteinzubeziehen. Allerdings ist hier aufgrund der multidimensionalen Zusammenhänge Vorsicht geboten, denn nahezu vergleichbar mit dem bekannten „Butterfly Effect“ können einzelne Entscheidungen nie auf eine Metrik für sich genommen ausgewertet werden – sondern müssen immer im Zusammenhang mit allen anderen bewertet werden. Beispielsweise kann eine Regionalisierung der Wertschöpfungskette negative Effekte auf die Profitabilität und somit die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens haben, während sie sich positiv auf den CO2-Fußabdruck auswirkt. Hierfür ist vor der Planung eine intensive Auseinandersetzung mit Ist-Daten und -Zusammenhängen vorzunehmen – was aktuell bereits viele Unternehmen vor eine Herausforderung stellt.

Welche Risiken und Chancen entstehen durch das ESG Reporting für die Finanzbranche?

Ganz klar ergeben sich neben bereits zahlreich dargestellten Herausforderungen auch Chancen für die Finanzbranche, denn jetzt wird durch ein fundiertes ESG Reporting der Grundstein für eine Zukunft gelegt, in der Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle spielt. Während man also aktuell versucht, immer mehr „das Richtige“ zu tun, kann man sich ganz nebenbei dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen: Durch die EU-Taxonomie und das Lenken von Finanzströmen hin zu mehr Nachhaltigkeit wird in der Zukunft die ESG Performance ganz entscheidend werden für den Erfolg. Wir bemerken ferner, dass unseren Kunden auch bewusst ist: Nachhaltigkeit zieht an – sowohl Investoren als auch andere Businesspartner und schließlich auch Talente, denn für die Gen Z ist Sustainability ein entscheidender Faktor bei der Berufswahl.


Wie sollten Finanzinstitute vorgehen, um kurzfristige finanzielle Performance mit langfristiger Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen?

Langfristige finanzielle Performance und Nachhaltigkeit sind absolut keine Gegensätze mehr, das zeigen diverse Studien. Um dies nun auch kurzfristiger betrachtet möglich zu machen, ist dies unseres Erachtens eine Governance-Frage: Seitens des Managements müssen neben finanzieller Performanceziele auch Performanceziele im ESG-Bereich ausgegeben werden. Damit die Ziele eingehalten werden können, muss die IT-gestützte Transparenzschaffung bzgl. dieser ESG KPIs für das Assetmanagement selbstverständlich vorhanden sein – im Idealfall durch BI-Lösungen im Real- oder Near-Time-Bereich und integriert in bestehende Lösungen.


Sie berichten, dass Sie ihre Sustainability-Reporting-Projekte mit SAP Analytics-Mitteln implementieren. Es gibt aber auch ein Standardtool der SAP: den Sustainability Control Tower (SCT). Warum setzen Sie diesens nicht ein?

Den SCT gab es schlichtweg noch nicht als wir bei unseren Kunden mit den Nachhaltigkeitsprojekten gestartet haben. Die Zeit bis zum Inkrafttreten der Regulatorik lief aber bereits. Außerdem – darüber hatten wir ja auch schon gesprochen – will man Parallellösungen zumeist vermeiden. Stattdessen braucht es eine Integration in bestehende Landschaften und Datenflüsse. Daher haben wir bei BIG.Cube bisher keine Erfahrungen mit dem SCT gemacht. Als SAP Gold Partner sind wir aber natürlich immer daran interessiert, die neueste Technologie, insbesondere SAP Standardprodukte, bei und mit unseren Kunden einzusetzen. Sollte der SCT zukünftig bei einem Kunden die richtige Wahl sein, würden wir uns sehr freuen auch dabei zu unterstützen.

https://www.big-cube.com/

 

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Wir verändern Deutschland

Die Gamechanger von heute und morgen: Seit 2011 hat der Early-Stage-Venture-Spezialist UVC Partners, einen der führenden B2B-Venture-Capital-Fonds in Europa aufgebaut.

Wir sprachen mit Dr. Ingo Potthof und Johannes von Borries, Geschäftsführer bei Unternehmertum Venture Capital Partners (UVC Partners), über die enge Zusammenarbeit mit der UnternehmerTUM und den einzigartigen Zugang zu Talenten, Industriekontakten und Finanzpartnern.

Herr Dr. Potthof, wie lautet Ihre magische Formel, um so nachhaltig und erfolgreich innovative Gründer und Ideen an den Start zu bringen?

Mit mehr als 1.000 Industriepartnern im Netzwerk und einer engen Zusammenarbeit mit UnternehmerTUM, Europas führendem Innovationszentrum, bieten wir Start-ups einen einzigartigen Zugang zu Talenten, Industriekontakten und anderen Finanzpartnern. Die Magie entsteht in Zusammenarbeit mit jungen Gründern, sehr viel Tech-Knowhow, und unternehmerisches Wissen aus dem Mittelstand und der Industrie. Nachhaltigkeit liegt bei uns vor allem an der Konsistenz der Investitionsstrategie, die wir seit Beginn von UVC Partners durchführen. Das gibt uns eine sehr starke Expertise in unseren Kernsektoren. Diese Expertise nehmen Gründer, die zu uns kommen, wahr. Das verleiht uns Glaubwürdigkeit, sodass wir den Gründern überzeugend helfen können und Mehrwert generieren.

Herr von Borries wie sieht Ihre Unterstützung für Start-ups aus?

Wir stellen uns gemeinsam großen Herausforderungen wie dem Vertrieb und öffnen unser Netzwerk in die Führungsetagen der deutschen Wirtschaft. Insbesondere der persönliche Zugang zu innovationsfreundlichen Geschäftskunden ist für B2B-Start-ups in der frühen Phase sehr wichtig, da lange Vertriebszyklen und hohe Entwicklungskosten den Markteintritt erschweren. Wir beschleunigen schon heute über 10 % aller deutschen Tech-Start-ups und dienen für eine Vielzahl von etablierten Unternehmen – von Mittelständlern bis DAX-Konzernen – als zentrale, offene Innovationsplattform für Lösungen der Zukunft.


„Wir bieten ein einzigartiges Ökosystem mit Zugang zu Start-ups, Branchenexperten, Investoren und Talenten.“

Early-Stage-Venture-Spezialist UVC Partners

Johannes von Borries, Andreas Unseld, Dr. Ingo Potthof, Prof. Dr. Helmut Schönenberger und Benjamin Erhart (v.l.)


Herr Dr. Potthof, welche „Gamechanger“ konnten Sie z.B. identifizieren und erfolgreich in die Märkte bringen?

Wir waren z.B. bei Flixbus die ersten Venture-Capital-Investoren und haben an die Gründer und an das Geschäftsmodell geglaubt. Ein Markt im Mobilitätsbereich, den es damals noch nicht gab. Oder das Quantencomputer-Startup planqc, das bereits kurz nach der Gründung eine Finanzierungsrunde in Höhe von über fünf Mio. Euro gemeinsam mit Hermann Hauser und Speedinvest abgeschlossen hat. Mit der Finanzierung wird planqc einen hoch- skalierbaren, bei Raumtemperatur arbeitenden Quantencomputer entwickeln, der auf in optischen Gittern gefangenen Atomen basiert. Der Gesellschafterkreis vereint das technische und kommerzielle Know-how, um die leistungsfähigsten Rechner der Welt nicht nur zu bauen, sondern auch in industriell relevanten Anwendungen zu realisieren.

Herr von Borries, was ist das Spannende am UVC-Ökosystem?

Im erfolgreichen Venture-Capital-Geschäft geht es nicht nur um ein finanzielles Investment, sondern insbesondere auch um ein nachhaltiges, partnerschaftliches Verhältnis mit dem Gründerteam. Da wir gleichzeitig Schwesterunternehmen der UnternehmerTUM sind, punkten wir mit zwei wesentlichen Komponenten. Zum einen kommen sehr viel junge Gründer und Start-ups zu uns und wir haben Zugriff auf neue spannende Ideen sowie Innovationen. Zum anderen sind wir ein Netzwerk von potenziellen Kunden für Start-ups, denn viele Mittelständler und große Unternehmen, die sich hier treffen, wollen mit Start-ups in einer sehr frühen Phase zusammenarbeiten und deren innovative Produkte einsetzen. Das bedeutet, wir geben Start-ups nicht nur das erforderliche Kapital, sondern können gleich mit neuen Kunden aufwarten.

Herr von Borries, welche Zukunftsfelder sind Ihnen wichtig?

Wir orientieren uns an den Herausforderungen der Gesellschaft, hier in Deutschland und in Europa. Das ist einmal sicherlich das wichtige Thema Climate-Tech, wir stellen uns aber auch die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten werden, hier im Hinblick auf Automatisierung und Digitalisierung. Gerade beschäftigt uns der Fachkräftemangel und wir wollen mit neuen Technologien und Möglichkeiten dabei helfen, Lösungen zu finden. Ein weiterer Baustein ist das Thema Mobilität – und diesbezüglich die Elektrifizierung im Kontext einer klimaneutralen Zukunft.

Herr Dr. Potthof, sind gerade neue Fonds in Vorbereitung?

Wir sind offen mit neuen Investoren zu sprechen, um unsere Werte und Investmentstrategien zu erklären. Im Hinblick darauf werden wir unseren Fonds IV Anfang 2024 aufsetzen. Der nächste Fonds wird eine ähnliche Strategie haben wie unsere jetzigen Fonds: Frühphase, Hochtechnologie, Europa mit Schwerpunkt Deutschland. Entsprechend passt es sehr gut, wenn wir jetzt mit Investoren in Kontakt kommen.

Herr von Borries, welche Markt- und Technologie-Trends machen Sie momentan aus?

Ganz wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit im Hinblick auf die Umwelt und das Klima. Immer wichtiger wird daher auch der Blick auf die Circular Economy. Wir müssen uns überlegen, wie wir Sachen wieder- und länger verwenden können. Wie können wir Business-Modelle finden, die an langlebige Produkte anknüpfen und z. B. Pay-to-Use-Optionen nutzen? Hier gibt es verschiedene spannende Entwicklungen, die neue Chancen und Geschäftsgrundlagen für Start-ups bieten, wie das Beispiel des Unternehmens Enpal aus dem Solarbereich belegt. Solche Start-ups treffen gleichsam den Nerv des Marktes und sind mit ihren Produkten und Lösungen für unsere Umwelt sehr förderlich.

 

„Um „European Sovereignty“ zu leben, müssen alle EU-Staaten mit ihren Daten, Kulturen und Sprachen erfasst werden. Wir benötigen daher auch in Europa große KI-Modelle. Wenn wir dieses Feld auch noch an die USA und China verlieren, geht unsere Kultur in digitaler Hinsicht unter.“

Johannes von Borries

 

Herr Dr. Potthof, was muss jetzt getan werden, um in Deutschland auch große KI-Modelle an den Start zu bringen?

Generell ist bei uns noch kein hinreichendes Verständnis aufgekommen, was man mit KI alles machen kann und auch beim „wie“ fehlt es noch. Deshalb gibt es bei UnternehmerTUM die Initiative „Applied AI“, die Unternehmen an das Thema heranführt. Natürlich braucht es viel Kapital, um ein echtes KI-Unternehmen aufzubauen. Wir beobachten das gerade zum Beispiel bei Open AI bzw. mit unserer Beteiligung an Aleph Alpha. Das in Heidelberg ansässiges KI-Forschungs- und Entwicklungsunternehmen erforscht, entwickelt und operationalisiert in großem Maßstab verallgemeinerbare Modelle der künstlichen Intelligenz für multimodale Text- und Bildmodelle, um die digitale Souveränität für Partner im öffentlichen und privaten Sektor zu gewährleisten.
Wir sind zwar noch nicht ganz so weit wie Open AI, trotzdem können wir technisch gut mithalten und führen in Teilbereichen sogar. Schließlich haben wir das größte private KI-Rechenzentrum in Europa aufgebaut. Aber um langfristig global kompetitiv zu werden und zu bleiben, braucht es viel weiteres Kapital.

Ein anderer Punkt, der für Verunsicherung sorgt, ist die staatliche Regulierung. Regulierung ist zwar sinnvoll, doch die momentane Diskussion auf EU-Ebene im Hinblick auf den AI-Act lässt viel Unwissenheit vermuten. Dabei gibt es drei Risikostufen, die im AI-Act definiert werden. Die höchste Risikostufe bedeutet, dass KI verboten werden soll. Ein Beispiel hierfür ist das Personentracking, das wir aus China her kennen. Dann kommt die Risikostufe „High Risk“, bei der von Fall zu Fall entschieden werden muss, und schließlich „Low Risk“, wobei keine Bedenken bestehen. Gerade bei der Abstufung im High-Risk-Bereich sind allerdings noch viele Unklarheiten vorhanden, die etwas später definiert und ausgelegt werden sollen. Doch wir brauchen hier in der EU und Deutschland jetzt unbedingt Klarheit, was die Entwicklung von KI-Lösungen betrifft, damit Start-ups nicht in die USA abwandern, wo Sie keine Einschränkungen befürchten müssen.

Herr von Borries: Darf ich einen wichtigen Punkt hinzufügen. Wenn man bei ChatGPT eine Anfrage stellt, bekommen wir nur die Sicht auf die US-amerikanischen Standpunkte dieser Welt. Wir benötigen aber eine europäische Sicht, die aus den Ansichten unserer Kulturen und aus unseren Daten entsteht. Um „European Sovereignty“ zu leben, müssen alle EU-Staaten mit ihren Daten, Kulturen und Sprachen erfasst werden. Wir benötigen daher auch in Europa große KI-Modelle. Wenn wir dieses Feld auch noch an die USA und China verlieren, geht unsere Kultur in digitaler Hinsicht unter.

Herr von Borries, welchen Einfluss hat VC-Kapital auf die Schaffung von Jobs in Deutschland und wie wichtig sind Start-ups für den Wohlstand?

Einen extrem großen. Wir investieren typischerweise nicht in Maschinen und Hallen, sondern zu 90 Prozent in Jobs bzw. in Gehälter, die bezahlt werden. Wenn unser Fond zum Beispiel 250 Mio. Euro groß ist, dann würden die 250 Mio. Euro in Jobs gehen – und das gilt für jeden VC. Dabei handelt es sich um extrem hochqualifizierte Jobs, wie z. B. um Softwareentwickler, Manager und Ingenieure. Diese Start-ups haben zudem selbst Zulieferer, die Bauteile für z. B. neue Gerätschaften anliefern oder speziell etwas entwickeln. Das ist ein unheimlicher Treiber und hat einen großen Impact, auch im Hinblick auf den Sekundärmarkt.

Start-ups sorgen nicht nur für technische Erfindungen, sondern vor allem für deren Überführung in Produkte und deren Marktdurchdringung. Gerade daran hat es in Deutschland lange gemangelt. Etablierte Firmen tun sich mit disruptiven Produkten häufig schwer, da sie ihr bestehendes Geschäft kannibalisieren können. Ein Start-up hat dieses Problem nicht und kann sich voll und ganz auf den Markteintritt der neuen Produkte fokussieren, und zwar ohne Sorgen um ein bestehendes Geschäft auf Basis früherer Technologien. Daher spielen Start-ups bei der Innovationskraft einer Volkswirtschaft eine wesentliche Rolle. Sie sind nicht der einzige Faktor, aber mit Sicherheit ein entscheidender Zusatz, um so den Wohlstand in Deutschland erhalten zu können.

Herr Dr. Potthof, wie sind momentan die Rahmenbedingungen für Start-ups in Deutschland und was könnte verbessert werden?

Am Ecosystem generell aber auch an den politischen Rahmenbedingungen hat sich bereits viel verbessert, weshalb ein genauer Blick auf die einzelnen Unternehmensphasen sinnvoll ist.

In der Gründungsphase gibt es noch einige Hürden bei den Rahmenbedingungen, insbesondere bei der Bürokratie, doch diese stehen dem Erfolg nicht im Wege. Ich persönlich glaube, dass sich kein guter Gründer deswegen aufhalten lässt. Eines der größten Probleme ist momentan allerdings der Fachkräftemangel. Wir rekrutieren bei unseren Beteiligungen viel Personal aus dem Ausland, doch Arbeitsgenehmigungen sind schwer zu bekommen.

In den späteren Phasen nach der Gründung war und ist immer noch der Umfang von Investitionen ein großes Thema. Hier haben wir immer noch zu wenig deutsche Investoren, die in der Wachstumsphase mehr als 50 Mio. investieren. Es gibt eigentlich keinen deutschen Investor, der das kann. Die meisten Investoren sind US-amerikanisch oder angelsächsisch. Da sind wir extrem abhängig. Die Politik kann hier unterstützen, um institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionskassen zu motivieren, diese Anlageklasse stärker wahrzunehmen.


Herr von Borries, Herr Dr. Potthof, welche Ziele haben Sie sich für dieses Jahr noch gesteckt?

Herr von Borries: Ich habe mir das Ziel gesteckt, noch zwei spannende Investments zu generieren, die in den Bereichen Nachhaltigkeit und Climate-Tech liegen.
Das zweite Ziel betrifft unser Fundraising und damit die Vorbereitung des neuen Fonds, sodass wir auch in Zukunft wieder genügend Kapital haben, um die Innovationstreiber, die wir für unsere Gesellschaft brauchen, mit genügend Investitionen zu versorgen.     

Herr Dr. Potthof: Das kann ich nur unterstreichen. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Entwicklung des bestehenden Portfolios. Letztes Jahr war sehr erfolgreich für uns: Zahlreiche unserer Beteiligungen erfuhren ein starkes Wachstum, es wurden sehr gute Folgefinanzierungen abgeschlossen und wir hatten mehrere sehr profitable Exits. Insgesamt konnten wir so Wertsteigerungen und nennenswerte Rückflüsse für unsere Investoren erzielen.
Dies gilt es dieses Jahr zu wiederholen. Insbesondere wollen wir dafür unsere neuen, ganz jungen Start-ups dabei unterstützen, möglichst schnell den Produkt- oder Markt-Fit zu finden und erfolgreich in den Markt einzutreten, d. h. Kunden zu gewinnen und relevante Umsätze zu erzielen.

www.uvcpartners.com/

Creative Commons Lizenz CC BY-ND 4.0

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Innovationskultur im „New Normal“

Agile Transformation in der Finanzwirtschaft: geht das?

Mit ein paar Kanban Boards, Scrum-Schulungen und Software ist es nicht getan

Nikolay Stoyanov, Geschäftsführer der perXoom GmbH und langjähriger Trainer und Berater bei ibo Beratung und Training hat viele Banken und Finanzdienstleister als Trainer oder Berater kennengelernt. Im Interview spricht er darüber, welche Voraussetzungen eine gelingende Agile Transformation braucht und welche Chancen daraus folgen können.

Wie häufig werden Sie von Unternehmen aus der Banken und Versicherungsbranche auf das Thema Agilität angesprochen?
Auf das Thema Agilität werde ich von Banken und Versicherungen extrem häufig im Vergleich zu Unternehmen aus anderen Branchen angesprochen. Möglicherweise liegt es daran, dass die Finanzbranche sehr stark von Änderungen des Kundenverhaltens und (Weiter-) Entwicklungen in der Technologie betroffen sind.

Was versprechen oder erhoffen sich die Unternehmen von „mehr Agilität“?
Durch agile Methoden, insbesondere im Projektmanagement, soll die Innovationskraft erhöht werden und die Digitalisierung vorangetrieben werden.

Wie stellen sich die Unternehmen vor, dahin zu kommen? Setzen sie z.B. auf eine Umsetzung durch interne Expertise oder lassen die Unternehmen sich von z.B. Agilen Coaches begleiten?
Es gibt kein einheitliches Rezept, was sich eindeutig empfehlen lässt. Einige Unternehmen führen agile Strukturen sehr radikal und großflächig ein – mit großen Schulungs- und Beratungsinitiativen, Kauf von Softwarelösungen, Personalrekrutierung. Andere nutzen eher die U-Boot-Taktik. Sie fangen mit kleinen Teams in einzelnen Projekten an, bauen so eigene Expertise auf und entwickeln kontinuierlich ihre Unternehmensstrukturen weiter.

Ein Durchbrechen der Denk- und Handlungsmuster ist unumgänglich

Wo sehen sie aus der Perspektive des Beraters Denkbarrieren und Widerstände oder anders… welche Voraussetzungen müssen für ein Gelingen erfüllt sein?
Das ist eine sehr interessante Frage. Meistens sehen wir die Herausforderungen darin, dass die internen Strukturen in den Unternehmen der Finanzbranche nicht auf Veränderung und Reaktionsfähigkeit, sondern auf Effizienz und Stabilität ausgerichtet sind.
Damit erfordert die agile und im weiteren Sinne auch digitale Transformation fast immer eine dauerhafte Anpassung dieser Strukturen. Damit ist auch ein Durchbrechen der bisher herrschenden Denk- und Handlungsmuster unumgänglich.
Anders gesagt – ein paar Kanban Boards, ein paar Scrum-Schulungen und der Einkauf von Jira sind nicht ausreichend. Jeder einzelne von uns muss auch an seinem Mindset, an seinen Annahmen, Werten und Prinzipien arbeiten und damit zu einer anderen Arbeitskultur beitragen.

Freiräume schaffen und ausprobieren

Was kann mit agilen Methoden und Strukturen verbessert werden? Was nicht?  
Fangen wir mal mit der zweiten Frage an. Was kann man NICHT mit Agilität erreichen? Agilität ist (leider) kein Allheilmittel für die Probleme in einem Unternehmen. Einige der Probleme, die Unternehmen heute haben, werden auch mit Scrum und Holocracy nicht behoben.
Wenn ein Unternehmen z.B. an mangelnder strategischer Ausrichtung oder fehlendem Veränderungs- bzw. Umsetzungswillen leidet, wird das allein durch Scrum, Design Thinking oder Kanban nicht behoben.
Durch agile Methoden können wir aber die Transparenz über Chancen und Probleme erhöhen, die Kundenbindung stärken, die Innovationskraft fördern und die Reaktionsfähigkeit auf unvorhergesehene Ereignisse steigern. Allerdings braucht es Mut und Umsetzungswillen seitens Management und Mitarbeiter.

Wie können Banken und Finanzdienstleister das Thema „locker“ angehen? Haben Sie einen Tipp?
Einfach Freiräume schaffen und ausprobieren.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf https://blog.ibo.de/agile-transformation-in-der-finanzwirtschaft/

5 Tipps für selbstständige Frauen

Sébastien Briclot ist Inhaber und Geschäftsführer von Sales by Women. Er verrät, wie insbesondere Frauen über die sozialen Medien Kunden gewinnen können. Einige der Tipps eignen sich aber natürlich auch für alle Unternehmerinnen und Unternehmer.

Deutsche Unternehmerinnen sind in aller Regel äußerst erfolgreich. Trotzdem finden sich in der Geschäftswelt noch immer deutlich weniger selbstständige Frauen als Männer. Einer der Gründe hierfür ist, dass sie beim Start ihres Business aus verschiedenen Gründen zögern. So ist ihnen beispielsweise oft nicht klar, wie sie erste Kunden für ihr Angebot begeistern können. „Zunächst müssen Unternehmerinnen ihre Zielgruppe definieren – nur auf diese Weise können sie die richtigen Menschen zu zahlenden Kunden machen“, erklärt Sébastien Briclot. Die 5 wichtigsten Tipps für effektive Kundengewinnung über Social Media verrät der Businessberater für selbstständige Frauen in diesem Gastbeitrag.

Sébastien Briclot gibt selbstständigen Frauen Tipps für das Wachstum durch Social Media.

Potenzielle Kunden zu Handlung auffordern

Beiträge auf Social Media sollen nicht nur Aufmerksamkeit erregen, sondern die Seitenbesucher auch zu Kunden machen. Da diese jedoch nur selten proaktiv handeln, sind hierfür Call-to-Actions nötig. Selbstständige Frauen sollten sie daher stets zum Kommentieren oder Teilen ihrer Meinung auffordern. Auf diese Weise fördern sie das Interesse unentschlossener Menschen nachhaltig.

Von Videos profitieren

Um potenzielle Kunden in Käufer verwandeln zu können, müssen sich selbstständige Frauen stets als Mensch hinter dem Angebot präsentieren und sich zu diesem Zweck in Videos zeigen. Storys und Reels auf Social Media sind hierbei besonders wirkungsvoll – sie sorgen außerdem dafür, dass Interessenten länger auf der Plattform verweilen.

Neugier der Zielgruppe anregen

Einer der wesentlichsten Erfolgsfaktoren auf Social Media ist es, aus der Masse herauszustechen. Dies gelingt unter anderem durch kontroverse Inhalte und Überschriften. Für Unternehmerinnen bietet es sich daher an, in ihren Beiträgen den Status Quo zu hinterfragen, statt Content zu posten, den bereits unzählige Anbieter geteilt haben.

Mehrmalige Nutzung von Inhalten

Mithilfe sogenannter Karussell-Posts erhöhen selbstständige Frauen die Verweildauer von Interessenten auf ihrem Social-Media-Kanal. Um ausreichend Inhalte für alle Plattformen bereitstellen zu können, sollten sie zudem vorhandene Beiträge recyceln, indem sie sie leicht abändern und erneut nutzen.

Organisches Marketing durch Werbung ergänzen

Setzen selbstständige Frauen vornehmlich auf organisches Marketing über die sozialen Medien, sind sie in ihrer Reichweite grundsätzlich beschränkt. Um Abhilfe zu schaffen, sollten sie ihre Vermarktung regelmäßig um bezahlte Werbemaßnahmen ergänzen. So können sie den Einfluss beliebter Beiträge steigern und mehr Menschen erreichen.

Über den Autor:

Sébastien Briclot ist Inhaber und Geschäftsführer von Sales by Women. Das Unternehmen hat es sich auf die Fahne geschrieben, Beraterinnen, Coaches und Dienstleisterinnen dabei zu unterstützen, sich optimal im Markt zu positionieren, sichtbar zu werden und ihre Kundengewinnung zu digitalisieren. Sébastien konnte einige Jahre Berufserfahrung im Vertrieb gewinnen und hat schnell verstanden, auf was es im Verkauf und Marketing ankommt und hat bereits selbst Unternehmen, Strukturen und Newcomer geschult. Er liebt es Strategien und Prozesse aufzubauen und sich jeder individuellen Situation einer Klientin anzupassen. Weitere Informationen unter: https://www.sales-by-women.de/

Finanzwelt im Wandel

Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind die größten Treiber der Branche, in der neue Konkurrenten für etablierte Finanzdienstleister auftauchen.

von Andreas Fuhrich

Es ist unwahrscheinlich, dass Banken mit einem größeren Realexperiment für die erzwungene Nutzung der Digitalisierung konfrontiert werden als durch Covid-19“, mutmaßt Stuart Graham, Mitbegründer von Autonomous, einem unabhängigen Marktforschungsunternehmen, welches die Auswirkungen der Pandemie auf die Branche weltweit untersucht. Der hervorstechendste Technologietrend, der durch die notwendigen Filialschließungen während der Lockdown-Phasen beschleunigt wurde, ist die digitale End-to-End-Verarbeitung, die Bankensysteme so einrichtet, dass
persönliche Interaktion vollständig entfällt. Drei Viertel der befragten Banken gaben an, dass sie nun in der Lage sind, Hypotheken oder Kredite für kleine und mittlere Unternehmen anzubieten, ohne persönlich mit dem Kunden zu interagieren. Nur acht Prozent gaben an, dass die Kunden für diese Produkte noch in die Filiale kommen müssen.

Nebenbei wurde dabei auch die für die Finanzwirtschaft so wichtige Kundengruppe der Silver Society digital aktiviert. Nie zuvor ging es Senioren so gut wie jenen der Wirtschaftswundergeneration.
Sie profitieren sowohl von auskömmlichen gesetzlichen als auch betrieblichen Renten. In der Regel weniger aufgeschlossen gegenüber digitalen Neuerungen rücken sie in diesem Punkt nun näher an die Generation ihrer Enkel – den Kunden 2.0 – heran.

Jung und technikaffin verlangen diese vor allem intuitive und einfache Prozesse und scheuen sich nicht, neue Dienstleistungen und digitale Anwendungen zu nutzen und in ihren Finanzalltag zu integrieren. Werden ihre Erwartungen an Services und Konditionen nicht erfüllt, ist diese Kundengruppe schnell bereit, den Finanzpartner auszutauschen oder zu ergänzen. Das Alles-unter-einem-Dach-Konzept vorangegangener Generation ist ihnen fremd.

Neu entstandene Neo-Banken verstanden am ehesten, diese Kundengruppe für sich zu gewinnen. Rein digital konzipiert und ohne kostspielige Filialen können sie ihre Basisangebote oft kostenlos
anbieten. Ungebremst durch schwerfällige Strukturen und Legacy-Systeme und gerne mit FinTechs kooperierend sind sie in der Lage, innovative Trends wie Robo-Advisory und Kryptowährungen in kürzester Zeit in ihr Dienstleistungsportfolio aufzunehmen. So schaffen sie ein wachsendes, an den Bedürfnissen ihrer Kunden ausgerichtetes, digitales Ökosystem.

„Eine obsolete, weil unflexible Systemarchitektur bremst digitale Innovationen aus“, weiß auch Martin Beyer. Der Vorstandssprecher der Fiducia und GAD IT AG berichtet daher über die 2019 abgeschlossene „Mammutintegration“ von mehr als 340 VR-Banken auf agree21: „Allein dadurch gewinnen die VR-Banken die notwendige Flexibilität, um mit dem rasanten Markttempo schrittzuhalten. Damit stehen digitale Mehrwertangebote schneller und zu deutlich geringeren Entwicklungskosten bereit, als dies mit einem monolithischen Kernbanksystem jemals möglich gewesenen wäre. Außer handfesten Kosten- und Effizienzvorteilen stellte die Migration letztlich also die entscheidenden Weichen für höhere Agilität im Wettbewerb.“ Sukzessive entwickelt sich so die heutige Vertriebsplattform zu einer offenen Markt- und Integrationsplattform. „Diese erweiterte Plattform ist nicht nur für eigene Lösungen konzipiert, sondern integriert auch nahtlos Angebote und Lösungen der Verbundpartner, aber auch von Drittanbietern, da wo es opportun er scheint.“

 

Lesen Sie im Gastbeitrag wie man digitale Näher erreicht

Martin Beyer

>>> Plattformökonomie: So geht Kundenbindung heute


Der digitale Hype, der die Branche erfasst hat, blieb auch von den sogenannten BigTechs nicht lange unbemerkt. Apple, Google, Amazon und Facebook dringen mit neuen Dienstleistungen in den Markt ein. Apple Pay und Google Pay waren hierzulande gerade rechtzeitig auf dem Markt, um von einem Hygieneplus des kontaktlosen Mobile Payment in Corona-Zeiten zu profitieren. Einer infas-quo-Umfrage im Auftrag der Euro Kartensysteme folgend nutzen 27 Prozent der Befragten zwischen 16 und 69 Jahren die digitale Girocard im Alltag, während noch 2019 57 Prozent das Verfahren überhaupt nicht kannten.

Amazon hingegen schickt sich an, das Bezahlen im Onlinehandel via Amazon Pay zu vereinfachen. Im Amazon-Nutzerkonto gespeicherte Daten lassen sich per einfachem Klick oder Alexa-
Sprachsteuerung auf anderen Händlerportalen zum Einkauf nutzen. Ein zusätzliches Log-in für andere Händler entfällt dadurch.

Digitale Währung

Facebook schließlich wollte mit Libra nichts Geringeres als eine digitale Weltwährung erschaffen. Nachrichten, Fotos und Videos lassen sich kostenlos und in Sekundenbruchteilen verschicken. Überweisungen brauchen teils Tage und sind teuer, sobald Grenzen überschritten werden und unterschiedliche Währungen ins Spiel kommen. Das Konzeptpapier aus dem Sommer 2019 sah eine digitale Währung vor, die auf einem Korb an Fiatwährungen wie Euro und Dollar basieren sollte. Zur Entwicklung der Libra-Blockchain und Verwaltung der Libra-Reserve – reale Gegenwerte, die die Währung stützen und eine geringe Volatilität aufweisen sollten – wurde eigens dafür in Genf die Libra Association gegründet. Neben Facebook gehören zu den Gründungsmitgliedern des Konsortiums auch Unternehmen wie Spotify, Uber, Vodafone oder E-Bay. „Wir glauben, dass die Zusammenarbeit und Innovation mit dem Finanzsektor, einschließlich der Regulierungsbehörden, der einzige Weg ist, um sicherzustellen, dass ein nachhaltiges, sicheres und vertrauenswürdiges Rahmenwerk diesem neuen System zugrunde liegt“, ließ die Organisation in einer ihrer ersten Pressemeldungen verlauten. Doch die erhoffte Zusammenarbeit gestaltete sich schwieriger als gedacht. Vielmehr hagelte es Kritik und die Einführung einer Parallelwährung mit dem Potenzial, das Finanzsystem zu destabilisieren, wurde befürchtet. Ganz zu schweigen von den Datenschutzbedenken, die eng mit dem sozialen Netzwerk verknüpft sind. Auch das Zuckerberg noch 2019 unter Eid versichern musste, dass er ohne die explizite Genehmigung der US-Regulierer keine Währung auf den Markt bringen würde, half dabei wenig.

In Deutschland könnte die Inflation bis Jahresende mehr als 3 Prozent betragen.

Isabel Schnabel

Seit dem ersten Dezember 2020 heißt Libra Diem, verbunden mit einer strategischen Neuausrichtung. Diem arbeitete ausschließlich mit der Schweizer Finanzaufsicht Finma zusammen. Die Hoffnung: Wenn diese die Digitalwährung absegne, würden andere Länder sicher folgen. Doch auch dieses Vorhaben scheiterte unlängst. Der „intensive Lizenzierungsprozess in der Schweiz und das konstruktive Feedback der Finma und von mehr als zwei Dutzend anderen Regulierungsbehörden weltweit“ seien für das Projekt sehr hilfreich gewesen, versuchte Diem das erneute Scheitern positiv
auszudrücken.

Seit dem 13. Mai steht nun fest, dass Diem seinen Hauptsitz in die USA verlagert. Von den Plänen einer Weltwährung, die auf einem Korb an Fiatwährungen beruht, ist nichts mehr übrig gewesen und Diem schrumpft zu einer nur an den Dollar-Kurs gekoppelten digitalen Währung. Ein sogenannter Stable Coin – einer von vielen.

Ein Erbe der Libra-Diem-Debatte ist immerhin, dass das Thema Digitale Währung auf die Agenda der Zentralbanken gerutscht ist. Während die USA, Kanada und Europa solche Vorhaben bisher lediglich angekündigt haben, schafft China Fakten. Seit 2020 existieren dort bereits Apps, die das Bezahlen in E-Yuan bzw. Chinese Digital Currency Electronic Payment (DCEP), wie es offiziell heißt, ermöglichen. Auch erhalten Menschen dort einen Teil ihrer staatlichen Leistungen auf diese Weise.

In Europa wird man mindestens bis 2025, wenn nicht länger, auf die Einführung eines digitalen Zentralbankgelds warten müssen. Mitte Januar gab EZB-Präsidentin Christine Lagarde zu Protokoll, dass die 2020 zu diesem Zweck eingesetzte Taskforce allein so lange benötige, um die „institutionellen, rechtlichen und praktischen Aspekte zur Schaffung eines digitalen Euros zu klären“. Einer der größten Vorteile digitaler Währungen wären sekundenschnelle und dennoch kostengünstige Überweisungen über Landesgrenzen und Kontinente hinweg. Gerade wer viel im Ausland oder für ausländische Firmen arbeitet, müsste so nicht länger wochenlang auf seine Bezahlung warten. Hierzu zählen auch die sogenannten digitalen Nomaden, die globetrottend mit ihrem Laptop umherziehen und dabei an unterschiedlichsten Projekten auf selbstständiger Basis arbeiten.

Anders als bisherige Kryptowährungen böte das digitale Geld der Zentralbanken vor allem Sicherheit und Stabilität. „Der E-Euro ist sehr viel weniger von Kursschwankungen bedroht. Zahlungsvorgänge werden einwandfrei ausgeführt, Zahlungsströme erfolgen rechtskonform“, erläutert Prof. Dr. Horst Gischer. Mit Blick auf Diem ergänzt der Finanzwissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg: „Die EZB hat kein Interesse an der Vermarktung der Nutzerdaten oder der Verwertung anderer Informationen über die Menschen, etwa für Werbung.“

 

Nachhaltigkeit

Zudem ist die Schaffung eines E-Euros anders als bspw. der Bitcoin nicht an eine Unmenge an Energie zur Verschlüsselung gebunden. „Wir sind besorgt über die rasch zunehmende Verwendung
fossiler Brennstoffe für das Bitcoin-Mining“, begründete Elon Musk Mitte Mai per Tweet, warum Tesla diesen als Zahlungsmittel nicht mehr akzeptiere, und sorgte so für einen Kurseinbruch. Auch wenn er glaube, dass Kryptowährungen eine „vielversprechende Zukunft“ hätten, könne dies nicht „mit hohen Kosten für die Umwelt verbunden sein“. De facto kalkuliert ein Rechner der Universität Cambridge stetig den jährlichen Stromverbrauch für das Schürfen und Transaktionen des Bitcoins. In der Woche vor dem Musk-Tweet wurde dabei mit 148,46 Terawattstunden (TWh) der bisherige Spitzenwert berechnet – das liegt zwischen dem jährlichen Stromverbrauch der EU-Staaten Schweden (132 TWh) und Polen (153 TWh).

 

Nachhaltige Investmentfonds und Mandate: Die Entwicklung nachhaltiger Investmentfonds und Mandate verzeichnet seit 2018 eine stark ansteigende Zuwachsrate.

Dadurch, dass die Gesamtmenge der zu schürfenden Bitcoins auf 21 Millionen begrenzt ist und die dazu nötigen Rechenverfahren immer aufwendiger werden, ist ein Inflationsschutz in die populärste Kryptowährung fest integriert. Doch neben Umweltbedenken erschüttern auch extreme Kursschwankungen das Vertrauen möglicher Investoren. Hier macht sich, anders als bei
einer von einer Regulierungsbehörde abgesegneten Währung, der sogenannte Tinkerbell-Effekt bemerkbar. Wie bei der Fee in Peter Pan hat der Bitcoin nur so lange einen Wert, wie die Menschen
daran glauben.

Im Gegensatz dazu ist die Entwertung des Notenbankgeldes in der Regel ein schleichender Prozess. „In Deutschland rechnen wir damit, dass es durchaus zu einer Inflation kommen kann, die größer ist als 3 Prozent“, unkte unlängst EZB-Direktorin Isabel Schnabel. Bis 2045 würden sich damit die jetzigen Preise verdoppeln. Wohin also mit dem Geld angesichts des anhaltenden Niedrigzinses und einer im Nachklang der Coronakrise zunehmenden Geldentwertung. Als wertbeständig kommen dabei neben Immobilien vor allem Rohstoffe infrage. Wie beim Bitcoin ist auch hier die Menge begrenzt, was die Werterhaltung absichert. Vor allem Gold hat sich dabei zudem in Krisenzeiten stets bewährt.

 

Wie in Mining- und rohstoffunternehmen investiert und dabei ökonomisch und ökologisches Abbauen unterstützt werden kann, erläutert unser Experte Tobias Tretter.

>>> Rohstoffinvestments mit gutem Gewissen


„Bei vielen Investoren hat Mining aber leider immer noch das Image ein großer Umweltsünder zu sein“, erläutert Tobias Tretter in diesem Zusammenhang und stimmt mit Blick auf China, Afrika oder Russland diesen Befürchtungen zu. Grundsätzlich jedoch arbeiten die meisten Minen heutzutage sehr nachhaltig und das Thema sowie die Reduzierung von Treibhausgasen wird sehr ernst genommen. „Newmont als weltweit größter Goldproduzent hat sich dazu verpflichtet, 500 Millionen US-Dollar in die Reduzierung der Treibhausgase zu investieren, und man wird den CO2-Ausstoß bis 2030 um 30 Prozent reduzieren und bis spätestens 2050 komplett CO2-neutral Rohstoffe abbauen“, gibt der Vorstand der Commodity Capital AG ein Beispiel. Gemeinsam mit seinem Team setzt er sich aktiv für nachhaltigen Rohstoffabbau ein, schaut sich zu diesem Zweck die Minen direkt vor Ort an und trifft darauf basierend die Investitionsentscheidungen für seine angebotenen Fonds.
Ein möglicher Baustein, damit auch die Enkel der heutigen Silver Society ihren Ruhestand genießen können.

Erfolgsfaktoren im Balzverhalten um die premium Kandidaten

Dies ist ein Gastbeitrag von Sabine Hentschel, HR Excellence

Keine neue Erkenntnis, dass sich Unternehmen heute richtig ins Zeug legen müssen, um die premium Kandidaten abzufischen und ihnen auch langfristig gerecht zu werden. Recruiting und Employer Branding ist kein Job mehr für nebenbei. Der Blick links und rechts auf das Geschehen beim Mitbewerber ist durchaus sinnvoll. Aber wer immer nur in andere Fußstapfen tritt, wird nie überholen können. Heute ist Kreativität und aufwändiges Balzverhalten im Kampf um die Talente gefragt.

Die Gesellschaftliche Struktur hat sich verändert und damit auch die Herausforderung der Arbeitgeber. Die Modellvariante „Aschenputtel“ stirbt aus. Die powervolle Karrierefrau ist kein bedauernswerter Prototyp mehr. Lieschen Müller und die gesamte Generation Y und Z sind anspruchsvoller als ihre Vorgänger. Nicht nur Gehalt und Karrierechancen zählen. Die Young Generation will vom Unternehmen überzeugt und begeistert werden. Hier punkten Argumente wie Nachhaltigkeit, Soziales Engagement, Work Life Balance oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf der Unternehmen.

Auf das Credo des Unternehmens kommt es an

Im Grunde ist es ein wenig wie bei der Partnersuche. Sind Stellenportale nicht auch eine Art Dating- und Flirtbörsen für Unternehmen und Bewerber? Im beruflichen Bereich ist das Balzverhalten ein ebenso schwieriges Terrain wie privat. Nur eines ist sicher: Je ausgefeilter die Pirschmethoden, desto höher die Erfolgswahrscheinlichkeit. Aber am Ende muss der Wurm immer dem Fisch schmecken.

Es ist dieses besondere Credo, diese unsichtbare Macht, die Aura, die dem Unternehmen seine besondere Gestalt, seine soziale Identität verleiht. Wir müssen Begeisterung bei Bewerbern und Mitarbeitern entfachen. Dann, nur dann, wirken Unternehmen wie starke Magneten und ziehen Talente an.

Mitarbeiterbindung durch Führungskultur

Kompetente Mitarbeiter wollen in einem modernen, gut geführten Unternehmen beschäftigt sein. Sie sind nicht nur anspruchsvoll gegenüber der Reputation ihres Unternehmens, sondern auch bezüglich der Führung. Führung ist zum Markenzeichen geworden. Aus Sicht der modernen Führungskraft wird der Mitarbeiter zunehmend zum Partner und ist aktiver in die Unternehmensentwicklung und kreative Gestaltung eingebunden. Der Mitarbeiter wird zum Mitunternehmer. Er bekommt mehr Freiraum und mehr Verantwortung, kann selbständiger arbeiten. Die digital aufgewachsene Generation Y und Z sucht Freiraum in Form von flexiblen Arbeitszeitmodellen, mobilem Arbeiten und neuen, agilen Arbeitsformen wie Scrum & Co oder Design Thinking. Auch die Wirkung der Kommunikation als fortschrittliches, wirkungsvolles Mitarbeiterbindungselement wird leider noch immer unterschätzt. Transparenz und regelmäßige Infoveranstaltungen der Geschäftsführung sind angesagt, z.B. in Form von monatlichen „All Hands“ Meetings für alle Mitarbeiter im Unternehmen, die per Livestream an alle Standorte global übertragen werden.

Das „Du“ als Ausdruck der Kultur

Es geht schon lange nicht mehr nur um die Attraktivität der Gehaltsstruktur. Mitarbeiter-Benefits wie Firmenwagen, betriebliche Altersvorsorge, Fitnessangebote und die kostenfreien Getränke im Büro sind längst zum Standard geworden. Der Trend geht in Richtung immaterielle Werte. Unternehmen werden mehr und mehr zur Familie. Der kultural Fit und gemeinsame Freizeitgestaltung stehen zunehmend im Vordergrund. Das „Du“ ist zum Ausdruck der Kultur und Symbol für Transformation geworden. Es steht für eine angenehmere Arbeitsatmosphäre, einen krawattenfreien Dresscode, eine einfache, direkte Kommunikation und es schafft eine gewisse Vertrautheit.

Feelgood-Managerin – Die Geheimwaffe der Startups

Zwischenzeitlich gibt es eine eigene Ausbildung zum Feelgood-Manager oder Chief Happiness Officer, wie er / sie auch genannt wird. Auf den Punkt gebracht, ist es ihr Job, den Arbeitsalltag der Kollegen so angenehm als möglich zu machen. Aber was sind die typischen Aufgaben dieser Spaßmanagerin? Wir sprechen vom morgendlichen Smoothie oder dem liebevoll gekochten Lunch für das gesamte Team, dem Afterwork Event wie Picknick am See, Grillfeste, Mitarbeiter Partys oder Weinverköstigungen, aber auch von Behördengängen für einzelne Kollegen bis hin zur Auswahl und Besorgung von neuen Outfits für die Shoppingmuffel unter den Kollegen. Die Feelgood-Managerin gilt derzeit als die Geheimwaffe für kleine Unternehmen und Startups, die im Haifischbecken des Arbeitsmarktes wenig Chancen haben. Emotionale Bindung entsteht durch gemeinsame Erlebnisse und Erfolge. Es geht darum, immaterielle Bindungselemente zu schaffen. – „Able to go, but happy to stay“

Dem Unternehmen eine eigene Duftmarke verpassen

Im Vertrieb gehört das längst zum Standard. Hier beauftragt wir Marketingagenturen, inszenieren beeindruckende Messeauftritte und kreieren aufwändige Kampagnen, um das Produkt bestmöglich auf dem Markt zu positionieren. Warum tun wir nicht auch mehr für das kulturelle Branding des Unternehmens? Auch Bewerber und Mitarbeiter brauchen eine Duft Spur, um sich zu orientieren und für sich herauszufinden, welcher Arbeitgeber der Richtige für sie ist. Viele Unternehmen sind in ihrer Kultur so austauschbar. Zu viel Perfektionismus führt häufig auch zur Einfalt. Eine eigene Identität zu entwickeln, bedeutet neue Wege zu gehen. Das ist nun mal kein Billy-Regal mit Aufbauanleitung. Kunstwerke werden aufgrund ihrer Einzigartigkeit begehrt.

Laut dem Engagement Index des Beratungsunternehmens Gallup sind nur 16 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland mit Herzblut bei der Arbeit. 68 Prozent schieben dagegen Dienst nach Vorschrift und die restlichen 16 Prozent haben innerlich sogar schon gekündigt. Eine hohe emotionale Bindung führt zu hoher Leistungsbereitschaft. Arbeitnehmer mit einer hohen Bindung weisen weniger Fehlzeit auf als Beschäftigte ohne emotionale Bindung und bleiben dem Unternehmen länger treu. Zudem werden sie als Markenbotschafter die Dienstleistungen und Produkte des Arbeitgebers eher weiterempfehlen. Viele Unternehmen betreiben einen unglaublichen Aufwand, um die heiß begehrten Talente an Board zu holen, lassen Sie dann aber im Unternehmen verkümmern. Talentmanagement heißt Talente zu rekrutieren, sie zu entwickeln und vorallem im Unternehmen zu halten. Der Brand muss nach innen halten, was er nach außen verspricht!

Wo geht die Reise hin?

Laut einer aktuellen Veröffentlichung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sind bereits viele Unternehmen akut von dem Mangel an Fachkräften betroffen: Mehr als 50 Prozent der Unternehmen sehen darin die größte Gefahr für ihre Geschäftsentwicklung. Der Fachkräftemangel als Entwicklungshemmnis ist aus Sicht der Unternehmen merklich angestiegen – 2010 waren es noch 16 Prozent, die den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko einstuften. Heute stellt dieser Mangel das größte Hemmnis dar. Zwar gibt es keinen flächendeckenden Fachkräftemangel über alle Berufe und Regionen hinweg, jedoch haben sich die Fachkräfteengpässe in einigen Berufen verfestigt und betreffen inzwischen das ganze Bundesgebiet. Laut aktuellen Vorausberechnungen wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, also Personen zwischen 20 und unter 65 Jahren, bereits im Jahr 2030 um 3,9 Millionen auf einen Bestand von 45,9 Millionen Menschen sinken. Im Jahr 2060 sind dann schon 10,2 Millionen weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter. – Der War for Talents geht also in die nächste Runde.

Über die Autorin

Sabine Hentschel ist seit 2001 selbständig als HR Consultant mit Sitz in München, jedoch weltweit für global Player tätig. Ihr Schwerpunt liegt im Talentmanagement, mit einem starken Fokus auf Performance Verbesserung von Inhouse Recruiting, Employer Branding und der Steuerung von Veränderungsprojekten. Als Beraterin und Interim Managerin realisiert sie mit leistungsfähigen Strategien und „Let’s-do-it“ Attitude in kürzester Zeit einen echten Mehrwert für Ihre Auftraggeber.

Weitere Informationen unter:
www.sabine-hentschel.de

Matchmaker für Kombinierten Verkehr

Mit Modility wird der Kombinierte Verkehr zur attraktiven Transportalternative für Spediteure. Hendrik-Emmanuel Eichentopf, Geschäftsführer der modility GmbH, erläutert im Hintergrundgespräch mit der Redaktion, wie Unternehmen Wettbewerbsvorteile für sich generieren.

KV-Experte Hendrik-Emmanuel Eichentopf

Herr Eichentopf, Sie betonen, mit Ihrer Plattform einen Nerv im Transportmarkt getroffen zu haben – warum?

Der Transportmarkt steht aktuell vor großen Herausforderungen. Die überlastete Straßeninfrastruktur, Fahrermangel, hohe Spritpreise und ambitionierte Klimaziele sind nur einige Beispiele. Die gute Nachricht ist: Dafür gibt es schon Lösungen, zum Beispiel den Kombinierten Verkehr, kurz KV. Dieser verbindet Schienen- mit Straßentransport und damit die Vorteile beider Verkehrsträger, nämlich die Nachhaltigkeit und Effizienz des Güterzugs mit der Flexibilität eines Lkw.

Bis zu 90 Prozent weniger CO2-Emissionen, 10 Prozent höheres Maximalgewicht und auf längeren Strecken häufig sogar Kostenvorteile sind überzeugende Argumente, weshalb viele Unternehmen gerne mehr KV-Transporte buchen würden. Aber wie? Und bei wem? Zu diesen entscheidenden Fragen finden sie in dem intransparenten Markt bisher oft keine Antworten, weshalb viel zu häufig noch der reine Lkw-Transport vorgezogen wird.

Unsere Plattform ist eine Suchmaschine für den KV und Matchmaker zwischen Angebot und Nachfrage. Operateure bieten über Modility ihre Stellplätze an, Spediteure können diese über eine einfache Start-/Zielsuche finden, Kapazitäten einsehen, Preise vergleichen und den passenden Transport buchen. Das Ganze in weniger als einer Minute und dank der einfachen Bedienung auch ohne Vorkenntnisse. Damit führen wir alle wichtigen Infos an einem zentralen Zugangspunkt zusammen, vereinfachen die Buchung und stärken den KV als Transportalternative.


„Modility muss von Beginn an Mehrwerte sowie schnelle und intuitive Workflows bieten. Und das tun wir mit Effizienzsteigerungen von bis zu 25% im Vergleich zur heutigen Arbeitsweise mit langen E-Mail-Verläufen und Excel-Sheets.“


Sie haben kürzlich den Deutschen Exzellenz-Preis 2022 gewonnen. Was waren die ausschlaggebenden Argumente der Jury?

Beim Exzellenz-Preis haben wir die Preisrichter aus Wissenschaft und Wirtschaft vor allem mit zwei Eigenschaften überzeugt. Einerseits mit unserem komplett digitalen Lösungsansatz. An vielen Stellen ist die Transportorganisation im KV heute noch mit vielen analogen Tätigkeiten verbunden und dort, wo die Digitalisierung in Form von E-Mails, Buchungsplattformen etc. bereits angekommen ist, greifen die Systeme nicht effizient ineinander. Das ändern wir mit modility, sodass von der initialen Transportsuche bis zur Übertragung der Transportdaten nach der Buchung alles über einen zentralen Zugang und ohne Medienbrüche abläuft.

Andererseits war die nutzerzentrierte Entwicklung von modility entscheidend. Von Beginn an haben wir die Plattform gemeinsam mit zwölf Partnerunternehmen entwickelt. Das sind Logistikdienstleister und Unternehmen aus Industrie und Handel, die den Markt bestens kennen und somit genau wissen, welche Anforderungen Nutzer an unsere Lösung haben. Bis heute haben wir mehr als 1.000 Interviews mit ihnen geführt, um Anforderungen aufzunehmen und neue Features gemeinsam zu testen.

Welche Möglichkeiten nutzen Sie als Start-Up, um die tradierten Angewohnheiten des Transportmarktes zu verändern?

Die klassische Disposition arbeitet heute an vielen Stellen noch sehr traditionell. Man kennt seine üblichen Ansprechpartner, kommuniziert mit ihnen via E-Mail und Telefon und pflegt seine Daten in Excel-Listen. Mit modility geben wir unseren Nutzern nun ganz neue Möglichkeiten für die Organisation von KV-Transporten an die Hand, die an vielen Stellen Zeit sparen und bessere Ergebnisse liefern. Allerdings merken wir, dass es gerade im B2B-Kontext nicht einfach ist, eingefahrene und vermeintlich bewährte Prozesse anzupassen oder neu zu denken.

Für den Modal Shift brauchen wir also erstmal einen Mental Shift. Deshalb arbeiten wir in unserer Öffentlichkeitsarbeit, in vielen Gesprächen mit Marktakteuren und gemeinsam mit Branchenverbänden und -initiativen daran, überholte Arbeitsweisen aufzubrechen und vor allem kleine und mittelständische Spediteure von den Chancen durch innovative Lösungen und die Digitalisierung zu überzeugen.

Am Ende müssen wir aber natürlich vor allem mit unserer Lösung an sich begeistern. Modility darf im stressigen Alltag nicht als zusätzliche Arbeitsbelastung wahrgenommen werden, sondern muss von Beginn an Mehrwerte sowie schnelle und intuitive Workflows bieten. Und das tun wir mit Effizienzsteigerungen von bis zu 25% im Vergleich zur heutigen Arbeitsweise mit langen E-Mail-Verläufen und Excel-Sheets. Und es gehört auch dazu, regelmäßig sinnstiftende Kontaktpunkte mit den Nutzern aufzubauen und mit einem proaktiven Kundenservice dafür zu sorgen, modility im Dispo-Alltag etablieren.


„…Kernfunktionalität – informieren, planen, buchen in drei einfachen Schritten.“


Welche Features sind im Kontext des Funktionsumfangs Ihrer Plattform noch geplant?

Wir befinden uns im intermodalen Segment in einem sehr diversen und komplexen Umfeld, was die verschiedenen Rollen und Erfahrungsstände der Unternehmen angeht. Das spiegelt sich natürlich auch bei unseren Nutzer:innen wider und führt zu sehr unterschiedlichen Anforderungen an die Plattform. Aktuell fokussieren wir uns deshalb darauf, die unterschiedlichen Geschäftsmodelle, die mit einer KV-Buchung verbunden sind, in Modility abzubilden und dabei die einfache Bedienbarkeit beizubehalten, die Modility auszeichnet und auch KV-unerfahrenen Unternehmen das Finden, Planen und Buchen von KV-Transporten ermöglicht. Konkret geht es hierbei unter anderem um Themen wie die Berücksichtigung individueller Bestandteile des Transportpreises, den Ausbau von Funktionalitäten für Vor- und Nachläufe sowie die Anbindung weiterer Verkehrsträger wie dem Binnenschiff.

Auf welche Eigenschaften haben Sie bei der Entwicklung Ihrer Plattform Wert gelegt?

Da möchte ich zwei Dinge hervorheben. Erstens der funktionale Fokus. Modility ist Suchmaschine und Matchmaker im Kombinierten Verkehr. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. In dem vielschichtigen und komplexen Transportmarkt lauert schnell die Gefahr, zu viel zu wollen, am Ende aber nichts richtig zu können. Nur wenn wir die Kernfunktionalität – also informieren, planen, buchen in drei einfachen Schritten – perfekt abbilden, wird modility auch tatsächlich als Erleichterung bei der Transportorganisation wahrgenommen.

Zweitens die Nutzerzentrierung. Bei Modility stehen die Marktakteure und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt. Um Mehrwerte für alle Unternehmen im Markt zu schaffen, arbeiten wir gemeinsam mit Partnerunternehmen, die den KV-Markt besonders gut kennen. Sie unterstützen uns von Beginn an tatkräftig dabei, die Anforderungen und Erfahrungen aus dem operativen Tagesgeschäft direkt in die Weiterentwicklung von modility einfließen zu lassen.


„… ein großes buchbares Netzwerk aus mehr als 500 Schienenverbindungen zahlreicher Operateure bzw. 2.000 Abfahrten pro Woche in zwölf europäischen Ländern…“


Welche Ziele gilt es noch zu erreichen?

Im ersten Jahr des operativen Betriebs haben wir den Grundstein dafür gelegt, um modility als Suchmaschine und Matchmaker für intermodale Transporte zu etablieren. Das heißt, wir haben die Grundfunktionalität im Produkt abgebildet, ein großes buchbares Netzwerk aus mehr als 500 Schienenverbindungen zahlreicher Operateure bzw. 2.000 Abfahrten pro Woche in zwölf europäischen Ländern aufgebaut, über 150 Unternehmen als Nachfrager gewonnen und modility als Marke in der Branche etabliert.

Jetzt geht es darum, dieses rasante Tempo in allen Bereichen beizubehalten. Deshalb treiben wir die Entwicklung neuer Funktionen voran und verbessern den bestehenden Produktstand auf Grundlage von generierten Nutzungsdaten und Kundenfeedback aus dem vergangenen 12 Monaten. Im Netzwerk sollen neue Routen und Standorte erschlossen werden, um Nutzern zusätzliche Transportalternativen zu bieten. Und schließlich steht neben dem Anschluss weiterer Unternehmen auf Anbieter- und Nachfragerseite vor allem die Etablierung des Portals im operativen Dispo-Alltag unserer Kunden im Mittelpunkt. Denn unser Ziel ist es, dass modility für jeden Transportauftrag unserer Kunden der erste Anlaufpunkt wird.

www.modility.com

Weitblick und Wachstum durch KI

Die Forschungs­bedingungen für künstliche Intelligenz müssen am Standort Deutschland gestärkt werden.

Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen von einer der bedeutendsten US-Universitäten, dem Massachusetts Institut of Technology, haben nun einen weiteren Meilenstein erreicht. Es wurde eine KI (künstliche Intelligenz) entwickelt, die Corona ohne Test nachweisen kann. Dabei lag die Erkennungsquote bei Corona-infizierten Testpersonen bei 98,5 Prozent. Die KI ist dabei in der Lage, über das Geräusch des Hustens die Infizierten zu bestimmen. Auch wenn es für den Menschen nicht hörbar ist, klingt das Husten von Infizierten anders als von gesunden Menschen.

Immer wieder gibt es Neuerungen im Bereich „KI und Gesundheitswesen“. Ob Impfstoffe, Medikamente oder gar Krebsbehandlungen – die Forschung ist in diesem vielleicht wichtigsten Gebiet in vollem Gange. Die KI hat das Potenzial, den Gesundheitssektor sowohl in der Patientenversorgung als auch in der Administration zu revolutionieren. Von der Entdeckung neuer Erkenntnisse bis hin zur Steuerung von Roboterassistenten leistet die KI einen unverzichtbaren Dienst. Laut Dr. Abtin Rad vom TÜV Süd steigert die digitale Transformation auch die Bedeutung von Software und Daten in Medizinprodukten. „Bei der Analyse von medizinischen Daten ist die Entwicklung der KI in der Medizintechnik am weitesten fortgeschritten. Beispielsweise können auch KI-Algorithmen das Eintreten von Osteoarthrose drei Jahre vor der Feststellung von Symptomen vorhersagen und ermöglichen damit erstmals eine erfolgreiche Therapie“, erklärt Dr. Abtin Rad unserer Redaktion.

Bei der künstlichen Intelligenz handelt es sich um eine Schlüsseltechnologie, die nahezu in allen Bereichen der Gesellschaft sowie der Wirtschaft Anwendung finden wird. Zudem hängt die Zukunftsfähigkeit Deutschlands davon ab. Aus diesem Grund sollten wir uns in Europa aufmachen, um große KI-Modelle zu entwickeln. Der Wettlauf um die Supercomputer hat schon längst begonnen, aber europäischen Entwicklern und Entwicklerinnen fehlt es immer noch an den passenden Rahmenbedingungen. Gesucht wird ein dezidiertes KI-Supercomputing-Center, auf dem an großen KI-Modellen geforscht und entwickelt werden kann. Doch so wie es momentan aussieht, werden wir auch wie bisher in Zukunft von US-amerikanischen Konzernen abhängig bleiben.


Unsere Reportage-Teilnehmer

Zulassungsverfahren medizinischer Geräte
im Kontext von KI
Die Zeit ist reif für Everyday AI
Dr. Abtin Rad vom TÜV Süd Florian Douetteau von Dataiku

Es herrscht viel Wettbewerbsdruck, was die Entwicklung neuer KI-Modelle betrifft. Ein Jahr nachdem OpenAI mit dem GTP-3-Modell einen nachhaltigen Entwicklungssprung landen konnte, stellten im Juni 2021 die Forscher der Beijing Academy of Artificial Intelligence „Wu Dao 2.0“ vor – zehnmal größer als GPT-3 und aktuell das weltweit größte neuronale Netzwerkmodell. Europäische Datenbestände wurden für keines der führenden KI-Modelle zum Training herangezogen.


Eigentlich braucht es nur drei Dinge, um große KI-Modelle zu trainieren.


Eigentlich braucht es nur drei Dinge, um große KI-Modelle zu trainieren: Riesen-Datenbestände, gute Ent­wickler:innen und genügend Rechenkapazität. Genau deshalb sollten eigentlich unsere KI-Forscher:innen, Unterneh­mer:in­nen und Politik­er:in­nen gemeinsam Hand anlegen, um das Ruder noch herumzureißen. Gerade die Politik und die Länder sollten in Zukunft das Potenzial von KI und ML (Machine Learning) ausnutzen – das würde uns allen helfen. Hoffentlich können wir im Kontext dieser Beispiele, in Zukunft noch unsere Sprachen und Werte bewahren, also nur im Hinblick auf die neuronalen Netzwerkmodelle aus den USA und China und deren Algorithmen.

 

Am Rand notiert:

KI-Monitor
Status quo in Deutschland: Der KI-Monitor vom BVDW stellt durch differenzierte Analyse Zahlenmaterial bereit, um die Entscheidungsfindung über den Einsatz von KI (künstlicher Intelligenz) in Unternehmen sowie deren Regulierung und gezielte Förderung durch staatliche Institutionen zu unterstützen. Zudem hilft er, die Gesellschaft über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Neueste Insights finden sich im kommenden KI-Monitor ab November 2022.


https://www.trendreport.de/ki-monitor

Zudem geht aus dem aktuellen KI-Monitor 2021 hervor, dass die Rahmenbedingungen für KI für unseren Standort gestärkt werden müssen. Wer mehr Informationen zum Thema haben will, sollte sich mit dem KI-Monitor 2021 beschäftigen, der den Status quo der KI in Deutschland beschreibt.


Unternehmen, die sich dem Thema „Machine Learning und KI“ nähern wollen, sollten sich die KI-Plattform von Dataiku genauer anschauen. In der Free Version können bis zu drei Benutzer:innen auf der Plattform arbeiten. Generell kann die Anwendung zudem auf der eigenen Infrastruktur oder dem eigenen Server installiert werden. Das IT-Team kann entweder den firmeneigenen Datenbestand nutzen oder sich mit Open-Source-Datenbanken verbinden. Viel anspruchsvoller wird es aber sein, die eigenen Möglichkeiten im Sinne neuer Geschäftsmodelle zu entwickeln und die richtigen Daten dafür aufzubereiten.


Für Florian Douetteau, Chief Executive Officer (CEO) und Mitbegründer von Dataiku, geht es darum, für die Nutzer:innen die Chance zu erhöhen, schnell eine gute KI-Lösung für ein reales Problem zu finden. Sein Unternehmen hat in der letzten Finanzierungsrunde im August 2021, 400 Millionen US-Dollar bei einer Bewertung von 4,6 Milliarden US-Dollar erhalten.

Der KI-Spezialist rät dazu, eine ganzheitliche KI-Kultur im Unternehmen zu etablieren und so den Nutzen sowie den oder die Nutzer:in der KI in den Fokus zu stellen und nicht die Technologie selbst: „Diese ist nur das Werkzeug zum Erfolg. Dann gehört für mich dazu, dass man nicht zu schnell aufgibt und aufkommende Fehler als eine Lernchance sieht – das erfordert oft einen Kulturwandel beim Management. Oftmals unterschätzte Erfolgsfaktoren sind Training, Weiterbildung und leicht verfügbarer kontinuierlicher Support der Nutzer, bei dem voneinander gelernt werden kann. Bestätigt wird das durch unsere Erfahrungen bei Porsche Consulting oder auch Aviva. Das Wichtigste ist natürlich auch, überhaupt anzufangen und bereit zu sein, sich auf die Veränderung einzulassen – und das schließt auch das Management ein. Veränderungen sind immer schwierig – doch wenn man gar nicht erst anfängt, dann verpasst man natürlich auch die Chance, sich als Unternehmen neu zu erfinden und neue Geschäftsmodelle auf Basis von Daten zu etablieren.“

von Bernhard Haselbauer
b.haselbauer@trendreport.de

Zukunft gestalten!

Selbstbestimmter Datenaustausch

Der Mobility Data Space ist ein Datenmarktplatz, auf dem gleichberechtigte Partner im Mobilitätssektor selbstbestimmt Daten austauschen können, um innovative, umweltfreundliche und nutzerfreundliche Mobilitätskonzepte zu ermöglichen und weiterzuentwickeln. Wir sprachen mit Michael Schäfer über die Konzeption und die Möglichkeiten, die sich aus dem Datenraum ergeben.

Michael Schäfer verfolgt mit dem „Mobility Data Space“ ein Konzept für einen Datenmarktplatz im urbanen Raum.

Herr Schäfer, welche Idee stand hinter dem Mobility Data Space?
Um eine nachhaltige Verkehrswende zu schaffen, müssen die heute existierenden Mobilitätsangebote digitalisiert werden. Darüber hinaus wird es vollständig neue Mobilitätsservices geben, die heute noch nicht möglich sind. Für diese Services sind viele mobilitätsrelevante Daten erforderlich. Die von den Serviceanbietern benötigten Daten können wiederum von Datengebern bereitgestellt werden. Der vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr geförderte Mobility Data Space, kurz MDS, bietet hierfür seit letztem Herbst den passenden Marktplatz.
Dabei funktioniert unser Datenmarktplatz ähnlich wie zum Beispiel der Online-Marktplatz ebay. Verkäufer können bei uns Daten anbieten, Konsumenten Daten suchen. Wurden die für einen bestimmten Service benötigten Daten gefunden, können Verkäufer und Käufer einen Vertrag untereinander schließen und die Daten handeln. Die Daten fließen hierbei direkt vom Datenproduzenten zum Datenkonsumenten. Bei dem ganzen Prozess behalten die Datengeber die Datenhoheit und die Verträge können frei verhandelt werden.
Parallelen zu ebay sind auch, dass wir die Identitäten der handelnden Parteien sicherstellen und dass die Ware – bei uns also die Daten – nicht auf dem Marktplatz vorgehalten werden, sondern bei den Datengebern.

Nun bekommt man bei dem Wort Marktplatz automatisch die Assoziation „Vielfalt“. Wie viel Vielfalt steckt in dem Begriff „mobilitätsrelevante Daten“ und welche Daten sind derzeit besonders beliebt?
Von den mobilitätsrelevanten Daten sind im Moment besonderes Wetterdaten gefragt, da das Wetter erheblichen Einfluss auf die Wahl der zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort optimalen Verkehrsmittel hat. Darüber hinaus besteht großes Interesse an Informationen zur Ladesäuleninfrastruktur, etwa welche Säulen frei sind, und den Daten der E-Fahrzeuge, die gerade eine Aufladung benötigen. Ein anderes Beispiel für mobilitätsrelevante Daten sind Informationen zum Stromnetz, da dieses ja eventuell die Ladedauer beeinflusst. Und natürlich sind auch Straßenzustandsdaten nicht im engeren Sinne Mobilitätsdaten, aber dennoch interessant, ebenso wie Fahrpläne des ÖPNV.

Apropos Fahrplandaten: Für offene und auf gesetzlicher Grundlage veröffentlichte Daten gibt es ja die im Juli gestartete Mobilithek. Was unterscheidet den Mobility Data Space von der Mobilithek?
Das fasse ich gerne in einem Satz zusammen: Die Mobilithek stellt die von Ihnen erwähnten Daten bereit und ist rein angebotsorientiert, während der Mobility Data Space ein Marktplatz ist, auf dem Daten unter Wahrung von Eigentumsrechten sicher, fair und transparent gehandelt werden.

Der Name Mobility Data Space lässt vermuten, dass die Daten selbst bei Ihnen in einem Datenraum gespeichert sind. Sie betonten aber eben, dass der Datenaustausch direkt zwischen den Teilnehmern stattfindet und Sie die Daten nicht im MDS vorhalten. Warum ist das so?
Das ist richtig. Wir, der MDS, speichern die Daten nicht. Wir verfolgen mit diesem Prinzip drei Absichten: Wir wahren die Datensouveränität und -hoheit der Dateneigentümer. Dann tragen wir wesentlich zur Datennachhaltigkeit bei: Daten werden nicht mehrfach kopiert und somit wird der gesamte Daten-Footprint reduziert. Schließlich ist dieses Vorgehen auch der Art der Daten geschuldet; meistens handelt es sich um Daten, die einen engen zeitlichen Zusammenhang aufweisen. Beispiele hierfür sind Wetterdaten, die Bewegungsdaten von Fahrzeugen und ähnliches. Wer diese Daten nutzt, möchte jederzeit Zugriff auf die jüngsten Informationen haben – und die hat der Datengeber in ihrer jeweils aktuellsten Fassung.


„Wir streben ein sogenanntes selbstverstärkendes Ökosystem an“

– Michael Schäfer

Der Handel von Daten setzt Vertrauen zwischen den Partnern voraus. Wie gehen Sie auf etwaige Datenschutzbedenken ein?
Der Mobility Data Space und seine Infrastruktur erfüllen höchste europäische Sicherheitsstandards. So ist sichergestellt, dass Dritte keinen unerlaubten Zugriff auf die die Daten – etwa Nutzerdaten – erlangen, die sich im Bereich des MDS befinden. Durch eine Prüfung der Teilnehmer stellen wir sicher, dass deren Identitäten bekannt und korrekt sind.

Wie grenzen Sie Ihre Idee zu Initiativen wie Gaia-X ab?
Wir grenzen uns nicht ab – im Gegenteil harmonieren wir: Gaia-X standardisiert ja, welche Services ein Datenraum anbieten soll, damit Teilnehmer:innen damit umgehen können. Der MDS implementiert einige wesentliche Services in der Form, wie sie von Gaia-X vorgegeben sind, beispielsweise die eben genannte Identitätsprüfung.

Sie möchten den Mobility Data Space weiter skalieren. Wie kann das gelingen? Welche Partner suchen Sie, wie können sich Unternehmen einbringen?
Wir streben ein sogenanntes selbstverstärkendes Ökosystem an. Dabei zieht jeder Business Case weitere Teilnehmer an. Im Moment befinden wir uns in der Ramp-up-Phase. Wir erarbeiten mit Key-Stakeholdern aus Politik und Wirtschaft Business Cases, die ihre Daten über den MDS beziehen und die eine entsprechende Sogwirkung auf weitere potenzielle Teilnehmer ausüben. Um diesen Prozess zu beschleunigen, stehen wir in Kontakt zu Politik und Verbänden. Und nicht zuletzt helfen unsere Gesellschafter – das Who-is-who der deutschen Mobilitätsbranche – dabei.
Wir laden alle ein, Teilnehmer zu werden, die Wertschöpfung aus ihren mobilitätsrelevanten Daten ziehen oder als Veredler und Nutzer der Daten „Mobilitätspioniere“ sein möchten. Das können beispielsweise Fahrzeughersteller, Mobilitätsdienstleister, App-Programmierer, Infrastrukturbetreiber und -planer oder Stadtplaner sein, aber auch Versicherungen oder die Politik auf allen Ebenen, Stadtwerke oder Forschung und Wissenschaft.


Creative Commons Lizenz CC BY-ND 4.0

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Handel und Innenstädte

Nachhaltige und smarte Städte: Wie die Digitalisierung den Handel und Innenstädte verändert

Gastbeitrag von Michael Pfefferle

Zu jeder Tages- und Nachtzeit mit dem Smartphone im Laden vor Ort einchecken, sich per App über Produkte und Preise informieren und beim Verlassen des Geschäfts automatisch bezahlen – was in Deutschland wie Zukunftsmusik klingt, ist in anderen Teilen der Welt schon Realität. Insbesondere in einigen asiatischen Ländern kann man den so genannten ‚New Retail‘ bereits live erleben. Doch auch in Deutschland bieten erste Supermärkte und Einzelhändler bereits komplett digitale Einkaufserlebnisse. Eine repräsentative Bitkom-Umfrage zeigt, dass zunehmend mehr Geschäfte auf digitale Technologien setzen: W-LAN im Geschäft gehört bei den meisten schon zum Standard und Optionen wie „Click & Collect“ sind seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr wegzudenken. Tablets unterstützen Verkäuferinnen und Verkäufer bei der Beratung oder ersetzen das herkömmliche Kassensystem. Durch Dropshipping wird die im Laden bestellte Ware direkt zur Kundin oder zum Kunden geliefert.

Durch die Verschiebung hin zum E-Commerce steht der stationäre Handel allerdings unter Druck. Seine Existenz sehen die Händler jedoch grundsätzlich nicht bedroht. Nur die wenigsten sagen, dass der Handel vor Ort keine Zukunft habe. Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher hängen am stationären Handel und wollen ihn in Krisenzeiten aktiv unterstützen. So haben laut einer Bitkom-Umfrage viele in der Corona-Zeit bewusst bei Einzelhändlern in ihrer Nähe eingekauft, um ihnen die Treue zu halten. Gleichwohl vermissen sie ein Online-Angebot der Geschäfte vor Ort. Es darf jedoch nicht darum gehen, online und offline gegeneinander zu stellen.

Der stationäre Handel muss die Bedürfnisse und Wünsche der Kundinnen und Kunden akzeptieren und durch neue Ideen und Angebote adäquat abbilden. Omnichannel-Konzepte lassen die Grenzen zwischen Offline- und Online-Handel zerfließen und ermöglicht stationären Einzelhändlern sowohl ein Standbein vor Ort als auch im Netz aufbauen. So können sie die Potenziale der Digitalisierung nutzen, um krisenfest und langfristig erfolgreich zu sein. Was wir brauchen, ist ein Umdenken. Händler wie Kundinnen und Kunden sind einer Meinung: Der stationäre Handel in den Innenstädten muss sich neu erfinden.

Unsere Innenstädte sind mehr als nur Orte des Konsums und weltweit entwickeln sich neue Ideen und Konzepte, wie Innenstädte grüner, digitaler und nachhaltiger werden. Dabei wird Fußgängerinnen und Fußgängern, Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern sowie Jung und Alt mehr Raum gegeben.

Smarte Lösungen sollen die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt erhöhen und Quartiere gewinnen an Bedeutung. Sie sind Räume, in denen Menschen zusammenkommen und wo das öffentliche Leben stattfindet. Auch in Zukunft ist der Einzelhandel davon ein fester Bestandteil und Ausdruck des gesellschaftlichen Wandels.

Wir haben sowohl Händler als auch Verbraucherinnen und Verbraucher befragt, wie für sie die Zukunft des Handels aussehen könnte. So vermutet sowohl jeder zweite Händler als auch die Hälfte der Internetuser in Deutschland, dass im Jahr 2030 durch den Einsatz digitaler Lösungen viele Geschäfte durchgängig, also 24/7 geöffnet sein werden. Außerdem gehen die meisten davon aus, dass die Kassen schon bald aus den Läden verschwinden werden und das Bezahlen beim Verlassen eines Geschäfts automatisch ablaufen wird. Neben erweiterten Öffnungszeiten und kassenlosen Verkaufsräumen wird auch ein Maximum an Transparenz erwartet: Herkunft, CO2-Fußabdruck, Inhaltsstoffe und weitere relevante Produktinformationen sollen künftig direkt im Laden für die Kundschaft verfügbar sein.

Auf persönliche Beratung wollen die meisten Deutschen aber auch weiterhin nicht verzichten. Immerhin ein Drittel geht davon aus, dass digitale Verkaufsassistenten und -berater im stationären Handel bis zum Jahr 2030 weit verbreitet sind und es kein Verkaufspersonal mehr geben wird. An den verbreiteten Einsatz von Verkaufsrobotern, die die Kundschaft durch den Laden führen, glaubt auch eher die Minderheit der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Die Mehrheit aber ist überzeugt, dass Händler den Einkauf vor Ort durch digitale Technologien spannender und komfortabler gestalten können, und damit letztlich der Einzelhandel gestärkt wird. Bei der Neu- und Wiederbelebung der Innenstädte spielen sie eine entscheidende Rolle.

Über den Autor

Michael Pfefferle, Bereichsleiter Smart City & Smart Region beim Bitkom

Als Bereichsleiter Smart City und Smart Region verantwortet Michael Pfefferle die inhaltliche Arbeit des Bitkom rund um die digitale Transformation von Städten, Gemeinden und Regionen. Zugleich beschäftigt er sich mit der Digitalisierung des Handels. Michael ist seit 2019 für den Bitkom tätig und setzt sich in seiner Funktion gemeinsam mit Tech-Unternehmen, Startups und öffentlichen Unternehmen für die flächendeckende Digitalisierung und Modernisierung von Kommunen ein. Hierbei leitet er Projekte wie den jährlichen Smart City Index, das bundesweite Digitalranking deutscher Großstädte. Weiterhin betreut er den Arbeitskreis Smart City/Smart Region. Bevor er zum Bitkom kam, war Michael Pfefferle mehrere Jahre für PricewaterhouseCoopers in der Beratung von Kommunen und Bundesländern tätig. Michael studierte Politik- und Verwaltungswissenschaften an der Zeppelin Universität sowie an den Universitäten Freiburg und Hobart (Australien).

https://www.bitkom.org/Kontakt/Michael-Pfefferle.html

Personenbild:
Michael Pfefferle,  Bitkom

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Gemeinwohl-Ökonomie

von Rita Ehses, Managing Director People, Culture & Organization, Novatec Consulting GmbH

Mehr als nur Nachhaltigkeit: Was die GWÖ-Bilanz über ein Unternehmen verrät

Was ist es, was mittelständische Unternehmen in dieser digitalen und schnelllebigen Zeit am meisten herausfordert? Zwar mögen die Antworten unterschiedlich ausfallen, doch letztlich lässt sich ein Großteil auf die Endlichkeit von Ressourcen zurückführen – in der Natur, bei den Menschen und ihren Kompetenzen. Das spiegelt sich auch zunehmend in den Anforderungen von Arbeitnehmer*innen wider: Work-Life-Balance, Sinnhaftigkeit und der Wunsch, etwas zu einer besseren Welt beizutragen.

Für Unternehmen heißt das nicht nur, flexibler im Hinblick auf Arbeitsort und -zeiten zu werden, sondern vor allem in Sachen Nachhaltigkeit und Menschlichkeit weiterzudenken als bisher. Heute suchen sich Fachkräfte selbst aus, wo und unter welchen Konditionen sie arbeiten wollen. Die Gemeinwohl-Ökonomie ist ein vielversprechender Ansatz, diesem Wandel auf dem Arbeitsmarkt zu begegnen.

Zwar gibt es in Deutschland derzeit immer noch mehr Arbeitslose als offene Stellen, so der Arbeitsmarktmonitor der Bundesagentur für Arbeit[1]. Doch viele Unternehmen können ihre Vakanzen nicht mit dafür ausgebildeten Fachkräften oder den erforderlichen Expert*innen ausgleichen. Der Fachkräftemangel ist ein ernstzunehmendes Problem – und das in nahezu allen Branchen. Zwei von fünf Unternehmen sehen ihre Geschäftstätigkeit durch das Fehlen von Fachkräften bereits behindert, so das KfW-ifo-Fachkräftebarometer im Mai 2022[2]. Besonders mittelständische Unternehmen in Deutschland sind betroffen. Wie also können Unternehmen im sogenannten „War of Talents“ bestehen und die noch vorhandenen Fachkräfte für sich gewinnen?


„Die Gemeinwohl-Bilanz bildet in weiten Teilen die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen ab, die für eine weltweite nachhaltige Entwicklung von „People, Planet, Prosperity, Peace and Partnership“ steht.“


Wer oder was ist die Gemeinwohl-Ökonomie?

Die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) ist eine Reformbewegung aus Österreich, Bayern und Südtirol mit der Idee von einem alternativen Wirtschaftssystem, in dessen Fokus Kooperation, Verantwortung, Nachhaltigkeit, Solidarität und Vertrauen stehen anstelle von Gewinnmaximierung, Ausbeutung und Konkurrenzdenken. Die Förderung des Gemeinwohls ist nicht nur Ziel dieses Ansatzes und des dahinter stehenden Vereins, sondern auch ein „Veränderungshebel“ für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Unternehmen aller Größen können ihre betrieblichen Entscheidungen an gemeinwohl-orientierten Werten ausrichten.

Auf politischer Ebene sorgt die GWÖ für die ideale Basis dafür, verantwortungsvoller mit Mensch und Umwelt umzugehen und gemeinschaftlich für den Erhalt aller Lebewesen und des Planeten Erde Sorge zu tragen. In der Gesellschaft keimt bereits der Samen der Gemeinwohl-Ökonomie: Immer mehr Verbraucher*innen legen Wert auf nachhaltige Produkte, faire Fertigung und transparente Lieferketten. Nicht nur Konzerne, sondern auch mittelständische Unternehmen bekommen also seitens ihrer Kundschaft – vielleicht sogar an anderer Stelle ihrer Supply Chain – zu spüren, dass sich etwas verändern muss.

Mehr als Nachhaltigkeit und Verantwortungsbewusstsein

Nur: Verantwortungsvoller, nachhaltiger und transparenter zu agieren, ist für Unternehmen leichter gesagt als getan. Hier gilt es, sich mit den Konzepten von Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) ebenso auseinanderzusetzen wie mit den Ansprüchen der eigenen Stakeholder, zumal unter eine „echte“ Gemeinwohl-Bilanz noch weitere Aspekte fallen. Insgesamt handelt es sich um eine Matrix aus vier Werten: Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Mitbestimmung. Anhand derer lassen sich die Auswirkungen von Entscheidungen und Maßnahmen auf alle Berührungsgruppen (Stakeholder) bewerten.

Zu diesen gehören Kund*innen, Lieferant*innen und Geschäftspartner*innen ebenso wie die Mitarbeiter*innen, Eigentümer*innen und Finanzpartner*innen – und natürlich das gesellschaftliche Umfeld. Nur wie lassen sich die verschiedenen Anforderungen unter den einen gemeinwohlfördernden Hut bringen?


Werte und Berührungsgruppen, die es im Sinne der GWÖ zu berücksichtigen gilt.
Quelle: https://web.ecogood.org/de/unsere-arbeit/gemeinwohl-bilanz/gemeinwohl-matrix/


Marathon statt Sprint: GWÖ im Unternehmen etablieren

Ehrlicherweise muss man sagen, dass viele mittelständische Unternehmen in der einen oder anderen Kategorie durchaus schon Maßnahmen ergreifen, die auf eine der Säulen der Gemeinwohl-Ökonomie einzahlen. Wer beispielsweise auf ein papierloses Büro setzt, schont nicht nur ökologische Ressourcen, sondern befreit die Mitarbeitenden von dokumentenlastigen Prozessen und spart womöglich sogar Büro-Fläche einschließlich Heizkosten ein, weil keine Aktenschränke mehr nötig sind.

Daher ist der erste Schritt eine Analyse der Ist-Situation: Wo steht ein Unternehmen im Hinblick auf die GWÖ? Der zweite Schritt ist die Zieldefinition: Was soll Standard werden? Hier bieten zahlreiche Bilanz-Beispiele eine Orientierung[3]. Wenn dem Mittelstandsunternehmen klar ist, welches Ziel es zu erreichen gilt, kann es den Weg dahin zeichnen, Meilensteine festlegen und Verantwortlichkeiten regeln. Dies ist kein Sprint, sondern ein Marathon, der die entsprechende Aufmerksamkeit im Unternehmen benötigt.


„Wenn Gehalt und Co. nicht mehr alles sind, spielen tiefergehende Werte im beruflichen Kontext eine zunehmend wichtigere Rolle. Dann wird auch ein Pendler-Ticket für den ÖPNV oder die Jobrad-Initiative zum absoluten Pluspunkt gegenüber einem Dienstwagen-Angebot.“


Lohnend, weil sich Gemeinwohl-Orientierung auszahlt

Hat das Unternehmen seine Ziele oder wichtige Meilensteine erreicht, kann es sich auch der Auditierung durch den GWÖ-Verein (International Federation for the Economy for the Common Good e. V.) unterziehen und eine GWÖ-Bilanz sowie ein Zertifikat für die Gemeinwohl-Orientierung des Unternehmens erhalten. Damit gewinnen die gemeinwohlfördernden Bemühungen innerhalb des Unternehmens an Sichtbarkeit nach außen. Dies ist nicht nur für Kund*innen und Geschäftspartner*innen ein positives Signal, sondern auch für Fachkräfte, die von vielen potenziellen Arbeitgeber*innen umworben werden. Denn wenn Gehalt und Co. nicht mehr alles sind, spielen tiefergehende Werte im beruflichen Kontext eine zunehmend wichtigere Rolle. Dann wird auch ein Pendler-Ticket für den ÖPNV oder die Jobrad-Initiative zum absoluten Pluspunkt gegenüber einem Dienstwagen-Angebot.

Gelebte Gemeinwohl-Ökonomie macht Unternehmen attraktiv und sorgt für ein positives Image. Allein den Audit anzustreben, ist entscheidender als die eigentliche Punktzahl in den jeweiligen Kategorien. Zudem dienen die Erkenntnisse einem aufrichtig gemeinwohlorientierten Unternehmen stets als Ansporn für weitere Verbesserungen. Nicht zuletzt bildet die Gemeinwohl-Bilanz in weiten Teilen die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen ab, die für eine weltweite nachhaltige Entwicklung von „People, Planet, Prosperity, Peace and Partnership“ steht.

Vorteile der GWÖ für mittelständische Unternehmen

  • Positives Firmenimage und attraktive Arbeitgebermarke
  • Zufriedenere, motiviertere Mitarbeiter*innen
  • Höhere Loyalität von Stakeholder*innen
  • Steuerrechtliche Vorteile
  • Vorzüge bei der Vergabe Fördergeldern
Good Practices

Eine Liste bilanzierter Unternehmen und einer Gemeinde finden Sie unter:
https://web.ecogood.org/de/unsere-arbeit/gemeinwohl-bilanz/bilanzbeispiele/

So nicht: Typische Stolpersteine auf dem Weg zur GWÖ im Unternehmen

Wie der Wunsch, einen Marathon zu laufen, beginnt auch die Umstrukturierung zum gemeinwohlfördernden Unternehmen in den Köpfen, der Manager*innen und der Mitarbeitenden. Folglich gilt es die gesamte Belegschaft, alle Leiter*innen und die Geschäftsführung gleichermaßen an Bord zu holen. Dass es dabei unbequem wird und unter Umständen liebgewonnene Privilegien wie dienstliche Flugreisen verloren gehen, ist vielen nicht von vornherein klar. Ebenso wenig, dass es kein Gemeinwohl ohne Transparenz – etwa in den Bereich der Finanzierung oder Gehaltszahlungen – geben kann. Was darüber hinaus häufig übersehen wird: Dieser mentale Wandel benötigt ebenso Zeit wie die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen.

Dabei ist es hilfreich, kleine Arbeitspakete zu schnüren und auf mehrere Schultern zu verteilen, um somit die zeitlichen und personellen Ressourcen nicht an einer einzelnen Stelle zu binden. Zudem ist die GWÖ kein Einmal-Projekt, wie viele denken, sondern eine permanente Entscheidung mit langfristigen Folgen. Aber auch hier schafft die Staffelung des großen Ziels in kleine Meilensteine die nötige Fokussierung, damit das Unternehmen nicht schon nach den ersten Herausforderungen das Handtuch wirft. Wichtig dabei sind vor allem fortwährende Benefits und Anreize, die das Thema für alle präsent halten.

Praxisblick: Herzensprojekte fördern, Mitarbeitende binden

Nicht nur, dass der IT-Dienstleister Novatec seit Jahren auf Weihnachtsgeschenke und -karten verzichtet und stattdessen von den Mitarbeitenden vorgeschlagene gemeinnützige Organisationen und Projekte, wie zum Beispiel einen Baby-Notarztwagen oder die SWR-Aktion Herzenssache, unterstützt. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens hat das Unternehmen zudem die Initiative „Helping Hands – 25 Social Projects“ ins Leben gerufen. Dazu konnten die Mitarbeitenden einen Arbeitstag bezahlt freinehmen, um diese Zeit einem Herzensprojekt ihrer Wahl zu widmen – ganz gleich, ob Hospizarbeit, Ukraine-Hilfe, Obdachlosen-Unterstützung oder Vesperkirche. Damit schafft das Unternehmen seinem Team den Freiraum für soziales Engagement und steigert obendrein die Zufriedenheit und Loyalität der Kolleg*innen. Die Möglichkeit in der Belegschaft untereinander die „freien“ Stunden zu spenden, sorgte intern für mehr Teamspirit und Zusammenhalt als ein konstruiertes Teambuilding.

Fazit: Großes klein beginnen

Der Wandel hat bereits begonnen: Die Ausbeutung von Mensch und Umwelt werden heutzutage immer transparenter und stärker abgelehnt – von der Kundschaft, den Geschäftspartner*innen und von den eigenen Mitarbeitenden. Unternehmen müssen sich über ihre Leistungen hinaus positionieren, um dauerhaft Fachkräfte, Partnerschaften und Kundenbeziehungen zu pflegen sowie neue hinzuzugewinnen.

Die GWÖ als zukunftsweisendes Konzept ist ein möglicher Weg, wenn auch nicht ohne Hürden und Kritik, was ihre Praktikabilität betrifft. Aber in jedem Fall ist sie ein praktischer Startpunkt. Von dem ausgehend sollten mittelständische Unternehmen zunächst klein anfangen und erste Impulse sammeln, bevor sie sich an die erste Trainingseinheit für den GWÖ-Marathon machen.


Novatec Consulting GmbH

Über die Autorin

Rita Ehses, Managing Director bei der Novatec Consulting GmbH

Sie leitet seit 2021 das mit ihr neu entstandene Ressort „People, Culture & Organization“. Neben dem Recruiting und der Personalentwicklung, die zunehmend zum Erfolgsfaktor für den IT-Spezialisten Novatec werden, verantwortet sie auch die kanalübergreifende Mitarbeiterkommunikation.

Darüber hinaus liegt es Rita Ehses besonders am Herzen, dass das Team nach den Prinzipien des gemäß Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) zertifizierten Unternehmens lebt und handelt. Novatec wurde 2021 als erstes deutsches IT-Unternehmen GWÖ-zertifiziert.

www.novatec-gmbh.de


[1] https://arbeitsmarktmonitor.arbeitsagentur.de/faktencheck/fachkraefte/karte/515/7/0/F7/
[2] https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-ifo-Fachkr%C3%A4ftebarometer/KfW-ifo-Fachkraeftebarometer_2022-05.pdf
[3] https://web.ecogood.org/de/unsere-arbeit/gemeinwohl-bilanz/bilanzbeispiele/

Bildquelle: Novatec Consulting

Digitale Souveränität umsetzen

In unserer aktuellen Ausgabe sprachen wir mit Élena Poincet, Gründerin und COO von Tehtris. Das Unternehmen hat ein XDR-Ökosystem erschaffen, dass es Unternehmen ermöglicht, digitale Souveränität umzusetzen. Lesen Sie nun das Interview im englischen Wortlaut.

Éléna, how can we improve our European cyber sovereignty?
European economic patriotism is key to guarantee our cyber autonomy. Europe has existing and effective human skills and cyber defense solutions. It is the responsibility of States and companies to use these offers. It is now that we must build a European leader in cybersecurity to combat the cybercrime that is already present. To assert our autonomy, trusting innovative SMEs is crucial. In 10 years, it will be too late.

In this context, what are the advantages of your XDR platform?
In 2022, all organizations must be able to defend themselves. Acquiring a hyper-automated and interoperable cyber defense solution becomes the top priority to neutralize lightning attacks. There is no time for humans to react. The TEHTRIS XDR Platform fulfills this role. It aggregates, analyzes and neutralizes cyber attacks in real time automatically and without human intervention. „It is designed without backdoors and guarantees the inviolability of protected files. With the TEHTRIS XDR Platform, IT teams are ready to face the unexpected.

Éléna, You emphasize „neutralizing cyber attacks without human intervention.“ What does this mean for enterprises?
Today humans no longer have the time to respond manually to the most advanced unknown attacks, given the speed at which the cyberthreat spreads. Only XDR technology meets this need. Organizations want solutions that are flexible and easy to operate, that conserve security staff time, centralize information, and optimize cybersecurity without burdening systems. Adopting technology designed to simplify, centralize and orchestrate, such as the TEHTRIS XDR Platform, allows analysts to focus on higher value tasks. This means time savings and efficiency for everyone.

What role do emerging technologies around AI and machine learning play in your solution?
Artificial Intelligence is central. Since its conception in 2012, the TEHTRIS XDR Platform has been designed in a hyper-automated way with machine learning and deep learning thanks to its Artificial Intelligence CYBERIA. Information from the various cybersecurity modules of the infrastructure is analyzed. Cyber threats are then detected and neutralized in real time and without any human intervention. This provides a 360° visibility to the enterprise cybersecurity team.

Where is your solution already in use and can SME’s also afford the cost?
Our solution is deployed in 120 countries, in all sectors of activity, from multinationals to small businesses. Every organization, regardless of its size, must be able to benefit from effective cyber protection at an affordable cost. That’s why TEHTRIS has launched an online solution for small and medium-sized businesses, which are more vulnerable to cyber attacks. Available on our TEHTRIS store, our solution is turnkey and installed in less than five minutes for an optimal protection.

Cloud or on-premise – what options and API’s do you offer?
Cloud and on-premises, TEHTRIS offers these options. We adapt to the preferences of our customers. The integration of external applications or solutions is also unlimited. The TEHTRIS XDR Platform is open and developed around very powerful and efficient APIs. The APIs allow for a plethora of existing related solutions to be integrated, without any specific integration effort, and in a completely flexible way.

What contribution to a German cyber ecosystem can you make?
Our ambition is to contribute to the German cyber ecosystem by working with local players. Our technology is 10 years old and we are convinced that it meets the needs of German companies and administrations. Our involvement in associations such as Teletrust, and the SecurITy made in EU label, which we recently obtained, are the first steps of our insertion in the German ecosystem.

When will you be able to reach your customers in your new office in Frankfurt?
TEHTRIS is operational in Germany. Our team will grow rapidly under the leadership of Olaf Müller-Haberland, our country manager. Our contribution to the cyber-ecosystem will obviously include the creation of jobs in Germany. We want to have teams as close as possible to our customers. We are recruiting for positions as integrators, cybersecurity engineers, technical account managers, sales and pre-sales architects, and marketing managers. Join the TEHTRIS adventure!

Éléna, why does the „Digital Transformation“ not stand a chance without cyber security and trust in our solutions?
The 2010 decade was marked by the ecological transition, the 2020 decade should also be the decade of digital transformation. Many European regulations have been moving in this direction in recent months (DSA, DMA, NIS2…). Our digital autonomy will be achieved on the condition that we use well-designed European cybersecurity solutions, secure and ethical by design. Europe has been „bottle-fed“ with American and Israeli software. In this context, trust in European solutions is difficult to obtain, even if a change is taking place in recent months. If it is impossible today to have a total technological control, on a European scale, using 100% European cybersecurity solutions is possible. It is crucial to control the protection of our data and our assets. This is why TEHTRIS fights against cyber espionage and cyber sabotage and positions itself as a European trusted third party.

How do you intend to motivate German companies in particular to invest more money in cyber security and product safety?
It is crucial to anticipate the attack rather than assume the consequences. Last year, almost 92% of German companies were attacked. Today, anti-virus software is no longer sufficient to protect against the most devastating unknown attacks. It is becoming essential to be able to detect and neutralize attacks in real time and without any human intervention. The eXtended Detection and Response technology enables CISOs to meet the challenges of immediacy. This is what TEHTRIS has been offering to its customers since 2012, with the TEHTRIS XDR Platform. Thanks to machine learning and deep learning, subtle aspects of threats that would be invisible to the naked eye are detected. The experience gained in these areas is the main asset of TEHTRIS, the only vendor in the European Union to be recognized as a representative vendor by Gartner® in the Market Guide for Extended Detection and Response 2021.

To what extent has war through the Internet already arrived in Europe?
Cybercrime is present and involves collateral damage. Since the beginning of the Russian-Ukrainian conflict, we note that the number of daily attacks remains significant but has not skyrocketed. We can refer to the KA-SAT satellite system operated by Viasat Inc., a cyber attack led by Russia against Ukraine and condemned by the European Union. Several organizations in Ukraine have been hit by attacks based on new malware called „data eraser“ or „wiper“ such as WhisperGate and HermeticWiper. In Russia, we are also seeing threats and espionage operations. This cybercrime is highly organized around gangs that are real companies with HR, R&D, financial services, reconnaissance… At TEHTRIS, we think in wartime and we are in a cyber defense arms race. Automatic neutralization in real time and without human action is the only system today to deal with these lightning cyberattacks.

A huge hacker community has been formed in Russia for years, and many private individuals also make a living from it.
What threat scenarios do we have to prepare for?
Russian and Ukrainian attackers are already well equipped with cyber weapons. In Russia, groups such as APT28 and Sandworm are regularly mentioned. Ukraine, on the other hand, is known to host some of the most effective criminal groups. In this context, we must remain very vigilant. A cyber attack is prepared and its consequences can only be felt in the long term. We must expect a diversification of attacks (ransomware, DDOS) and targets. Private companies, government infrastructures (health service, water, civil goods), or critical infrastructures will be targeted. No sector can actually be spared. Alert levels have been raised by information systems security agencies in Europe and particularly in Germany. NATO member countries are expecting disruptive activities, ransomware, or other attacks against critical infrastructure.

„We are very excited about the future of quantum computing technologies, which will most certainly bring significant advances in computing power, operating costs, and speed.“ …… Can the timely and rapid development of quantum computing better protect us?
Quantum computing is based on quantum systems that perform a multitude of mathematical calculations quickly and simultaneously. A quantum race has been emerging for several years now, as States (USA, China, Russia, EU, UK) have been investing in this technology for more than 40 years for some.
These technologies, which have a capacity for rapid resolution and processing, can protect us insofar as cybersecurity is based on protection, detection and remediation measures that require a very high speed of execution. On the other hand, quantum computers rely on algorithms that are only „probabilistic“ and they are sensitive to environmental variations (temperature variations, magnetic fields).
Although no quantum computer is yet powerful enough to make current protection mechanisms truly obsolete, it is advisable to be as prepared as possible. TEHTRIS has been the pioneer of the XDR technology and this innovation driven philosophy makes us able to face the unpredictable today and tomorrow.

Hier geht es zur deutschen Version…

Moderne Sklaverei: Ohne auskunftsfähige Lieferkettendaten droht ein Marktverbot

Sarah Carpenter, Director of Corporate Responsibility bei Assent, erläutert in Ihrem Gastbeitrag den Vorstoß der EU-Kommission zum Verbot von Zwangsarbeit, warum Lieferketten-Compliance zur Chefsache werden muss und wie Unternehmen künftigen gesetzlichen Anforderungen erfolgreich begegnen.

Anfang September hat die EU-Kommission den Vorschlag eingereicht, alle Produkte, die in Zwangsarbeit hergestellt werden, auf dem EU-Markt zu verbieten. Davon betroffen sind sämtliche Güter, die auf dem EU-Binnenmarkt in Umlauf sind, unabhängig von ihrer Art oder vom Ort der Herstellung.

Für Hersteller bedeutet das weitreichende Konsequenzen, sobald der Vorschlag der Kommission in geltendes Recht umgesetzt wird. Sie werden dann in der Lage sein müssen, nachzuweisen, dass ihre Waren zu 100 Prozent frei von Zwangsarbeit sind – ansonsten drohen gewaltige finanzielle Schäden.

Zwangsarbeit in der Privatwirtschaft nimmt zu

Die Initiative der EU stammt daher, dass heute laut einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Vereinten Nationen weltweit in etwa 27,6 Millionen Menschen in Zwangsarbeit leben. Das sind mehr als noch im Jahr 2016. Der größte Anteil dieser Form der modernen Sklaverei findet in der Privatwirtschaft statt, weshalb die Kommission hier einen Schwerpunkt sieht, um das Problem zu bekämpfen.

Unter den Sektoren, die der Report besonders hervorhebt, befindet sich auch Manufacturing, sprich eben jenes produzierende Gewerbe, das zu den wichtigsten Sektoren des Industriestandorts Deutschland zählt. Es liegt in der Natur der Sache, dass bestimmte Regionen der Welt ein höheres Risiko für Zwangsarbeit aufweisen. Viele unter den Herstellern mit komplexer Produktion haben in ihren Lieferketten einen oder mehrere Zulieferer aus Ländern wie China, Vietnam, Bangladesch oder Brasilien, die zu den Regionen mit einem hohen Anteil an Zwangsarbeit zählen. Damit sind nahezu alle komplexen Hersteller dem Risiko ausgesetzt, dass es an irgendeinem Punkt ihrer Produktionskette zu moderner Sklaverei kommt.


„Es wird immer dringender, eine umfangreiche Datenbasis zur eigenen Lieferkette zu haben und dadurch Transparenz und Auskunftsfähigkeit sicherzustellen.“

Sarah Carpenter ist Director of Corporate Responsibility bei Assent

Die Initiative ist mehr als ein alleinstehendes politisches Mittel

Anders als etwa der US-amerikanische UFLPA (Uyghur Forced Labor Prevention Act) zielt der Vorschlag der EU-Kommission dabei nicht speziell auf eine bestimmte Region ab. Im Gegenteil: Er gilt weltweit und ist damit nicht als Mittel im Handelskrieg mit bestimmten Ländern zu sehen. Die Initiative reiht sich in eine ganze Serie an Gesetzen der letzten Jahre hinsichtlich ESG-Aspekten in Liefer- und Versorgungsketten, beispielsweise das deutsche LkSG (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz). Sie ist ein Zeichen der wachsenden Bemühungen, Umweltschutz und Menschenrechte in der industriellen Produktion voranzutreiben.

Regelmäßige Kontrollen auf Risikobasis und ernsthafte Konsequenzen

Gemäß dem Entwurf der EU-Kommission reicht dabei ein einziger betroffener Bestandteil eines Produktes aus, damit dieses als von Zwangsarbeit betroffen gilt. Die Folge ist, dass diese Güter weder auf dem EU-Markt gehandelt werden dürfen und auch nicht wieder re-exportiert werden dürfen. Faktisch bedeutet dies, dass solche Waren entweder zerlegt oder zerstört werden müssen.

Bereits dieser Umstand an sich bedeutet für Herstelle gewaltige finanzielle Schäden. Kommen Sie dem nicht nach, drohen dazu mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Strafen. Es liegt auf der Hand, dass neben den finanziellen Aspekt auch mögliche Reputationsschäden für Hersteller treten, wenn Kunden oder Medien sich mit einem Fall betroffener Waren öffentlich beschäftigen. Betroffene Produkte werden in der ICSMS-Datenbank (Information and Communication System for Market Surveillance) der EU gelistet.

Für die Umsetzung der Vorschriften sollen, sobald sie in Kraft sind, die Zollbehörden der jeweiligen Einfuhrländer zuständig sein. Es ist das Ziel, die Produkte so früh wie möglich am Markteintritt zu hindern, idealerweise an den Außengrenzen der EU. Um dabei im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten zu handeln, sollen Kontrollen auf Basis einer Risiko- und Einflussanalyse erfolgen. Im Klartext bedeutet das, dass Branchen und Einfuhrregionen, die besonders häufig betroffen sind, auch häufiger kontrolliert werden. Zudem sollen große Unternehmen und Einfuhrmengen stärker herangezogen werden als kleinere. Dies ist ein weiterer Faktor, weshalb große Unternehmen mit komplexer Produktion besonders aufmerksam sein sollten.

ESG-Nachweise: Viele Unternehmen müssen noch aufrüsten

Was können Hersteller also tun? Klar ist, dass es immer dringender wird, eine umfangreiche Datenbasis zur eigenen Lieferkette zu haben und dadurch Transparenz und Auskunftsfähigkeit sicherzustellen. Bei stark verzweigten und kleinteiligen Versorgungsketten kann dies eine Menge Aufwand mit sich bringen, insbesondere da an vielen Stellen zu Zulieferern zweiten oder dritten Grades noch immer keine direkte Beziehung besteht. Je nach Branche ist dabei auch der Wissensstand, wie dies aufzubauen und umzusetzen ist, stark unterschiedlich. Beim Thema ESG standen bisher verschiedene Industriesektoren unterschiedlich stark im Rampenlicht, beispielsweise muss die Bekleidungsindustrie sich schon sehr viel länger mit entsprechenden Vorwürfen auseinandersetzen.

Als Hilfestellung für Unternehmen hat die EU angekündigt, Leitlinien bieten zu wollen, die Informationen rund um die Risikobewertung von Zwangsarbeit enthalten sollen, dazu Anleitungen, wie Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten erfüllen können. Bis diese ausgearbeitet sind, können sich Entscheidungsträger an dem existierenden Leitfaden der EU zu Forced Labour Due Diligence orientieren.

Es braucht eine Datenbasis – aber wie?

Damit diese aber einen praktischen Nutzen haben können, müssen Hersteller ihre Lieferketten kennen und durch Daten auskunftsfähig sein. Transparenz und Reporting-fähige Daten sind die absolute Basis und es gilt, diese anbieten zu können. Klar ist, dass entsprechende Programme kaum innerhalb kürzester Zeit aus dem Boden gestampft werden können. Sofern es nicht eh schon geschehen ist, müssen Unternehmen jetzt damit beginnen, Kapazitäten für ESG-Reportings aufzubauen. In-House-Lösungen werden in vielen Fällen nur schwer möglich sein, gerade bei Unternehmen mit umfangreichen Lieferketten. Auch daher sind in den letzten Jahren mehrere Anbieter auf den Markt gekommen, die Herstellern dabei helfen, den Zugriff zu Experten und dem aktuellen Wissensstand zu Compliance-Fragestellungen zu bekommen sowie zudem über Software und den direkten Kontakt zu Zulieferern eine auskunftsfähige Datenbasis zu schaffen.

Nicht nur von Seiten der Gesellschaft, sondern mittlerweile auch von Seiten der Politik wachsen der Druck und die Erwartungen hinsichtlich ESG-Compliance von produzierenden Unternehmen. Management und Verantwortliche müssen die Lieferketten-Compliance zur Chefsache machen, ansonsten sind der Erfolg und der Marktzugang ihrer Unternehmen immer mehr in Gefahr.

https://www.assent.com

Über die Autorin

Sarah Carpenter ist Director of Corporate Responsibility bei Assent, einem führenden Plattform-Anbieter, der sich auf das Nachhaltigkeitsmanagement in Lieferketten von Herstellern mit komplexer Produktion spezialisiert hat.

https://www.linkedin.com/in/sarahfcarpenter/

 

Daten immer im Griff

Neue Datenkultur – gesucht wird: Ein ganzheitlicher Ansatz zur Bewältigung aller rechtlichen Governance-, Risiko- und Compliance-Herausforderungen

Heutzutage ist es nicht einfach, im Bereich Datenschutz, Recht oder Compliance tätig zu sein. Vorbei sind die Zeiten, in denen ihre Rolle klar definiert und von anderen Abteilungen abgegrenzt war. Um die wachsende Zahl von Aufgaben im Zusammenhang mit E-Discovery, internen Untersuchungen, Anträgen auf Zugang zu Daten, Benachrichtigungen über Vorfälle und Datenschutzverletzungen, vertretbarer Datenaufbewahrung und vielem mehr zu bewältigen, sind eine effiziente Zusammenarbeit und orchestrierte Workflows erforderlich. Das Zusammenschustern von Technologielösungen, die nur einen Teil dieses großen Ganzen abdecken, wird nicht die gewünschten Ergebnisse liefern.

Um in diesem neuen Umfeld erfolgreich zu sein, benötigen Unternehmen eine neue, innovative Art von Unternehmenssoftware, die die Aufgaben und Aktivitäten, die für die Implementierung von Prozessen zur Bewältigung dieser geschäftlichen Herausforderungen erforderlich sind, nahtlos koordiniert. Weltweit müssen sich Unternehmen fast täglich mit neuen Regularien und Compliance-Anforderungen auseinandersetzen. Kleine und mittlere Unternehmen sollten sich in diesem Kontext mit dem Thema Information Lifecycle Management (ILM) beschäftigen und Ausschau halten nach den passenden Plattformen und Lösungen, denn Daten sind der Treibstoff für maschinelles Lernen und für neue Geschäftsmodelle. Schließlich muss eine Künstliche Intelligenz ja mit den Informationen lernen und so trainiert werden, dass es dem Unternehmen nützt. Neben den faszinierenden technischen Möglichkeiten herrscht aber oft Unsicherheit, welche rechtlichen Aspekte beim Einsatz beachtet werden müssen. Fragen wie z. B.: Deckt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auch die Nutzung einer künstlichen Intelligenz (KI) ab? – werden zurzeit oft gestellt.

Mit Daten sicher umgehen

Unternehmen müssen die Herausforderungen meistern, Daten zu sichern, die sich durch digitale Prozesse und Ökosysteme, die Speichersilos vor Ort und in der Cloud umfassen, ständig verändern. Ein Flickenteppich aus anwendungsspezifischen und silospezifischen Sicherheitskontrollen führt dazu, dass die Verantwortlichen für das Sicherheits- und Risikomanagement Mühe haben, die Möglichkeiten und Grenzen zu verstehen. Diese Komplexität veranlasst Anbieter dazu, unterschiedliche Datensicherheitsfunktionen in ihren Plattformen zusammenzufassen. Unternehmen, die diese neueren Plattformen einsetzen, sichern ihre Daten besser und einfacher. „Jedes Unternehmen, das mit Daten arbeitet, sollte wissen, welche Daten es besitzt, wo diese gespeichert sind und wer auf sie zugreift. All das wird bei einer Dateninventarisierung erfasst und hilft, die wichtigsten Archive mit elektronisch gespeicherten Informationen zu identifizieren, sich auf spezifische Risiken einzustellen, Berichtspflichten zu dokumentieren und belastbare Kontrollen nachzuweisen“, erklärt Istvan Puskas von Exterro im Gespräch mit der Redaktion. Laut Puskas kann ein Dateninventurprojekt innerhalb von nur 60 Tagen abgeschlossen werden, unabhängig von der Komplexität der IT-Infrastruktur oder der Unternehmensgröße.

Data Lifecycle Management (DLM): Die Stationen des Daten-Lebenszyklus von der Erstellung, Wartung, über die Nutzung und Archivierung bis zur Löschung.

Bildquelle: Dieses Werk ist lizenziert unter einer CC-BY-SA-NC Lizenz. © Dr. Andreas Grillenberger

Die digitale Transformation gelingt nur, wenn wir das Datenmanagement verstehen. Datengetriebene Unternehmen haben eine höhere Chance, neue Kunden zu gewinnen und ihren Geschäftserfolg zu maximieren. Unternehmen brauchen Daten, um das Kundenerlebnis zu verbessern und Unternehmen können mit Daten zur Motivation ihrer Mitarbeiter beitragen. Außerdem benötigen Firmen Daten zur Optimierung ihrer Geschäftsprozesse und um Innovationen voranzutreiben. Doch in vielen Unternehmen prallen Datenschutz und Datenanalyse als Gegensätze aufeinander. Laut Michael J. Deissner von der comforte AG aus Wiesbaden muss das aber nicht sein. „Wir verfolgen einen anderen Ansatz: Mit unserer Datensicherheitsplattform können Unternehmen agil und flexibel agieren und trotzdem dem Datenschutz Genüge tun. Sie werden in die Lage versetzt, Innovationsstrategien umzusetzen, ohne dabei von Complianceanforderungen ausgebremst zu werden.“ In diesem Kontext hat zunächst die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) viel Unsicherheit erzeugt. Datenschutz und Datenanalyse sollten deshalb in eine gemeinsame Datenstrategie münden, gerade wenn es um die Anonymisierung von personenbezogenen Daten geht.

Aber auch die Datenverschlüsselung im Hinblick auf „persönliche Daten“ ist laut Michael J. Deissner grundlegend wichtig. „Sichere Verarbeitung und Speicherung von Daten lässt sich sehr leicht mit Schutzmethoden wie der Tokenisierung realisieren. Token sind einzigartige Einheiten, die ihrem Besitzer Zugang zu einer gemeinsamen, dezentralen Ressource gewähren. Sie sind jedoch nur innerhalb der Umgebung nützlich, in der sie erstellt wurden und können nicht außerhalb verwendet werden.“ Der Begriff ist auch aus der Diskussion um Kryptowährungen und Blockchain-Technologien bekannt. Wenn Daten also entwendet werden, entsteht auf diese Weise kein Schaden, da Angreifer nicht die echten Daten erlangen, sondern eben nur Tokens. „Der Clou ist allerdings, dass diese Tokens zur Verarbeitung in Anwendungen oder Analysen weiterhin genutzt werden können“, erklärt uns der Datenschutzspezialist.


Unsere Reportage-Teilnehmer

Die Zukunft mit Datenschutz gestalten Datenschutz als Kernelement Orchestrierung für personenbezogene Daten Digitaler Sommer
Michael J. Deissner, comforte AG Thomas Herrguth, VMware Deutschland Istvan Puskas, Exterros Tommy Ziegler, App-Dynamics

Vertrauen in Daten

Wie der Okta Digital Trust Index (2021) zeigt, stellen 45 Prozent der Verbraucher in Deutschland die Nutzung von Produkten eines Unternehmens nach einem Datenmissbrauch oder einer Datenschutzverletzung dauerhaft ein. So stehen Unternehmen vor der Herausforderung, Vertrauen in einer digitalen Welt aufzubauen. Vertrauen ist in der heutigen wettbewerbsintensiven „Digital first“-Landschaft von strategischer Bedeutung für Marken und Unternehmen. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit herrscht ein Misstrauen gegenüber dem Potenzial von Technologie. Dreh- und Angelpunkt moderner Technologien sind digitale Informationen, also Daten. Die Ausgangsfrage der Studie „Digital Frontiers 4.0“ von VMWare stellt sich dem Dilemma, ob menschliches Misstrauen gegenüber der Sammlung und Verwertung digitaler Daten den technologischen Fortschritt verhindert. „Die Ambivalenz: 53% der befragten Deutschen glauben zwar, dass Technologie zum digitalen Fortschritt Deutschlands beitragen kann und 63% wünschen sich Investitionen in technologische Inno­vationen, um unsere Welt nachhaltig zu beeinflussen. Doch zugleich empfindet ein Drittel neue Technologien als unangenehm oder sogar beängstigend“, berichtet Thomas Herrguth von VMWare Deutschland.


„Um mehr Ver­trauen zurück­zugewinnen, ist es unerlässlich, die großen Tech-Konzerne zu regulieren.­“


Was müssen Unternehmen und Regierungen also tun, um die Angst vor Innovationen in Vertrauen umzuwandeln? Thomas Herrguth betont dabei: „Wir als Unternehmen und die Regierungen müssen aktiv dazu beitragen, dass die Konsumenten bewusster mit Daten umgehen. Nur so können wir gemeinsam daran arbeiten, die digitale Wirtschaft anzukurbeln. Unser Ziel ist es, die Menschen zu inspirieren und aufzuklären, um eine technologiekompetente Gesellschaft zu fördern.“

Um mehr Vertrauen zurückzugewinnen, ist es unerlässlich, die großen Tech-Konzerne zu regulieren. Das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA, DSA) ergänzt das Wettbewerbsrecht und beschränkt die Macht marktbeherrschender Digitalkonzerne. Die EU-Kommission stellt darin einen Verhaltenskodex für große Digitalunternehmen auf. Für zentrale Online-Plattformen wie zum Beispiel Suchmaschinen, soziale Netzwerke oder Online-Vermittlungsdienste gelten künftig strengere Regeln. Das Vertrauen in die Digitalisierung wird zum Beispiel auch durch funktionierende Technologie und Standards gesteigert. Ein einziges Ladekabel für Handy, Kameras, Lautsprecher usw. wird in zwei Jahren Wirklichkeit in ganz Europa. Das EU-Parlament und die EU-Staaten haben sich auf USB-C als Standard-Ladebuchse geeinigt. Endlich wird das einstige Versprechen der EU in die Tat umgesetzt.


Unsere Reportage-Teilnehmer

Automatische Neutralisierung von Cyberangriffen Drei Blickwinkel auf die Digitale Transformation
Éléna Poincet von Tehtris Thomas Heinevetter, Klaus Mahle und Martin Tydecks, kobaltblau Management Consultants

Security first!

Laut Klaus Mahle von kobaltblau Management Consultants hat sich der Blick auf die IT im Unternehmen auch beim Thema Mergers and Acquisitions geändert. Klaus Mahle stellt fest, dass die Relevanz der IT bei M&A zugenommen hat und weiter zunimmt. Er betont dabei: „Die Einhaltung der Complianceanforderungen durch die IT direkt oder indirekt durch die Bereitstellung entsprechender Systeme ist existenziell und wird zunehmend im Rahmen der Due Diligence betrachtet.“ Aber Mahle schneidet im Gespräch auch das Thema Security Management an. „Die Bedrohungslage nimmt kontinuierlich zu und ein Ende ist nicht absehbar. So wurden laut Bitkom Research neun von zehn Unternehmen Opfer von Diebstahl, Spionage, Sabotage und aktuell sieht jedes zehnte Unternehmen (neun Prozent) seine geschäftliche Existenz durch Cyberattacken bedroht. Wir empfehlen unseren Kunden einen risikobasierten Ansatz und ein ganzheitliches Sicherheitsmanagement.“

„Die Digitale Transformation hat ohne Cybersicherheit und Vertrauen in unsere Lösungen keine Chance“, erklärt uns in diesem Zusammenhang Éléna Poincet, Gründerin von Tehtris. „Unsere digitale Autonomie wird unter der Bedingung erreicht, dass wir gut durchdachte europäische Cybersicherheitslösungen verwenden, die von vornherein sicher und ethisch einwandfrei sind. Europa ist mit amerikanischer und israelischer Software „abgefüllt“ worden. In diesem Zusammenhang ist es schwierig, Vertrauen in europäische Lösungen zu gewinnen, auch wenn sich in den letzten Monaten ein Wandel vollzogen hat. Auch wenn es heute unmöglich ist, eine totale technologische Kontrolle zu haben, ist es auf europäischer Ebene möglich, 100 % europäische Cybersicherheitslösungen zu verwenden. Es ist von entscheidender Bedeutung, den Schutz unserer Daten und unseres Vermögens zu kontrollieren. Aus diesem Grund kämpfen wir gegen Cyberspionage und Cybersabotage und positionieren uns als europäische Vertrauenspartei“, betont Éléna Poincet im Gespräch mit unserer Redaktion.

So scheint auch die aktuelle Cyber-Security-Strategie der EU in Form des NIS-2 Gesetzespakets ein Echo auf die wegweisenden Maßnahmen zu sein, die in Frankreich bereits seit zehn Jahren bestehen und sich dort bewährt haben. NIS-2 ist die europäische Variante des deutschen IT-Sicherheitsgesetzes 2.0 (IT-SiG 2.0) und die Weiterentwicklung von NIS-1. Die Richtlinie zur Erhöhung der Cybersicherheit von kritischen Infrastrukturen rückt in greifbare Nähe: Am 13. Mai 2022 einigten sich der Europäische Rat und das Europäische Parlament auf gemeinsame Maßnahmen, um die Resilienz und die Kapazitäten zur Reaktion auf Sicherheitsvorfälle zu verbessern.


Am Rande notiert:

NIS-2 Richtlinie

Worauf müssen sich Unternehmen jetzt einstellen und welche Schritte zur Umsetzung werden erforderlich? Der Anwendungsbereich der Richtlinie wird ausgeweitet auf Unternehmen, die über 50 Beschäftigte  und einen Jahresumsatz von über 10 Mio. EUR haben und zu einem kritischen Sektor gehören.
KRITIS-Sektoren werden großzügig erweitert
Der Bereich Gesundheit umfasst dann auch Labore, Unternehmen aus der Medizinforschung und Pharmazeutik sowie Medizingerätehersteller. Cloud-Provider, Rechenzentren und Content-Delivery-Netzwerke aus dem Sektor „Digitale Infrastruktur“ werden dazugezählt. Auch der gesamte industrielle Sektor sowie die Branchen Maschinenbau und Mobility fallen künftig darunter.
Pflichten nehmen zu
Dazu gehören:
Implementierung von Risikoanalyse- und Sicherheitskonzepten, Incident Response, Offenlegung von Schwachstellen sowie die Gewährleistung der Sicherheit in der Lieferkette. Meldung eines Vorfalls innerhalb von 24 Stunden sowie drohende Geldbußen bis zu 10 Millionen Euro.
Trotz Kritik und fehlender Verbindlichkeit ist mit einer Verschärfung der Richtlinien zu rechnen. Unternehmen sollten also frühzeitig prüfen, welche neuen Pflichten es zu beachten gilt.


trendreport.de/nis-2

Unternehmen und die Betreiber kritischer Infrastrukturen sollten auch mehr in die App-Sicherheit investieren. Eine Studie von NTT belegt, dass inzwischen mehr als die Hälfte aller Cyberangriffe auf Anwendungen abzielen. Dennoch investieren Unternehmen nur knapp sechs Prozent ihres Sicherheitsbudgets in den Schutz der eigenen Apps. Außerdem kommt es zu erheblichen finanziellen Schäden, wenn Applikationen für Kunden nicht funktionieren. Deshalb sollten auch wichtige Anwendungen während ihrer Arbeit beobachtet werden. Zum Beispiel können mit APM Tools (Application Performance Management) von AppDynamics Unternehmen und ihre Nutzer vor Angriffen und Risiken auf der Grundlage einer ganzheitlichen, geschäftsorientierten Observability-Plattform geschützt werden. Einblick in das Thema erhalten Sie in dieser Ausgabe ab Seite 14.


Unsere Reportage-Teilnehmer

Es wird Zeit, Ihr Unternehmen auf den Kopf zu stellen! Sorgfaltspflicht: Ein Thema für die Chefetage
Uwe Bergmann, Cosmo Consult Magnus Piotrowski, Assent Inc

Die Finanzabteilung und das ESG-Reporting

Der Beginn von ESG (Environment, Social, Governance) war bislang durch Gesetzgebung und Regulierung getrieben. Inzwischen setzen sich viele Unternehmen freiwillig damit auseinander. Unternehmen, die die Einhaltung von ESG-Richtlinien nachweisen können, tun sich leichter, Investoren und Finanzquellen zu erschließen. Und aus dem ESG-Reporting lassen sich Unternehmensrisiken ableiten. „Diese muss der CFO erkennen und die entsprechenden Maßnahmen anstoßen. Ich gehe davon aus, dass immer mehr Unternehmen ESG als Instrument für sich nutzen“, verdeutlicht uns Ansgar Eickeler von Board Deutschland. Er bietet mit Board eine All-in-One-Plattform für die Entscheidungsfindung, die Business Intelligence Tools mit Funktionen für Planung, Simulation und Predictive Analytics kombiniert.

Laut Ansgar Eickeler wird der CFO eine entscheidende Rolle im gesamten Themenfeld ESG spielen. „Er ist im Unternehmen der Herr über die Zahlen und bringt viele Kompetenzen und Erfahrungen mit, um ESG im Unternehmen richtig aufzusetzen und auch für die Unternehmenssteuerung heranzuziehen. Er wird eng mit einem Chief Sustainability Officer (CSO) oder Chief Social Responsability Officer (CSRO) zusammenarbeiten, um relevante Ziele und entsprechende KPIs festzulegen, zu beplanen und die Einhaltung der Ziele nachzuhalten“, betont Ansgar Eickeler im persönlichen Gespräch mit unserer Redaktion.
Umfassende Transparenz bei Liefer- und Wertschöpfungsketten ist eine wichtige Voraussetzung, um die ESG-Kriterien erfüllen zu können. In diesem Zusammenhang ist es für große Unternehmen von enormer Bedeutung, das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ab 2023 zu berücksichtigen. Zusätzlich geht das neue EU-Lieferkettengesetz deutlich über das ab Januar 2023 geltende deutsche LkSG hinaus, weswegen sich Unternehmen bei der Umsetzung der Maßnahmen an den EU-Regelungen orientieren sollten, um spätere Nachbesserungen zu vermeiden.

Doch viele Beziehungen zwischen Käufern und ihren Lieferanten basieren nach wie vor überwiegend auf Papierdokumenten. Das macht es praktisch unmöglich, Waren und Materialien durch die vielen Schichten der Lieferantenbeziehungen bis zu ihrer Quelle zurückzuverfolgen. Magnus Piotrowski von Assent verdeutlichte uns dabei: „Wer erst jetzt reagiert, ist oft schon unter Zeitdruck, schließlich muss die Umsetzung in die Praxis bei den ersten Unternehmen schon ab 2023 erfolgen. Um das zu schaffen, braucht es eine gute Datenbasis und außerdem Zugang zu Expertise. Intern dürften viele Unternehmen nicht die Kapazität haben, um diese Aufgabe zu stemmen. Eine zuverlässige und relativ schnelle Option ist der Rückgriff auf Drittanbieter wie Assent, die sich auf das Nachhaltigkeitsmanagement in Lieferketten spezialisiert haben.“

Unternehmen sollten sich von den vielen Disziplinen der Digitalisierung nicht entmutigen lassen und mit freiem Kopf und Motivation an die Arbeit gehen. Stück für Stück kann so der digitale Reifegrad auch im Sinne der Unternehmenskultur erhöht werden. Leider macht der Fachkräftemangel vielen Unternehmen zu schaffen und nicht jedes Unternehmen kann sich die hohen Löhne für Entwickler und IT-Spezialisten leisten. Die eigenen Mitarbeiter gilt es nun aufzubauen und mit mehr Know-how auszurüsten, um noch Chancen zu haben, neue Geschäftsmodelle zu etablieren.


Am Rande notiert:

Digital Market Act & DSA


Mit dem Paket „Digitale Dienste“ trägt die EU der Tatsache Rechnung, dass der digitale Raum stärker reguliert werden muss. Ziel der beiden darin enthaltenen Gesetze „Digital Market Act“ und „Digital Services“ ist es, Maßnahmen zum Schutz der Internetnutzenden festzulegen und zugleich Innovationen in der digitalen Wirtschaft zu fördern.
Mit dem Gesetz über digitale Dienste sollen die Grundrechte der EU-Bürgerinnen und ‑Bürger im Internet geschützt werden. Das Gesetz über digitale Märkte soll durch die Regulierung der Big-Tech-Unternehmen gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen in der EU ermöglichen.


trendreport.de/digitale-dienste

„Es wird Zeit, Ihr Unternehmen auf den Kopf zu stellen“, fordert Uwe Bergmann. „Wenn ein weltweiter Tech­nologieanbieter wie die Cosmo Consult Group behauptet, dass Technologie beim digitalen Wandel nicht der entscheidende Punkt ist, dann scheint irgendetwas nicht zu stimmen – oder?“ Die digitale Herausforderung besteht laut Bergmann darin, die beteiligten Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Mehr noch: Man muss die Menschen inspirieren. Für den Digitalisierungspionier ist die Transformation vor allem eine Kopfsache, eine Frage der Einstellung – „und das betrifft die gesamte Unternehmenskultur“.

von Bernhard Haselbauer
b.haselbauer@trendreport.de

 

 

Low Code macht den Unterschied

Erik Hufeld, Head of Marketing bei Simplifier, berichtet im Gespräch mit unserer Redaktion über den aktuellen
Low-Code-Trend und die geeignete Strategie für den Einsatz im Unternehmen.



Herr Hufeld, No-Code- bzw. Low-Code-Anwendungen gehören zu den stärksten Trends in der Software-Entwicklung. Wie lässt sich das mit Zahlen untermauern?

Generell befassen sich viele Akteure mit dem Thema Low-Code bzw. No-Code. Das reicht von den bekannten Analystenhäusern über die Medien bis zu den Unternehmen selbst. Dabei ist die entscheidende Frage: Wo geht die Reise hin? Hierzu gibt es unterschiedliche Studien und Statistiken.
Gartner geht z.B. davon aus, dass bis 2025 ca. 70 % der Unternehmensanwendungen mit Low-Code/No-Code entwickelt werden. Im Jahr 2020 waren es weniger als 20%. Der Trend ist angekommen, hält an und verstärkt sich weiter. Auch wir selbst bekommen das mit, insbesondere in Ausschreibungen oder Evaluierungsphasen. Immer mehr Unternehmen fragen explizit nach Low-Code und befassen sich intensiv mit dem Thema. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite sind die Medien. Wir haben bei einer Studie von der Computerwoche mitgewirkt, in der die Unternehmenswelt befragt wurde. Für 71 % sind Low-Code/No-Code-Applikationen von zentraler Bedeutung und damit strategisch ein wichtiger Baustein innerhalb der IT-Landschaft.
Gleichzeitig erwarten 67% der Befragten, dass der Einsatz für Software, die per Low-Code/No-Code entwickelt wird innerhalb der nächsten drei Jahren in ihrem Unternehmen ausgebaut oder sehr deutlich gesteigert wird und mehr Einsatzszenarien dafür aufgebaut werden.
Das sind zwei essentielle Ergebnisse der Studie. Es gibt natürlich deutlich mehr – denn es ist ein deutlicher Trend erkennbar, dass die Bedeutung von Low-Code/No-Code weiterhin zunimmt.

Mit welchem Ziel wurde die Low-Code Association e. V gegründet?

Gespräche zur Gründung des Vereins gab es bereits seit einigen Jahren. Die Intention für die Gründung ist: Gerade in der DACH-Region muss die Sichtbarkeit für das Thema gesteigert werden. Alle Gründungsmitglieder sehen die Zukunft für die Digitalisierung bei Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum darin. Darüber hinaus geht es um die Steigerung des Bekanntheitsgrades der Technologieanbieter aus derselben Region an sich und natürlich um die damit verbundenen Möglichkeiten für kleinere und mittelständische Unternehmen oder öffentliche Institutionen die Digitalisierung schneller auf die Beine zu stellen und sowohl einfacher als auch günstiger umzusetzen. Unter den Mitgliedern sind jedoch nicht nur Low-Code-Anbieter, sondern auch Service-Dienstleister die Low-Code bei ihren Kunden einsetzen.

 

Erik Hufeld: „Wir haben ‚Ready-to use‘- und ‚Out-of-the-Box‘- Content im Hinblick auf die Wiederverwendbarkeit, von Komponenten.“

Aus diesen Gründen heraus haben wir uns entschlossen, das Thema voranzutreiben, wollen aber auch – und das ist die Motivation für Simplifier – Unterstützung bei der Stärkung von Low-Code-Anbietern aus der DACH-Region für die DACH-Region leisten. Da reden wir meist von kleineren Unternehmen, die sich vor den großen internationalen aber nicht verstecken müssen. Denn unsere Erfahrung ist: Low-Code ist nicht gleich Low-Code, was auch die Analysten Reports deutlich zeigen. Es gibt deutliche Unterschiede in der Ausprägung bzw. dem Schwerpunkt der Plattformen was genau mit dem Low-Code Ansatz umgesetzt wird. Die kleineren Anbieter, die teilweise die modernere Technologie und passgenauere Lösungen haben oder auch andere „emotionale“ Vorteile mitbringen, werden im Gegensatz zu den großen internationalen Low-Code Anbietern in vielen Vergleichen gar nicht erwähnt und erlangen dadurch nicht die notwendige Sichtbarkeit und Bekanntheit.
Fakt ist, es sind nicht immer die großen Anbieter, die das richtige Produkt für die Anforderungen aller Unternehmen haben – oft passen die kleinen deutlich besser.
Unsere Kunden spiegeln uns sehr oft wider: Wir werden in den Evaluierungsphasen mit den großen Playern verglichen und haben die Nase in vielen Themen deutlich vorn. Das liegt einerseits, an dem tiefen Verständnis der Materie das wir mitbringen und der modernen und wettbewerbsfähigen Technologie. Andererseits legen wir, wie auch die anderen Anbieter der Association, einen großen Wert auf die Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit jedem Kunden.

Welche Vorteile haben Unternehmen, die auf eine Low-Code-Strategie setzen?

Es gibt zahlreiche Vorteile, die von der individuellen Ausgangssituation der Unternehmen abhängig sind. Die bedeutendsten sind jedoch Prozess- und Workflow-Digitalisierung. Hier geht es darum Anforderungen deutlich effizienter und zügiger zu bewältigen. Aber auch andere Handlungsfelder profitieren, da digitale Services oder neue digitale Geschäftsmodelle viel schneller aufgebaut werden können. Den Vorteil bringt Low-Code einfach mit sich, vor allem weil man viel schneller mit der Umsetzung starten und auch Zwischenergebnisse direkt nutzen kann. Es sind ganz andere Möglichkeiten geboten, als wenn man von der grünen Wiese aus loslegt. Wir haben „Ready-to-use“- und „Out-of-the-Box”-Content. Dabei geht es um unbegrenzte Wiederverwendbarkeit aller Komponenten. Es muss nicht alles von null programmiert werden. Es gibt schon vorhandene Konnektivitäten zu Systemen, die einfach genutzt werden können. Das kann mit wenigen Klicks und in kurzer Zeit eingerichtet werden.
Da Low-Code-Plattformen meist moderne Technologien nutzen, herrscht auch hohe Zukunftssicherheit. Im Einsatz sind die neuesten Standards, keine alten Systeme, die permanent ausgebaut werden. Stattdessen nimmt man die Systeme, verbindet sie mit einer neuen Technologie und nutzt die Daten End-to-End. Alle Anwendungen werden mit dem Unternehmen mit- bzw- weiterentwickelt – sie wachsen quasi mit jeder neuen Anforderung. Also so, wie sich das Unternehme ausrichtet, so können Low-Code-Plattformen auch dabei unterstützen, diese Entwicklungen digital, nachhaltig und flexibel zu begleiten.
Die Anpassungen die in den meisten Projekten anfallen – also auch Anpassungen im Nachhinein – können durch L-C-Plattformen schnell und einfach selbst vorgenommen werden, ohne dass Entwicklungsexperten – intern oder auch extern – herangezogen werden müssen. Hier besteht der große Vorteil, dass innerhalb des Unternehmens die geschulten Mitarbeiter, die auf einer L-C-Plattform bauen und entwickeln, einfach Anpassungen vornehmen können – ohne großen Aufwand, ohne aufwendige Programmierschleifen, ohne lange Wartezeiten.

Zwei Punkte gewinnen derzeit stark an Bedeutung:
Der Zugang zu Enterprise-Mobility wird immer wichtiger – das unterstützen fast alle Low-Code-Anbieter permanent. Auf mobilen Endgeräten auf Daten zugreifen zu können, Prozesse steuern zu können, etc. Das bringen L-C-Plattformen auch als inhärenten Vorteil mit und natürlich auch den besseren Zugang zu neuen Technologien wie AI-gesteuerte Prozesse oder AR/VR für die Visualisierung von Vorgängen.

Wie unterstützen Sie Ihre Kunden im Kontext Ihrer Plattform? (Support, Einbeziehen von Kundenwünschen bei der Entwicklung Ihrer Plattform, bieten Sie Schulungen an, und wenn ja, wie lange dauern diese?

Low-Code-Plattformen sind per se dafür gebaut, dass Fachbereiche und IT zusammenarbeiten können. Dabei bringt die IT spezielle Fachkenntnisse mit, die auf Low-Code-Plattformen zum Einsatz kommen, z.B. die Integration in bestehende Systemlandschaften oder das ganz Benutzerverwaltung- Rollen- und Rechte-System, Security-Themen etc.
Das kann ein Fachbereich nicht leisten. Sie sind wiederum der Prozess-Knowhow-Träger, die über eine einfache visualisierte Oberfläche ihre Prozesse definieren können. Damit arbeiten IT und Fachbereich durch Low-Code-Plattformen Hand-in-Hand. Das ist es, was eine solche Plattform auch fördern soll: Fusion Teams, in denen einerseits die Professional Developer, weiterhin ihre Schwerpunkte haben und mit Expertise unterstützen müssen. Auf der anderen Seite die Fachbereiche, die das Prozess-Knowhow haben und selbstständig Anwendungen bauen können.
Darüber hinaus geht es auch darum, kontinuierlich Themen voranzutreiben. Wir als Anbieter fragen uns: Wie kommen unsere Kunden weiter? Wie können wir sie dabei unterstützen? Da geht es um enge Zusammenarbeit und kontinuierlichen Austausch mit Kunden. Was haben Sie für Bedürfnisse? Welche Anforderungen haben sie? Wie müssen wir unsere Plattform weiterentwickeln, um die Reise unserer Kunden mit der Plattform sinnvoll zu gestalten? Wir setzen auf Austausch in Form von Events, Webinaren oder ähnlichen Formaten. Es gibt eine Betaversion der Plattform, um neue Features zu testen. Wir geben regelmäßig Informationen über die Entwicklungs-Roadmap heraus. Für uns steht die Zusammenarbeit auf Augenhöhe im Fokus und dafür setzen wir auf einen durchgehenden Servicegedanken. Die Kunden reden vom Entwickler bis zum Vorstand mit allen von uns in verschiedenen Prozessen und fühlen sich gut aufgehoben und verstanden.
Darüber hinaus haben wir verschiedene Maßnahmen, um den Einstieg in die Plattform zu erleichtern. Wir haben Enabling-Programme mit entsprechenden Experten und Servicemitarbeitern, die den Kunden helfen, in die Plattform hineinzufinden, die ersten Prozess- bzw. Entwicklungsschritte gemeinsam zu tätigen. Wir haben Onlinekurse zum Selbststudium, die durchlaufen werden können, um die Materie zu verstehen und um den Einstieg zu erleichtern. Wir haben eine aktive Community, in der ein reger Austausch betrieben wird zwischen Kunden, Simplifier-Usern, uns und Partnern. Wir haben Templates im Marketplace zur Verfügung gestellt. Wir bauen ein Ökosystem auf, in dem „Ready-to-use-Content“ vorliegt, der genutzt werden kann und den Start vom App-Building erleichtern soll.
Wir haben aber auch Partner, die für unsere Kunden oder mit unseren Kunden, gemeinsam starten, d.h. dass jene das Enabling komplett übernehmen, Kunden-Themen mit reinnehmen, um ihnen das notwendige Know-how näherzubringen oder den Kunden ausbilden und zubefähigen Simplifier zu nutzen.
Darüber hinaus gibt es auch Use-Case-Workshops, damit Unternehmen relevante Anwendungsfelder identifizieren und sehen welche Use Cases es gibt, welche sich zur Umsetzung mit Low-Code optimal eignen und wie sie die Digitalisierung vorantreiben.

Wie gewährleisten Sie Zukunftssicherheit und Investitionssicherheit im Kontext des App-Developments?

Wir schaffen durch die Plattform eine hohe Kompatibilitätsgrundlage. Zum Beispiel durch „Out-of-the-Box“-Konnektoren: Für jedes System oder jede Technologie, die in Zukunft neu hinzukommt, bauen wir die Integration aus. Wir haben zudem ein weitreichendes Angebot an„ready-to-use“-Komponenten, darunter auch Integrationsmöglichkeiten in gängige große Systeme wie SAP oder die O365-Welt.
Wir entwickeln unsere Technologie stetig weiter und bleiben „State-of-the-art“. Wir nutzen Web-Technologien als Ansatz, da diese unserer Meinung nach besonders zukunftsfähig ist. Zusätzlich setzten wir auf den Open-Source-Ansatz – also jeder Simplifier-Nutzer hat die Source-Code-Ownership über seine erstellten Anwendungen. Im Marketplace entwickeln wir permanent Möglichkeiten, um auch Content von anderen Akteuren zur Verfügung zu stellen um dadurch das Ökosystem ständig weiterwachsen zu lassen.

Das heißt auch wenn ich nicht mehr Ihr Partner bin, darf ich den Code weiterbenutzen?

Natürlich kommen nur alle Vorteile zum Tragen, wenn die Anwendungen mit unserer Plattform gebaut werden. Der Source-Code der dabei teils automatisiert, teils handgeschrieben entsteht, ist jedoch ein offener Source-Code. Das heißt ein Code der nicht encrypted bzw. durch die Kompilierung in einen verschlüsselten Code umgewandelt ist, der nicht replizierbar ist. Ich kann den Code quelloffen nutzen. Es ist ein Java-Skript.

Inwieweit kann Low-Code dem Fachkräftemangel entgegenwirken?

Wir wissen, dass das Thema App-Entwicklung qualifizierte Entwickler erfordert. Die sind heutzutage aber ein knappes Gut. Es gibt außerdem verschiedenen Ausprägungen der App-Entwicklung die spezielle Kenntnisse brauchen. Zum Beispiel benötigt die Mobile App-Entwicklung ein ganz anderes Set an Fachwissen als die App-Entwicklung im SAP-Umfeld. Mit Low-Code können verschiedene Ressourcen für den Bereich Anwendungserstellung genutzt werden. Bspw: Citizen Developer – wir involvieren die Fachbereiche aktiv in der Anwendungsentwicklung. Also Personen die keine oder nur wenig Programmierkenntnisse haben, aber die Prozesse innerhalb ihrer Abteilung sehr gut kennen. Durch die visualisierte Oberfläche und die Prozessabbildung kann das Know-how direkt in die App-Entwicklung einfließen. Durch die visuelle Darstellung der Prozesse ist die Abstraktionsfähigkeit gewährleistet; Anwendung können auf eine ganz andere Art entwickelt werden.

Die IT-Abteilung selbst, kann schneller agieren, in die Prozesse eingreifen, behält gleichzeitig die Governance, aber unterstützt den ganzen Prozess. D.h. in der IT-Abteilung werden nicht mehr die „Über-Entwickler“ benötigt, sondern Kern-Entwickler, die bei der Low-Code-Entwicklung unterstützen und durch den Fachbereich bei der App-Erstellung unterstützt werden.

Weitere Infos unter: www.simplifier.io

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Sind Versorgungsunternehmen der Schlüssel, um die Energiekosten zu senken?

Ashiss Kumar Dash schreibt über das Zusammenwirken von digitaler Transformation, Investitionen in erneuerbaren Energien und die Organisation der Nachfrage. Er ist EVP and Segment Head der Services, Utilities, Resources und Energy bei Infosys.

Die Kraftstoffpreise sind aktuell auf einem Rekordhoch, obgleich der Tankrabatt hierzulande die Wahrnehmung verzerrt. Der Grund: Die Ukraine-Krise beeinflusst die globalen Lieferketten, infolgedessen schnellen weltweit die Transportkosten in die Höhe und auch die Inflation steigt – und dies sind lediglich einige der aktuellen akuten Herausforderungen, die die Preise in die Höhe treiben.

Der Einsatz erneuerbarer Energien hat das Potenzial, bei der Überwindung der Krise einen entscheidenden Beitrag zu leisten. Allerdings: Obwohl Energieunternehmen als auch Regierungen verstärkt in erneuerbare Energien investieren, sind diese aktuell lediglich für einen geringen Anteil der Energieproduktion zuständig. Notwendige unterstützende Technologien stecken momentan noch in den Kinderschuhen. Der Einsatz von erneuerbaren Energien als alleinige Energiequelle ist nach wie vor unbeständig und unzuverlässig.

Und dies wird sich so schnell auch nicht ändern, denn es gibt keine schnelle, kurzfristige Lösung für diese Hürde. Allerdings fördern Technologien und Initiativen, die Energieunternehmen heute einsetzen und ergreifen, langfristig die Stabilität innerhalb dieser dynamischen Branche – und dies bis weit in die Zukunft.

Verbraucher in die Lage versetzen, die Kontrolle zu übernehmen

Die Lage ist zwar ernst und dringend, allerdings sollte bedacht werden, dass im Bereich der Energieinfrastruktur alles seine Zeit braucht. Viele Unternehmen suchen allerdings nach kurzfristigen Lösungen, um die Energiekosten für den Normalverbraucher zu senken – ein zu schneller Umstieg begünstigt hingegen die Gefahr, das Stromnetz zu überlasten.

Die Lösung ist zweigleisig: Zum einen müssen Konsumenten in die Lage versetzt werden, ihren Verbrauch zu steuern und letztlich die Nachfrage zu kontrollieren. Zum anderen muss das Netz durch Diversifizierung, intelligente Netzlösungen und innovative Technologien – wie die Langzeitspeicherung von Energie – langfristig umgestaltet werden. Dies fördert die Zuverlässigkeit, Widerstandsfähigkeit und Sicherheit des Netzes.

Doch wie können Organisationen die Nachfrage der Verbraucher steuern? In den vergangenen Jahren waren zahlreiche Verbraucher in der Lage, durch staatliche Initiativen wie Solar- und Wärmepumpenprogramme einen gewissen Grad an Selbstversorgung zu erreichen. Förderungsprogramme bieten Verbrauchern auch weiterhin die Möglichkeit, „grüner“ zu leben – dennoch führt die schwankende Energieversorgung oftmals dazu, dass eine zweite Energiequelle benötigt wird, um die Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

Technische Anreize, die sich das Internet der Dinge zunutze machen, setzen hier an: Verbraucher sind beispielsweise in der Lage, mithilfe von Technologien wie intelligenten Zählern und Thermostaten ihren Verbrauch zu überprüfen und analysieren – damit können sie fundierte Entscheidungen darüber treffen, wann und wie sie Energie nutzen. Darüber hinaus kooperieren immer mehr Energieversorger mit Organisationen wie Google Nest. Dies fördert das Bewusstsein der Verbraucher für das Thema Energieverbrauch und gibt ihnen die Möglichkeit, ihren Verbrauch zu Hause zu kontrollieren und zu steuern – und damit auch die damit verbundenen Kosten.

Künftig – wenn die Technologien zur Energiegewinnung und -speicherung ausgereift sind – spielen Verbraucher eine wichtige Rolle bei der Rundsteuertechnik (Load Management), etwa indem Speicherkapazitäten vor Ort im Haus des Kunden installiert werden. Während Schwachlastzeiten lassen sich die Speicher vom Energieversorger füllen und anschließend während in der nächsten Spitzenlastzeit vom Verbraucher abrufen. Das System ermöglicht signifikante Kosteneinsparungen bei der Stromerzeugung. Versorgungsunternehmen hätten damit sogar einen Anreiz, die Kosten für die Speicherung zu übernehmen und auf diese Weise Rechnungen der Haushalte zu senken.

Das Stromnetz langfristig transformieren

Ebenso muss die Transformation von Versorgungsunternehmen und Energieversorgern im Fokus stehen: Bis 2035 werden Unternehmen aller Branchen, nicht nur der Energie- und Rohstoffbranche, in einer völlig veränderten Energielandschaft tätig sein. Die Zeit drängt, um die Infrastruktur und die Technologie für die Bewältigung der Volatilität der Energienachfrage, der Preise und der Produktion vorzubereiten.

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass wir nicht genau wissen, wie sich Dinge entwickeln werden. Um die Zukunft der Energie und des Stromnetzes besser zu adressieren, sollten verschiedene Szenarien geplant werden – sowohl Unternehmen als auch Verbraucher sollten sich auf mehrere und gleichermaßen mögliche Zukunftsszenarien vorbereiten. Insbesondere Energieorganisationen müssen dies in den Mittelpunkt ihrer Strategie setzen. Dabei werden auch Fragen beantwortet wie: „Wie könnte die Verlagerung eines Teils der Nachfrage auf Elektrofahrzeuge sowohl Nachfrage als auch Angebot verbessern und gleichzeitig die anhaltenden Herausforderungen im Bereich der Halbleiter und der Versorgung zu bewältigen?“.

Die digitale Transformation ist die Zukunft des Netzes und dessen Modernisierung von zentraler Bedeutung. Die Integration intelligenter Netzlösungen unterstützt beispielsweise dabei, Brennstoffkosten zu senken. Dabei wird Energie auf der Grundlage des Bedarfs und der Erzeugung im Vergleich zum Verbrauch bereitgestellt. Ebenso ist die nahtlose und zuverlässige Integration verschiedener Energiequellen gewährleistet und Emissionen lassen sich reduzieren. Die Sicherheit des Netzes muss ein Grundprinzip bei der Neugestaltung der Zukunft sein – ein intelligentes Stromnetz kommt allerdings mit zahlreichen Herausforderungen daher.

Eine umfassende Initiative zur Netzmodernisierung erfordert Tariferhöhungen, die für die Kunden ohne erhebliche staatliche Subventionen nicht tragbar sind. Daher ist es für Versorgungsunternehmen unerlässlich, ihre Investitionen in die Netzmodernisierung nach Prioritäten zu ordnen und einen langfristigen Plan zur kontinuierlichen Verbesserung des Netz-Reifegrads zu entwickeln, um sich ändernde Lastprofile zu adressieren. Der langfristige Plan sollte folgende Aspekte umfassen: Kapazitäten definieren, Abhängigkeiten und Risiken verstehen sowie Bereitstellungskapazitäten – basierend auf geschäftlichen Auswirkungen und daraus resultierenden Kosten für die Verbraucher – festlegen.

Langsam und stetig gewinnt man das Rennen

Die Energiewirtschaft benötigt Zeit, um die Digitalisierung umzusetzen. Die Ergebnisse der Umstellung gewährleisten in den kommenden zehn Jahren eine größere Versorgungssicherheit und niedrigere Kosten für Verbraucher und Versorger.

Kurzfristig muss die Branche Initiativen starten, um ihre Kunden dabei zu unterstützen, Energieverbrauch und Kosten durch mehr Transparenz und Klarheit in den Griff zu bekommen. Nur so lässt sich der zunehmende Druck auf die Haushalte in aller Welt zu mindern.


Über den Autor:

Ashiss Kumar Dash ist Global Head of Services, Utilities, Resources und Energy Industries bei Infosys. Er leitet ein hochqualifiziertes Team von Kundenservice-Experten und Technologen, darauf konzentriert Spitzenkompetenzen für Kunden zu schaffen, um sie bei ihrer digitalen Reise zu unterstützen.


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