"Windräder" (CC BY-SA 2.0) by  christianreimer 

Nachhaltig Investieren: kommt bei Privatanlegern und institutionellen Investoren an

Nachhaltige Geldanlagen sind weit mehr als nur ein Trend. Seit Jahren verzeichnen Investments, bei denen neben den klassischen Finanzkriterien Liquidität, Sicherheit und Rendite auch ökologische und soziale Aspekte Berücksichtigung finden, hohe Wachstumsraten. Dies zeigen die Jahresstatistiken des Fachverbands Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V. (FNG).

Allein bei nachhaltigen Fonds und Mandaten – einem meist von institutionellen Investoren genutzten Investment-Vehikel – liegt die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt bei stattlichen 30 Prozent. Zum Ende des Jahres 2015 summierten sich diese beiden Produktklassen zusammen auf 69 Milliarden Euro – was immerhin knapp drei Prozent des Marktes ausmacht. Ein geringer Wert – mag manch einer meinen. Jedoch ist zu beachten, dass der nachhaltige Anlagemarkt regelmäßig stärker wächst als sein konventionelles Pendant. 2010 noch lag der Marktanteil unter einem Prozent.

Streumunition und Antipersonen-Minen bei 1,8 Billionen Euro ausgeschlossen

Auch umfassen so genannte verantwortliche Investments oder auch nachhaltige Geldanlagen im weiteren Sinne weitaus höhere Volumina. Hier werden im Gegensatz zu nachhaltigen Geldanlagen (im engeren Sinne) lediglich einzelne nachhaltige Anlagestrategien und Ausschlusskriterien angewendet. Beispielsweise waren Ende 2015 bei Anlagen in Höhe von 1,8 Billionen Euro Unternehmen ausgeschlossen, die in irgendeiner Form an der Produktion von Streumunition oder Antipersonen-Minen beteiligt sind. Dieser Wert übersteigt das Volumen der nachhaltigen Fonds und Mandate in etwa um den Faktor 26.
Ob nachhaltige Geldanlagen im engeren oder weiteren Sinne – der Markt entwickelt sich überaus dynamisch. Während die Angebotsseite bei den nachhaltigen Anlagemöglichkeiten kontinuierlich für ein Mehr an Quantität, Qualität und Vielfalt sorgt, wachsen bei den Anlegern stetig Interesse und Nachfrage. So liegt die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate bei den institutionellen Investoren seit 2010 – in Deutschland sind dies vor allem öffentliche Pensionsfonds, kirchliche Einrichtungen und Wohlfahrtsorganisationen sowie Stiftungen – bei 36 Prozent (siehe Grafik 1).

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Motive für nachhaltiges Anlegen: Rendite, Risiko-Management, Reputation und Verantwortung

Gesa Vögele, Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V.

Gesa Vögele, Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V.

Warum institutionelle Anleger zunehmend auf nachhaltige Geldanlagen setzen, kann durch unterschiedliche Gründe erklärt werden. Zum einen dringt die bereits seit langem durch zahlreiche wissenschaftliche Studien und Meta-Studien nachgewiesene Erkenntnis, dass Nachhaltigkeit in der Geldanlage entgegen hartnäckiger Vorurteile nicht mit Performance-Einbußen einhergeht, langsam zu den Anlegern und Vermögensverwaltern durch. In diesem Zusammenhang sei nur kurz auf eine jüngst veröffentlichte Studie von Prof. Alexander Bassen (Universität Hamburg) zum Thema „Nachhaltige Finanzwirtschaft und finanzieller Erfolg“ verwiesen. Zum anderen setzt sich zunehmend die Überzeugung durch, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit ein unverzichtbarer Teil eines umfassenden Risiko-Managements sein muss. Beispielsweise können Investitionen in kohlenstoffintensive Branchen und Unternehmen angesichts der Folgen des Klimawandels und der politischen Gegenmaßnahmen Risiken bergen, die im Extremfall zum Totalverlust führen.
Daneben kann Nachhaltigkeit bei der Geldanlage auch mit Blick auf die Reputation wichtig sein. So scheint es für eine Stiftung, die sich um den Umwelt- und Klimaschutz kümmert, schwer vereinbar, ihr Anlagevermögen in Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen oder ökologisch schädlichen Aktivitäten zu investieren. Ganz grundlegend geht es aber sicher vielen Investoren zu allererst darum, ihrer Verantwortung gegenüber jetzigen und nachfolgenden Generationen gerecht zu werden. In der Umfrage zur FNG-Jahresstatistik, dem Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen, war dies sogar das wichtigste Motiv für die Umsetzung von Klimastrategien.

Immer mehr Privatanleger investieren ihr Geld nachhaltig

Die Motivlage dürfte sich bei Privatanlegern in weiten Teilen ähnlich gestalten. Dass großes Interesse besteht, belegen zumindest seit langem Studien. Beispielsweise hat gerade Anfang dieses Jahres die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in einer repräsentativen Umfrage herausgefunden, dass es eine hohe Investitionsbereitschaft der Bürger für nachhaltige Geldanlagen gibt. Diesen Befund bestätigen auch die FNG-Statistiken: Seit 2010 haben die nachhaltigen Investments von Privatanlegern stetig an Volumen hinzugewonnen. Im Durchschnitt sind sie in diesem Zeitraum jedes Jahr um 22 Prozent angewachsen (siehe Grafik 2).

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Allerdings entfällt auf die Privatanleger immer noch ein deutlich geringerer Marktanteil als auf die institutionellen Investoren. So vereinten letztere im vergangenen Jahr 85 Prozent auf sich, und Privatanleger lediglich 15 Prozent. Allerdings liegt die Quote der Privatanleger deutlich über dem europaweiten Durchschnitt mit rund drei Prozent – was Rückschlüsse auf ein relativ hohes Engagement diese Anlegergruppe in Deutschland erlaubt. Dennoch muss die Frage gestellt werden, mit welche besonderen Hürden Privatanleger zu kämpfen haben, wenn es um nachhaltige Geldanlagen geht.

Informationskosten durch Transparenzhilfen und Qualitätsstandards senken

Simon Dittrich, Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V.

Simon Dittrich, Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V.

Sicherlich ist es für Privatanleger deutlich schwieriger und aufwendiger als für institutionelle Investoren, die geeigneten Informationen zu finden, einschätzen und auswerten zu können sowie Vergleiche zwischen verschiedenen Angeboten zu ziehen. Um diesen Aufwand zu minimieren, also die Informationskosten zu senken, sind natürlich an allererster Stelle Finanzberater mit Expertise im Bereich der nachhaltigen Geldanlagen zu empfehlen. Einen wichtigen Beitrag leisten aber auch Transparenzhilfen. So gibt es einen öffentlich zugänglichen Transparenz Kodex für nachhaltige Publikumsfonds, der aktuell für etwa 200 im deutschsprachigen Raum zum Vertrieb zugelassenen Fonds verfügbar ist. Darin ist die nachhaltige Anlagestrategie jedes Fonds ausführlich dargelegt.

Wer kurze und bündige Informationen bevorzugt, dem sei das FNG-Nachhaltigkeitsprofil empfohlen, das aktuell für rund 190 Fonds kostenlos im Internet eingesehen werden kann. Es fasst auf zwei DIN A4-Seiten die wichtigsten Nachhaltigkeitskriterien des jeweiligen Fonds zusammen. Einen Vergleich dieser Fonds erlaubt die FNG-Matrix, die alle Informationen aus den Nachhaltigkeitsprofilen in einem Dokument auflistet. Noch einen Schritte weiter geht das Qualitätssiegel für nachhaltige Geldanlagen. Das FNG-Siegel ist das Erste seiner Art für den deutschsprachigen Raum. Es definiert einen Standard für nachhaltige Geldanlagen, der insbesondere Privatanlegern, aber auch institutionellen Investoren eine Orientierung gibt, welche Fonds Mindestanforderungen zu Nachhaltigkeit erfüllen.

Erhöhte Aufmerksamkeit für nachhaltige Geldanlagen in der Öffentlichkeit

Dass gerade in der letzten Zeit das Thema Nachhaltigkeit und Finanzmarkt stärkere Präsenz in der Öffentlichkeit erfährt, ist jedoch wahrscheinlich zu einem geringeren Teil direkt auf die wichtigen und notwendigen Transparenz- und Orientierungshilfen zurückzuführen. Vielmehr spielt den Verfechtern der nachhaltigen Geldanlage – zu denen das FNG als Fachverband für dieses Thema zweifellos zählt – auch die Klimadebatte in die Hände. Aktuell gibt es eine Bewegung mit dem Ziel, institutionelle Investoren wie Versicherungen, Städte oder Universitäten zu motivieren, sich von Titeln kohlenstoffintensiver Unternehmen zu trennen. Divestment heißt hier das Stichwort, das es in viele große Wochen- und Tageszeitungen geschafft hat und damit auch Aufmerksamkeit für einen wichtigen Zusammenhang schafft: Über den Finanzmarkt kann viel für eine im sozialen, ökologischen und ökonomischen Sinne nachhaltige Wirtschaft erreicht werden. Dabei sind die Mittel und Wege, dies zu erreichen, vielfältig und weisen weit über das Instrument des Divestments hinaus.

 

Autoren:

 

Simon Dittrich und Gesa Vögele leiten seit mehreren Jahren die Studie zum FNG-Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen – der zentrale Jahrespublikation für nachhaltige Investments in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Bildquelle / Lizenz Grafiken und Portraits: Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V.