Schluss mit Marketing von gestern
Weniger Bevormundung, bessere Leads – ein Paradigmenwechsel macht’s möglich
Man stelle sich einen typischen Tag im Büro vor: Der Papierberg auf dem Tisch wird immer größer, und das Postfach quillt bereits über. Dazwischen finden sich immer wieder E-Mails von Marketingabteilungen, die überzeugen und begeistern wollen. Die Betonung liegt auf „wollen“, denn das, was in den E-Mails oder in dem dabei angebotenen Content steht, interessiert den Adressierten oftmals so gar nicht. Was wird er also tun?
Ganz klar: Ab damit in den Papierkorb. Wenn schon der echte Stapel auf dem Schreibtisch nicht von Zauberhand verschwindet, dann wird so wenigstens der virtuelle etwas kleiner – was soll man schließlich mit Inhalten, die einen sowieso nicht weiterbringen? Für die Marketingabteilung, die diese an B2B-Unternehmen ausgesendet hat, ist das natürlich schade.
Doch hätte der Content durch passendere Themen, eine gezieltere Ansprache und zum richtigen Zeitpunkt bereitgestellt, eine Chance gehabt, nicht direkt im Cyber-Müll zu landen? Die Antwort ist Ja!
Push-Marketing: Damit kommt man heute nicht weit
Kunden die volle Dröhnung geben, sie mit Inhalten bombardieren, ob sie nun passen oder nicht – das ist die Marketing-Methode, die seit den 1980er Jahren Anwendung findet. Doch Kunden einfach nur mit Informationen zu nerven, bis sie sich schließlich ergeben oder sich völlig zurückziehen, ist erstens nicht die feinste Art, und zweitens völlig ineffizient. Die Krux bei diesem „Push-Marketing“ ist, abgesehen von genervten Leads, dass Quantität nun einmal nicht Qualität bedeutet. Indem man nur einen Inhalt an jeden potenziellen Neukunden aussendet, kann man kaum die Schmerzpunkte und Interessen aller treffen – und folglich wird man nur wenige bis gar keine Geschäftsabschlüsse erzielen können.
Im Gegenteil. Bei dieser Marketing-Methode liegt die Sterberate von Leads bei ganzen 98 Prozent. Dabei muss das heute überhaupt nicht mehr sein, denn potenzielle Neukunden mit auf sie zugeschnittenem Content gezielt anzusprechen, ist technologisch gesehen möglich. Es bedarf aber eines methodischen Umdenkens in der Marketing-Welt.
Pull-Marketing: Der Lead wird zum mündigen Entscheider
Lead-Qualifizierung kann um einiges besser gelingen – respektvoller, personalisierter und erfolgreicher. Damit ein Lead nicht in der Middle-of-the-Funnel-Wüste verloren geht – weil der Content, den er dort vorfindet, ihn nicht zufriedenstellt –,
muss Marketing gänzlich anders vorgehen als bisher.
Potenzielle Käufer brauchen ganz klar Informationen zu einem Produkt oder zu Dienstleistungen. Die Frage ist nur:
• Welche Informationen benötigen sie?
• Auf welchem Wissensstand sind sie?
• Wo liegen ihre Schmerzpunkte?
Anstatt alle Leads mit ein und demselben Content zu überhäufen, muss man ihnen die richtigen, für sie personalisierten Inhalte anbieten. Bei diesem „Pull-Marketing“ wird der Interessent zum Entscheider, denn er hat die Wahl, welchen Content er sich ansieht – je nach Wissen und Interesse.
Er wird nicht mehr mit unpassenden Inhalten bombardiert, sondern bestimmt und gestaltet aktiv seine individuelle Content-Reise, und zwar in seinem eigenen Tempo und zu selbst gewählten Zeitpunkten. Das wird nicht nur den Lead erfreuen, sondern auch Marketing und Vertrieb. Denn was gibt es besseres als einen „Interessenten“, der diese Bezeichnung tatsächlich verdient und darüber hinaus für den Vertrieb eine echte Verkaufschance darstellt?
Bye Bye langweiliges Kampagnenmanagement – Hello, smartes Engagement Marketing
Um den Lead zum Entscheider auf seiner Informationsreise zu machen, benötigen Marketers die entsprechende Technologie. Dieser Technologie muss die entsprechende Methodik zugrundeliegen, die den Wechsel von Push- zu Pull-Marketing einfach macht. Diese Methodik wiederum sollte auf einer Art Matrix basieren, die sich aus dem jeweiligen Kenntnisstand des Interessenten sowie unterschiedlichen Content-Stücken und Kanälen zusammensetzt.
Das heißt konkret: Man muss zwischen verschiedenen Wissens- oder Informationsstadien unterscheiden können, in denen sich ein potenzieller Kunde befindet.
Ist er sich zum Beispiel noch überhaupt nicht darüber bewusst, dass er ein Problem hat und eine entsprechende Lösung benötigt? In diesem Stadium werden ihn vor allem Basisinformationen interessieren.
Oder hat er sich bereits intensiv mit seinem Problem beschäftigt und benötigt lediglich bestimmte Zusatzinformationen, die ihm bei der finalen Entscheidung helfen? Dann sollte man ihm auch dementsprechend tiefergehende Inhalte zur Verfügung stellen. Basisinformationen wären hier fehl am Platz, und der Lead würde diese womöglich ganz ignorieren – die Quelle der hohen Lead-Sterberate, die es zu vermeiden gilt.
Um jedem Lead die zu ihm passenden Informationen anbieten zu können, müssen dem Marketing Inhalte für jedes mögliche Informationsstadium vorliegen. Das können Texte, aber auch Infografiken, Videos, Websites etc. sein.
Auch die Kanäle, in denen sich „die Zielgruppe“ zumeist bewegt, sind zu unterscheiden. Bietet sich eine E-Mail an? Ein Blogbeitrag? Die Webseite? Oder auch klassische Kanäle wie Events, Kongresse oder Messen?
Das klare Ziel, den Top-of-the-Funnel effektiver zu gestalten, erreichen Marketers nur, indem sie nicht allein in klassischen Kampagnenmanagement-Ansätzen denken – und stattdessen auf smartes Engagement Marketing setzen.
Eine kluge Technologie gegen den Einheitsbrei
Klassisches Kampagnenmanagement ist die gängige Praxis, wenn es heutzutage darum geht, Leads mit Content zu versorgen. Schnell, automatisiert, einfach. Aber eben auch sehr unpersönlich. Smartes Engagement Marketing, also den potenziellen Neukunden zum Entscheider über seine Content-Reise zu machen, sieht anders aus:
Dem Lead sollten auf einer geschützten Plattform auf ihn zugeschnittene Content-Stücke zur Verfügung stehen, aus denen er sich dann selbst jene auswählt, die ihn am meisten interessieren, und – ganz entscheidend – basierend auf den ausgewählten Inhalten werden weitere für ihn interessante Informationen angeboten.
Dadurch wird jede Reise ganz individuell und einzigartig. Im Rahmen dieses Pull-Marketings wird ihm also passender Content unaufdringlich angeboten.
Außerdem sollte die entsprechende Software dem Marketer wichtige Informationen über den Lead zurückspielen und dazu automatisiert ein Dossier erstellen:
• Welche Inhalte hat er wie lange konsumiert?
• Auf welcher Wissensstufe befindet er sich?
• Welche Inhalte hat er geteilt?
• Was für ein Typ ist er?
• Wie bewegt er sich in den Social Media?
Ein solches Dossier bietet den Vorteil, dass der Vertrieb, der es später erhält, genau nachvollziehen kann, was den Lead interessiert hat – und auch, was ihn nicht interessiert hat, sowie was ihn als nächstes interessieren könnte. Darüber hinaus können hinterlegte Hypothesen über den Lead, wie zum Beispiel „Lead ist auf Sicherheit bedacht“ oder „Lead will progressiv sein Geschäft ausbauen“, hilfreich beim Finden einer passenden Ansprache sein.
Leads, Marketing, Vertrieb – für alle heißt es Win-Win-Win
Indem man potenziellen Neukunden die Wahl lässt, welche Inhalte sie konsumieren – dabei aber auf jeden Fall ihren Wissensstand und ihr Interesse trifft –, sorgt man für einen zufriedeneren Lead, der besser informiert aus der Situation herausgeht, als er zuvor war. Doch nicht nur der Lead wird glücklicher sein.
Das Marketing kann, indem es diese Art von Pull-Marketing anwendet, um einiges wirksamer arbeiten und für bessere Leads sorgen. Das schließt am Ende die Lücke zwischen Marketing und Vertrieb, denn dieser erhält vom Marketing konkretere Informationen zu potenziellen Neukunden – und somit bessere Opportunities, die seine Abschlussquote erhöhen.
Da die Leads richtig angesprochen werden, der Vertrieb vom Marketing auch direkt einen passende Aufhänger erhält, kann er den potenziellen Kunden gezielter und persönlicher ansprechen – und das zu jeder Zeit.
Die Chancen eines erfolgreichen Geschäftsabschlusses sind also ungleich höher. Und abgesehen von der gesteigerten Wirksamkeit und den höheren Abschlusschancen, darf man einen weiteren Vorteil nicht vergessen: Indem man ein solches qualitatives, smartes Engagement Marketing betreibt, den Kunden also individuell wahrnimmt und anspricht, wirkt sich das positiv auf die Außenwahrnehmung des Unternehmens beim potenziellen Neukunden aus – der wiederum eher dazu geneigt ist, mit diesem Unternehmen ein Geschäft abzuschließen. Der Kreis schließt sich.
Autor:
Stephan A. Nobs, CMO bei BrandMaker
Weiterführende Informationen: BrandMaker
Bilder / Lizenzen / Quellen
„You’ve Got Mail“ (CC BY 2.0) by card karma
„Tier10-Digital-Content-marketing-wheel c“ (CC BY 2.0) by DigitalRalph