Mitten im Internet-Monopoly

Gastbeitrag

Mitten im Internet-Monopoly – Was wir gegen die Macht von Google und Facebook tun können

 

Vor 20 Jahren revolutionierte das Internet mit offenen Protokollen unsere Kommunikation und unseren Zugang zu Wissen. Heute dominieren die sogenannten GAFAM-Unternehmen immer größere Bereiche des Internets: Die Rede ist von Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft. Dass dies für die User auch große Gefahren birgt, zeigt der aktuelle Datenskandal um Facebook und Cambridge Analytica, die die Daten von Facebook-Usern zur Beeinflussung des US-Wahlkampfs verwendet haben.

 

Datenkraken haben leichtes Spiel

Die grundsätzliche Problematik besteht darin, dass wir bei zahlreichen, vermeintlich kostenlosen Internetdiensten wie Google und Facebook nicht mit Geld, sondern mit unseren persönlichen Daten bezahlen. Die Information, nach welchen Urlaubsziele wir suchen und welche Musik wir „liken“, sind pures Gold in den Händen der Werbeindustrie. Denn sie ermöglicht es, uns passgenaue Angebote zu machen. Google und Facebook allein kontrollieren die Hälfte des weltweiten digitalen Werbebudgets und zeigen ihren Nutzern nur noch den Teil der Wirklichkeit, mit dem sie ihre Werbeeinnahmen maximieren können.

Natürlich sind wir alle mitverantwortlich für die Misere. Zum einen hat es unsere „Geiz ist geil“-Mentalität erst möglich gemacht, dass sich die werbefinanzierten Dienste im Internet durchgesetzt haben. Und zum anderen haben wir mit dem Akzeptieren der Geschäftsbedingungen von Google und Facebook unsere Zustimmung gegeben zum Sammeln und Auswerten der Datenspuren, die wir im Internet hinterlassen. Natürlich gehört zur Wahrheit auch, dass die amerikanischen Internet-Konzerne auch machen, was technisch machbar ist – auch wenn dies haarscharf an der Grenze der Illegalität ist, wie das Sammeln von Daten von Nichtmitgliedern bei Facebook.

 

Gefangen im „Daten-Silo“

Das Internet wurde vor knapp 50 Jahren als offenes Kommunikationsnetz geschaffen, an dem jeder teilnehmen konnte. Das hat sich mittlerweile gründlich gewandelt. Heute bestimmen meist wenige geschlossene Systeme wie Facebook, YouTube, Google, Instagram oder Twitter, was wir im Internet sehen. In der Regel muss ich als Nutzer bei der Anmeldung zu einem Dienst die Bedingungen akzeptieren – oder ich bleibe draußen.

Was genau dort mit meinen Daten passiert, wo diese gespeichert werden oder ob sie Dritten zugänglich gemacht werden, das bleibt ungewiss. Selbst wenn uns bewusst ist, dass Anbieter wie WhatsApp unsere Daten ohne unsere Zustimmung weitergeben, können wir den Dienst heute nur schwer verlassen – weil ja all unsere Freunde WhatsApp nutzen. Dabei gibt es durchaus Alternativen zu WhatsApp – wie z.B. Threema, Signal oder Telegram.

Das Problem ist: Viele melden sich bei den alternativen Diensten zwar an, sind dann aber schnell wieder zurück bei WhatsApp oder dem Facebook Messenger, weil dort eben dann doch die meisten Freunde sind.

Das Ende vom Lied ist, dass die Datenkraken immer mehr persönliche Daten über uns ansammeln und wir immer weiter die Kontrolle darüber verlieren, was mit ihnen eigentlich passiert. Und das obwohl die Kritik von allen Seiten groß ist – so hat etwa die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kürzlich angeprangert, dass Apples iCloud-Umzug nach China den dortigen Behörden uneingeschränkten Zugriff auf Nutzerdaten einräumt.

Unsere Daten sind das Erfolgsmodell und Kapital der Internetmonopolisten. Mit der Vielzahl an persönlichen Informationen, die wir über uns preisgeben, können sie immer genauere Profile von uns erstellen, für die wiederum Werbekunden gut und gerne bezahlen.

 

Offene Systeme als Alternative

Zugegeben: Es ist nicht einfach, die bestehenden Datensilos aufzubrechen, denn die Macht der großen Internetkonzerne scheint riesig zu sein. Eine wirklich nachhaltige und dauerhafte Lösung für das Problem der Datenkraken besteht meiner Meinung nach darin, neue Dienste zu kreieren, die eben keine geschlossenen Silos sind, sondern offen für alle: eben Open Source.

Beispielsweise ein Chat-System, in welchem Nutzer verschiedener Anbieter miteinander kommunizieren können. Funktioniert hat das in der Vergangenheit bei Mails ja auch: Wir können nicht nur von Gmail zu Gmail kommunizieren, sondern von Email zu Email, ohne darauf achten zu müssen, welchen Anbieter der Empfänger bzw. die Empfängerin nutzt.

 

Gemeinsam zurück zur Datenhoheit

Google, Facebook & Co. Haben ihre Macht nur, weil wir sie ihnen einräumen. Mit anderen Worten: Jeder von uns kann schon heute seinen Teil dazu beitragen, dass wir die Hoheit über unsere Daten wieder zurückgewinnen. Was wir dafür tun müssen?

Unsere Gewohnheiten ändern und statt auf die vermeintlich kostenfreien und bequemen Dienste der Datensammler zurückzugreifen, sichere Alternativen nutzen. Statt also die „Googleisierung“ weiter voranzutreiben, sollten wir besser auf Suchmaschinen wie Qwant zurückgreifen, die unsere Privatsphäre respektieren. Mailbox.org statt Gmail nutzen. Oder wie wäre es mit OpenStreetMap statt Google Maps? Oder verschlüsselte Messengerdienste wie Signal, Threema und Telegram statt Facebooks Whatsapp?

 

Ausweg aus dem Hotel California

Die Macht der großen Internetkonzerne, die mit unseren Daten Milliardengewinne erzielen, ist also nicht in Stein gemeißelt. Wir alle können mit unserem Nutzerverhalten und Gewohnheiten dazu beitragen, dass verantwortungsvoll mit unseren Daten umgegangen wird und die (Open-Source-)Projekte unterstützen, die den Datenschutz ernst nehmen. Denn sonst befinden wir uns schon bald alle im Hotel California wieder: „Relax‘ said the night man, we are programmed to receive. You can check out any time you like, But you can never leave!”

 

 

Autor:

Rafael Laguna, CEO und Mitgründer der Open-Xchange AG

 

Rafael Laguna ist Mitgründer und CEO der Open-Xchange AG, die mit mehr als 260 Mitarbeitern E-Mail- und Produktivitäts-Software für Unternehmen und Privatanwender entwickelt. Bereits mit 16 gründete er sein erstes Software-Unternehmen (Elephant Software), mit 21 programmierte er bereits ein komplettes Kassensystem für die Getränkewirtschaft (dicomputer) und mit 31 verkaufte er seine erste Firma (micado). Mit der Gründung von Open-Xchange im Jahr 2005 war Rafael Laguna, der tief in der Open-Source-Bewegung verwurzelt ist, einer der Pioniere im Bereich Software-as-a-Service.

 

 

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