Mobile Economy: Reiseportale mit Nachholbedarf

Eine Usability Benchmarkstudie der Sevenval Technologies GmbH in Zusammenarbeit mit der Agentur Anstrengungslos.

Inwieweit sind die großen Online Reiseanbieter auf den fortschreitenden Trend zur Nutzung des Internet über Smartphone und Tablet vorbereitet?
Zur Klärung dieser Frage analysiert die vorliegende Studie die mobile Usability und Performance von zwölf Webauftritten führender Reiseportale. Die Studie basiert auf einer Expertenevaluation, die neben der allgemeinen Usability auf dem Smartphone auch Recherche und Buchung von Pauschalreiseangeboten beurteilt. Für die Analyse der Performance wurde innerhalb einer mehrwöchigen Messreihe der Zugriff über eine mobile Datenverbindung simuliert. Als Benchmark dient eine vergleichende Messung von neun großen Online Shops.

Ergebnisse der Usability-Beurteilung im Überblick

  • Viele Schwächen in der Usability bei allen Anbietern im Test
    Nur TUI erreicht in vier von sechs Untersuchungsfeldern die Bewertung „gut“ und verpasst damit nur knapp eine Gesamtwertung von „gut“. Ebenfalls im Vergleich ordentliche Bewertungen erreichten noch ITS, HolidayCheck und Bucher Reisen. Besonders viele schlechte Bewertungen gab es in den Feldern „Zugang und Zuführung“, „Such- und Filterfunktionen“ und „Buchung“. Das Schlusslicht bildet „ab-in-den-Urlaub.de“ mit erheblichen Problemen in allen Untersuchungsfeldern.
  • Erhebliche Probleme im Buchungsprozess
    5 von 12 untersuchten Anbietern wiesen erhebliche Usability-Mängel im Buchungsprozess auf. Fehlende mobile Optimierung der Eingabeelemente, unzureichende bis rudimentäre Behandlung von Eingabefehlern und gegenüber dem Desktop fehlende Zusatzangebote wie Versicherungen und Mietwagen
    waren einige der häufigsten Probleme. Am besten abgeschnitten hat hier HolidayCheck mit einem größtenteils vorbildlichen Buchungsprozess.
  • Mangelhaftes Filter- und Listendesign erschwert die Auswahl von Angeboten
    Filterfunktionen sind versteckt, umständlich und unvollständig (im Vergleich zum Desktop), Sortierfunktionen eingeschränkt oder gar nicht vorhanden. Listen enthalten zu kleine Bilder und sind schwer zu überblicken. Die  Navigation wird oft durch langes Scrollen erschwert. Wichtige Informationen wie Kundenbewertungen fehlen oder werden für Smartphones ungünstig dargestellt. Immerhin sieben Anbieter haben hier problematisch abgeschnitten.
  • Die Präsentation der Hotelangebote bedient nicht das Informationsbedürfnis
    Hoteldetailseiten machen es den Nutzern bei einigen Anbietern unnötig schwer an die für sie relevanten Informationen wie Bilder, Kundenrezensionen oder Leistungsbeschreibungen zu gelangen. Stattdessen präsentieren sie unmittelbar die Angebotspakete und den Absprung zur Buchung. Wichtige Detailinformationen werden nicht prominent genug dargestellt.
  • Häufig Konzeptbrüche bei separaten mobilen Websites
    Viele der separaten mobilen Auftritte befolgen nicht die Google Richtlinien, und verursachen dadurch Probleme beim Zugriff über die mobile Google Suche. Häufig sind auch E-Mails bzw. die Zielseiten der darin enthaltenen Links nicht für die mobile Nutzung optimiert. Für einen Teil ihrer Inhalte und Angebote verweisen einige mobile Portale auf Desktop-Seiten. FTI Touristik und ab-in-den-Urlaub.de verweisen sogar für die Hoteldetails auf Desktop-Seiten.
  • Nur Bucher Reisen hat ein konsequentes One Web-
    Konzept umgesetzt
    Nur Bucher Reisen und FTI Touristik setzen bereits einen One Web-Auftritt um, liefern also an alle Endgeräte unter einer einheitlichen URL aus, ohne separate mobile Website. FTI Touristik verlinkt allerdings für die vollständigen Hoteldetails auf nicht mobil optimierte Desktopseiten. Bucher Reisen hat noch Probleme mit der Kundenführung, die von Desktoplastigen Layouts herzurühren scheinen.
  • Cross-Device-Nutzung wird bisher kaum unterstützt
    Die Zahl der Nutzer, die mehrere Endgeräte im Einsatz haben, steigt stetig. Bei alltäglichen Aktionen wie Online Shopping wechseln laut einer Google Studie 90% dieser Nutzer ganz selbstverständlich zwischen verschiedenen Geräten wie z. B. Smartphone, Desktop-Rechner und Notebook hin und her.1 Nur fünf von zwölf untersuchten Reiseportalen können dieses Verhalten bisher unterstützen, davon drei mit gravierenden Mängeln. Dabei sind gerade Recherchen zu Urlaubsreisen mit langwierigen, vielfach unterbrochenen Webrecherchen verbunden – auch ohne „Device Hopping“. Ein positives Beispiel liefert das Vergleichsportal CHECK24, das auf Hotelseiten prominent den Email-Versand eines Suchergebnises anbietet. Ein Link in der E-Mail führt nicht nur zum recherchierten Angebot sondern stellt auch gleich alle Filtereinstellungen wieder her.2

 

Usability - Results of mobile travel websites

Eine Sevenval-Studie zum Abschneiden von Reiseportalen auf mobilen Endgeräten

 

Ergebnisse der Performance-Beurteilung im Überblick

  • Branchendurchschnitt: 8,8 Sekunden Ladezeit
    Im Branchendurchschnitt wartet ein Smartphone-Nutzer mit einer durchschnittlichen UMTS-Verbindung 8,8 Sekunden, bis er die Startseite eines Reiseanbieters verwenden kann. Das liegt weit jenseits der Kundenerwartung von drei Sekunden. Am besten schnitten Expedia (4,88s) und CHECK24 (5,93s) ab, wobei Expedia den guten Wert mit einer sehr spartanischen
    Startseite erkauft.
  • Performance-Optimierung für Responsive Web Design kritisch
    Die beiden Anbieter Bucher Reisen (13,54s) und FTI Touristik (13,87s) bilden das Schlusslicht der Performancemessungen. Beide leiden unter nicht  ausreichend für mobile Zugriffe optimierten One Web-Auftritten.
  • Vergleich mit dem Online-Handel zeigt Entwicklungspotenziale auf
    Auch die Top Online-Händler wissen mit einer durchschnittlichen Wartezeit von 6,8 Sekunden nicht den Kundenerwartungen zu entsprechen. Mit einem Vorsprung von 2 Sekunden gegenüber der Reisebranche zeigen sie aber einen deutlich stärkeren Fokus auf Performance.

Fazit

Für mobile Kundschaft schlecht gerüstet
Wer heute mit seinem Smartphone nach Pauschalreisen schaut, muss sehr frustresistent sein: Mangelhafte Suchfunktionen, fehlende Infos, winzige Bilder, unübersichtliche Angebote und rudimentäre Buchungsprozesse. Online Reiseanbieter, die den Vertriebskanal Internet weiterhin vollumfänglich bedienen wollen, sollten dringend ihre mobilen Webpräsenzen optimieren. Gerade im Markt der Pauschalreisen mit einem weitgehend homogenen Angebot kann Usability zu einem starken Wettbewerbsvorteil werden.
Performance ist ein kritischer Erfolgsfaktor: Schon kleine Verbesserungen in den Antwortzeiten können erhebliche Auswirkungen auf die Akzeptanz und das Engagement der Nutzer haben. Der mobile Kontext mit schwankender Verbindungsqualität und kurzen Aufmerksamkeitsspannen der Nutzer erhöht den Druck auf die Angebote zusätzlich. Dem Kunden ist dabei egal, ob eine schlechte Verbindung den schnellen Aufbau der Seiten
erschwert.
Ein hoch optimiertes Ladeverhalten kombiniert mit einem schlanken Seitengewicht kann einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bedeuten. Laut der Studie „The Performance of Web Applications: Customers are Won or Lost in One Second“ der Aberdeen Group verlassen 40% der Nutzer eine Webseite nach mehr als drei Sekunden Wartezeit. Im weiteren Verlauf führen drei Sekunden Wartezeit zu einem Absinken der  Kundenzufriedenheit um 16%.
Mobile ist der Wachstumsmotor: Die steigende mobile Internetznutzung und auch das Wachstum des M-Commerce wurde in zahlreichen Studien bestätigt. An einem möglichst hochwertigen mobilen Angebot, kommt daher zukünftig kein Anbieter vorbei. Dabei sollten die mobilen Angebote grundsätzlich den vollumfänglichen Funktions- und Informationsumfang wie Desktop-Versionen haben, aber darüber hinaus auch dem mobilen
Kontext mit zusätzlichen Funktionen Rechnung tragen.
Für Reiseanbieter besteht darüber hinaus eine strategische Chance sich vom homogenen Markt abzusetzen: Sie können sich auf mobilen Geräten als digitaler Reisebegleiter von der Buchung über den Service vor Ort bis zum Rückflug etablieren

 

Weitere Informationen unter:
www.sevenval.de/consulting

Die Studie kann unter folgender E-Mail-Adresse vollständig angefordert werden:
travelstudie@sevenval.com

 

 

Quellen:

1 Vgl. Google: „The New Multi-screen World“, 2012, URL: https://www.thinkwithgoogle.com/research-studies/the-new-multi-screen-worldstudy.html, zuletzt abgerufen am 15.02.2015
2 2010 verbrachte ein Internetnutzer zur Planung seiner Urlaubsreisen durchschnittlich 9  Stunden pro Jahr auf 13 verschiedenen Websites, vgl. Vgl. Reiseanalyse 2011, FUR, Kiel, 2011

 

Über Sevenval Consulting
Das Team von Sevenval Consulting berät Unternehmen, die komplexe responsive Webprojekte zukunftssicher umsetzen möchten.Zu den Beratungsleistungen gehören die Entwicklung einer umfassenden Front-End-Strategie sowie die konkrete Konzeption einer Web-Infrastruktur. Auf Wunsch folgt eine projektbegleitende Analyse der Umsetzung des neuen Online-Auftritts mit klaren Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Dabei liegt der Fokus auf der inhaltlichen und technischen Weiterentwicklung von Webseiten, die für alle Geräte optimiert sind.

Quellen / Lizenz: Dieser Beitrag darf nur nach Rücksprache mit dem Urheber weiterverbreitet werden. (Sevenval Consulting 27.03.2015)

Bildquelle: flickr.com / Hideyuki KAMON

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