Paradigmenwechsel: Mittelstandsanleihe 2.0
Die TREND-REPORT-Redaktion diskutiert mit Frank Günther und Wolf Waschkuhn von One Square Advisors über die Unternehmensfinanzierung im Wandel und „matchmaking“ über die Deutsche Private Placement Plattform.
Herr Günther, warum ist der Anleihemarkt derzeit am Boden? Was ist passiert?
Der Mittelstandsanleihemarkt ist missbraucht worden. Ein grundsätzlich sinnvolles Finanzierungsinstrument wurde verwendet, um hochriskante Geschäftsmodelle und hoch verschuldete Unternehmen zu finanzieren und Altgläubiger abzulösen. Dieser Missbrauch, gepaart mit teilweise dolosen Handlungen, hat zu dem dramatischen Absturz des gesamten Marktes geführt. Selbst gute Unternehmen mit ordentlicher Bonität haben derzeit kaum eine Chance, sich auf diesem Markt zu finanzieren. Investoren haben sich mit Schrecken abgewandt.
Herr Waschkuhn, was machen Sie dann mit Ihrer neuen Plattform DPPP anders?
Zu dem geschilderten Missbrauch kam noch ein weiteres, strukturelles Defizit. Die begebenen Anleihen waren in Wahrheit nachrangiges Fremdkapital. Die Deutsche Private Placement Plattform (DPPP) greift dieses Defizit auf. Geplant sind Emissionen, die in deutscher Dokumentation und für deutsche Mittelständler verdaubare Standards erfüllen, andererseits international geübte Praxis sind. Denn nach wie vor haben Investoren Appetit auf Mittelstand, allerdings unter professionellen Bedingungen. Die DPPP greift dieses Interesse auf und bringt professionelle Investoren und Unternehmen, die Fremdkapital suchen, zusammen.
Herr Günther, Sie sind eigentlich in der Restrukturierung zuhause. Was hat Sie bewogen, diesen neuen Geschäftsbereich zu etablieren? Was war die Idee dahinter?
Keine Frage, unsere Wurzeln liegen in der Restrukturierung, in der Anleiherestrukturierung sind wir Marktführer. Aus dieser langen Erfahrung heraus haben wir gelernt, welche Anforderungen Investoren haben und wie diese Anforderungen für alle Beteiligten vertretbar umzusetzen sind. Diese Synergien wollen wir nutzen. Sie sind der Grund dafür, dass One Square inzwischen ein stark wachsendes Sicherheitentreuhandgeschäft, die One Square Trust, aufgebaut hat und sich mit der DPPP in den Bereich der Strukturierung und Emission von Fremdkapitalprodukten entwickelt. Diese Entwicklung in Richtung Investmentbanking ist eine konsequente Weiterentwicklung unserer Strategie.
Herr Waschkuhn, was genau ist das Besondere an Ihrem Ansatz?
Die beiden Hauptziele sind Transaktionssicherheit und eine risikoadäquate Strukturierung. Dabei muss der Köder dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Während bisher die Investoren sehr spät im Prozess mit einem „fertigen“ Angebot konfrontiert wurden und die Anleihe zeichnen konnten, involvieren wir einen weitgehend geschlossenen Kreis von institutionellen Investoren von Anfang an in den Prozess. Jeder Investor ist in der Lage und willens, ein einzelnes Ticket in Höhe von bis zu 30 Mio. Euro zu nehmen, in Sonderfällen sogar mehr. Diese frühe Einbindung und der enge Dialog zwischen Investor und Emittent stellen die optimale Gestaltung einer Emission für beide Seiten und damit den Erfolg einer Platzierung sicher.
Herr Waschkuhn, welche Rolle nimmt One Square Advisors dabei ein?
One Square übernimmt in diesen Transaktionen die Rolle der beratenden Investmentbank. Wir bringen die Investoren mit und orchestrieren den Dialog zwischen zukünftigen Gläubigern und dem Unternehmen. Das macht den Finanzierungsprozess sehr viel effizienter und schneller und schafft Transaktionssicherheit, in der heutigen Zeit ein hohes Gut.
Herr Günther, Sie arbeiten also quasi wie eine konsortialführende Bank, die den IPO begleitet? Welches Know-how braucht man dazu?
IPO, soweit sind wir noch nicht. Wir konzentrieren uns auf unsere Kernkompetenzen, die Strukturierung von Fremdkapitalprodukten. Wir verstehen die Analyse von Geschäftsmodellen und Cashflows, die Beurteilung von Risiken und beherrschen den Prozess des Dialogs mit Investoren. Besonders freut uns, dass bereits namhafte Ratingagenturen an uns herangetreten sind, die sich auf der DPPP engagieren wollen.
Herr Waschkuhn, was ändert sich an den Anforderungen und Bedingungen für Kreditnehmer?
Die Bedingungen einer Mittelstandsanleihe werden strikter – Informationspflichten, einzuhaltende Covenants und definierte Eingriffs- und Informationsrechte bei Verletzung dieser Kriterien, Beschränkung zusätzlicher Verschuldung, ggf. Besicherung von Vermögensgegenständen. Wir haben mit einer renommierten deutschen Anwaltskanzlei und Investoren Musteranleihebedingungen formuliert, die man aus dem internationalen Bereich kennt, die gleichzeitig aber in ihrem Umfang für einen gut aufgestellten Mittelständler keine besonderen Hürden darstellen sollten. Als großes Plus eröffnet sich damit ein größerer Pool an potenziellen, internationalen Investoren im Zweitmarkt, eine höhere Liquidität und damit ein insgesamt attraktiveres Fremdkapitalinstrument.
Herr Günther, welches Wachstumspotenzial machen Sie in den nächsten Jahren aus und welche weiteren branchenabhängigen Finanzierungsmodelle sind im Gespräch?
Wir konzentrieren uns zunächst auf Unternehmens- und besicherte Immobilienanleihen. In diesen Assetklassen sehen wir derzeit den größten Markt. Daneben sehen wir in der Refinanzierung großer Infrastrukturprojekte, wie z. B. von Offshore-Windparks, ein hohes Potenzial. Nicht zu vergessen die Schiffsfinanzierung. Hier ist einer ganzen Industrie das Finanzierungsmodell abhanden gekommen und die Lösung können nur Kapitalmarktinstrumente sein. Prozessual schwebt uns eine hohe Digitalisierung der Plattform vor, die z. B. Bookbuilding und neue Preismodelle in klar definierten Zeitfenstern realtime im Sinne einer „English auction“ oder „open outcry auction“ ermöglicht. Wenn Sie so wollen, DPPP als die FinTech-Plattform für Anleihen.
Weitere Informationen unter:
www.onesquareadvisors.com
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