Die vernetzte Gesellschaft
Wie geht es Ihnen, wenn Sie an die vernetzte Zukunft denken? Freuen Sie sich schon auf die Chancen, die künftige Vernetzungstechniken möglich machen werden? Nehmen Sie die Herausforderung gerne an, Ihr Leben und Ihr Unternehmen auf das Kommende ein- und umzustellen? Oder fühlen Sie sich eher bedroht und können sich nicht vorstellen, wie Sie das alles stemmen sollen? Denn wie immer heißt es, wenn Veränderungen anstehen, dass derjenige, der sich ihnen nicht stellt, verlieren wird.
In der Geschäftswelt kann es sich kaum jemand noch leisten, im Heute zu verharren. Geschäftsmodelle, Produktportfolios, Unternehmensphilosophien und -strategien sollten kontinuierlich hinterfragt werden, ob sie noch für die künftige Welt taugen, wie sie an die neuen Aufgaben herangeführt werden können, ob sie auch längerfristig wettbewerbstauglich sind. Dabei müssen die technischen Entwicklungen ebenso in die Überlegungen einfließen wie die gesellschaftlichen Veränderungen. Und natürlich die Entwicklung des Internets.
Das Netzdilemma
Mittlerweile hängen ganze Existenzen vom Zugang zum schnellen Internet ab. Die Unternehmen und ihre Verbände fordern daher endlich den konsequenten Aufbau zukunftsfähiger Infrastrukturen für das schnelle Internet, vorzugsweise mit Geschwindigkeiten ab 1 Gbit/s. Noch aber wird über den Weg zur Gigabitgesellschaft gestritten. Es ist zwar klar, dass nur der Aufbau einer glasfaserbasierten Infrastruktur längerfristig die hohen Datenraten ermöglicht – auch für die fünfte Mobilfunkgeneration (5G) und das Internet der Dinge (IoT) wird sie unverzichtbar sein.
Mit der Entscheidung für den Vectoring-Ausbau auf Basis der alten Kupferkabel hat sich die Bundesregierung indes selbst den Weg verstellt. Für viele Haushalte mögen die damit avisierten 50 oder auch 100 Mbit/s ausreichend sein, für die Unternehmen sind sie es nicht. Wie konnte es passieren, dass Deutschland hier so ins Hintertreffen geraten ist? Laut den letzten Zahlen des FTTH Council Europe liegt unser Land auf dem vorletzten Rang der für die Erhebung berücksichtigten 31 europäischen Staaten. Unter anderem, weil die Deutsche Telekom es vermochte, Bundesnetzagentur und Regierung davon zu überzeugen, dass Vectoring bis auf Weiteres den Anforderungen an das schnelle Internet genüge und eine kluge Brückentechnik hin zur Glasfaser darstelle, obwohl es den dringend benötigten, eigentlichen Glasfaserausbau verzögert. In ihrem aktuellen Jahresbericht stellte die Bundesnetzagentur fest, dass DSL-Techniken das Breitbandinternetgeschehen in Deutschland noch zu 75 % beherrschen. Glasfasernetze hingegen sind mit einem Anteil von etwa 1,9 % kaum erwähnenswert. Der aktuelle Bericht der Bertelsmann-Stiftung nimmt bei der Analyse der Versäumnisse kein Blatt vor den Mund: „Unambitionierte Ziele, eine fehlende gesamtstaatliche Strategie, unkoordinierte Förderprogramme und fehlender Mut, konsequent auf Glasfasertechnik zu setzen.“
Wo steht Big Data?
Big Data ist in den letzten Monaten zu einem Hype-Thema avanciert. Die Anwendungsbereiche, in denen Big-Data-Technologien zum Einsatz kommen, werden breiter. Jüngst etwa ermutigte Angela Merkel auf dem IT-Gipfel Ärzte, die Chancen von Big Data zu nutzen.
Im ausführlichen Interview beantworten Diplom-Informatiker Elmar Nathe und Diplom-Informatiker (FH) Michael Müller aktuelle Fragen rund um das Thema Big Data.
Ausgehend von der Frage, wo die Big-Data-Technologie steht, wird dem Leser sehr schnell klar, dass auch dies nur ein Zwischenschritt sein kann. Das Ziel muss die „Data-driven Company“ sein. Spätestens ab diesem Punkt wird Big Data zur strategischen Entscheidung: Was will ich in Zukunft mit meinem Geschäftsmodell erreichen? Wie können mir Daten dabei überhaupt helfen? Die beiden Experten liefern hier Denkanstöße und schildern, wie ein solches Projekt ablaufen kann.
Das vollständigen Interview lesen Sie auf https://trendreport.de/wo-steht-big-data
Digitale Ökosysteme
Aber das Netz ist die eine Sache. Die Produkte, Philosophien und Strategien für das digitalisierte, schnelllebige Universum sind die andere. Es wird nicht mehr reichen, an Bewährtem festzuhalten. Die Unternehmen müssen sich ihren Platz in der digitalisierten Welt neu suchen, dabei das Tradierte mitnehmen und trotzdem auf alle Veränderungen und Herausforderungen agil und flexibel reagieren. Ein Produkt allein wird dabei nicht genügen, vielmehr sollte um dieses Produkt herum eine kleine eigene Welt gebaut werden, die dem Kunden, aber auch dem Unternehmen und seinen Partnern Mehrwert verspricht. Ein digitales Ökosystem sozusagen. So wie Apple zum Beispiel? Im Prinzip ja, doch fehlt dem System um iPhone und iPad eine wesentliche Eigenschaft eines Ökosystems – es ist nicht offen. Alles, was darin vorkommt, passt zwar mehr oder weniger zueinander, doch die restliche Welt ist ausgeschlossen.
Amazon, Google und Facebook machen es ebenfalls vor. Amazon z. B. ist es wie kaum einem anderen Unternehmen gelungen, um sein erstes, anfängliches Produkt – Online-Verkauf von Büchern und Musik – herum ein eigenes Universum aus Partnern, Diensten und Kunden aufzustellen. Man erkannte rechtzeitig, was für ein Potenzial der eigenen digitalen Plattform innewohnt und schuf mit ihr das heute nur allzu bekannte digitale Ökosystem. Aber auch dieses Unternehmen ist, wie auch die beiden anderen oben genannten, nicht wirklich offen. Viele sehen gerade in der Offenheit ein Erfolgsrezept. Das Betriebssystem Linux ist eines der bekanntesten Beispiele dafür, wie man sich mit Unterstützung vieler Gleichgesinnter gegen die Großen durchsetzen kann. Erst kürzlich gab die Linux Foundation die Gründung der EdgeX Foundry bekannt, in der bereits über 50 Unternehmen für ein offenes Framework für IoT Edge Computing und damit gemeinsame IoT-Industriestandards eintreten.
HANDBUCH DIGITALISIERUNG
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Seit Januar 2017 ist das erste gemeinfreie Werk als Fachbuch und Wegweiser für Unternehmen zum Thema Digitalisierung am deutschen Markt erschienen. Das Handbuch geht mit einer Creative-Commons-Lizenz und einer lebendigen Autoren-Community an den Start. Der stets aktuelle Begleiter für den digitalen Wandel.
ISBN: 978-3-9818482-0-5
Doch warum sollte das Geschäftsmodell digitales Ökosystem nicht auch zu mittelständischen und kleineren Unternehmen passen? Ihnen muss es „nur“ gelingen, ein Netzwerk aus Partnern, Kunden, Lieferanten, Entwicklern ins Leben zu rufen und zu verwalten, in dem alle Beteiligten auf einer einzigen Plattform gleichberechtigt ein gemeinsames Ziel zu gegenseitigem Nutzen verfolgen. Viele Produkte, Angebote oder Lösungen eignen sich dafür. Dr. Armin Schulz, Gründer und geschäftsführender Partner der 3DSE Management Consultants GmbH, rät, sich gleich in den frühen Entwicklungsphasen nicht nur auf das Produktkonzept zu konzentrieren, sondern bereits darüber nachzudenken, welche Services oder auch welche ganz anderen Geschäftsmodelle man rund um dieses spätere Produkt mit anbieten möchte. „Das Wichtige ist aber“, so Schulz, „man wird nicht in der Lage sein, diese Services komplett zu durchdenken, weil dafür die Welt zu schnelllebig ist und man letztendlich unter Umständen später im Feld schnell reagieren muss.“ Dr. Stefan Wenzel, ebenfalls Gründer und geschäftsführender Partner der 3DSE Management Consultants GmbH, sieht noch einen anderen Aspekt: Fragen wie die Kultur des Unternehmens, die Leadership, das Change-Management dürfen nicht vergessen werden. Sie seien „nicht hoch genug zu priorisieren“. Ohne eine agil und flexibel agierende Führungsriege, die sich der auf sie zukommenden Herausforderungen bewusst ist, wird man auf verlorenem Posten stehen. Diese Flexibilität kann aber nicht von ungefähr kommen. Sie braucht eine stabile Basis, und das sind z. B. Daten, mit deren Hilfe man die Bedürfnisse und Meinungen der Kunden stets im Blick behalten kann. Nun werden Daten zwar bereits an jeder Ecke erhoben, doch die schiere Menge allein macht es nicht. Auf die Auswertung kommt es an, um die richtigen Schlüsse ziehen zu können. Für Rainer Otto, Geschäftsführer der enPortal GmbH, die einen Energie-Online-Marktplatz betreibt, über den Firmen Ausschreibungen tätigen und mit Anbietern in Kontakt treten können, lag eine Herausforderung darin, „die Daten so intuitiv und übersichtlich in Verbindung zu setzen, dass Kunden schnell einen Überblick über ihren Verbrauch, ihre Kosten und Verträge haben.“ Damit nicht genug: „Alle Angebote mussten standardisiert werden, um sie beispielsweise im Bieterspiegel vergleichbar zu machen.“
Digitales Ökosystem
Ein digitales Ökosystem ist ein verteiltes, adaptives, offenes sozio-technisches System mit Eigenschaften von Selbstorganisation, Skalierbarkeit und Nachhaltigkeit, inspiriert von natürlichen Ökosystemen.
Die Betonung liegt bei dieser Definition auf „offen“. Bekannte digitale Ökosysteme sind Apple, Google oder Amazon, denen jedoch die Offenheit fehlt. www.trendreport.de/digitale-oekosysteme
Für diese hochqualitative Auswertung von Unmengen an Daten werden künftig immer häufiger Systeme herangezogen, deren Algorithmen auf künstlicher Intelligenz basieren. Dr. Ulrich Kampffmeyer, Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung Project Consult, sieht drei wichtige Entwicklungen: selbstlernende Systeme, Entscheidungssysteme und Individualisierung, die „nicht mehr nur die Kundenkommunikation in Bezug auf personalisierte Oberflächen, sondern auch zunehmend auf individualisierte Produkte, zum Beispiel bei Finanzdienstleistungen und Versicherungen, betrifft“. Auch traditionelle Banken werden sich diesem Strukturwandel nicht entziehen können. Stellen sie es klug an, können ihre Kunden bald von einer Vielzahl neuer, auch personalisierter Services, die auch von externen Anbietern wie z. B. FinTechs im bankeigenen digitalen Ökosystem angeboten werden können, profitieren. In diesem Zusammenhang kommt dem Genossenschaftsgedanken, der an sich nicht neu ist, eine ganz neue Dimension zu. Traditionelle genossenschaftliche Finanzgruppen können hier auf einem Vertrauensvorschuss ihrer Kunden aufbauen, während sie mit ihnen zusammen Schritt für Schritt den Weg hin zu einem digitalen Ökosystem gehen. Unternehmen, die in diesen herausfordernden Zeiten rund um ihr Produkt oder ihre Produkte und Lösungen ein digitales Ökosystem aufziehen wollen, dürfen auf diesem Weg nicht die Orientierung verlieren. Professionelle, zukunftsgerichtete Beratungsunternehmen können sie dabei unterstützend begleiten. Aber auch Veranstaltungen wie die im September von der TU München organisierte Konferenz „Digitale Transformation – Gibt es einen eigenen Weg für Deutschland?“ helfen bei der Neupositionierung des Unternehmens.
Vielleicht ist es gar nicht so schwer, ein digitales Ökosystem zu erschaffen, sofern der Wille vorhanden ist, die ausgetretenen Unternehmerspuren zu verlassen, keine Angst vor Veränderungen und selbst vor Fehlern zu haben, und man Durchhaltewillen besitzt, falls sich der Erfolg nicht unmittelbar einstellt. Nur wer anfängt, kann auch Erfolg haben.
von Brigitte Kasper
b.kasper@trendreport.de