Vom klassischen Kredit bis zum Crowdfunding – Welche Finanzierungstrends gibt es in 2020?
Ein Gastbeitrag von Ben Korbach
Die Digitalisierung treibt die Innovationslust von Unternehmern und Investoren immer weiter voran und beinahe jeden Monat wird ein neues Fintech oder gar ein neues System vorgestellt, das den klassischen Banken Konkurrenz macht. Vor allem im Bereich der Finanzierungen ergeben sich ständig neue Möglichkeiten, wie Unternehmen finanzielle Mittel auftreiben können.
Ist die Zeit klassischer Kredite vorbei?
Über Jahrzehnte hinweg war die Hausbank der erste Kontakt, wenn Unternehmen einen Kredit oder eine andere Finanzierungslösung benötigt haben.
Im Zeitalter der Niedrigzinsen, Digitalisierung und FinTechs ist das zwar nicht mehr zwangsweise der Fall, der klassische Bankkredit hat aber nach wie vor eine herausragende Bedeutung in der Unternehmensfinanzierung.
Die Zeit klassischer Kredite ist also nicht vorbei, sie müssen sich nur das Feld mit einer immer größeren Anzahl alternativer Finanzierungsmöglichkeiten teilen.
Die Vor- und Nachteile verschiedener Finanzierungstrends
In der folgenden Auflistung werden die Möglichkeiten zur Unternehmensfinanzierung aufgezeigt, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben bzw. in den kommenden Jahren zu erwarten sind.
Innovationsfinanzierungen mithilfe von Förderkrediten
Die Niedrigzinsphase bildet mit der immer weiter voranschreitenden Digitalisierung ein besonderes Marktumfeld, in welchem vor allem Förderkredite an Bedeutung und Beliebtheit gewinnen. Immer mehr Unternehmen nutzen die günstigen Kredite dazu, um das eigene Unternehmen zukunftsfähig zu machen, neue Möglichkeiten zu erforschen oder längst überfällige Software-Updates durchzuführen.
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nimmt dabei eine wichtige Rolle ein und bietet gleich ein ganzes Produktportfolio an, mit dem sie Unternehmen bei Innovation und Wachstum unterstützt. Neben dem eher klassischen ERP-Digitalisierungskredit kann auch eine Mezzanin-Lösung mit niedrigeren Sicherheitsanforderungen oder ein Konsortialkredit mit dem Fokus auf Unternehmenswachstum genutzt werden. Mit dem BMU-Umweltinnovationsprogramm gibt es darüber hinaus ein Programm speziell für alle Umweltschutz-Pioniere.
Die Vorteile dieser Finanzierungsmöglichkeit liegen vor allem in den günstigen Konditionen sowie der teilweisen Risiko-Übernahme durch die KfW. Allerdings ist zu beachten, dass die Förderkredite in der Regel nur einen Finanzierungsbaustein darstellen und auch nur dann genutzt werden können, wenn die entsprechenden Voraussetzungen je Programm erfüllt werden.
Crowdfunding – gemeinsam sind wir stark
Der Gedanke der „Sharing Economy“ hat nicht nur dazu geführt, dass wir unsere Wohnungen über Airbnb an fremde Menschen vermieten, sondern auch dazu, dass wir uns unabhängig von Banken zusammenschließen, um gemeinsam Projekte zu finanzieren. Diese Art der Finanzierung hat sich in den letzten Jahren immer weiterentwickelt und ermöglicht heute auch Unternehmen, über verschiedene Online-Anbieter einen Kredit zu günstigen Konditionen aufzunehmen.
Bei dieser Vorgehensweise ist auch immer ein sehr ausgeprägtes Gemeinschaftsgefühl spürbar. So verspricht die Berliner Crowdinvesting- und Crowdlending-Plattform Kapilendo auf ihrer Startseite zum Beispiel, auf Intermediäre zu verzichten und stattdessen ein Netzwerk aus Unternehmen und unternehmerisch denkenden Investoren zu etablieren.
Neben dem einfachen Online-Beantragungsprozess und den günstigen Konditionen, versprechen diese Plattformen also vor allem eine Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe in einer starken Gemeinschaft.
Paradoxerweise kann ein Nachteil jedoch darin liegen, dass genau diese Beziehung eben nicht so intensiv ausfällt wie bei dem Unternehmenskundenberater der Hausbank, der regelmäßig im Unternehmen vorbeischaut.
Kryptowährungen – Eine neue Welt voller Möglichkeiten
Eine völlig neue Form der Unternehmensfinanzierung stellen Kryptowährungen bzw. Token dar. Im Grunde drehte sich der Krypto-Boom inklusive Blasenbildung im Jahr 2017 um die Möglichkeit, finanzielle Mittel von Investoren über diese digitalen Coins aufnehmen zu können, ohne eine (Investment-)Bank einschalten zu müssen. Auch die strengen Prüfungen von Wagniskapitalgebern sowie die Abgabe von Unternehmensanteilen konnten galant umgangen werden, indem die frisch gegründeten Start-Ups ihre Geschäftsidee einfach schick auf der eigenen Homepage präsentierten und hierüber auch gleich den eigenen Coin bewarben.
Das Versprechen: Je erfolgreicher das Unternehmen, umso höher steigt der Kurswert des jeweiligen Coins. Auf diese Weise versprachen sich viele Investoren hohe Gewinne durch die indirekte Beteiligung am Unternehmenserfolg.
In Anlehnung an IPOs wurde die erstmalige Emission neuer Coins bzw. Token als ICO (Initial Coin Offering) bezeichnet. Leider hat das völlige Fehlen jeglicher Regulierung zu vielen schwarzen Schafen und Betrugsvorfällen unter diesen „Startups“ geführt. Die insgesamt 875 ICOs in 2017 haben mit den gesammelten Geldern in Höhe von USD 6,2 Mrd. jedoch gezeigt, dass das System prinzipiell schon heute funktioniert.
Aus diesem Grund hat sich diese neue Finanzierungsmöglichkeit in den letzten Jahren bereits deutlich weiterentwickelt. Anstelle der ICOs sind STOs getreten: Diese „Security Token Offerings“ sind darauf ausgerichtet, die Zulassung der BaFin zu erhalten und somit diese neuartige Finanzierungsart als eine regulierte Möglichkeit der Kapitalbeschaffung vielen Unternehmen zugänglich zu machen. Am Ende werden bei STOs Schuldverschreibungen „tokenisiert“ und den Investoren online zum Kauf angeboten.
Den ersten regulierten und von der BaFin genehmigten deutschen STO hat das Kreditunternehmen Bitbond im Jahr 2019 durchgeführt und auf diese Weise USD 2,3 Mio. eingesammelt. Das ist zwar noch nicht besonders viel, aber die Zeichen für die digitalen Coins und Token stehen gut.
So hat beispielsweise auch die EZB angekündigt, die Vor- und Nachteile eines komplett „digitalen Euro“ auszuloten, was eine enorme Signalwirkung für den jungen Markt der Kryptowährungen hat.
Über den Autor
Ben Korbach war lange Jahre im Unternehmenskunden-Bereich einer deutschen Großbank tätig, bis er merkte, dass dies nicht mehr sein Weg ist. Seitdem reist er zusammen mit seiner Frau um die Welt und arbeitet überall dort, wo es Internet gibt, als Unternehmens-Coach und strategischer Content-Partner. Seine Spezialität besteht darin, die richtigen Fragen zu stellen und die oft komplexen Antworten in einfache, storybasierte Texte zu übersetzen. Dabei hat sich Ben Korbach unter anderem auf das Thema Kredite spezialisiert. Mehr Informationen zum Autor auch unter https://www.benkorbach.com/.