Twin Transformation: Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammendenken

Von Lars Rückemann, Vorstand codecentric AG

Unternehmen stehen derzeit vor zwei Mammutaufgaben, die es gleichzeitig zu bewältigen gilt: Digitalisierung und nachhaltige Transformation. Während die Digitalisierung schon länger auf der Agenda von Organisationen steht, wächst in letzter Zeit auch beim Thema Nachhaltigkeit der wirtschaftliche und regulatorische Druck erheblich. Kunden, Partner, Mitarbeiter und nicht zuletzt der Gesetzgeber erwarten heute, dass ein Unternehmen sowohl digitalisiert als auch nachhaltig arbeitet. Die gute Nachricht ist jedoch, dass beide Prozesse nicht isoliert voneinander zu betrachten sind, sondern in der sogenannten Twin Transformation verbunden werden können.

 

Lars Rückemann ist seit Februar 2020 im Vorstand der codecentric AG. Zuvor sammelte er über 25 Jahre Erfahrung in der Software-Entwicklung und war als Standortleitung und Head of Business Development in Solingen tätig. Als Vorstand fokussiert sich Lars Rückemann auf die Methoden und Technologien. Das beinhaltet die Förderung von Innovation, CSR sowie der Weiterentwicklung des Service-Portfolios des Unternehmens. Zudem verantwortet Lars Rückemann die strategischen Beteiligungen an Technologie-Startups der codecentric AG und steht im engen Austausch mit den Gründerteams. Bildrechte: Codecentric

 

Synergien zwischen den Transformationsprozessen erkennen und nutzen

Denn bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass Nachhaltigkeit und Digitalisierung keineswegs voneinander getrennte Projekte sind. Stattdessen beeinflussen sie sich gegenseitig und können voneinander profitieren. Die Twin Transformation bietet großes Potenzial, indem sie Synergien identifiziert und wirksam macht.
Auf der einen Seite sind digitale Tools ein wichtiger Bestandteil vieler Nachhaltigkeitspläne. Das beginnt bei ganz banalen Dingen wie der Einsparung von Papier durch die Nutzung digitaler Dokumente und endet bei großen, strategischen Fragen wie der Verlagerung von Anwendungen und Prozessen in die Cloud. Klar ist aber, dass kaum ein Nachhaltigkeitskonzept ohne eine digitale Komponente auskommt – und das zu Recht. Denn der technologische Fortschritt bietet an vielen Stellen die Möglichkeit, Ressourcen zu sparen und energieeffizienter zu arbeiten. Auf diese Weise wird Nachhaltigkeit zu einem echten Treiber der digitalen Transformation.
Auf der anderen Seite muss auch die Digitalisierung nachhaltig erfolgen, da sie sonst nicht zukunftsfähig ist. Der Energieverbrauch von Rechenzentren und digitaler Infrastruktur nimmt stetig zu, ganz zu schweigen von den Emissionen, die durch den Aufbau entstehen. Digitalisierung ist also nicht automatisch nachhaltig, sondern erfordert eine aktive Verknüpfung von Technologie und Ressourcenmanagement. Daher hat das Umweltbundesamt mit den KPI4DCE eine Reihe von Indikatoren veröffentlicht, mit denen sich die Umweltauswirkungen von Rechenzentren messen lassen. Diese Daten können dafür genutzt werden, um die Klimarelevanz der eigenen IT-Infrastruktur zu messen und Verbesserungen anzustoßen. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie eng die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit miteinander verknüpft sind.

Welche Herausforderungen zu beachten sind

Doch wie so oft ist auch die Twin Transformation an vielen Stellen leichter gesagt als getan. In der Praxis gibt es einige Hürden, die Unternehmen überwinden müssen. Denn auch wenn viele Synergien und Gemeinsamkeiten bestehen, sind die Inhalte und Vorgaben der Transformationsprozesse teils sehr unterschiedlich.
Hinzu kommt, dass sich beide Prozesse oft nicht in derselben Phase befinden. Die Digitalisierung steht bei den meisten Unternehmen bereits seit Jahrzehnten auf der Agenda, während die nachhaltige Transformation erst vor wenigen Jahren in den Fokus gerückt ist. Die Digitalisierung ist also in den meisten Fällen weiter fortgeschritten und wurde nicht von Anfang an unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit betrachtet.
Aus diesem Grund haben sich häufig unterschiedliche Verantwortlichkeiten für beide Prozesse entwickelt, und es sind Silos entstanden. Im schlimmsten Fall führt dies sogar zu Ressortdenken und Budgetkonflikten, bei denen das vorhandene Geld entweder nur für die Digitalisierung oder für Nachhaltigkeitsprojekte ausgegeben wird.
Twin Transformation bedeutet daher auch sicherzustellen, dass beide Prozesse zur langfristigen Entwicklung der Organisation beitragen und eine Symbiose bilden.,

Die wichtigsten Maßnahmen für eine optimale Koordination

Um das volle Potenzial der Twin Transformation auszuschöpfen, sollten Unternehmen an einigen Stellschrauben drehen. Da es sich in beiden Fällen um abteilungsübergreifende Prozesse handelt, gilt es zunächst, bestehende Silos aufzubrechen und zu einer transparenten Darstellung des Status Quo zu gelangen. Welche Ziele sollen erreicht werden und welche Zwischenschritte sind dafür notwendig? So können gemeinsame Ziele definiert, aber auch mögliche Widersprüche identifiziert werden. Darüber hinaus können Organisationen auf diese Weise feststellen, in welcher Phase sich die beiden Prozesse befinden und inwieweit sie im Zeitplan liegen.
Dafür ist es sinnvoll, die Verantwortlichkeiten für beide Projekte enger zu verzahnen, indem etwa Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsmanager in einem gemeinsamen Transformationsteam zusammenarbeiten. Darauf aufbauend lässt sich ein gemeinsamer Zeitplan mit Fern- und Zwischenzielen definieren, an dem sich die unterschiedlichen Transformationsprozesse mit ihren je eigenen Zeitplänen, Zielen und Maßnahmen orientieren können.

Mit der Green Cloud nachhaltig digitalisieren

Ein gutes Anwendungsbeispiel für das Zusammenspiel von Digitalisierung und Nachhaltigkeit ist die Cloud. Sie steht im Fokus vieler Digitalisierungsvorhaben. Zum einen versprechen sich Unternehmen von der Cloud natürlich eine höhere Effizienz und eine bessere Performance. So werden komplexe Berechnungen und die Verarbeitung großer Datenmengen durch die Cloud erst ermöglicht. Aber auch der Umweltaspekt spielt eine immer größere Rolle. Zwar geben in einer Bitkom-Studie 64 Prozent der Unternehmen an, dass sie die Cloud vor allen Dingen nutzen wollen, um Kosten zu sparen. Aber fast ebenso viele Unternehmen (63 Prozent) erwarten sich durch die Cloud-Nutzung eine Reduktion des eigenen CO2-Ausstoßes. Die digitale Transformation wird also bereits genutzt, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Gleichzeitig kann eine Cloud jedoch auch zum Energiefresser werden, wenn sie nicht richtig genutzt wird. Das treibt Kosten und Emissionen in die Höhe. Es sollte daher unbedingt auf einen ressourcenschonenden Umgang geachtet werden – etwa indem man Auslastungsspitzen verhindert, Leerlaufzeiten minimiert und die richtige Cloud-Region wählt. Das spart Kosten und verbessert die Performance.

Transformation ganzheitlich betrachten

Damit die Twin Transformation gelingt, müssen Unternehmen ganzheitlich und langfristig denken. Denn der Wandel zu einem zukunftsorientierten und nachhaltigen Unternehmen ist nicht auf einzelne Kernbereiche wie IT oder Betrieb beschränkt, sondern erfasst die gesamte Organisation und wird sie über Jahre beschäftigen. Hier sind zweifelsohne ein langer Atem sowie ein klares Konzept gefragt. Mit ein paar Nachhaltigkeitsinitiativen oder einzelnen (als Heilsbringer gepriesenen) digitalen Tools ist es sicherlich nicht getan. Vielmehr bedarf es eines durchdachten Frameworks, das Digitalisierung und Nachhaltigkeit systematisch zusammenführt. Hat sich ein Unternehmen einen solchen klar definierten Rahmen gegeben, steht einer erfolgreichen Twin Transformation nichts mehr im Wege.

 

info@codecentric.de

 

 

CC BY-ND 4.0 DE

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