Transformation Deutschland
Die Forschung am Standort läuft super, doch wie gut gelingt der Transfer von Entwicklungsergebnissen in marktfähige Produkte und erfolgreiche Unternehmensgründungen?
Die Transformation in die digitale, mobile und klimaneutrale Zukunft ist ein Marathon. Um unseren Wohlstand klimaneutral zu erneuern, sind gewaltige Anstrengungen nötig. Irgendwie müssen wir uns neu erfinden! Passend dazu der Trend, dass Unternehmen hoch wertschöpfende Aktivitäten wie Forschung weiterhin in Deutschland ansiedeln wollen, fand das aktuelle Deloitte „Economic Trend Briefing“, heraus. Deutschland zählt weltweit zu den führenden Forschungsnationen. Die hohe Innovationskraft sowie der ausgeprägte Forscherdrang tragen maßgeblich dazu bei, dass das Land kontinuierlich neue Verfahren und Produkte entwickelt und anmeldet.
Doch Ziel müsste es sein, neue Technologien nicht nur zu entwickeln, sondern auch zur Marktreife zu bringen, damit noch mehr Wertschöpfung in Deutschland stattfinden kann! Deutschland hat 2024 bei den gesamtwirtschaftlichen Investitionen für Forschung und Entwicklung kräftig zugelegt – vor allem dank der Innovationsanstrengungen in den Unternehmen. Darauf sollten wir uns konzentrieren, denn die Forschung nach neuen Materialien oder in Schlüsseltechnologien wie z. B. Photonik, Digitalisierung und künstliche Intelligenz bildet die Grundlage für die Transformation am Standort Deutschland.
Ziel müsste es sein, neue Technologien nicht nur zu entwickeln, sondern auch zur Marktreife zu bringen, damit noch mehr Wertschöpfung in Deutschland stattfinden kann!
Ein gutes Beispiel dafür, wie Forschung und Wertschöpfung im Kontext des Technologietransfers in Deutschland stattfinden können, sind die dualen Hochschulen. Zum Beispiel bietet die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Studiengänge an, die sich auf die Entwicklung neuer Produkte und Geschäftsmodelle in den Bereichen Digital Business Management, Energie- und Umwelttechnik, oder Maschinenbau konzentrieren. Unternehmen, die als duale Partner fungieren, erhalten hoch qualifizierte Nachwuchskräfte, die bereits während des Studiums neue Produkte für das eigene Unternehmen entwickeln können. Eine klare Win-win-Situation. In diesem Kontext hat die DHBW Mosbach in Form eines geförderten Forschungsprojektes ein innovatives Pulverlack-Beschichtungssystem mit Studierenden der DHBW und den beteiligten dualen Partnerunternehmen bis zur Marktreife getrieben. Das neue Beschichtungssystem für den Stahlwasserbau schützt zuverlässig vor Korrosion und repariert sich quasi selbst. Gleichzeitig wird die Umwelt geschützt, da bisherige Antifouling-Beschichtungen vor allem Wasserorganismen durch die enthaltenen Biozide gefährden. Mehr zum aktuellen Forschungsprojekt, erfahren Sie ab Seite fünf in unserem Interview mit Prof. Dr. Bernd Bachert und Prof. Dr. Michael Schrodt von der DHBW.
Ob in der Forschung, Bildung, Industrie oder Gesellschaft – die Digitalisierung verändert unser Land und transformiert unsere Prozesse und damit unser Leben immer schneller. Künstliche Intelligenz sowie die digitale Transformation beschleunigen gerade weltweit die Entwicklung von neuen Produkten und Services, und unsere Unternehmen sind gefordert, Schritt zu halten. Das garantiert Wertschöpfung und Zukunft für den Standort Deutschland. Neue innovative Produkte müssen sicher, schnell, effektiv und nachhaltig entwickelt werden. Doch noch immer sind viele Unternehmen im Rückstand, was die digitale Transformation betrifft. Dabei stehen innovative Technologien und Tools für die simulationsgetriebene Produktentwicklung zur Verfügung.
Es ist an der Zeit, den Einsatz von Simulation zu überdenken und den digitalen Rückstand in einen Vorsprung umzuwandeln, indem wir in Deutschland einen mutigen Schritt in Richtung simulationsgetriebener Produktentwicklung machen.“
Wie die F&E-Abteilung von neuen Tools profitieren kann, erklärte uns Dr. Thorsten Koch von Comsol. Ziel des Simulationsexperten ist es, die Grenzen von Forschung und Entwicklung für Unternehmen zu erweitern. „Comsol Multiphysics wird überall dort eingesetzt, wo Innovation durch präzise Simulation entsteht – vom Automobilbau über die Medizintechnik bis zur Baustelle. Ob Smartphones, Kraftwerke oder nachhaltige Gebäude: Die Multiphysik-Simulation unterstützt unterschiedlichste Industrien dabei, schneller bessere Produkte und Prozesse zu entwickeln. Es ist an der Zeit, den Einsatz von Simulation zu überdenken und den digitalen Rückstand in einen Vorsprung umzuwandeln, indem wir in Deutschland einen mutigen Schritt in Richtung simulationsgetriebener Produktentwicklung machen.“
Trotz der Spitzenforschung am Standort wächst Deutschland seit Jahren nicht mehr. Die demografische Entwicklung, der Fachkräftemangel, Bürokratie und die hohen Energie- sowie Lohnkosten sind für viele Unternehmen zur Last geworden.
Viele KMU in Deutschland sind einfach nicht mehr wettbewerbsfähig und Geschäftsmodelle funktionieren nicht mehr. Forschungsergebnisse kommen bei kleineren Betrieben erst gar nicht an und im Kontext der Unternehmensnachfolge machen viele Unternehmer einfach dicht. Von Aufbruchsstimmung und neuen Investitionen keine Spur. Die schlechte Stimmung im Land scheint sich zu manifestieren. Immer mehr Unternehmen und Bürger erkennen, dass sich eigentlich gar nichts ändern kann. Der Staat scheint gefangen in seiner schleichenden Strukturkrise. Dabei benötigen wir schnell eine echte Strukturreform, um den Standort attraktiver zu machen und Unternehmen zu halten. „Wo bleibt der Mut, der Gestaltungswille, der Anspruch, dieses Land fit zu machen? Warum spricht niemand mehr von echter Vereinfachung, von digitalem Umbau, von Steuergerechtigkeit, die auch den Mittelstand entlastet und nicht nur Konzerne mit Holdingstrukturen? Die Wahrheit ist bitter: Es fehlt nicht nur an Geld – es fehlt an Leuten, die bereit sind, sich mit den realen Schwächen des Systems auseinanderzusetzen.“, betonte Steuerexperte Udo Heimann, im Gespräch mit unserer Redaktion.
Die Wahrheit ist bitter: Es fehlt nicht nur an Geld – es fehlt an Leuten, die bereit sind, sich mit den realen Schwächen des Systems auseinanderzusetzen.“
25.033 Patente wurden im vergangenen Jahr in Deutschland angemeldet – von Erfindern, Forschern und Unternehmen. Weltweit bleibt Deutschland damit auf dem zweiten Platz, hinter den USA. Doch die entscheidende Frage lautet: Schlägt sich diese Stärke aus F&E auch in wirtschaftlicher Hinsicht und neuer Wertschöpfung nieder? Die Antwort ist ernüchternd: Leider gelingt die Transformation von Wissen in Wachstum nur selten. Wir sind zwar Europameister im Erfinden, doch beim Transfer von Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte und erfolgreiche Unternehmensgründungen landen wir nur im Mittelfeld. So wird Innovationskraft verschwendet und verschenkt.