„Telekommunikation muss zur Grundversorgung gehören“

Wir sprachen mit Gerhard Kesting von CommScope zur Bedeutung von Kommunikationsnetzen für uns als Gesellschaft und für die Wirtschaft.

Herr Kesting, die Flut im Juli im Ahrtal hat gezeigt, wie anfällig die Kommunikationsnetze sind, und wie angewiesen wir gleichzeitig auf verlässliche Kommunikationsmittel sind. Wie sollten wir uns aufstellen, um Kommunikation im Krisenfall resilient zu machen?
Mobilfunknetze sind wegen ihrer begrenzten Reichweite, die oft nicht von einem Masten zum nächsten reicht, problematisch. Wenn einige Netze aufgrund einer Katastrophe ausfallen, können größere Gebiete zumindest vorübergehend nicht mehr abgedeckt werden. Genau das ist im Juli in Deutschland passiert. Es gibt jedoch mehrere Möglichkeiten, die Kommunikationskanäle zuverlässiger zu machen: Wenn zum Beispiel Polizei, Feuerwehr und andere Rettungsdienste unterschiedliche Funksysteme verwenden – ein neues digitales und ein älteres analoges System – sind sie nicht kompatibel. Im Allgemeinen entscheiden lokale Behörden selbst, welches System sie verwenden wollen. Das kann aber auch schief gehen: Wenn in einem Gebiet zu viele verschiedene Systeme eingesetzt werden, kann es zu großen Kommunikationsproblemen kommen. Bei einem Hochwasser wie im Juli beteiligen sich auch Einsatzkräfte aus anderen Gebieten an den Rettungseinsätzen. Wenn sie unterschiedliche Systeme verwenden, ist die Kommunikation zwischen den Teams oft schwierig, weil das Mobilfunknetz wegen dem Hochwasser nur teilweise oder gar nicht funktioniert.
Da Mobilfunknetze in Krisensituationen eine entscheidende Funktion erfüllen, müssen wir für eine bessere Abdeckung im ganzen Land sorgen. Lokale Anbieter spielen bei dieser Expansion eine Schlüsselrolle. Diese müssen aber auch zu Investitionen ermutigt werden – dafür brauchen wir eine offene Systemarchitektur, die es Netzbetreibern ermöglicht, die Infrastruktur nach ihren eigenen Bedürfnissen und Zielen zu gestalten. Anbieter sollten in der Lage sein, die geeignetste Technologie zu wählen, um in dieser Umstrukturierungsphase flexibel und anpassungsfähig arbeiten zu können. Ein einfacher Zugang zu Technologien, die auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten und angepasst werden können, ist von entscheidender Bedeutung.

Was können Sie dafür leisten?
Bei CommScope sorgen wir dafür, dass alle Netzwerksysteme ihre Aufgabe so sicher und zuverlässig wie möglich erfüllen können. Letztlich kommt es auf die Planung und Implementierung einer zuverlässigen Netzinfrastruktur an, d. h. auf Vermittlungsstellen, die über mehr als eine Netzanbindung verfügen. In schwerwiegenden Fällen (vollständiger Ausfall einer Vermittlungsstelle) ist ein Katastrophenmanagementansatz erforderlich, um eine mobile Vermittlungsstelle mit eigenem ODF (Optical Default Frame) und eigener Stromversorgung einzurichten. Hier kommt das Fachwissen von CommScope ins Spiel, das die Einsatzkräfte über ein flexibles und zuverlässiges ODF mit der Leitstelle und den Endgeräten vernetzt. So werden die mobilen Einheiten mit der bestehenden Telekommunikationsinfrastruktur in der Region verbunden.

Gerhard Kesting ist Senior Account Manager bei CommScope

Auch die Unternehmen sind angewiesen auf störungsfreie Kommunikation, der Schwerpunkt verlagert sich hier aber zunehmend auf Daten. Was raten Sie Unternehmen für die Zukunft?
Zunächst müssen sich Unternehmen einen Überblick über die Situation verschaffen. Sobald sie diese beurteilen können, sollten sie die notwendigen Prozesse starten, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit ihrer Systeme zu gewährleisten. Das Management muss die erforderliche Einrichtung und die damit verbundenen Kosten in Kauf nehmen, wobei Cloud-basierte Systeme eine Schlüsselkomponente darstellen. Damit die Umsetzung funktioniert, muss der Zugang zu den Informationen schnell, sicher und zuverlässig sein. Niemand hat Zeit, auf langsame Systeme zu warten: Eine Informationsverzögerung (Latenz) kann viele Prozesse in den Produktionsanlagen stören.
Zu den beliebtesten Anwendungen gehört das selbstfahrende Auto, bei dem übermäßige Latenzzeiten ein großes Sicherheitsrisiko für alle Beteiligten darstellen. CommScope hilft dabei, zuverlässige Glasfasernetze bereitzustellen. Das Single-Fiber-Management-System von CommScope setzt den Maßstab für alle ähnlichen Systeme und bietet die zuverlässigsten Glasfasersysteme auf dem Markt.

Auch die Zukunftstechnologien 5G, IoT, Analytics und KI werden über die Netze abgewickelt. Wie viel „Luft ist eigentlich noch im System“?
Die sich ständig verändernde Netzwerkinfrastruktur wird dies auch in absehbarer Zukunft tun. Während der Covid-Pandemie haben viele Menschen angefangen, im Homeoffice zu arbeiten, was zu einem Anstieg des Netzverkehrs um 30 bis 50 Prozent geführt hat. Zu diesem Zeitpunkt wurde den Menschen klar, wie sehr sie auf das Internet angewiesen sind. Obwohl sich die digitale Welt um Verbraucher dreht, würde sie ohne die Telekommunikationsnetze, die die nötige Infrastruktur für die Verbindung aller bereitstellen, nicht existieren.
Meiner Meinung nach müssen wir akzeptieren, dass die Telekommunikationsinfrastruktur zusammen mit Strom, Wasser und Abwasser zu einer Grundversorgung geworden ist, die jeder braucht. Außerdem betrifft dieses System nicht nur das Äußere von Gebäuden, sondern auch ihr Inneres. Vor kurzem habe ich erfahren, dass es jetzt ein spezielles Dokument für Architekten gibt, in dem beschrieben wird, wie diese Anforderungen in das Wohnumfeld neuer Gebäude integriert werden können. Dies ist ein wichtiger und längst überfälliger Schritt, auf dessen Grundlage viele weitere Anwendungen möglich sein werden, die wir uns heute noch nicht vorstellen können. Für all diese sind jedoch Systeme erforderlich, die auf eine feste und mobile Telekommunikationsinfrastruktur angewiesen sind.
Während des Lockdowns wurde ein weiteres Problem deutlich: die Notwendigkeit, unsere Schulsysteme auf den gleichen technologischen Stand zu bringen. Dazu gehören die Modernisierung der Verwaltungsverfahren, die Schulung von Lehrkräften im Umgang mit digitalen Geräten zur Erleichterung des Fernunterrichts, sowie die Ausstattung von Lehrkräften und Schülern mit der entsprechenden technischen Ausrüstung.

Die Landwirtschaft ist ein extrem gutes Beispiel datenbasierter und hoch automatisierter Prozesse – Traktoren fahren nach GPS-Signalen, Melkroboter arbeiten präzise und selbstständig. Auch Werke, die viel Platz brauchen, sitzen meistens weit außerhalb, Industrieparks werden natürlich gerne „auf der grünen Wiese“ ausgewiesen. Wie bereits ausgeführt sind alle auf verlässliche Datenkommunikation angewiesen. Das Stahlwerk sicher mehr als der Bauernhof – und doch: können zukünftige Standards helfen, die Datenübertragung als solche „smarter“ zu machen?
Ihre Frage weist auf ein zentrales Problem hin: Wenn die Telekommunikationsinfrastruktur als unverzichtbares Instrument betrachtet wird, müssen wir dafür sorgen, dass sie auch überall zugänglich ist – in ländlichen Gebieten ebenso wie in Großstädten. Die von Ihnen erwähnten landwirtschaftlichen Anwendungen sind ein guter Ausgangspunkt für die Einführung dieser Technologien. Ein weiteres interessantes Beispiel ist die „connected cow“ – eine von der britischen 5G-Initiative RuralFirst entwickelte Anwendung, die es Landwirten ermöglicht, Informationen über ihre Tierhaltung in Echtzeit zu verfolgen. So können sie beispielsweise überwachen, wie ihre Kühe fressen und schlafen. Diese Daten können dann mit Tierärzten oder Ernährungswissenschaftlern geteilt werden, um die Gesundheit der Tiere zu verbessern.
Zuverlässige drahtlose Verbindungen sind der Schlüssel zu jedem Entwicklungskonzept für den ländlichen Raum – sei es für die Landwirtschaft oder die Industrie. Daher ist es essentiell, dass sie sowohl für landwirtschaftliche Maschinen, als auch für Busse und Autos, sowie viele andere Anwendungen verfügbar sind. Dieser Prozess erfordert jedoch gewisse Standardisierungen: Wir gehen davon aus, dass 2022 weitere Verträge ausgehandelt werden, um die Netzwerkarchitektur und Industriestandards zu fördern. Im Mittelpunkt steht dabei die langfristige Planung, wobei dem O-RAN (Open Radio Access Network) als Konzept für 4G besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. In der Zwischenzeit werden Anbieter neue Strategien in Erwägung ziehen, z. B. wie sie neue Standards für die 5G-Einführung, insbesondere in Europa, implementieren können. Fünf der führenden europäischen Telekommunikationsunternehmen, darunter die Deutsche Telekom, Orange, Telecom Italia (TIM), Telefónica und Vodafone, haben 2021 Empfehlungen zum Aufbau eines Open-RAN-Ökosystems abgegeben. Letztendlich wird das Ziel von O-RAN darin bestehen, mehr Innovation zu fördern: Mobilfunkbetreiber werden in der Lage sein, flexiblere Dienste anzubieten, wenn Dritte neue KI-gesteuerte Anwendungen entwickeln.

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https://www.commscope.com/