Open Logistics Foundation

von Andreas Nettsträter

Open Source in der Logistik: Der Weg ist das Ziel

Durch die gemeinschaftliche Entwicklung von Software in der Open Logistics Foundation haben Unternehmen die Möglichkeit, Einfluss auf neue Entwicklungen in der Logistik zu nehmen und die Logistik digitaler zu machen. Der erste Schritt auf diesem Weg ist ein gemeinsames Verständnis von logistischen Prozessen.

Die Logistik gehört heute ohne Zweifel zu den digitalen Vorzeigebranchen: Wie keine andere Branche ist sie hochgradig standardisiert und damit für den übergreifenden Einsatz von Plattformen, Blockchains und Verfahren Künstlicher Intelligenz (KI) prädestiniert.

Andreas Nettsträter, CEO der Open Logistics Foundation

Die Potenziale bei der Optimierung von Prozessen im Hinblick auf Effizienzsteigerung oder für digitale Dienste und neue Geschäftsfelder gelten als nahezu unerschöpflich. Doch in der Erschließung dieser Potenziale blieb die Logistik zuletzt hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Mit der Gründung der Open Logistics Foundation haben führende internationale Logistikunternehmen – Dachser, DB Schenker, Rhenus und duisport – inzwischen aber den entscheidenden Schritt dazu gemacht, die Digitalisierung der Logistik durch die gemeinschaftliche Entwicklung von Software und Hardware voranzutreiben. Die Open Logistics Foundation ist dabei ausdrücklich keine geschlossene Gesellschaft einiger Big Player, sondern eine offene Community für Unternehmen aller Größenklassen. Jedes Unternehmen kann in der internationalen Open-Source-Community daran mitarbeiten, die Logistik von morgen besser, effizienter und nachhaltiger zu machen.


„Jedes Unternehmen kann in der internationalen Open-Source-Community daran mitarbeiten, die Logistik von morgen besser, effizienter und nachhaltiger zu machen.“


Das Fundament der Open Logistics Foundation ist die gemeinschaftliche Ideenfindung und die gemeinschaftliche technische Umsetzung von Open-Source-Lösungen für Logistik und Supply Management. In erster Linie geht es dabei um Basis- oder Standarddienste. Mit diesen sogenannten Commodities können sich Unternehmen weder im Wettbewerb differenzieren noch zusätzliche Umsätze erzielen. Kostspielige Eigenentwicklungen aufzusetzen, macht daher keinen Sinn – zumal diese in aller Regel Insellösungen bleiben. Das aber erschwert die Zusammenarbeit von Marktpartnern in Lieferketten und Wertschöpfungsnetzwerken.

Die Stiftung versteht Open Source aber nicht nur als Entwicklungsansatz für Software und Hardware, deren Quellcodes und Baupläne Unternehmen kostenlos und frei zur Verfügung stehen. Sie sieht in Open Source auch und gerade einen wichtigen, strategischen Hebel für mehr Innovation in der Logistik. Zwar gehört die Kosteneinsparung durch den Entfall von Lizenzgebühren in deutschen Unternehmen heute noch zu den Hauptargumenten für Open Source. Je intensiver sich Unternehmen jedoch mit der Idee von Open Source auseinandersetzen, umso deutlicher wird: Hier ist der Weg das Ziel. Denn die Voraussetzung für erfolgreiche gemeinschaftliche Open-Source-Entwicklungen ist ein gemeinsames Verständnis von logistischen Prozessen.


„Je intensiver sich Unternehmen mit der Idee von Open Source auseinandersetzen, umso deutlicher wird: Hier ist der Weg das Ziel.“


Die Logistik ist schon immer, heute aber mehr denn je, von der Zusammenarbeit extrem vieler, unterschiedlicher und verteilter Partner gekennzeichnet. Dadurch besteht eine große Heterogenität von Daten und Prozessen. Viele der logistischen Standards, die es bislang gibt, werden von Logistikunternehmen zu Logistikunternehmen unterschiedlich interpretiert und angewendet. Gleichzeitig gilt es, noch schneller und noch flexibler zu werden, wollen sie im internationalen Wettbewerb bestehen. Dazu müssen produzierende und Handelsunternehmen interne Prozesse verbessern und neue digitale Geschäftsmodelle aufsetzen, Logistikdienstleister das Onboarding von Kunden und Lieferanten vereinfachen und Finanzdienstleister Zahlungen automatisiert abwickeln können.

Die gemeinschaftliche Entwicklung verkürzt dabei nicht nur Entwicklungszeiten von Software und Hardware, sondern steigert auch deren Kompatibilität. Im selben Schritt begründet sie neue, sogenannte De-facto-Standards: Denn die an der Entwicklung beteiligten Unternehmen werden die ersten sein, die ihre Lösungen auch zum Einsatz bringen, und so weitere Unternehmen mitziehen, denen die Komponenten im Repository der Open Logistics Foundation frei zur Verfügung stehen. Das macht die Zusammenarbeit in Supply Chains im Ergebnis einfacher, nachhaltiger und effizienter.

Erstes Leuchtturmprojekt: digitaler Frachtbrief

Das erste Leuchtturmprojekt der Open Logistics Foundation – die Umsetzung des digitalen Frachtbriefs (eCMR) – folgt diesem Gedanken. Frachtbriefe gehören zu den am häufigsten verwendeten Dokumenten in der Logistik, die oft noch papierbasiert mitgeführt werden. Die Open-Source-Lösung für den eCMR soll nun die Erstellung, Speicherung und Weiterverarbeitung von digitalen Frachtbriefen sowohl für den nationalen als auch für den grenzüberschreitenden Verkehr ermöglichen.

Das Interesse von Unternehmen, sich in der größten europäischen Open-Source-Community der Logistik zu engagieren, ist groß. Es entspricht Umfragen in der deutschen Wirtschaft, wie beispielsweise dem jüngsten Bitkom Open-Source-Monitor. Danach stehen 67 Prozent der befragten Unternehmen Open Source interessiert und aufgeschlossen entgegen. 71 Prozent setzen Open Source bereits ein und 55 Prozent beteiligen sich sogar schon an der Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von Open Source-Soft- und Hardware.

Die Mitarbeit in der Open Logistics Foundation ist besonders attraktiv für Unternehmen, die in komplexen Lieferketten oder Wertschöpfungsnetzwerken engagiert sind. Dazu gehören Anbieter von Soft- und Hardwarelösungen für die Logistik, für Hersteller von Intralogistiksystemen, für Logistikdienstleister und Logistikplattformen, für Speditionen und Verlader sowie für Logistikzentren wie Flughäfen oder Häfen, aber auch für in der Logistik tätige Finanz- oder Versicherungsdienstleister. Sie haben die Möglichkeit, Mitglied im Open Logistics e. V. zu werden, dem Förderverein der Open Logistics Foundation. Unternehmen wie die Softwareentwickler AEB, Interface21, Markant und Setlog, die Logistikdienstleister BLG Logistics und Gebrüder Weiss, die Logistikplattform logistics.cloud oder die Standardierungsorganisation GS1 Germany bringen sich bereits aktiv ein. Sie alle verbindet das Bewusstsein dafür, dass mehr denn je das kollaborative Miteinander zählt und dass nur gemeinschaftlich entwickelte logistische Standardlösungen digital skalierbar sind.

Weitere Informationen unter:
https://www.openlogisticsfoundation.org/de/home-deutsch/

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