„Durch den Kunden inspiriert“
Wie Marken ihre Werte in die Zeiten der Digitalisierung „hinüberretten“ können, erklärt Stefan Maack, Head of User Experience & Brand Strategy beim Digital-Business-Experten ARITHNEA aus Neubiberg bei München.
Herr Maack, die Digitalisierung stellt ganze Geschäftsmodelle auf den Prüfstand und ist datengetrieben. Eine „Marke“ hingegen definiert sich fast immer auch über Emotionalität. Welche Spannungsfelder können sich ergeben?
Der Fokus liegt heute auf den Erfahrungen, die ein Kunde mit einer Marke macht. Während Marken sich früher über Produkte und Qualität definiert haben, müssen sie heute Erfahrungen designen, die dem Markenversprechen gerecht werden müssen. Dabei geht es immer um den Customer Value, also den Mehrwert für den Kunden. Ich denke daher nicht, dass hier Spannungsfelder entstehen. Ich bin davon überzeugt, dass Daten als Basis helfen, entsprechende Informationen zu destillieren, um dem Kunden einen echten Mehrwert im seinem Bedarfskontext zu bieten. Das heißt, Funktion und Emotion müssen sich optimal ergänzen. Das Spannungsfeld entsteht meiner Meinung nach eher zwischen Menschen und Marken, wenn die Marke nicht konsequent auf die Bedürfnisse des Menschen eingeht. Kunden denken nun mal nicht in Omnichannel und Multi-device. Kunden denken in Bedarf.
Mit einer Marke verbinden sich immer auch Werte. Wie setzen Unternehmer diese ins Verhältnis zur Digitalisierung?
Die digitale Transformation einer Marke, darf ihre Wertewelt in keinem Fall kompromittieren. Im Kern geht es darum, was eine Marke bedeutet und die Idee, wie diese Bedeutung umgesetzt werden kann. Unternehmen müssen den Mehrwert der Technologie erkennen und konsequent für ihre Markenbildung nutzen. Digitalisierung ist zwar auch eine technische Herausforderung. Es ist jedoch eine viel größere Herausforderung für die Struktur der Organisation und deren Prozesse. Wenn sich Unternehmen mit Haut und Haaren auf die Digitalisierung einlassen und diese in der DNA des Unternehmens verankern, können sie ihre Marke zukunftssicher gestalten. Das Ziel muss es sein, Komplexität zu reduzieren und Mehrwerte zu schaffen und zwar entlang der gesamten Customer Journey. Eine Marke kann heute viel näher und direkter mit dem Menschen in Kontakt treten, dass muss ein Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung nutzen.
Kunden denken nicht in Omnichannel und Multi-device. Kunden denken in Bedarf.
Die „Digitalisierung der Marke“ ist ein abstrakter Prozess. Können Sie uns anschauliche Beispiele geben aus Ihrer Praxis?
Im Rahmen der Digitalisierung muss eine Marke auch ihre Corporate Identity, sprich ihr Erscheinungsbild, digitalisieren. Wir reden hier über dynamische und interaktive Kanäle. In der Digitalisierung gibt es verschiedene Konventionen, die beispielsweise althergebrachte Corporate-Design-Regeln herausfordern. Audi wäre hier exemplarisch zu nennen – die machen das wirklich gut und passen ihr Erscheinungsbild konsequent an die digitalen Möglichkeiten an.
Wie gehen Sie bei konkreten Projekte vor?
Wir arbeiten in Phasen – von der Initiierung zur Visions- und Zielerarbeitung über die Basis in punkto Strategie und Technik bis hin zur agilen, iterativen Umsetzung und konsequenten Weiterentwicklung. Wir halten es hier wie Steve Jobs, der einmal sagte “You’ve got to start with the Customer Experience and work back toward technology, not the other way round”. Wir fangen daher bei den Kunden unserer Kunden und deren Bedarf an und gestalten die Lösung um dieses Wissen herum.
Welche wiederkehrenden Schwierigkeiten bzw. Beratungsbedarfe erleben Sie in diesem Kontext?
Die größte Herausforderung für Unternehmen, die uns immer wieder begegnet, ist das Change Management. Wie gesagt, Digitalisierung ist kein Thema, dem sich Unternehmen halbherzig widmen sollten. Digitalisierung muss Einzug in die DNA des Unternehmens halten. Sie muss das Denken und Handeln bestimmen und konsequent alle Bereiche des Unternehmens durchziehen. Das fängt bei der technischen Basis an und geht über das Marketing zum Vertrieb bis hin zum After Sales. Insbesondere bei B2B-Unternehmen begegnet uns oft Hilflosigkeit und Ohnmacht. Und gerade diese Firmen müssen die Herausforderung angehen, denn ihre Kunden ändern ihre Erwartungen vor allem aufgrund der Erfahrungen, die sie privat als „digitale Konsumenten“ machen.
Digitalisierung muss Einzug in die DNA des Unternehmens halten.
Wie sorgen Sie für die konkrete technische Umsetzung?
Wir arbeiten in interdisziplinären Teams und bedenken die technischen Möglichkeiten schon in der Konzeption, dem Design und dem Frontend. Wir arbeiten sozusagen in digitalen Kollektiven nach dem Design-Thinking- und Atomic-Design-Ansatz.
Wie wirkt die Digitalisierung und die zunehmende Konvergenz von Technologien auf ARITHNEA selbst?
Es gibt einige Faktoren, an denen keiner mehr vorbeikommt, daher müssen wir immer mit den Entwicklungen schritthalten und auf dem neuesten Stand sein, was die Technologie, den Wettbewerb und das Kundenverhalten angeht. Wir haben dafür ein Innovationsteam bei ARITHNEA etabliert und arbeiten zudem sehr eng mit unserem Mutterkonzern, dem IT-Dienstleister adesso, an diesem Thema.
Welche Trends sehen Sie in diesem Kontext als treibend an?
Da wären zum einen „As-a-Service-Modelle“, also neue Geschäftsmodelle auf Basis technologischer Möglichkeiten. Zum anderen sehe ich als Trend die neue Art der Mensch-Maschine-Interaktion, beispielsweise Sprach- und Home-Assistenten, die sich zu digitalen Butlern entwickeln oder Wearables, die unter die Haut implantiert werden. Außerdem das Thema „Customer Obsession“ statt wie bisher „Customer Centricity“ – soll heißen, nicht auf den Kunden ausgerichtet, sondern durch den Kunden inspiriert.
Weitere Informationen unter:
www.arithnea.de