Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wird ab dem 28. Juni 2025  für viele Unternehmen verpflichtend, insbesondere für die Betreiber von Websites und Online-Shops.

1. Einleitung: Hintergrund & Zielsetzung

Das BFSG wurde am 16. Juli 2021 verabschiedet und setzt die EU-Richtlinie (EU) 2019/882 („European Accessibility Act“) in nationales Recht um. Es tritt am 28. Juni 2025 verbindlich in Kraft und erweitert erstmals die Pflicht zur digitalen Barrierefreiheit auf die Privatwirtschaft, nicht mehr nur auf öffentliche Stellen ihk.de+14de.wikipedia.org+14bmz-recht.de+14.

Ziel ist es, die digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu fördern und einheitliche Standards für barrierefreie Produkte und digitale Dienste zu etablieren. Dadurch sollen Hürden im Alltag reduziert und ein inklusives Wirtschaftsumfeld geschaffen werden.


2. Umfang des Gesetzes: Produkte und Dienstleistungen

2.1 Betroffene Produkte (§ 1 Abs. 2 BFSG)

Das Gesetz fordert Barrierefreiheit für neue Produkte, die nach dem Stichtag in Verkehr gebracht werden, darunter:

2.2 Betroffene Dienstleistungen (§ 1 Abs. 3 BFSG)

Barrierefreie Umsetzung ist gefordert für:

Der Umgang mit vorvertraglichen Online‑Handlungen (etwa Warenkorb, Buchungsvorschau) fällt dabei ebenfalls unter § 2 Nr. 26 BFSG recht-energisch.de+8bmz-recht.de+8shopbetreiber-blog.de+8.


3. Wer ist betroffen? – persönlicher Anwendungsbereich

Betroffen sind alle privaten Wirtschaftsakteure (Hersteller, Händler, Importeure, Dienstleistende), sofern sie B2C-Angebote bereitstellen – mit folgenden bemerkenswerten Ausnahmen:

  1. Kleinstunternehmen (<10 Mitarbeitende und < 2 Mio € Jahresumsatz): sind insgesamt von Dienstleistungs‑Pflichten ausgenommen, bei Produktbereitstellung wird aber weiterhin Barrierefreiheit verlangt wko.at+2ihk.de+2ihk-muenchen.de+2provitex.de+13hwk-duesseldorf.de+13recht-energisch.de+13.

  2. Mittlere Unternehmen (<50 Beschäftigte und <10 Mio € Umsatz/Bilanz): können sich ggf. befreien lassen, wenn die Umsetzung eine “unverhältnismäßige Belastung” darstellt – Dokumentationspflicht bleibt hwk-duesseldorf.de.

Beispiel WordPress-Webseiten: Betreiber solcher Seiten, die Online-Buchungen, Shop‑Plugins oder Kontaktfunktionen für Endkunden bereitstellen, sind betroffen – sofern sie keine Kleinstunternehmen sind.


4. Stichtag & Übergangsfristen


5. Technische Anforderungen & Normen

Das BFSG stellt keine eigenen technischen Standards auf, verweist aber auf:

EN 301 549 enthält Erfolgskriterien für Barrierefreiheit, darunter:

  • Wahrnehmbarkeit (z. B. Alt-Texte, Kontrastanforderungen)

  • Bedienbarkeit (Tastaturnavigation, Keine flackernden Inhalte)

  • Verständlichkeit (klare Navigation, Fehlerhinweise)

  • Robustheit (Kompatibilität mit Screenreader & Co.) recht-energisch.de+1provitex.de+1

Webseiten & Shops müssen also Level AA-Konformität nach WCAG erreichen.


6. Pflichten für Webseitenbetreiber

Die Hauptverpflichtungen ab 28.6.2025 umfassen:

a) Barrierefreie Gestaltung
  • Umsetzung nach EN 301 549/WCAG AA

  • Sicherstellung der Zugänglichkeit für alle Nutzende, auch mit Assistive Technology

b) Barrierefreiheitserklärung
c) Rückmeldung ermöglichen
  • Nutzer*innen können Barrieren melden; Kontaktprozesse sind klar und zugänglich darzustellen.

d) Dokumentation & Konformität
  • Durchführung und Nachweis eines Konformitätsbewertungsverfahrens; oft als interne Selbsterklärung

  • Bei Bedarf externe Auditberichte

e) Kontrolle & Sanktionen

7. Für welche Webseitenbetreiber gilt das?

Betroffen sind:

  • Betreiber von Online-Shops (auch WooCommerce, Shopify, etc.)

  • Unternehmen mit Online-Buchungsoptionen (z. B. für Handwerk, Dienstleistungen)

  • WordPress-Website mit vertriebsorientierten Plugins/Tools

  • Banken, Versicherungen, Mobilitätsdienste (z. B. Ticket-, Fahrplan- oder Banking‑Apps)

  • Mobilgeräte‑Apps und Web-Apps im elektronischen Geschäftsverkehr

Nicht betroffen sind:


8. Vorteile & wirtschaftliche Relevanz

Die Umsetzung des BFSG ist nicht nur rechtlich erforderlich, sondern auch geschäftlich sinnvoll:

  • Reputationsgewinn: Inklusion stärkt Markenwahrnehmung und Unternehmensethos de.wikipedia.org+14ianeo.de+14bmz-recht.de+14

  • Marktchancen: Barrierefreie Angebote erreichen ältere Zielgruppen und Menschen mit Behinderungen

  • Technische Qualität: Verbesserte SEO‑Performance; barrierefreie Seiten schneiden positiv ab bei Suchmaschinen hwk-duesseldorf.de+2ianeo.de+2shopbetreiber-blog.de+2

  • Wettbewerbsvorteil: Früh umgesetzte Barrierefreiheit vermeidet Abmahnrisiken und erleichtert öffentliche Ausschreibungen


9. Fazit & Handlungsempfehlung

Handlung Beschreibung
Anwendungsprüfung Klären, ob Webseite Shop-, Buchungs- oder B2C-Funktionalität enthält
Unternehmensgröße prüfen Kleinstunternehmen ggf. ausgenommen
Technische Analyse WCAG/EN 301 549 Audit durchführen
Maßnahmenplanung Barrierefreiheit umsetzen, z. B. Alt-Texte, Kontrast, Tastaturnavigation
Barrierefreiheitserklärung veröffentlichen Bestandsaufnahme inkl. Mängel & Feedback-Kanal
Dokumentieren Konformitätsbewertungsverfahren abschließen und protokollieren
Monitoring & Weiterentwicklung Regelmäßige Bewertungen & Updates bei CMS-Änderungen

Quellenangaben


Schlussbemerkung

Das § 28. Juni 2025 in Kraft tretende BFSG ist ein Meilenstein für digitale Inklusion in Deutschland. Unternehmen müssen aktiv werden, indem sie ihre Webseiten, Online‑Shops und digitalen Anwendungen barrierefrei gestalten – technisch, dokumentiert und mit Nutzer*innen‑Feedback. Wer früh handelt, mindert rechtliche Risiken, stärkt Marke und Marktposition und eröffnet neue Zielgruppen. Für WordPress-, WooCommerce‑ oder Shopify‑Seiten gilt: Barrierefreiheit ist ab diesem Stichtag Pflicht und gehört in jedes Release‑Management.

Bei Bedarf empfehle ich eine enge Zusammenarbeit mit Accessibility-Experten, Agenturen und Entwickelnden, um rechtssicher und zukunftsorientiert digital präsent zu sein.

Autor: Bernhard Haselbauer
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