Agrar Trends 2025: Konzentration, Klimadruck, Kapital

Die Zahl der Höfe sinkt, die Flächen je Betrieb steigen weiter: 2023 zählte Deutschland 251.130 landwirtschaftliche Betriebe, im Schnitt mit 66 ha. Fast jeder siebte Betrieb bewirtschaftet mehr als 100 ha – diese vergleichsweise wenigen Höfe bearbeiten bereits 63 % der gesamten Agrarfläche. BMEL-Statistik

Warum sterben Höfe? Haupttreiber sind Übergabeprobleme/Hofnachfolge, steigender Kapitaleinsatz (Landpreise, Technik), volatile Erzeugerpreise, Umwelt- und Klimarisiken sowie der anhaltende Strukturwandel: Vor allem Betriebe zwischen 10 und <100 ha verschwinden, während die Größenklasse ≥100 ha zunimmt. Ost-/West-Gefälle bleibt: In MV und ST liegt die Durchschnittsgröße bei ~290 bzw. ~285 ha, im Süden bei ~38 ha. BMEL-Statistik

Weitere Trends:

  • Konzentration & Holdings: 2022 waren 4.800 Betriebe Teil von Unternehmensgruppen; sie kontrollierten ~489.400 ha (3 % der LF). Statistisches Bundesamt

  • Politik & Geldflüsse: Deutschland erhält pro Jahr > 6 Mrd. € aus der GAP (1. Säule ~4,4 Mrd. €). 78 % fließen als flächengebundene Direktzahlungen – wovon besonders große Flächenbetriebe profitieren. UmweltbundesamtBMLehNABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.

  • Regel-Update 2025: In der GAP 2025 entfallen u. a. Teile der verpflichtenden Stilllegung (GLÖZ 8), was die Produktionsfläche kurzfristig erhöht. LWK Niedersachsen

  • Anbauschwenk: Leguminosen (z. B. Erbsen) legen spürbar zu – klimatauglich, bodenfreundlich, Eiweißstrategie-kompatibel. endori

  • Landnutzungskonflikte: Agri-PV und Energieprojekte konkurrieren mit Nahrungsmittelproduktion; der Druck auf Ackerflächen steigt. Deutschlandfunk


Wie viele „Großbauernhöfe“ hat Deutschland?

Eine griffige Schwelle ist ≥ 100 ha. „Fast jeder siebte“ Betrieb liegt darüber – also grob ~36.000 Höfe (≈ 1/7 von 251.130). Diese Gruppe bewirtschaftet bereits 63 % der LF. BMEL-Statistik


EU-Geld: Ab welcher Fläche? Und wie viel für die Großen?

  • Teilnahmevoraussetzung: In Deutschland gilt für Direktzahlungen (1. Säule) i. d. R. mindestens 1 ha beihilfefähige Fläche je Betrieb; Mindest-Schlaggrößen liegen typischerweise bei 0,10 ha (Ausnahme z. B. RLP teils 0,03 ha).

  • Höhe der Zahlungen (2024, Deutschland):
    Einkommensgrundstützung (EGS): 157,63 €/ha; Umverteilungsprämie: 72,36 €/ha (1.–40. ha) und 43,41 €/ha (41.–60. ha). Ökoregelungen kommen je nach Maßnahme oben drauf. Agrarförderung NiedersachsenBayerische Landwirtschaft

Was bekommen die Großen? Beispielrechnung: Ein Eigentümer mit 20.000 ha erhielte allein aus der EGS ~3,15 Mio. € (20.000 × 157,63). Die Umverteilungsprämie wirkt nur auf die ersten 60 ha (~3.763 € zusätzlich) und fällt damit bei Riesenbetrieben kaum ins Gewicht; Ökoregelungen variieren stark. Transparente Einzelfälle sind im offiziellen Zahlungen-Portal recherchierbar. Agrarförderung NiedersachsenAFIG


Die 15 größten Landbesitzer in Deutschland (Wald & Landwirtschaft; gerundet)

Öffentliche Eigentümer dominieren die Rangliste. Ergänzt um große private Land-/Waldbesitzer aus belastbaren Quellen.

  1. Freistaat Bayern (Bayerische Staatsforsten)807.907 ha Gesamt, davon 756.022 ha Wald. StMELF Bayern

  2. Bundesrepublik Deutschland (Bundesforst/BImA) – ~355.000 ha Wald. thueringenforst.de

  3. Hessen (HessenForst/Staatswald) – ~344.150 ha. landwirtschaft.hessen.de

  4. Niedersachsen (Niedersächsische Landesforsten) – ~330.000 ha. Niedersächsische Landesforsten

  5. Baden-Württemberg (ForstBW/Staatswald)322.807 ha. ForstBW

  6. Brandenburg (Landeswald) – ~270.000 ha (bewirtschaftet von 160 Revieren). lkee.de

  7. Rheinland-Pfalz (Landeswald) – ~213.000 ha (≈ 24,9 % von 853.758 ha Landeswaldfläche). LKSHforst-sh.de

  8. Sachsen (Sachsenforst/Staatswald) – rund 200.000 ha (≈ 39 % von 521.000 ha Wald). forstwirtschaft-in-deutschland.de

  9. Thüringen (ThüringenForst/Staatswald) – ~200.000 ha. Medienservice Sachsen

  10. Mecklenburg-Vorpommern (Landesforstanstalt)193.000 ha. BMLeh

  11. Nordrhein-Westfalen (Wald und Holz NRW/Staatswald) – ~124.000 ha. MLEUV

  12. Deutsche Bahn (DB AG, Forstflächen) – ~20.000 ha. bergwaldprojekt.de

  13. Haus Thurn und Taxis (Privatwald)~19–20.000 ha. WikipediaLR Online

  14. Lindhorst-Gruppe (Agrarflächen, DE)~22.000 ha (Selbstauskunft/Recherche). correctiv.org

  15. ODEGA-Gruppe (Agrarflächen, BB)~18.255 ha. Wikipedia

Hinweis: Die Reihenfolge mischt öffentliche (Länder/Bund) und große private Eigentümer; für Länder sind die Staatswaldflächen maßgeblich. Private Flächenangaben beruhen auf firmeneigenen/medialen Quellen und können schwanken.


Ist Land gerecht verteilt?

Die Verteilung ist stark konzentriert: 1,7 % der Betriebe kassieren rund ein Viertel der Direktzahlungen. Große Holding-Strukturen und außerlandwirtschaftliche Kapitalgeber (Stiftungen, Industrieunternehmer) verstärken den Trend; die Politik reagiert mit mehr Transparenz und Debatten über Bodenmarkt-Regeln (Share-Deal-Schlupflöcher, Vorkaufsrechte für ortsansässige Landwirte, Pachtpreisbremse). BMEL-StatistikDeutscher Bundestag

Wie könnte es gerechter werden?

  • Bodenmarkt regulieren: Share Deals erschweren; Vorkaufsrechte für aktive Landwirte stärken; Flächenkäufe durch außerlandwirtschaftliche Investoren begrenzen/prüfen. (Politik in mehreren Ländern in Arbeit.) n-tv

  • Förderung differenzieren: Umverteilungsprämie nachschärfen, Ökoregelungen stärker an ambitionierte Umwelt- und Tierwohlleistungen koppeln (Zielgenauigkeit statt Gießkanne). Bayerische Landwirtschaft

  • Nachfolge & Innovation: Hofübergaben erleichtern (Bürgschaften, Bodenfonds, Erbpacht-Modelle), Digitalisierung/Robotik für kleinere Betriebe fördern, um Produktivitäts- und Kostennachteile zu dämpfen.

  • Transparenz & Monitoring: Öffentliche Register und das Zahlungen-Portal aktiv nutzen; Landes-Bodenberichte jährlich veröffentlichen. AFIG


Fazit

Deutschlands Agrarstruktur verschiebt sich weiter zu weniger, größeren Betrieben – politisch gewollte Korrekturen (Umverteilungsprämie, Ökoregelungen) federn das nur teilweise ab. Der Bodenmarkt bleibt der Engpass: Wer Fläche kontrolliert, bestimmt Ernte, Einkommen und die ökologische Richtung. Ohne gezielte Boden- und Förderpolitik – und ohne verlässliche Hofnachfolgen – wird das Gefälle zwischen sehr großen und kleinen Betrieben weiter wachsen. BMEL-Statistik


Quellen (Auswahl)

  • BMEL-Statistik: Betriebsstruktur und Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe (2023/2024). BMEL-Statistik

  • Umweltbundesamt: Budget der GAP in Deutschland 2024. Umweltbundesamt

  • BMEL(H)-Presse: Agrarzahlungen 2023/24 in Deutschland: ~6,5 Mrd. €. BMLeh

  • LWK Niedersachsen/LfL Bayern: Direktzahlungen – EGS 157,63 €/ha (2024), Umverteilungssätze. Agrarförderung NiedersachsenBayerische Landwirtschaft

  • Praxis-Agrar / Länderinfos: Teilnahmevoraussetzungen (1 ha Betrieb; Schlaggrößen 0,10 ha; RLP teils 0,03 ha).

  • Destatis (2024): Betriebe in Unternehmensgruppen. Statistisches Bundesamt

  • Endori/Anbaustatistik: Erbsenfläche 2023 auf 117.000 ha. endori

  • Deutschlandfunk: Ackerland & Investoren/Agri-PV. Deutschlandfunk

 

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