Die Schweizer Genossen kommen
Der Begriff Volks- oder Raiffeisenbank assoziiert eine nette kleine Bank auf dem Lande. Das ist nicht zwangsläufig falsch. Dort liegen schließlich die Wurzeln des genossenschafltlichen Bankings. Die lokale Verankerung ist – neben der Genossenschaftsstruktur – auch heute noch ein Kernwert. So haben die im Vergleich zu klassischen Privatbanken oft exotisch anmutenden Raiffeisenbanken so manche Krise überstanden. Und so sind sie gleichzeitig auch groß geworden. Doch was tun, wenn kein Wachstums-Spielraum mehr existiert, wenn der lokale Markt sogar „overbankt“ ist?
Diese Frage beantwortet die Raiffeisen Schweiz auf ihre eigene Art und Weise: Teils aufgrund der Schwäche der zwei großen „Platzhirsche“, teils aus eigener Stärke ist sie so erfolgreich, dass die SNB – die Nationalbank des Landes – von der dritten „systemrelevanten“ Bank spricht. „Die Raiffeisen Schweiz Genossenschaft, bei der fast jeder zweite Schweizer Kunde ist, hat ihr Wachstumspotential im traditionellen Geschäft weitgehend ausgeschöpft. Sie muss sich neue Standbeine erschließen“, begründen Fachleute die aktuelle Neuausrichtung. Ein erster Schritt war der Kauf der Notenstein Privatbank AG im Jahr 2012. So boten die „Schweizer Genossen“ plötzlich auch Dienstleistungen für Gutbetuchte an. Der nächste Schritt war der Zukauf erstklassiger Asset-Management-Boutiquen und die Übernahme eines 50-köpfigen Experten-Teams von Sarasin. Raiffeisen will neben dem Private Banking auch im Asset-Management für institutionelle Anleger – Pensionskassen und Stiftungen „ganz vorne“ mitspielen.
„Raiffeisen Schweiz ist von dieser Strategie überzeugt und zieht sie daher konsequent durch. Für den Aufbau dieses Standbeins hat sie eine erfolgreiche Kooperation mit der Zürcher Privatbank Vontobel aufgegeben“, erklärt ein Branchenkenner.
Weil aber ein Sammelsurium von Kompetenzen unübersichtlich und teuer ist, zündete die Organisation im Oktober die nächste Stufe: Ab 01. Juli werden diese Gesellschaften in der Notenstein Asset Management AG (NAM) zusammengefasst „So entsteht eine Union unterschiedlicher Asset-Manager“, sagt Frank Wettlauffer, Leiter Institutionelle Kunden Deutschland. Weil Großanleger wegen historisch tiefer Zinsen der Schuh drückt, nimmt der neue Asset-Manager offensiv auch den deutschen Markt ins Visier.
Der Gang „hinaus in die Welt“ ist nichts Neues. Viele erfolgreiche Schweizer Firmen sind in Deutschland bekannt: Novartis, Roche, Nestlé, Geberit oder Swatch. Dafür braucht es erstklassige und zukunftsfähige Produkte.
Zukunftsfähigkeit ist eines der Schlüsselwörter. Kern der NAM ist die ehemalige Sarasin-Truppe um Andreas Knörzer, einem Pionier für nachhaltige Investments. Grundidee dieser Anlagephilosophie ist, dass finanzieller Erfolg nur mit ökologischer und sozialer Verantwortung möglich ist. Alle Wertpapiere werden einer akribischen Analyse unterzogen, die weit über die klassischen – eher kurzfristig orientierten – Finanzkennzahlen hinausgeht.
Das erkennt man weltweit; denn der norwegische Staatsfonds hat sich von Investments in Kohle-Unternehmen getrennt. Andere institutionelle Anleger agieren ähnlich. „Aus der früheren Tätigkeit bringen wir 25 Jahre Erfahrung mit – der größte Teil unseres Nachhaltigkeits-Teams arbeitet seit mehr als 15 Jahren zusammen. Diese DNA macht Nachhaltigkeit zu einer Säule unseres Geschäfts“, sagt Frank Wettlauffer.
Die NAM richtet ihr Augenmerk auch auf andere Bereiche des zukunftsfähigen Asset-Managements. Ein Team (die einst zur Bank Wegelin gehörende 1741 Asset Management) beschäftigt sich mit „Risk-Parity“ und „Smart Beta“ – also „klugem passiven Investieren“. Die dritte zukunftsweisende Strategie bringt die 1998 gegründete und 2013 übernommene Vescore Solutions AG ein. Deren Produkte drehen sich um die Steuerung der Vermögensstruktur durch quantitative Anlagestrategien. „Das kommt bei Anlegern an, die höhere Erträge und ein diszipliniertes Risikomanagement brauchen“, sagt Wettlauffer.
Weitere Informationen unter:
www.notenstein.ch