Innovationsmotor der Kunststoffbranche
TREND REPORT im Gespräch mit Rainer Schulz über Nachhaltigkeit, Zukunftsfähigkeit und den Innovationsmotor der Kunststoffbranche.
Mit welchen Kompetenz- und Geschäftsbereichen sichern Sie die Ertragskraft der Rehau-Gruppe?
Was Rehau auszeichnet, sind sowohl Kompetenz in der Kunststoffverarbeitung als auch Innovationskraft. Wir richten uns an fünf globalen Megatrends aus: Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Wassermanagement, Mobilität, Wohn- und Arbeitswelten. Sie sehen, wir setzen uns mit den Zukunftsthemen auseinander, die eine wachsende Weltbevölkerung fordert. Nicht börsennotiert agieren wir in den Geschäftsfeldern Bau, Automotive und Industrie unabhängig von Interessengruppen. So können wir schneller und flexibler auf Anforderungen des Marktes und Trends reagieren.
Also verstehen Sie das Unternehmen als Trendsetter?
Nicht ohne Grund haben wir uns den Ruf als Innovationsmotor der Kunststoffbranche erarbeitet, was – wie ich denke – ca. 100 Patentanmeldungen jährlich durchaus eindrucksvoll belegen. Als familiengeführtes Unternehmen spornt uns unser Leitspruch „Unlimited Polymer Solutions“ an. Vor 60 Jahren waren wir mit Silikonschläuchen an der ersten deutschen Herzoperation beteiligt. In den Achtzigern haben wir auf freiwilliger Basis das erste Recyclingkonzept für Kunststofffenster und -rohre entwickelt. Ende der 90er-Jahre fertigten wir den ersten Kunststoffkotflügel in Großserie für den Audi A2. Die Liste der Innovationen ist lang.
Inwiefern kann man von nachhaltigem Handeln sprechen?
Nachhaltig zu agieren, bedeutet für uns nicht nur, umweltfreundliche Produkte zu entwickeln. Wir denken in Generationen, in Ertrag statt Rendite, bauen auf langjährige Partnerschaften. Nachhaltigkeit verstehen wir als Navigationsbegriff für die großen Herausforderungen unserer Zeit. Thema Urbanisierung: 2050 werden mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Das provoziert eine enorme wirtschaftliche, politische und sozioökonomische Transformation. Ressourcen und Lebensräume werden zunehmend knapper. Gebäude müssen energieeffizienter, Lebens- und Arbeitswelten flexibler, Autos leichter werden. Unser durchaus ehrgeiziges Bestreben ist es, innovative Antworten zu finden.
Wie finden Sie diese?
Die Entwicklung zukunftsweisender Mobilitätskonzepte treiben wir mit Verbundwerkstoffen und Fertigungsverfahren voran, die Fahrzeuge und Flugzeuge leichter, kraftstoffsparender machen. Unsere Systeme aus dem Ressort Wassermanagement bilden den kompletten Kreislauf ab – von der Entnahme über die Rückführung und schließlich die gezielte Wiederaufbereitung. Eine weitere Produktpalette garantiert, dass erneuerbare Energien umweltschonend gewonnen, zuverlässig verteilt und sicher gespeichert werden. Eine andere Mission lautet, Energie effizienter zu nutzen: Unsere Produkt- und Systemlösungen sorgen dafür, Energieverluste zu minimieren; dafür stehen beispielsweise Fenster und Türen aus Rehau-Profilen, aber auch innovative Flächenheiz- und Flächenkühlsysteme. Den Umbau unseres Verwaltungsgebäudes am Stammsitz haben wir konsequent mit dem Einsatz eigener Produkte realisiert – und die Energiekosten um rund 280.000 Euro pro Jahr reduziert, die CO2-Emissionen um 2.600 Tonnen gesenkt.
Welchen Stellenwert hat Energieeffizienz für die Gruppe?
Einen sehr hohen. Unsere Systemlösungen sind rund um den Globus im Einsatz, der weltweite Energiehunger steigt. Doch wir brauchen nicht in die Ferne zu schweifen. Im Schulterschluss zwischen Politik und ortsansässigen Unternehmen haben wir in Rehau das „Bioenergiezentrum Hochfranken“ mit ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Nachfrage nach Bioenergie zu erhöhen und die Energieerzeugung umweltfreundlich zu gestalten. Wir möchten die enge Vernetzung lokaler Akteure auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien intensivieren, die Standortbedingungen zur Steigerung der Wertschöpfung in Hochfranken optimieren. Künftig produziert das Bioenergiezentrum jährlich rund 32.000 MWh Strom und 44.000 MWh Wärme aus Abfällen und regenerativen Energiequellen – zur Einspeisung in lokale Netze.
Was treibt Sie dabei an?
Das Versorgungssystem Bioenergiezentrum hat Leuchtturmcharakter. Wie kaum eine andere Kommune in Deutschland ist die 10.000-Einwohner-Stadt Rehau von einem starken industriellen Wachstum geprägt. Mit dem Bioenergiezentrum realisieren wir hier sukzessive die dezentrale Energieversorgung. Uns begeistert der Gedanke, ein derart zukunftsweisendes Projekt verantwortungsvoll im Verbund mit verschiedensten Interessengruppen zu realisieren. Auf Basis einer werteorientierten Leitkultur.
In den Emerging Markets wächst eine zahlungskräftige Mittelschicht heran. Mit welcher Strategie partizipieren Sie daran?
Lokale Produktionsstandorte, wie etwa im chinesischen Taicang oder in Pune in Indien, ermöglichen es uns, schnell und marktgerecht auf Kundenbedürfnisse einzugehen. Um dort unsere Marktposition zu stärken, werden wir in den nächsten Jahren weiter investieren. Der weltweit steigende Energiebedarf und die Forderung nach langfristigen Lösungen bergen für uns enormes Potenzial. Um das Thema „Trendsetter“ erneut aufzugreifen: Für den Einsatz in Entwicklungsländern haben wir die Mikrobiogasanlage „Rehau Home Gas“ entwickelt, die in Kenia bereits erfolgreich im Einsatz ist.
Wie kann ich mir die Anlage vorstellen?
Die Anlage ist für Familien im ländlichen Raum eine günstige, an die örtlichen Gegebenheiten perfekt angepasste Lösung. Mit vorhandenem Kuhdung und Wasser, also gänzlich ohne zusätzliche Investitionen, wird mit der Anlage ausreichend Biogas zum Kochen produziert. Das Projekt kombiniert deutsches Engineering mit lokaler Kompetenz, erhöht Vermarktungschancen sowie Produktakzeptanz. So schaffen wir eine für Emerging Markets notwendige Win-Win-Situation und der lokale Partner profitiert von der deutschen Technologie und einer Fertigungsqualität, vergleichbar mit „Made in Germany“.
Bildmotiv Copyright: Rehau AG & Co.
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