Open Source bleibt langfristig die bessere Alternative
von Merlin Walter
Quelloffene Software ist im Geschäftsalltag vieler Unternehmen angekommen. Die Vorteile sind gewaltig, dennoch zögern manche. Die Gründe dafür sind kaum nachvollziehbar, insbesondere da niemand auf seiner Reise ins Open-Source-Universum allein dasteht.
„Software is eating the World” – mit diesen beinahe schon prophetischen Worten sagte Mark Andreessen im Jahr 2011 die Richtung voraus, in die sich unsere Gesellschaft bewegen würde. Software war damals und ist heute aus unserem Alltag sowie praktisch keinem Unternehmen mehr wegzudenken. Es ist daher kein Wunder, dass der Markt immer größer wird und die Anwendungslandschaft sich konstant ausdehnt. Zahlreiche Durchbrüche wie jüngst zum Beispiel ChatGPT im Bereich künstliche Intelligenz sorgen für neue Impulse und Möglichkeiten, Softwareangebote zu erweitern. Geht es um die Weiterentwicklung bestehender Technologien und innovative Konzepte, ist einer der langlebigsten Trends ganz klar Open Source Software (OSS). In zukunftsweisenden Bereichen wie der Container-Technologie, Machine Learning, KI und Big Data spielt proprietäre Software immer seltener eine Rolle. Und da genau diese Bereiche für Unternehmen von entscheidender Bedeutung sind, müssen sie sich früher oder später mit quelloffener Software auseinandersetzen – das ist für sie allerdings nicht von Nachteil.
Open Source Software ist längst erwachsen geworden
OSS haftet jedoch nach wie vor ein ungerechtfertigter Makel an. Viele Entscheider in Unternehmen schenken ihr Vertrauen etablierten Softwarekonzernen, die ihre Produkte zu hohen Preisen und nur gegen Lizenzgebühren anbieten. Natürlich ist es grundsätzlich nicht verkehrt, auf große Namen zu setzen. Der Umkehrschluss aber, dass die meist kostenfreie Open Source Software weniger vertrauenswürdig sei, ist aber mittlerweile unhaltbar – nicht zuletzt, weil Big Player wie Google, Microsoft oder Amazon in den vergangenen Jahren immer häufiger selbst quelloffene Tools bereitgestellt oder entsprechende Projekte und Communitys unterstützt haben. Google etwa hat im Bereich der Container-Technologie mit Kubernetes den De-facto-Standard erarbeitet und Open Source zur Verfügung gestellt, Microsoft hingegen unterhält mit GitHub wohl die am meisten genutzte Plattform der OSS-Community.
Auch in Sachen Sicherheit gibt es nichts mehr zu beanstanden: Zwar ist nicht jedes Open-Source-Projekt „enterprise ready“, also für den Einsatz im Unternehmenskontext geeignet. Jedoch können sich Unternehmen gerade bei sehr weit verbreiteten Anwendungen darauf verlassen, dass nicht nur eine hohe Qualitätssicherung Teil des Entwicklungsprozesses ist, sondern auch vorhandene Bugs schnell gefixt werden. Gerade die Quality Assurance (QA) ist ein besonderes Merkmal von großen OSS-Projekten, die von Big Playern wie Google unterstützt werden, und teils besser als die von proprietärer Software.
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Niemand muss für gute Software zahlen
Der Hauptvorteil von Open-Source-Software ist natürlich, dass sie in der Regel kostenlos zur Verfügung steht. OSS wird somit für Unternehmen immer attraktiver, denn sie sind schlicht nicht mehr auf kostenpflichtige Angebote angewiesen. Dennoch müssen sie vor dem Einsatz frei verfügbarer Anwendungen oder Tools ein wenig Zeit investieren und die jeweiligen Lizenzbestimmungen genau durchgehen. In der Open-Source-Community haben sich mittlerweile einige Lizenzen etabliert, die sich zwar ähneln, aber eben verschiedene Regelungen gerade für die kommerzielle Verwendung enthalten. Die beliebtesten sind die Apache-2.0-Lizenz der Apache Software Foundation, die GNU General Public Licence und die MIT-Lizenz.
Was Open-Source-Software so attraktiv macht ist einerseits, dass bereits für die meisten Anwendungszwecke bereits passable Lösungen existieren. Das hat OSS mit der kostenpflichtigen Alternative gemein. Im Gegensatz zu proprietärer Software ist die quelloffene Variante allerdings beliebig erweiterbar. Zwar bieten viele Anbieter kostenpflichtiger Tools eingeschränkte Erweiterungsmöglichkeiten über APIs, doch absolute individuelle Anpassbarkeit erlaubt nur ein quelloffener Ansatz. Um davon zu profitieren, müssen Unternehmen allerdings versierte Entwickler in den eigenen Reihen haben, die Feature Requests der Belegschaft auch umsetzen können. Eine oft adäquate Alternative ist es, in die Community zu investieren und sie zu unterstützen. Dann können Unternehmen durchaus auch auf Hilfe bei der Umsetzung spezieller Funktionalität hoffen – vorausgesetzt, sie stellen sie dann ebenfalls dem Projekt kostenlos und quelloffen zur Verfügung. Die Community zu unterstützen lohnt sich in jedem Fall. Spätestens, wenn ein Bugfix dringend benötigt wird, entsteht schnell ein Return on Investment.
Unternehmen, die auf OSS setzen, brauchen überdies keine Angst vor dem berüchtigten Vendor Lock-in haben. Viele Anbieter proprietärer Software machen es ihren Kunden schwer, Daten und Konfigurationen ihrer Software einfach in ein anderes Tool zu übertragen. Auch wenn sich der Markt mittlerweile offener gestaltet ist die zu enge Bindung an einen Software- oder Cloud-Provider häufig der Hauptgrund, warum Unternehmen nicht wechseln können oder wollen. Langfristig gesehen ist das allerdings keine sinnvolle Taktik, denn die Kosten, die sie durch den Einsatz von OSS sparen können, sind sehr groß. Wie groß, das hat eine Studie der Linux Foundation, einer der renommiertesten Open-Source-Gemeinschaften ergeben. Rund die Hälfe der befragten IT-Entscheidungsträger gab an, dass sie mit mindestens doppelten, teilweise sogar vierfachen Kosten rechnen müssten, würden sie die gleiche Funktionalität, die ihnen OSS bietet, in Form proprietärer Software einkaufen. Allein das zeigt, wie schnell sich der Einsatz von Open-Source-Software amortisieren kann.
Im Zweifel externe Hilfe in Anspruch nehmen
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen haben den Nachteil, dass ihre IT-Abteilungen oft bereits mit dem Tagesgeschäft überlastet ist. Der Fachkräftemangel erschwert die Lage zusätzlich und macht es vielerorts quasi unmöglich, von proprietärer Software auf quelloffene umzustellen. Bei der Umsetzung können externe Dienstleister helfen. Die Umsetzung einer Open-Source-Strategie erfolgt normalerweise in enger Zusammenarbeit mit internen IT-Teams, die direkt geschult werden, die neue IT-Infrastruktur zu verwalten und zu überwachen. Doch selbst dafür reichen in manchen Abteilungen weder Zeit noch Kapazitäten.
In diesem Fall lohnt es sich, auf eine Managed Platform zu setzen. Sie abstrahiert nicht nur die Implementierung von Open-Source-Technologien im Unternehmen, sondern bieten auch eine einfache grafische Benutzeroberfläche (GUI) für die Verwaltung der eingesetzten Tools. In diesem Zusammenhang spielt es auch keine Rolle, ob die Software on-premises, also auf den lokalen Servern des Unternehmens, in einer der großen Clouds (AWS, Azure, Google Cloud) oder in einer hybriden Umgebung läuft: Die Verwaltung findet immer über das einheitliche GUI statt. So können Entwickler selbst ohne Administrator eigene Datenbank-Cluster oder neue Workflow-Instanzen starten, wenn sie sie brauchen.
Mark Andreessens ikonische Worte haben angesichts der Entwicklung in den letzten Jahren ganz sicher nicht an Aktualität verloren – im Gegenteil: Nie war Software so weit verbreitet wie heute. Allerdings würde ein zeitgemäßes Addendum sie leicht umformen: Korrekter wäre heute „Open Source Software is eating the world“.
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