Wissensmanagement der Zukunft: Verknüpfung von menschlicher und künstlicher Intelligenz

Daniel Fallmann, CEO von Mindbreeze, beschreibt in seinem Gastbeitrag die Kraft von Wissen, um sich im Wettbewerb Vorteile zu verschaffen

Wissen ist und bleibt ein entscheidendes Kriterium, wenn es darum geht sich vom Wettbewerb abzuheben. Die Zusammenarbeit von Menschen und Maschinen bietet dafür riesiges Potenzial. Allerdings machen die heute verfügbaren Technologien und innovativen Arbeitsweisen die traditionellen Vorstellungen von Wissensmanagement obsolet. Um von diesen Veränderungen zu profitieren, müssen Organisationen den Umgang mit Daten und ihre Abläufe neu überdenken und die Interaktion Mensch-Maschine fördern.

Die Datenflut beherrschen & nutzen

Im digitalen Zeitalter generieren und speichern Unternehmen eine regelrechte Flut an Daten. Schenkt man den Prognosen des Anbieters für Markt- und Konsumentendaten Statista vertrauen, wird sich das Datenaufkommen pro Jahr bis 2025 auf mindestens 175 Zettabyte belaufen.
Einige wenige Unternehmen nutzen das Potenzial der vorhandenen Informationen heute bereits zum Teil, jedoch reizt kaum ein Unternehmen die Möglichkeiten auch nur annähernd aus. Obwohl sich die Datenmengen stetig weiter erhöhen, bleiben einer internationalen Erhebung zufolge durchschnittlich 55% der Unternehmensdaten ungenutzt.

Mit der zunehmenden Komplexität und den steigenden Datenbergen wird es immer schwieriger, den Überblick zu behalten: „Unternehmen wissen oft nicht, was sie eigentlich schon wissen.“ Das führt dazu, dass der Leidensdruck unter anderem durch den Markt und Mitbewerb stetig steigt. Es braucht intelligente Wissensmanagementsysteme, die vorhandene Informationen übergreifend indizieren, analysieren, verknüpfen und entsprechend aufbereitet bereitstellen.

Bekannte Anbieter verwenden dafür Bezeichnungen wie „Enterprise Search“, „Insight Engine“, „Cognitive Search“ oder „AI Search“. Trotz unterschiedlicher Begriffe verfolgen sie alle ein Ziel: Dem Anwender zum richtigen Zeitpunkt die gerade benötigten Informationen bereitzustellen. Dafür nutzen sie unterschiedliche Technologien. Von künstlicher Intelligenz (KI) wie Machine und Deep Learning bis hin zu innovativen Ansätzen der Spracherkennung wie Natural Language Processing (NLP), Natural Language Understanding (NLU) sowie die semantische Aufbereitung von Inhalten, um eine natürliche Mensch-Maschinen-Interaktion zu ermöglichen. Doch dies ist erst der Beginn der Entwicklung – wohin die Reise gehen kann, zeigen die folgenden Trends im Überblick:

1. Den Bedarf des Anwenders verstehen und decken

Informationen in Unternehmen sind historisch gewachsen und in zahlreichen unterschiedlichen Datenquellen gespeichert. Da die Daten häufig isoliert in den Anwendungen in den einzelnen Abteilungen vorliegen, spricht man von sogenannten Datensilos. Eine wesentliche Voraussetzung für zukunftsweisendes Wissensmanagement ist es, diese Datensilos aufzubrechen und die
vorliegenden Informationen intelligent zu verknüpfen. Damit Nutzer auf Knopfdruck die relevanten Informationen im entsprechenden Kontext erhalten, verfügen intelligente Enterprise Search Produkte über die Möglichkeit sämtliche verteilten Daten über Konnektoren sicher abzufragen, zu analysieren und semantisch zu verstehen. So lassen sich diese Informationen verknüpfen und in Beziehung zueinander zu setzen (Graphen). Damit werden etwaige Silos nachhaltig aufgebrochen und die Informationen übergreifend nutzbar und versetzten die Anwender in die Lage, konkrete Antworten auf Fragen wie „Was wissen wir über einen Kunden?“ oder „Welche Informationen gibt es zu einem Bauteil?“ zu erhalten. Und das, ohne dafür eine weitere Datenquelle aufzubauen – wie dies in traditionellen Datenintegrationsprojekten der Fall wäre.
Eine wesentliche Voraussetzung, um die Wünsche des Anwenders zu erfüllen, stellt in diesem Zusammenhang die Personalisierung der Informationen dar.
Unter der Bezeichnung „Behavioural Model for Information Retrieval System Design“ werden unter anderem folgende Faktoren analysiert: Die Rolle der Tätigkeit, Aktionen, die in der Vergangenheit im Zusammenhang mit bestimmten Informationen gesetzt wurden, spezifisches Suchverhalten oder sogar die Emotionen, die User mit Informationen verknüpfen – ein Thema, das eng mit „Customer Experience“ bzw. „Experience Economy“ verwandt ist. Ziel ist es, die Relevanz einer Information zu personalisieren und ein intelligentes Assistenzsystem aufzubauen, mit dem der User auf möglichst natürliche Weise interagieren kann, um ihm punktgenau die benötigten Informationen bereitzustellen.

2. Menschen kommunizieren im Dialog

Die Verarbeitung unstrukturierter Informationen setzt die Fähigkeit voraus, Inhalte zu verstehen. Oberflächlich betrachtet mag das einfach erscheinen, jedoch gehört der Aufbau eines sinnvollen und zweckmäßigen Dialogs zu den schwierigsten Herausforderungen für KI. Das liegt vor allem an der unvergleichlichen Komplexität der menschlichen Sprache. Dialekt, Ironie, Mehrdeutigkeit – all das lässt sich allein mit Regeln schwer oder gar nicht erfassen.
Anwendungen mit starren vordefinierten Entscheidungspfaden eigenen sich damit weniger für komplexe Themen und Dialoge. Im Gegensatz dazu schaffen auf KI basierende Anwendungen eine menschenähnliche Gesprächsinteraktion, also imitieren einen Dialog (Coversational Search). Innovative Ansätze der Spracherkennung wie Natural Language Processing (NLP), Natural Language Understanding (NLU) und die semantische Aufbereitung von Inhalten in Kombination mit maschinellem Lernen haben sich dabei in den letzten Jahren als äußert wirksam erwiesen.

Abbildung 1: Natural Language Processing im Kundenservice

3. KI mit reduziertem Aufwand und tollen Ergebnissen: Weak Supervision

KI hatte bis heute einen massiven Nachteil: Um ein intelligentes System zu trainieren, brauchte es riesige Datensets und damit verbunden zeitaufwendige manuelle Arbeit und Vorbereitung. Weak Supervision zeigt hier einen anderen Weg auf. Das innovative Verfahren versetzt Systeme in die Lage nahezu selbstständig zu lernen – und zwar von im Unternehmen bereits vorhandenen Datensets, die nicht im Vorfeld mühevoll aufbereitet werden müssen. Die Performance (Akkuranz der Ergebnisse) optimiert sich durch die Nutzung, wodurch sich die Trainingsdauer der KI enorm reduziert. Gleichzeitig rückt „Explainable AI“ (XAI) zunehmend in den Fokus. Hierbei geht es darum von KI getroffene Entscheidungen nachvollziehbar bzw. transparenter zu machen. Dies ist nach wie vor bei äußerst komplexen Modellen nur bedingt möglich, wodurch die Reise in Zukunft wohl in Richtung Vereinfachung geht.

4. 360-Grad-Sicht (Holistic Views)

War es in der Vergangenheit notwendig Daten und Informationen zu bestimmten Aufgabenstellungen manuell aus unterschiedlichen Datenquellen zusammenzustellen, ist die ganzheitliche Aufbereitung von Informationen mittlerweile Standard.

Voraussetzung dafür muss jedoch sein, dass sich die Darstellung der Ergebnisse individuell an die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Mitarbeiter, Positionen und Teams anpassen lassen. Branchenführende Lösungen bieten bereits die Möglichkeit eines einfachen Finetunings. Mitarbeiter haben manuell die Möglichkeit individuelle Anpassungen an den verschiedenen Anforderungsprofilen vorzunehmen, ohne den Umweg über die IT oder den Lösungsanbieter gehen zu müssen. Dafür stehen dem Anwender Bausteine wie Layouts, Suchfelder, Ergebnisse, Navigationselemente und Filter zu Verfügung, die sich – ohne jegliche Programmierkenntnisse – individuell zusammenfügen lassen. So kann beispielsweise festgelegt werden, dass einem Wartungsingenieur zuerst die Dokumentation der Wartung und nicht etwa Unterlagen zum Einkauf angezeigt werden. Für die Geschäftsführung hingegen lassen sich dementsprechend eher Dokumente zu den Finanzen des Unternehmens priorisieren.

Abbildung 2: 360-Grad-Sicht auf das Unternehmenswissen

5. Flexibilität bei der Datenaufbereitung

Organisationen haben viele unterschiedliche Datenquellen im Einsatz – von On-Premises über SaaS-Umgebungen bis hin zu Cloud-Services. Um eine qualitativ hochwertige Informationsaufbereitung zu ermöglichen, raten Anbieter ihren Kunden häufig alle Daten in die Cloud zu verlagern (Cloud only). Eine Voraussetzung, die besonders in Bereichen, wo hochsensible Informationen bzw. hochgradig angepasste Fachanwendungen vorliegen, nicht einfach bzw. nur mit hohem Aufwand realisierbar ist. Mit dem Ergebnis, dass diese Bereiche zunehmend nicht in das zentrale Wissensmanagement eingebunden werden können, wenn die Daten das eigene Rechenzentrum nicht verlassen dürfen.
Um kritische Abhängigkeiten aufzulösen, etablieren sich Lösungen – wie sogenannte Insight Engines – deren Funktionen sowohl On-Premises als auch in der Cloud verfügbar sind. So lassen sich Daten aus Cloudanwendungen wie Salesforce, ServiceNow, Office 365 etc. in der Cloud verarbeiten und jene von On-Premises-Anwendungen in den entsprechenden internen Rechenzentren.

6. Hyperautomation

Unternehmen sind immer mehr dazu gezwungen traditionelle Geschäftsprozesse in Richtung Flexibilität und Agilität zu optimieren. In diesem Zusammenhang wird häufig die Automatisierung vorangetrieben. Die Motivation dahinter ist es nicht Mitarbeiter zu reduzieren, sondern diese von quälenden Routineaufgaben zu befreien – damit mehr Zeit für andere Tätigkeiten zur Verfügung steht. Diese Entwicklung hilft Unternehmen dabei neue Geschäftsfelder zu entdecken und zu realisieren. Hyperautomation funktioniert jedoch nur dann, wenn Unternehmen über eine solide Basis in Sachen Wissensmanagement verfügen.

Durch den Einsatz von Technologien aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz besteht bereits jetzt die Möglichkeit Arbeitsabläufe zu modernisieren. Während die Maschine lästige Routineaufgaben übernimmt, kann der Mensch seine Stärken wie soziale Interaktion, Kreativität und Fingerspitzengefühl gezielter einsetzen.


Über den Autor:

Daniel Fallmann beschäftigt sich seit frühester Jugend mit den Themen Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Deep Learning. Er studierte Informatik an der Johannes Kepler Universität Linz und gründete im Jahr 2005 im Alter von 23 Jahren Mindbreeze.

Daniel Fallmann leitet das Unternehmen seither als CEO. Mindbreeze mit Headquartern in Linz, Österreich sowie Chicago, USA zählt heute zu den führenden internationalen Anbietern im Bereich angewandte künstliche Intelligenz und Wissensmanagement.


Weitere Informationen unter:
http://www.mindbreeze.com/