Wege zu kreativerem Arbeiten
Kreative Ideen und radikale Innovationen, die »outside the box« (also Querdenken) sind und sich nicht an bestehenden Modellen und Herangehensweisen orientieren, stellen für Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor dar. Dennoch fällt es vielen Unternehmen schwer, gerade unkonventionelle Lösungen und Herangehensweisen zu entwickeln und die Suche, aber auch das Finden von neuen Ideen, gezielt zu fördern. Im nachfolgenden Kapitel werden beruhend auf eigenen Erfahrungen und Empfehlungen der Literatur einige Methoden und Techniken vorgestellt, die bei der Suche nach neuen Ideen helfen und welche die Kreativität fördern.
Die vorgestellten Instrumente orientieren sich am beispielhaften Tagesablauf eines Kreativworkshops sowie dabei genutzten grundlegenden Methoden und Techniken. Auch wenn diese oft simpel erscheinen, zeigt die Praxis, dass der Umgang mit ihnen und ihre genaue Anwendung die halbe Miete für den Erfolg sind. Mit den vorgestellten Instrumenten wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben, sondern sie sollen vielmehr helfen, den Einstieg in einen kreativen Arbeitsprozess zu erleichtern. Weitere Methoden und Techniken sind beispielsweise in der einschlägigen Design-Thinking-Literatur zu finden. Als besonders hilfreich haben sich hier das Digital Innovation Playbook und das Design Thinking Playbook erwiesen (siehe Literaturhinweise).
Vorstellungsrunde und Warm-ups
Wir sind überzeugt, dass die Entwicklung innovativer Ideen vor allem durch Teamarbeit gelingt. Im Team zu arbeiten kann jedoch sehr schwer sein, insbesondere dann, wenn die Teammitglieder aus unterschiedlichen Bereichen, Fachrichtungen und Branchen kommen. Es ist daher wichtig, eine offene Teamkultur zu schaffen und klare Regeln für die Teamarbeit aufzustellen. Gerade zu Beginn der Zusammenarbeit kennen sich die meisten Teammitglieder nicht, sind oft unsicher und zurückhaltend. Deshalb sollte ein Workshop oder eine andere Form der kreativen Einheit mit einer kurzen Vorstellungsrunde beginnen. Besonders bewährt haben sich an die Vorstellungsrunde anschließende Warm-ups, um das Eis zu brechen und eine offene Arbeitsatmosphäre zu schaffen.
Die Vorstellungsrunde
In der Regel beginnen Workshops mit einer Vorstellungsrunde. In einer solchen Runde lernen die Teilnehmer sich gegenseitig kennen, indem sie ihren Werdegang, aber auch ihre persönlichen Stärken und Interessen schildern. Kurze spielerisch angelegte Vorstellungsrunden helfen ebenso, eine gute Vertrauensbasis für die Zusammenarbeit zu schaffen. Die Vorstellungsrunde sollte aber auch dazu genutzt werden, die Erwartungshaltung der einzelnen Teilnehmer an den Workshop abzufragen.
Die Vorstellungsrunde sollte daher wie folgt aufgebaut sein:
> Kennenlernen durch persönliche Vorstellung der einzelnen Teilnehmer
> Aufbau von Vertrauen, zum Beispiel durch Warm-ups
> Klärung der Erwartungen und Ziele der einzelnen Teilnehmer an den Workshop
> Strukturierung des Ablaufs (Regeln des Workshops, Tagesablauf mit Pausen, et cetera)
Das Warm-up
Im Anschluss an die Vorstellungsrunde empfiehlt sich ein Warm-up. Warm-ups helfen, das »Outside-the-Box«-Denken im Team anzuregen und die Fantasie der einzelnen Teilnehmer zu fördern. Dabei sollten die Teilnehmer auch ermutigt wer-den, völlig neue und vor allem unkonventionelle und teilweise außergewöhnliche, verrückt erscheinende Ideen zu äußern. Das Ziel der Warm-ups ist, das Team spielerisch an eine Arbeits- und Denkweise heranzuführen, welche die persön-lichen inneren Hemmungen zu überwinden hilft und so den Mut für außergewöhnliche Ideen fördert. Je nach Situation können unterschiedliche Formen genutzt werden wie bei-spielsweise Fokus-, Energie-, Icebreaker- oder Empathie-Warm-ups. Auch bietet es sich an, die verschiedenen Formen von Warm-ups zu unterschiedlichen Zeiten in die Workshops einzubauen, beispielsweise nach einer Mittags- oder Kaffee-pause.
Nachfolgend werden beispielhaft drei Warm-ups aus dem Set der HPI Academy vorgestellt:
—> Danish Clapping
Das Warm-up Danish Clapping dient dazu, eine spielerische und heitere Atmosphäre zu erzeugen, die die Stimmung des Teams auflockert. Für das Warm-up finden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer paarweise zusammen und stellen sich einander gegenüber, sodass sie sich in die Augen schauen können. Jedes Paar startet die Übung zur gleichen Zeit. Die Übung beginnt, indem sich die beiden Partner gleichzeitig mit beiden Händen auf die eigenen Oberschenkel klatschen. Jeder Teil-nehmer entscheidet danach spontan, ob er seine Arme nach rechts, links oder oben bewegt, bevor er sich wieder auf seine Oberschenkel klatscht. Sollten beide Partner mit ihren Händen zufällig in dieselbe Richtung zeigen, klatschen sich beide in der Mitte mit den Händen ab (High five), ansonsten suchen sie sich wieder zufällig eine der drei Richtungen aus. Im Laufe des Warm-ups wird das Paar immer schneller. Das Warm-up sollte etwa fünf Minuten dauern.
—> Die Marshmallow-Challenge
Ziel der Marshmallow-Challenge ist die Förderung von Zusammenarbeit im Team, das Denken mit den Händen sowie das Kennenlernen von Scheitern, Testen und anschließendem Iterieren, um das Ergebnis zu verbessern. Für die Marshmallow-Challenge benötigt man mehrere Teams mit vier bis fünf Mitgliedern. Die Teams erhalten ein Marshmallow, 20 ungekochte Spaghetti, einen Meter Kreppband sowie einen Meter Schnur. Die Aufgabe der Chal-lenge besteht darin, in den Teams die höchste freistehende Konstruktion zu errichten. Um dieses Ziel zu erreichen, dürfen nur die dafür vorgesehenen Materialien genutzt werden. Am Ende muss das Marshmallow am höchsten Punkt befestigt werden und markiert damit den Messpunkt. Das Gebilde darf am Tisch festgeklebt, aber nicht mit anderen Objekten (zum Beispiel der Decke) verbunden werden. Wenn die Zeit um ist, muss die Konstruktion mindestens 10 Sekunden lang frei stehen, ohne dass der Turm umkippt. Zum Bauen des Turms haben die Teams 15 Minuten Zeit. Wenn ein Team eher fertig ist, kann es sich melden, um das Gebilde messen zu lassen.
—> Ninja
Ziel des Warm-ups Ninja ist die Förderung schnellen Denkens sowie die Vermittlung eines guten Körpergefühls und viel Spaß am Spiel allgemein. Für das Warm-up sollte die Gruppe aus mindestens fünf Teilnehmern bestehen und ausreichend Platz zur Verfügung stehen – alle werden sich viel bewegen.Die Teammitglieder stellen sich in einem geschlossenen Kreis auf, sodass die Hände jeweils die Schultern der Nach-barn berühren können. Für den Beginn sollte eine Person aus-gewählt werden, die anfängt. Gemeinsam rufen alle »Ninja!«, jeder Teilnehmende springt zurück und posiert in einer Ninja-Pose seiner Wahl. Nun versucht reihum, beginnend mit dem ersten Angreifer, eine Person in der Gruppe die Hand einer anderen Person mit einer einzigen Bewegung (Schritt/Zug) zu schlagen. Der Angreifer muss anschließend in dieser Position verharren. Während des Angriffs darf die attackierte Person zur Verteidigung auch selbst eine Bewegung ausführen (etwa die Hand zurückziehen). Sollte dabei aber eine andere Hand berührt werden, darf diese während des restlichen Spiels nicht mehr eingesetzt werden. Wer keine Hand mehr zur Verfügung hat, scheidet aus. Das Ninja-Warm-up sollte etwa 10 Minuten dauern.
Die Planung: Check-in, Teamzeitplan und Check-out
Teamarbeit, die zu kreativen Ideen führt, bedarf neben einer guten Vertrauensbasis und einer Offenheit für zunächst verrückt wirkende Ideen auch einer gewissen Struktur. Es empfiehlt sich, an die Vorstellungsrunde oder das Warm-up einen Check-in für das Team anzuschließen. Allgemein sollten auch Teams, die sich bereits kennen, den Tag mit einem Team-Check-in beginnen. Bei dem Check-in geht es darum, eine klare Tagesstruktur für das Team zu entwickeln und den zeitlichen Ablauf des Tages zu visualisieren, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Den Abschluss des Tages sollte dann ein Team-Check-out bilden, bei dem das Team noch einmal zusammenkommt. Hierbei werden die Ziele des Tages, die Arbeitsweise sowie die erreichten Ergebnisse rekapituliert, um aus möglichen Fehlern zu lernen und damit einen positiven Tagesabschluss mitzu-nehmen.
Der Check-in
Ziele des Check-ins bestehen darin,
>den aktuellen Stand des Projektes, an dem gearbeitet werden soll, kennenzulernen,
>den Tagesablauf zu strukturieren,
>festzulegen, wer im Team an diesem Tag an welchen Aufgaben arbeiten wird und
>klar hervorzuheben, was das Ziel des Tages ist.
Darüber hinaus kann beim Check-in auch kurz die Stimmung der einzelnen Teammitglieder abgefragt werden, um beispiels-weise einen Eindruck über die Motivation zu erhalten. Insge-samt sollten dazu etwa 10 Minuten eingeplant werden. Um den vorgegebenen Zeitplan einzuhalten, ist es wichtig, dass die Zeit-Slots mithilfe des Time-Boxing gemessen und überwacht werden. Mithilfe einer klaren Zeiteinteilung soll verhindert werden, dass die einzelnen Teammitglieder sich zu sehr in angeregten Diskussionen verlieren, sodass dadurch die verabredeten Tagesziele nicht erreicht würden. Wichtig ist, dass der Zeitplan so strukturiert ist, dass auch Pausen ein-geplant werden, da sie dem Team und dem Coach Gelegenheit geben, über das Gehörte nachzudenken.
Teamzeitplan
Um den gemeinsamen Workshop oder die Workshopreihe zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen, ist es wichtig, einen realistischen Teamzeitplan zu entwickeln. Im Teamzeitplan werden übergeordnete Workshopziele und Tagesziele des Teams sowie die Zeitplanung für die Arbeitseinheiten fest-gelegt. In kürzeren Workshops wird dieser meist vom Coach vorgegeben, in längeren Workshopreihen vom Team eigenständig erarbeitet. Bestimmt das Team den Zeitplan, stimmen sich seine Mitglieder wichtigerweise ab, welche Tage ihnen am ehesten für eine Zusammenarbeit passen. Empfehlenswert ist die Reservierung von kompletten Tagen für die gemeinsame Arbeit, da halbe Tage weniger effizient gestaltet werden können. Bei Workshopreihen sollte sich das Team einmal in der Woche zusammensetzen und den Gesamtzeitplan, den aktuellen Projektstand sowie Gründe für Abweichungen vom Plan eva-luieren und diskutieren. Um frisch in die darauffolgende Arbeitswoche startenzu können, eignet sich für solcheResümees insbesondere der letzte Teamarbeitstag einer Woche.
Der Check-out
Im Rahmen des Check-outs wird das Team am Ende des Workshops nochmals zusammengeführt, wobei das Ziel darin besteht zu klären,
>ob die Tagesziele erreicht wurden,
>wo es Schwierigkeiten gab und
>wie das Team aus diesen lernen kann.
Darüber hinaus wird im Rahmen des Check-outs geklärt, ob es Aufgaben gibt, die von einzelnen Teammitgliedern bis zum nächsten Treffen bereits vorbereitet werden sollten. Der Team-Check-out erleichtert dem Team einen produktiven Start in den nächsten Workshop oder Workshoptag. Auch hier sollten nicht länger als 10 Minuten eingeplant werden.
Regeln der Teamarbeit
Allgemein bekannt ist, dass gute Teamarbeit wichtig ist, um kreative Ideen hervorbringen zu können. Aber wie kann man die Teamarbeit so unterstützen, dass kreative Ideen aus ihr entstehen? Kreative Leistungsfähigkeit von Teams setzt eine konstruktive Arbeitsatmosphäre voraus. Sie ist ein Kernelement der Teamarbeit. Da jedes Team unterschiedlich zusammengesetzt ist, ist es wichtig, zu Beginn der Arbeit klare Regeln für die Zusam-menarbeit festzulegen. Das Ziel besteht darin, eine offene Teamkultur zu schaffen, in der sich jedes Teammitglied, trotz gegenseitiger Unterschiede, willkommen und mitgenommen fühlt.
Nachfolgend werden fünf Regeln für eine gute Teamzusammenarbeit vorgestellt:
Lächerliche und dumme Fragen
In der Teamarbeit stellt insbesondere folgende Aussage einen wichtigen Faktor dar: »Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten.« Aufgrund der vielfältigen Zusammensetzung des Teams verfügt jedes einzelne Teammitglied über ein eigenes Spezialwissen und hat daher gegebenenfalls ein anderes Verständnis von Sachverhalten als ein weiteres Teammitglied. Es ist es daher wichtig, dass alle Teammitglieder sich wohlfühlen und für sich interessante Fragen stellen können, auch wenn diese zunächst in gewisser Weise »dumm« wirken mögen. Fragen sollten daher immer beantwortet und die Antworten nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Diese Atmosphäre schafft eine gute Grundlage für gemeinsame Ideen und kreative Lösungen.
Offene Fehlerkultur
Ein offener Umgang mit Fehlern hilft bei der Entwicklung von innovativen Lösungen. Fehler sollten möglichst früh und häufig gemacht werden, damit aus ihnen rechtzeitig gelernt werden und am Ende ein besseres Resultat geschaffen werden kann. Wichtig dabei ist, dass das Team aus seinen Fehlern lernt und frühzeitig den zukünftigen Nutzer in den Entstehungs-prozess seiner Idee miteinbezieht. Durch schnelles Testen auch kleinerer Ideen gewinnt das Team neue Erkenntnisse und begreift mögliche Fehler seiner Idee, sodass neue Erkenntnisse schnellstmöglich umgesetzt und bei der weiteren Entwicklung berücksichtigen werden können. Auftretende Fehler sollten als positive Ereignisse begriffen und auch so kommuniziert werden.
Um eine solche Kultur zu schaffen, müssen die Workshopteilnehmer über ihre eigenen Fehler sprechen. Fehler von anderen dürfen nicht bestraft werden (zum Beispiel durch soziales Vorführen) und die Kommunikation von Fehlern sollte belohnt werden. Um offen mit den Fehlern umzugehen, bieten sich auch sogenannte Fuck-up- Storys oder eine Auszeichnung für den »besten« Fehler an, da so der Einzelne von den Fehlern anderer in einem positiven Rahmen lernen kann.
Vertrauensvoller Umgang
Ein vertrauensvoller Umgang trägt dazu bei, dass jedes Teammitglied, egal ob Mitarbeiter oder Mitglied der Führungsetage, seine Meinung frei äußern kann und somit Ideen gemeinsam entwickelt werden. Um sich in der Teamarbeit gegenseitig vertrauen zu können ist es wichtig, bestehende hierarchische Barrieren außer Acht zu lassen. Daher sollten alle Teammitglie-der die gleichen Stimmrechte im Workshop haben und einen respektvollen Umgang im Team pflegen.
Aufgeschlossene Arbeitskultur
Eine aufgeschlossene Arbeitskultur, in der die einzelnen Team-mitglieder die Arbeit mitgestalten und mitbestimmen können, ist die Grundlage für Kreativität, Offenheit und Engagement. Es ist daher wichtig, am Anfang der Zusammenarbeit zu klären, wie die Arbeitskultur gestaltet sein soll, sodass alle Teammitglieder gleichermaßen in die Entwicklung neuer Ideen einbezogen werden. Die Arbeitskultur in Unternehmen ist häufig durch eine zu gering ausgeprägte Fehlerkultur gekennzeichnet. Auch der Hang dazu, dass man von Beginn an alle Details perfekt planen und umsetzen will, führt dazu, dass kreativen Prozessen nicht genügend Freiraum eingeräumt wird. Um solche Prozesse anzuregen, bedarf es der Teamarbeit.
Immer wieder zeigt sich dabei, dass fachlich bunt gemischte Teams zu besonders kreativen Ideen gelangen. Gerade in der Teamarbeit ist es jedoch, aufgrund der unterschiedlichen Erfahrungen und Herange-hensweisen an Probleme wichtig, sich bereits zu Beginn der Zusammenarbeit über die Arbeitskultur, das heißt wie man miteinander arbeitet, zu verständigen. Es ist daher sinnvoll, die Erwartungen an die Zusammenarbeit und an das Projekt-ergebnis im Check-in formulieren zu lassen. Auch sollte, um die Teamarbeit zu verbessern, im Rahmen des Check-outs eine Feedbackrunde zur Teamzusammenarbeit stattfinden.
Feedback geben
Eine gute Art, Feedback zu geben und damit eine positive Arbeitskultur zu schaffen, gelingt mithilfe ich-bezogener Aussagen. Dadurch wird es möglich, seine Meinung offen zu kommunizieren, Konflikten durch die Ichbezogenheit aus dem Weg zu gehen sowie die positive Grundstimmung im Team aufrechtzuerhalten.
Ein bewährtes Herangehen ist dabei die »i like, i wish, i wonder«-Methode.
Sie kann unabhängig von Gruppengröße oder Vorerfahrung angewandt werden. Bei dieser Methode formuliert jedes Teammitglied sein Feedback mit den drei Bausteinen >»Mir hat gefallen …«,
>»Ich würde mir wünschen …« und
>»Ich frage mich …«.
Ein beispielhaftes Feedback könnte dann so aussehen:
>»Mir hat gefallen, dass wir uns auf drei Möglichkeiten einigen konnten.«
>»Ich würde mir wünschen, dass wir morgen früher anfangen, um viel Zeit für das Testing zu haben.«
>»Ich frage mich, wie wir den Programmieraufwand finanzieren können.«
Besonders wichtig ist bei der Feedbackrunde, dem Teammitglied zuzuhören und seine Meinung zu erfahren, ohne sofort dagegen zu reagieren. Es empfiehlt sich, das Feedback zu protokollieren.
Kreative Räume
Kreativität entfaltet sich besonders gut durch neue Eindrücke. Daher empfiehlt es sich, aus dem alltäglichen Arbeitsumfeld auszubrechen. Für die gemeinsame Teamarbeit sollte daher mindestens ein Meetingraum reserviert werden, um den regulären Arbeitsplatz verlassen zu können. Besser noch wäre die Nutzung eines Kreativraums, der in manchen Firmen vor-handen ist oder der in Co-Working-Spaces angemietet werden kann. Kreativräume bieten meistens Platz für mindestens acht Personen, sind bunt gestaltet und haben große Fenster nach draußen. Die Wände sind häufig beschreib- und verstellbar, es gibt Stehtische und Hocker sowie oft auch Sofas. Bei längeren Workshopreihen kann ein Projekt- oder Team-Raum eingerichtet werden, der nur dem Projekt zur Verfügung steht. In diesem befinden sich alle Materialien wie beispielsweise genutzte Modelle, Post-its et cetera und bietet somit einen zentralen Anlaufpunkt für die Gruppenarbeit.
Visualisierungen mithilfe von Post-its
Jeder kennt sie, fast jeder nutzt sie: kleine farbige Post-its. Doch warum werden diese bunten Klebezettel so häufig für kreatives Arbeiten genutzt? Zwei Gründe sprechen für die Nutzung von Post-its: Einerseits helfen diese Zettel, Informationen zu bündeln, andererseits sind sie flexibel einsetzbar. Gerade bei kreativer Arbeit ist es wichtig, zunächst massenhaft Informationen ohne Vorbehalte zu produzieren und diese kurz und bündig niederzuschreiben. Post-its stellen mit ihren kurzgefassten Aussagen und Hinweisen kleine Informationsspeicher dar. Sie können flexibel angeordnet und strukturiert werden und helfen so, das vorhandene Wissen im Team zu vernetzen und zu visualisieren. Sie sind damit eine unverzichtbare Grundlage für eine effiziente und erfolgreiche Teamarbeit.
Im Umgang mit Post-its sollten vier allgemeine Regeln beachtet werden:
>Auf den Post-its sollten generell keine Texte verfasst werden. Sie sollten nicht mehr als fünf Worte beinhalten, die groß und deutlich geschrieben und damit für die anderen Teammitglieder gut lesbar sind. Ziel ist es, auf den bunten Klebezetteln komplexe Informationen möglichst einfach und verständlich festzuhalten.
>Auf einem Post-it sollten die Ideen und Informationen nicht nur verbal, sondern auch mit einfachen kleinen Skizzen festgehalten werden. Erfahrungsgemäß helfen Visualisierungen, Informationen schneller zu erkennen und zu verarbeiten.
>Jedes Teammitglied hält seine eigenen Gedanken in Worten oder Visualisierungen fest. Für gewöhnlich werden wesent-lich mehr Ideen generiert, wenn jedes einzelne Teammitglied seine Gedanken auf Post-its festhält.
>Jede Idee wird den anderen Teammitgliedern vorgestellt und gut sichtbar, zum Beispiel an einer Wand, angebracht. Da jedes Post-it im Team vorgestellt wird, fällt es eventuell schwer, gleichzeitig zu schreiben, zuzuhören und mit-zudenken. Besonders wichtig ist daher, dass eine offene Teamkultur geschaffen wird, die es erlaubt nachzufragen, wenn man etwas nicht mitbekommen beziehungsweise nicht verstanden hat.
Time-Boxing
Was ist eigentlich dieses »Time-Boxing«? Damit die Tagesplanung eingehalten und am Ende das gewünschte Tagesziel erreicht wird, sollte der Ablauf in kleinere Einheiten aufgeteilt werden. Dies erfolgt mithilfe des Time-Boxing, bei dem einzelne zeitliche Abschnitte festgelegt werden, die als kleine Mini-Deadlines dienen. Dies schafft Anreize für eine gewisse Dynamik und Struktur für den Austausch im Team. Mithilfe des Time-Boxing wird ein Mikromanagement des Tages beschrieben. Für das Time-Boxing ist jede Art von Zeitmesser geeignet, wobei die Erfahrung zeigt, je einfacherer und visuell sichtbarer die Zeitmessung erfolgt, umso wirkungsvoller ist sie für die Teamarbeit.
Oft wird ein sogenannter »Time Timer« verwendet, auf dem bis zu 60 Minuten eingestellt werden können. Wichtig ist hierbei, dass die Arbeit im Team trotz Mini-Deadline und Time-Boxing keine Stresssituationen auslöst, die kreatives Arbeiten sonst hemmen würden. Daher sollte der Zeitablauf so geplant werden, dass die vorher definierten Arbeitsschritte auch ordentlich beendet werden können. Bei dieser Planung wird der Tag in kleine Einheiten mit fest vorgegebenen Arbeits- und Pausenzeiten eingeteilt. Zu Beginn jeder kleinen Einheit wird der Zeitmesser auf die Arbeitszeit eingestellt, sodass sich das Team daran orientieren kann.
Nach Ablauf der Zeit wird im Team entschieden, ob etwas mehr Zeit für diesen Arbeitsschritt benötigt wird, oder ob es mit der nächsten kleinen Arbeitseinheit weitergehen darf. Wich-tig ist dabei zu beachten, dass die Einheiten nicht länger als 60 Minuten dauern. In den meisten Workshops wird oftmals mit noch kleineren Zeiteinheiten von circa 20 bis 40 Minuten gearbeitet, da hierdurch eine bes-sere Aufmerksamkeit der Teammitglieder ermöglicht wird.
Fragen, Fragen, Fragen
Ein zentraler Bestandteil, um Probleme verstehen und Annahmen sowie Lösungen testen zu können, ist das Interviewen von Nutzern. Dabei kommt es auf die richtigen Fragetechniken an! Nur so können Informationen gewonnen werden, die den Nutzern selbst nicht bekannt sind oder eventuell nur ungern weitergegeben werden. Nach-folgend sollen daher einige Frage-arten und -techniken beispielhaft aufgezeigt werden. Darüber hinausgehende Hinweise sind zum Beispiel in der Design- Thinking-Literatur zu finden. Die vorgestellten Fragetechniken zielen darauf ab, die Bedürfnisse und Probleme des Interviewten bestmöglich zu verstehen. Somit können tieferliegende Gründe für das Handeln sowie Probleme des Interviewten erkannt werden, um basierend darauf geeignete Lösungen zu entwickeln.
Offene Fragen
Im Rahmen von Interviews mit Nutzern bieten sich eher offene als geschlossene Fragen an. Diese ermöglichen, dass der Interviewte ausführliche Antworten gibt und von seinem Problem oder seinen Erfahrungen berichtet. Auf diese Weise erhält der Interviewer während des Gesprächs eine Vielzahl an Informationen, um die zugrunde liegenden Probleme richtig erfassen und die Bedürfnisse der Nutzer erkennen zu können.
5-Why-Technik
Die häufig angewandte 5-mal-Warum-Technik hilft bei der Ursachenfindung von Problemen. So fällt es dem Interviewten manchmal schwer, die tieferliegenden Gründe für das Problem zu erkennen und in Worte zu fassen. Im Gegensatz dazu kann der Interviewer häufig aufgrund seiner Distanz zum Problem und der damit verbundenen objektiveren Sichtweise die Ursachen besser erkennen. Das wiederholte Nachfragen mag zu Beginn etwas penetrant erscheinen, führt aber dazu, dass Probleme leichter verstanden, die Ursachen für Probleme erkannt und bislang unbekannte Hintergründe aufgedeckt werden.
Einfache Fragen
Damit der Interviewte auf die Frage konkret antwortet und nicht verleitet wird, ausweichend zu antworten, ist es wichtig, dass einfache, sauber voneinander getrennte Fragen ohne Verschachtelungen oder Teilfragen gestellt werden. Auch sollte beachtet werden, dass kurze und präzise Fragen konkretere Antworten liefern.
20:80-Technik
Ziel des Interviews ist es, möglichst viel Wissen zu erlangen. Daher sollte der Interviewer nur etwa 20 Prozent der Zeit nutzen, um Fragen zu stellen. Die anderen 80 Prozent der Zeit sollten genutzt werden, um dem Interviewten zuzuhören. Auch hier besteht das Ziel wieder darin möglichst viel über den Interviewten, seine Probleme und die zugrund liegenden Ursachen zu erfahren. Wichtig ist dabei auch, dass bei auftretenden Pausen, die der Interviewte gegebenenfalls zum Nachdenken braucht, nicht sofort weitergefragt, sondern abgewartet wird, um tiefer liegende Erkenntnisse und Motivationen zu erhalten.
Einfach aber effektiv
Die vorgestellten Instrumente und Techniken wirken auf den ersten Blick simpel, obwohl ihre Nutzung nicht selbstverständlich ist und es für den richtigen Einsatz regelmäßiger Übung bedarf. Ihre Anwendung helfen ganz allgemein sowohl bei der Schaffung einer klaren Struktur zum kreativen Arbeiten, als auch den Teams für ein strukturiertes Herangehen beim Finden kreativer Ideen.
Auf diese Weise werden insbesondere Ideen, die »outside the box« liegen, generiert.
Autorensteckbriefe
Professor Dr. Katharina Hölzle ist Inhaberin des Lehrstuhls für Innovationsmanagement und Entrepreneurship der Universität Potsdam. Sie forscht zur Umsetzung von Kreativität und Innovation, Digitalisierung, Geschäftsmodellinnovationen und Strategic Foresight. Sie ist Mitglied der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) sowie des Hightech-Forums.
Sophie Glombik ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Innovationsmanagement und Entrepreneurship der Universität Potsdam. Sie forscht zu der digitalen Transformation von KMUs. Im Rahmen ihrer Tätigkeit am Lehrstuhl sowie im Projekt »Gemeinsam digital« wendet sie die verschiedenen Kreativitätstechniken an und leitet eigene Workshops.
Literatur
Dark Horse Innovation (2017): Digital Innovation Playbook. Das unverzichtbare Arbeitsbuch für Gründer, Macher und Manager. Hamburg: Murmann Publishers.Gerstbach, I. (2017): 77 Tools für Design Thinker. Insidertipps aus der Design-Thinking-Praxis (2. Auflage), Offenbach: Gabal.Hillebrand, R. und L. Finger (2015): Einkäufe in der Zukunft: Wie die Digitalisierung den Handel verändert. In: Becker, T. und C. Knop (Hrsg.): Digitales Neuland: Warum Deutschlands Manager jetzt Revolutionäre werden. Wiesbaden: Springer. S. 89–101.HPI Academy (2016): Warm Up Set. HPI Academy. Online abrufbar unter www.hpi-academy.de/fileadmin/hpi-academy/Infobroschüren/WarmUp-Set_deutsch_-_HPI_Academy.pdfLewrick, M.; Link, P. und L. Leifer (2017): Das Design Thinking Playbook: Mit traditionellen, aktuellen und zukünftigen Erfolgsfaktoren. (2. überarb. Aufl.) Vahlen.Tonhauser, P. (2017): Design Thinking Übungen, um die schlum-mernde Kreativität deines Teams zu wecken. Online abrufbar unter www.tbd.community/de/a/3-kreativitaetsuebungteam
ISBN 978-3-593-51100-9 Print
ISBN 978-3-593-44213-6 E-Book (PDF)
Das vorliegende Werk liegt als E-Book-Ausgabe im Open Access vor und ist unter der DOI 10.12907/978-3-593-44123-6 registriert.
Der Text dieser Publikation wird unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International (CC BY-ND 4.0) veröffentlicht. Den vollständigen Lizenztext finden Sie unter: https://creativecommons.org/licenses/by-nd/4.0/legalcode.de
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die den Rahmen der CC BY-ND 4.0 Lizenz überschreitet ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für die Bearbeitung und Übersetzungen des Werkes.
Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernehmen wir keine Haftung für die Inhalte externer Links. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.
Copyright © 2019 Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main. Alle deutschsprachigen Rechte bei Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main.
Umschlaggestaltung: Oliver Schmitt
Umschlagmotive und Illustrationen: Dr. Franziska Schwarz, scivisto Innengestaltung und Satz: Oliver Schmitt
Gesetzt aus den Schriften Gotham, BrixSans und der Walls Korrektorat: Diana Schmid, Nürnberg
Druck und Bindung: Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza Printed in Germany