VR- und AR-Technologien im Handel mit Zukunft
Die Redaktion im Gespräch mit Christian Feilmeier, Geschäftsführer bei The Retail Performance Company, und Peter Milotzki, VR-, AR- und Robotics-Experte bei The Retail Performance Company.
Herr Milotzki welche Technologien stehen im Bereich Schulungs- und Trainingsanwendungen für den Handel heute bereit?
Aktuell verwenden wir für unsere Trainings vor allem die VR-Brillen Samsung Gear und die Microsoft HoloLens. Auch mit der Virtual-Reality HTC VIVE haben wir gute Erfahrung gemacht und sie bei dem ersten weltweiten virtuellen Produkttraining für BMW China eingesetzt. Die 6 000 Teilnehmer des Trainings, Verkäufer, Serviceberater und Product-Geniuses, konnten die neue Hinterachse der BMW 5er-Limousine hautnah erleben, ohne dass das Fahrzeug auf eine Hebebühne gehoben werden musste. In einem virtuellen Trainingsraum erklärten wir Produktdetails und Funktionen der Bauteilkomponenten. Für die Teilnehmer war es mit dieser Trainingsmethode viel einfacher, die komplexe Technik zu betrachten und vor allem zu verstehen.
Welche Vorteile bringt die VR- und AR-Technologie, um das Produkttraining für den Vertriebler der Zukunft zu optimieren?
Peter Milotzki: Ein Vorteil ist die Zeitersparnis. Als durchführender Trainer spart man in der Trainingseinheit rund 30 Prozent an Zeit, wenn AR- oder VR-Technologien eingesetzt werden, da die Inhalte klarer und strukturierter vorgestellt werden können als auf klassischen Powerpoint-Folien. Auch ist der Lernerfolg deutlich größer, weil sich die Teilnehmer an die Inhalte des Trainings leichter erinnern und die Verbindung zu den Themenfeldern schneller erfassen. Zudem hält die Aufmerksamkeit wesentlich länger als bei Teilnehmern, die ihren Inhalt nur in einem Selbststudium oder als „Frontalunterricht“ vermittelt bekommen. Sie können den Inhalt innerhalb der AR- und VR-Welt selbst entdecken und setzen sich spielerisch mit den Trainingsinhalten auseinander.
Inwieweit werden funktionierende VR- und AR-Anwendungen von den Mitarbeitern angenommen und als sinnvoll erachtet?
Peter Milotzki: Wir beobachten, dass weniger die neuen Technologien an sich in Frage gestellt werden, eher scheint die Angst vor Veränderung für die Mitarbeiter im Vordergrund zu stehen. Denn sie müssen gewohnte Arbeitsabläufe anpassen und sich mit der Anwendung der neuen Technologien auseinandersetzen. Entscheidend ist, dass sich Unternehmen darüber klar werden, wie die Technologie wirklichen Wert stiften soll und welche konkreten Use-Cases formuliert werden können, sonst ist der Einsatz und die interne Akzeptanz zum Scheitern verurteilt. Unsere Erfahrung zeigt, dass aber genau hier viel falsch gemacht wird: Nutzt ein Unternehmen AR- und VR-Technologien nur zum Ausprobieren oder als Türöffner, verkommt die Technik zum reinen Showeffekt, der keinen nachhaltigen Wert generiert und deswegen von den Mitarbeitern nicht angenommen wird.
Herr Feilmeier, wo sehen Sie für den Handel noch weitere innovative Einsatzmöglichkeiten für VR- und AR-Anwendungen?
Die Technologien helfen, neben der Schaffung von neuen Produkterlebnissen, Hemmnisse abzubauen und Berührungsängste zu minimieren – sowohl auf Kunden- als auch auf Mitarbeiterseite. Gerade für erklärungsbedürftige und emotionale Produkte und Services bieten sie ein enormes Veränderungspotenzial, um Kunden komplexe Themen näherzubringen. So können Zusatzinformationen zu Produkten und Services angezeigt und visualisiert werden. Auf großen Verkaufsflächen werden bereits jetzt erste virtuelle Anwendungen eingesetzt, um Kunden durch das Geschäft zu lotsen und sie gezielt Angebote finden zu lassen. Darüber hinaus können Produkte schon präsentiert werden, bevor sie verfügbar sind.