Smart City braucht Edge Computing
Von Jens Kühner*
Immer mehr Städte verfolgen Smart-City-Strategien. Mit neuen Technologien wie dem Internet der Dinge (IoT), Künstlicher Intelligenz (KI) und Maschinellem Lernen (ML) sollen gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen schnell erkannt und behoben werden. Zielsetzungen sind Serviceoptimierungen für die Bürgerinnen und Bürger, Effizienzverbesserungen und Kosteneinsparungen. Beispiele für Smart-City-Initiativen sind das Verkehrsmanagement mit einer Vernetzung von ÖPNV und Individualverkehr, das Parkraummanagement, die Steuerung der Energieversorgung, das Katastrophenmanagement oder als einfache Anwendung die Optimierung der Straßenbeleuchtung.
Die Umsetzung solcher Konzepte war bis dato aus technologischen Gründen nur bedingt möglich. So weisen die genutzten 4G-Netze Limitierungen hinsichtlich Netzwerkgeschwindigkeiten und Echtzeit-Kommunikationsmöglichkeiten auf. Aufgrund der Latenzzeiten können deshalb kaum zeitkritische Reaktionen ausgelöst werden, etwa das automatische Öffnen der Belüftungssysteme in Parkhäusern bei gefährlichen Kohlenmonoxidwerten.
Der neue Standard 5G wird dank höherer Datenraten und extrem niedriger Latenzzeiten Smart-City-Szenarien optimal unterstützen und eine neue Generation von Services ermöglichen. Prinzipiell ist 5G für eine breite Palette unterschiedlicher Anwendungsfälle nutzbar. Dazu gehören Applikationen mit hohen Datenübertragungsraten oder mit zeitkritischen und sicherheitsrelevanten Daten. Darüber hinaus können mit 5G auch Use Cases umgesetzt werden, die die Unterstützung vieler Geräte und kleiner Datenmengen bei niedrigen Kosten und geringem Energieverbrauch erfordern – auch unter schwierigen Empfangsbedingungen. Und genau dieser Punkt ist für die Etablierung von Smart-City-Modellen auf Basis optimierter IoT-Anwendungen von größter Bedeutung.
Die 5G-Einführung allein wird aber nicht zwangsläufig zu einer höheren Effizienz von IoT-Services beitragen und die Umsetzung von Smart-City-Modellen vorantreiben. Entscheidend ist vor allem die Kombination von 5G- und Edge-Implementierungen. Nur wenn die Datenverarbeitung und Rechenleistung näher an den „Endpunkt“ gebracht werden, können die Vorteile von 5G vollständig genutzt werden. Ein solcher Endpunkt kann ein Sensor oder ein Connected Car sein.
Edge Computing beschreibt den Ansatz, die Datenverarbeitung an dem Ort durchzuführen, an dem die Daten auch generiert werden – also dezentral am Rand (Edge) des Netzwerks, zum Beispiel auf den Sensoren oder Gateways am Straßenrand. Die Daten werden dabei vor der Übertragung in Mini-Rechenzentren vor Ort konsolidiert und analysiert. Nur wirklich relevante Daten oder aggregierte Zwischenergebnisse werden anschließend zur zentralen Weiterverarbeitung versendet. Somit entfallen Herausforderungen bei den Netzwerkverbindungen hinsichtlich Bandbreite oder Latenz. Durch die Reduzierung von Übertragungsverzögerungen werden auch Serviceausfälle vermieden. Die übertragenen Daten können dann in lokalen Rechenzentren und verschiedenen Cloud-Umgebungen zentralisiert und unter Einsatz von KI- oder ML-Technologien für die Gewinnung datengesteuerter Erkenntnisse verwendet werden.
Die Edge-Computing-Nutzung wird derzeit vor allem im Telekommunikationsbereich im 5G-Kontext massiv vorangetrieben. Service-Anbieter modernisieren ihre Netzwerke, indem sie Funktionen im Netzwerk in Software implementieren und von der darunter liegenden Plattform entkoppeln. Linux Container und Kubernetes kommen hier als Technologien zum Einsatz. Eine durchgehende Standardisierung und Automatisierung ist notwendig, um die erwünschten Effekte zu erzielen. Man erhofft sich dadurch unter anderem mehr Flexibilität und Skalierbarkeit, schnellere Vermarktung sowie geringere Kosten. Ein Beispiel ist die Open-RAN (Open Radio Access Network)-Initiative. Und auch der Automotive-Sektor setzt verstärkt auf Edge Computing, also auf die Bereitstellung von Rechenressourcen entfernt von zentralen Rechenzentren – etwa direkt in einem Fahrzeug.
Edge Computing ist somit ein wesentlicher Aspekt für die Umsetzung von Smart-City-Strategien. Wenn Städte zunehmend vernetzt und digitalisiert werden, ändern sich allerdings auch die generellen Anforderungen an die IT. Sie muss Agilität und Flexibilität, Schnelligkeit oder Skalierbarkeit bieten. Hier kommen Hybrid-Cloud- oder Multi-Cloud-IT-Infrastrukturen ins Spiel, die die Bereitstellung von Anwendungen in kurzen Entwicklungszyklen in einer dynamisch skalierbaren Umgebung ermöglichen. Eine offene Hybrid-Cloud-Plattform unterstützt auch umfassende Edge-Implementierungen. Das heißt, sie kann als gemeinsame horizontale Plattform fungieren, die – vom Core bis zum Edge – eine einheitliche Entwicklungs- und Betriebserfahrung bietet. Zudem ist eine hohe Portabilität von Applikationen gewährleistet. Häufig werden schließlich Fachapplikationen zentral entwickelt, die dann in den verschiedenen Cloud-Umgebungen bis hin zu den Edge-Komponenten ausgerollt werden müssen.
Bei der Entscheidung für eine Hybrid-Cloud-Plattform sollte eine Kommune besonders darauf achten, dass sie eine einheitliche und Cloud-native Anwendungsentwicklung auf einer beliebigen Infrastruktur unterstützt, das heißt, sowohl einen hybriden Multi-Cloud-Mix als auch On-Premises-Implementierungen. Der Vorteil einer Standard-Plattform ist, dass sie zu keinem Vendor-Lock-in in Bezug auf Cloud-Provider führt. Dieser Punkt betrifft gerade die öffentliche Hand, da hier die Economies of Scale oder die Kosteneffizienz wichtige Faktoren bei Investitionsentscheidungen sind. Einen solchen „Standardisierungslayer“ bietet Red Hat mit der Enterprise-Kubernetes-Plattform Red Hat OpenShift. Sie enthält die erforderlichen Funktionalitäten und Services, um eine Container-Management-Plattform für vielfältige, geschäftskritische Anwendungen auf verschiedensten Infrastrukturen zertifiziert zu betreiben. Dazu gehören neben den rudimentären Services der Hyperscaler oder Plattformanbieter unter anderem Aspekte wie das Management einheitlicher Sicherheitsstandards, das übergreifende Monitoring der Komponenten, das Management von Clustern und die Fehlertoleranz der Systeme sowie Service Level Agreements (SLAs).
Prinzipiell hängt die erfolgreiche Einführung von Smart-City-Konzepten in hohem Maße vom IoT und von der strategischen Nutzung von Daten ab. Die Vernetzung und Digitalisierung erfordern dabei den Einsatz einer Vielzahl von Lösungen, Plattformen und Technologien. Dazu gehören Gerätesensoren, IoT-Edge-Gateways, agile Backend-Systeme und vor allem eine offene Hybrid-Cloud-Architektur, die es erlaubt, mit einer Vielzahl von Partnern aus einem zertifizierten Ökosystem zusammenzuarbeiten.
* Jens Kühner ist Senior Sales Manager Telco EMEA bei Red Hat
Weitere Informationen unter:
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