Shared Factory in der Fashionproduktion
ito ito – Coopetition ermöglicht nachhaltigere Mode
Laut einer Untersuchung von Greenpeace werden ca. 40% aller weltweit produzierten Kleidungsstücke nie oder nur einmal getragen. Gleichzeitig verursacht die Modebranche 10 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen – mehr als die internationale Luftfahrt und Seeschifffahrt zusammen.
Das Geschäftsmodell der Modebranche besteht zu einer Hälfte aus Rätselraten über die Wünsche der Kund*innen und zu einer anderen Hälfte aus einem Wettbewerb um den niedrigsten Preis, der auf dem Rücken von Menschen im globalen Süden ausgetragen wird und die internationalen Klimaziele in Gefahr bringt. Das mag für manche Brands im Bereich von Fast Fashion (noch) profitabel sein – effizient ist das nicht.
Zusätzlich setzen die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg in der Ukraine die langen und intransparenten Lieferketten, die dieser Überproduktion zugrunde liegen unter Druck und bringen den Einzelhandel in einer ohnehin angespannten Situation in noch größere Bredouille.
Was wäre, wenn wir die Herstellung von Mode direkt an die Nachfrage koppeln und eine Produktionsweise entwickeln könnten, die nicht nur effizienter ist, sondern auch Teil einer Kreislaufwirtschaft mit einer transparenten und lokalen Lieferkette? Was wäre, wenn wir nur das herstellen würden, was bereits verkauft wurde? Was wäre, wenn Kund*innen uns direkt sagen könnten, was sie wirklich wollen, Produkte an ihre Vorstellungen anpassen und so zu Kollaborateur*innen einer Marke würden, anstatt nur ihr/e Abnehmer*innen zu sein (oder auch nicht)?
Was wäre, wenn man 1.000 Stück von einem Entwurf oder jeweils ein Stück von 1.000 unterschiedlichen Entwürfen zum selben Preis herstellen könnte?
„Was wäre, wenn man 1.000 Stück von einem Entwurf oder jeweils ein Stück von 1.000 unterschiedlichen Entwürfen zum selben Preis herstellen könnte?“
Prinzip der Shared Factory
Das ist das Prinzip der Shared Factory von ito ito. Durch die Digitalisierung der Produktion von Knitwear und die geteilte Nutzung von Ressourcen und Materialien sowie die direkte Verknüpfung von vernetzen Strickmaschinen mit einem Order-Management in einer integrierten Cloud-Lösung wollen wir mit unserem Start-Up nicht nur die oben genannten Herausforderungen meistern, sondern gleichzeitig neue Erlebnisse und Möglichkeiten für den Handel und deren Kund*innen schaffen – ob online oder im klassischen Einzelhandel.
Wenn Wettbewerber im Markt kooperieren, gemeinsame Standards entwickeln und Produktionskapazitäten teilen, lassen sich Effizienzgewinne für alle erzeugen, ohne an Differenzierung zu verlieren. Im Gegenteil: Mit einer On-Demand-Produktion können Marken, Händler*innen und Kund*innen neue Verbindungen eingehen und noch individueller werden. Wird die Shared Factory an einen Online-Store angebunden oder Teil eines neuartigen Retail-Konzepts, ist Made-to-Measure zu einem marktfähigen Preis nur noch wenige Klicks entfernt. Ebenso können neue Kollektionen in kleineren Auflagen und Capsule Collections getestet und bei anziehender Nachfrage schnell nachgeordert werden.
In einer Befragung der Unternehmensberatung McKinsey aus dem Jahr 2021 äußern 63% aller Verantwortlichen in der Modebranche die Erwartung, dass sich nennenswerte Teile der Modeproduktion in den kommenden Jahren aus dem weiteren Ausland wieder in die EU bzw. die Länder mit den größten heimischen Absatzmärkten verlagern werden. Sind in den vergangenen Jahrzehnten ganze Industrie- und Handwerkszweige aus Europa abgewandert, kann die zunehmende Digitalisierung – befeuert durch die Pandemie und instabile globale Lieferketten – eine umgekehrte Entwicklung auslösen.
In einer Welt, in der Energiekosten und die durch den Transport ausgelösten C02-Emissionen einen wachsenden Anteil an den Produktionskosten verursachen, in der Lieferketten-Gesetze stets größere Transparenz verlangen und Kund*innen vermehrt die Frage stellen, wie und wo ihre Kleidung produziert worden ist, können lokale Lieferketten ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit werden. „Made in Germany“ wird in Zukunft nicht mehr nur für technologische Innovation und höchste Ingenieurskunst stehen, sondern zusätzlich auch für emotionale Markenwerte wie Nähe, ethische Integrität und den Optimismus, dass wir auch große Herausforderungen meistern können und unsere Chancen nutzen, wenn wir zusammenarbeiten.
Die Digitalisierung der Modeproduktion bietet aber auch neue Wege zu einer Kreislaufwirtschaft, in der es keinen Müll mehr gibt, sondern nur noch Rohstoffe für das nächste Produkt. Jedes in der Shared Factory hergestellte Produkt wird mit einer digitalen ID versehen, um Produkte nachzuverfolgen, Materialinformationen weiterzugeben und so einfacher recyceln zu können. Für den Handel planen wir, neue Geschäftsmodelle im Bereich des Wiederverkaufs von bereits verkauften Produkten in Kooperation mit den eigenen Kund*innen zu ermöglichen, die neue Besitzer*innen für ihre gebrauchten Kleidungsstücke suchen.
Bleibt noch die Gretchen-Frage: der Preis. Verbraucher*innen bekennen sich gerne zu Nachhaltigkeit und Verantwortung. Wie aber kann ich das als Kund*in erkennen und bin ich auch bereit, dafür einen höheren Preis zu bezahlen? Die Realität an der Ladentheke zeigt, dass sich das Bewusstsein der Menschen zwar langsam ändert – aber nicht in dem Ausmaß wie es notwendig wäre. Die große Herausforderung für die Industrie besteht deshalb darin, nachhaltige Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen herzustellen und so deren Akzeptanz zu erhöhen. Das Luxus-Segment wird den Planeten nicht retten. Andererseits dürfen wir Fast-Fashion nicht einfach so das Feld überlassen. Es ist ein verändertes Bewusstsein für den Wert von Mode notwendig und gleichzeitig müssen nachhaltige Produkte erschwinglicher werden.
„Die Automobilindustrie hat das mit der Entwicklung gemeinsamer Plattformen über Marken und Konzerne hinweg bereits vorgemacht. Jetzt sind wir dran.“
Florian und Friederike Pfeffer, ito ito
Mit ito ito richten wir uns auf das mittlere Preissegment, in dem wir eine On-Demand-Produktion wirtschaftlich attraktiv machen wollen. Je mehr Designer*innen, Label, Marken, Händler*innen und Hersteller*innen sich an der Shared Factory beteiligen, desto einfacher und schneller wird das gehen. Denn der große Hebel einer neuen Art Mode zu produzieren, ist die »Coopetition«, die Verbindung von Kooperation und Konkurrenz. Die Automobilindustrie hat das mit der Entwicklung gemeinsamer Plattformen über Marken und Konzerne hinweg bereits vorgemacht. Jetzt sind wir dran.
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