Leonardo Hotels mehr als New Normal

Die TREND-REPORT-Redaktion sprach mit Yoram Biton und Anke Maas von Leonardo Hotels Central Europe über Digitalisierung, New-Work-Konzepte und den neuen Trend Bleisure Travel.

Herr Biton, mit welcher Strategie und Taktik steuern Sie Ihre Teams und Hotels durch die Krise? 

Yoram Biton, Managing Director Leonardo Hotels Central Europe
(c) Hoffotografen

Wir erleben die größte Rezession der Nachkriegszeit. Aber wir lassen uns davon nicht entmutigen. In guten wie in schlechten Zeiten – das gilt auch für die Beziehung mit unseren Kunden und Mitarbeitern. „Think loud and not alone“ ist dabei unser Motto. Grundlage dafür ist Vertrauen, Offenheit und Transparenz in der Kommunikation. In Zeiten des „Sturms“ beweisen wir, dass wir zusammenhalten können. Die Krise hat uns gelehrt, dass ein offener und ehrlicher Informationsaustausch das Wichtigste ist. Wenn unsere Kunden besondere Bedürfnisse und Unsicherheiten äußern, finden wir Lösungen. Wenn unsere Mitarbeiter Unterstützung benötigen, helfen wir gezielt und individuell. Aufmerksamkeit und zeitnahe Reaktion ist unser Ziel, wir sind ansprechbar, trotz aller Herausforderungen. Vor allem unsere interne Kommunikation kann erfolgreich und intensiv durch unsere LEAPP, die wir vor einigen Jahren für unsere Mitarbeiter eingeführt haben, aufrechterhalten werden – auch in Zeiten der Kurzarbeit ein wichtiges Tool.

Welchen Stellenwert nimmt dabei die Digitalisierung und damit die digitale Transformation für Ihr Haus ein?

Trotz Physical Distancing bleiben wir mit unserer LEAPP connected und können über unseren „Corona-Stream“ unternehmensrelevante Informationen sowie auch etwas Freude in den Lockdown-Alltag bringen – mit Gewinnspielen und Mitarbeitervorstellungen sowie individueller Chat-Funktion. Das gilt sowohl für unsere Azubis als auch für das Management. Wir wissen, dass der Wunsch nach persönlichem Kontakt sowohl bei unseren Gästen als auch Mitarbeitern ungebrochen ist – auch wenn es zunächst digital und hybrid verläuft, ist diese Form der neuen persönlichen Kommunikation maßgeblich für unseren weiteren Erfolg. Corona hat zwar unsere Arbeitsweise verändert, aber nicht unsere Grundbedürfnisse – dies zu bewahren macht den Unterschied. 

Anke Maas ergänzt: Für uns ist es ganz wichtig, egal in welchen Strukturen wir informieren oder kommunizieren, dass wir uns auf drei Bereiche beziehen: 1. auf die Welt nach draußen blicken, was ist gesellschaftlich oder politisch los, 2. was machen wir als Unternehmen daraus, wie ist unser Krisenmanagement, welche Entscheidungen treffen wir, wie gehen wir mit unternehmerischen Herausforderungen um und 3., wir nennen es Panorama zum Thema Motivation, wie halten wir unsere Zuversicht am Leben, was sind unsere Botschaften an die Mitarbeiter, unsere täglicher positiver Motivationsschub – und das kommt ganz gut bei den Mitarbeitern an.

Welche Zielgruppen sprechen Sie an mit Ihren „Open Lobbies“ und „Cosy Corners“ Konzepten und welche Vorteile haben Ihre Gäste dadurch?

Die Open Lobby ist das Aushängeschild der Leonardo Hotels und das auch nicht erst seit Corona. Sie ist Herzstück des Hotels, wie in den neuen Häusern in Dortmund, Warschau oder Zürich-Airport – ein Ort, der mit großem Wohlfühl-Charakter ein zweites Wohnzimmer für Hotelgäste und Besucher bietet. Denn von hier gehen einzelne Bereiche wie Rezeption, Bar, Lobby und Restaurant oder Co-Working Area fließend ineinander über. Hier taucht man direkt in das Hotelgeschehen ein oder zieht sich zurück in die einzelnen Bereiche. Dieses Konzept als Hybrid aus verschiedenen Raumfunktionen ist gerade in der aktuellen Zeit perfekt gesetzt: großzügige Räume mit Rückzugsmöglichkeiten und kleinen Separees ermöglichen Abstand und Distanz und sind gleichzeitig gemütlich. Gäste schätzen diese Flexibilität – ob für konzentriertes Arbeiten, entspanntes Essen oder Chillen inmitten eines ausgewogenen, warmen Farbkonzepts in Kombination mit stilvollen Möbeln und Accessoires.

Unser Mutterkonzern, die Fattal Hotel Group in Israel, ist mit dem „Switchup by Rooms“-Konzept zum Beispiel auch sehr erfolgreich, wo wir modernste Co-Working Spaces auf mehreren 1.000 Quadratmetern in wichtigen Business Locations, wie Tel Aviv, anbieten. Das Thema wird in Zukunft noch wichtiger werden und sich sicherlich in die Standardpalette vieler Hotels integriert.

„Unsere Open Lobbies sind multifunktionale Begegnungsräume mit dem nötigen Abstand.“

Yoram Biton
NYX Hotel Milan am bekannten Piazza IV Novembre, verbindet Design mit Kunstwerken von renommierten Mailänder Künstlern.
Copyright: Leonardo Hotels Central Europe

Anke Maas ergänzt: Vor Corona hatte sich vieles schon abgezeichnet. Es hat das ganze nur beschleunigt. Unsere aktuellen Themen sind, welche Strategien und Schritte wir verfolgen, wenn unsere Mitarbeiter wieder mehr in ihre Büros kommen. Wir haben für definierte Abteilungen wie z.B. Vertrieb komplett auf mobiles Arbeiten umgestellt, um der neuen Flexibilität und Mobilität unserer Mitarbeiter gerecht zu werden. Diesen Weg gehen wir weiter. Da eignen sich dann auch die Co-Working Spaces in unseren Hotels, die im Gegensatz zu reinen Co-Working Anbietern noch etwas anders sind – mit ein bisschen mehr Bewegungsraum, toller Verpflegung und dem echten Hotelflair.

Service-Roboter „Jeeves“ cruist bis an die Zimmertür im urbanen und lässigen Ambiente des NYX Hotel Munich.
(c) Leonardo Hotels Central Europe

Yoram Biton:
Dann macht auch Arbeiten noch mehr Spaß, vor allem wenn unsere Mitarbeiter auch ihren Roboter-Kollegen kennenlernen können – wie im NYX Hotel Munich, wo wir „Jeeves“ als Service-Roboter für unsere Gäste einsetzen. In der Open Lobby ist seine Docking-Station. Er wird per App oder Zimmertelefon vom Gast selbst gesteuert. In der Regel steht der 1,20 Meter große Minibar-Butler innerhalb von fünf Minuten vor der Zimmertür und lässt seine gekühlten Schubladen mit Drinks und Snacks über einen anti-viralen Touchscreen öffnen.

Das kommt nicht nur bei den Gästen gut an, sondern auch bei unseren Mitarbeitern, die ihn als Unterstützung sehr schätzen. Der Service-Roboter könnte auch zukünftig eine ideale Ergänzung in unseren weiteren Häusern werden. Das vermittelt schon ein cooles Gefühl, das wir mit unserer Lifestyle-Marke NYX Hotels by Leonardo Hotels ja auch transportieren wollen, ergänzt mit DJ-Sessions inmitten von Streetart- und Graffiti-styled Hotelbereichen.

Inwieweit adaptieren Sie neue Trends wie zum Beispiel  „Bleisure Travel“?

Bleisure Travel, also die Kombi aus Business und Leisure, lag schon vor Corona im Trend. Reisen bietet einfach die perfekte Grundlage, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Im Jahr von Homeoffice und Remote-Work wird sich dies in vielzähligen Unternehmensbereichen festigen, Job und Arbeit vermischen sich durch Corona immer mehr, auch durch den Wunsch nach mehr Achtsamtkeit getragen. Die flexible Wahl des Arbeitsortes – auch in Kurzarbeit – ist wichtig wie nie zuvor und kann auch in einem schönen Hotel oder an einem besonderen Urlaubsort sein.

Unsere Hotels passen perfekt zu dem Trend, da wir sowohl in A- als auch in B- und C-Standorten sind. Unsere Gäste haben die Wahl zwischen Stadt und Vergnügen oder Second City-Erlebnissen, wie zum Beispiel bald in Nürnberg, Bad Kreuznach oder in Ulm.

Leonardo Royal Ulm liegt im Dichterviertel von Ulm
(c) Leonardo Hotels Central Europe
Leonardo Bad Kreuznach besticht mit regionalem Stil und Lage in der Rhein-Nahe-Region
(c) Leonardo Hotels Central Europe

Zudem werden mit erweiterten Development-Plänen neue Marktchancen identifiziert, um die Entwicklung in Zentraleuropa weiter voranzutreiben: So wollen wir ein neues Segment erschließen, das sich auf den Leisure-Bereich konzentriert. Angedacht ist eine ausgewählte Kollektion, die unter anderem Resorts mit hohem Freizeitwert umfasst, gepaart mit Golf, Wellness, guten F&B-Outlets und mehr. Dabei bleibt Deutschland im Fokus. Hier können wir mit unserem Bekanntheitsgrad in über 106 europäischen Destinationen sowie unserem großen Kundenstamm punkten. Aber auch mit unserem Mutterkonzern, der in diesem Bereich Marktführer in Israel ist.

Next Steps: Welche Neueröffnungen stehen dieses Jahr noch an?

Mit der strategischen Festigung unseres Mehrmarkenkonzeptes und fünf Neueröffnungen in diesem Jahr wollen wir auf Wachstumskurs bleiben. So wird das Portfolio auf 87 Hotels in Central Europe mit über 15.000 Zimmern erweitert. Im März haben wir die Marke NYX Hotels erstmals in Polen (Warschau) eröffnet, direkt neben dem höchsten Gebäude Mitteleuropas. Ihr erstes Hotel der Marke Leonardo Royal bekommen jeweils die Städte Nürnberg und Barcelona im Mai. In der zweiten Jahreshälfte sind Eschborn (September) und Augsburg (Oktober) mit der Marke Leonardo im Plan.

Das neue NYX Hotel Warsaw by Leonardo Hotels ist seit März 2021 ein Gesamtkunstwerk
(c) Leonardo Hotels Central Europe & Piotr Gesick
Leonardo Royal Nürnberg geht in rund zwei Monaten als Teil des Tafelhof-Palais-Ensembles an den Start
(c) Leonardo Hotels Central Europe

Und mitten im Corona-Jahr 2020 haben wir allein drei Hotels eröffnet: Leonardo Frankfurt Offenbach, Leonardo Dortmund und Leonardo Zürich-Airport. Das unterstreicht, wie hart wir im Corona-Jahr gekämpft haben, nicht stehen zu blieben und unterstreicht unsere gute Partnerschaft mit Investoren und Vermietern, was noch wichtiger werden wird als je zuvor. 

Digitale Kommunikation mit der LEAPP-App

Anke Maas, Human Resources Director Leonardo Hotels Central Europe
(c) Julia Nimke

Frau Maas, Sie haben bereits vor fünf Jahren Ihr internes Kommunikations- und Informationstool „LEAPP“ erfolgreich implementiert…

Ja unsere LEAPP, einer internen App für alle 3000 Mitarbeiter in über 40 Destinationen.

Entwickelt wurde die App von Leonardo Hotels in Zusammenarbeit mit dem IT-Unternehmen Beekeper, als wir nach einem Weg suchten, alle Mitarbeiter mit Informationen unkompliziert und schnell zu erreichen. In einem Hotel, wo nicht jeder Mitarbeiter an einem Rechner arbeitet, ging das nicht über Newsletter. Die App auf dem Smartphone aber war die Lösung, eine ausgezeichnete sogar: Im Jahr 2016 bekam Leonardo Hotels dafür den European Excellence Award in Human Resources in der Kategorie „Employee Engagement“.

Ihr wahres Potential zeigt die App nun in der Pandemie, in der Wege gefragt sind, wie man auf Abstand Nähe herstellen und auch Mitarbeiter, die sich in Kurzarbeit befinden, regelmäßig auf den neuesten Stand bringen und weiterhin einbinden kann.

Jeder darf hier Postings und damit Themen setzen und zu Kollegen und Vorgesetzten via Kurznachricht Kontakt aufnehmen.

Anke Maas

Die LEAPP erweist sich hier als ideales Tool, um die Mitarbeiter durch die Krise zu führen – und in vielen Fällen sogar als einzige Möglichkeit, mit ihnen konstant in Kontakt zu bleiben.

Welche Features bietet die App inzwischen?

Wie Facebook, Wikipedia und Whatsapp funktioniert sie über Postings, Likes und Kurznachrichte/Chats sowie Abruf von zentralen Dokumenten, Vorlagen und Dienstanweisungen. Wichtige Informationen teilen wir in Echtzeit und beantworten Fragen zeitnah. Jeder darf hier Postings und damit Themen setzen und zu Kollegen und Vorgesetzten via Kurznachricht Kontakt aufnehmen.

Seit Beginn der Pandemie haben wir auch einen eigenen „Corona-Stream“ laufen mit sämtlichen Neuerungen und Informationen, etwa zum Kurzarbeitergeld und den Hygieneregeln. Das Management gibt regelmäßig Updates über die aktuelle Situation, offen und klar wird der Stand des Unternehmens kommuniziert. Zudem wird mit Challenges und handfesten Tipps die Situation auch mal etwas leichter genommen, die Mitarbeiterschaft emotional angesprochen und kreativ gefordert. Sehr beliebt ist die „Tagesschau“, ein täglicher Post von mir mit je drei „news of the day“: einer Business-, einer Panorama- und einer Motivations-Nachricht aus dem Unternehmen. Und das alles auf Deutsch und Englisch. Eine weitere Besonderheit ist, dass es in der LEAPP auch eine Übersetzungsoption in alle Sprachen gibt sowie auch Deepl angewendet werden kann. Das ist vor allem für unsere Mitarbeiter in Polen oder Spanien hilfreich, die kaum bis kein Englisch sprechen.

Über die LEAPP gelangen alle auch zum Mitarbeiterportal, wo individuell alle wichtigen Dokumente wie Verträge oder Dienstplan abrufbar sind, Krankmeldungen oder Urlaubsanträge abgeschickt werden oder Gehaltsabrechnungen heruntergeladen werden können.

Wettbewerbsvorteil: Ganz klar Zeitersparnis. Jeder Mitarbeiter – von Azubi bis Manager – kann zu jeder Zeit Infos abrufen.

Welche Wettbewerbsvorteile generieren Sie mittlerweile durch den Einsatz?

Ganz klar Zeitersparnis. Jeder Mitarbeiter – von Azubi bis Manager – kann zu jeder Zeit Infos abrufen. Alle wichtigen Informationen für die tägliche Arbeit sind zentral hinterlegt. Man muss nur darauf zurückgreifen.  Und das wiederum führt zu hoher Mitarbeitermotivation, weil damit keine Abhängigkeiten und Zeitdruck geschaffen wird. Unsere Mitarbeiter schätzen das sehr.

Welche neuen Features sind in Planung?

Wir planen über unsere LEAPP ein neues E-Learning Programm zu den verschiedensten Themenbereichen aus der Hotellerie. Wir testen auch aktuell ein Onboarding-Programm als Vorbereitung darauf, unsere Mitarbeiter in ihr Arbeitsleben wieder einzuführen, wenn es dann wieder losgeht. Verschiedene Trainings sind dafür in der Pipeline.

Die LEAPP hat auch eine besondere Kampagnen-Funktion, wo wir gezielt nur eine Gruppe von Mitarbeitern ansprechen können, wie nur die Front Office Manager oder unsere dualen Studenten.  

Yoram Biton ergänzt: Wir haben zum Beispiel eine Sommerkampagne für unser Mitarbeiter während der Corona-Krise letztes Jahr lanciert: Sie konnten zu einem Special-Tarif in allen Leonardo Hotels übernachten, als es keinen Lockdown gab – – ob in Barcelona, Mailand oder München. Sonst haben sie wenig Chance, freie Übernachtungen zu bekommen, da unsere Hotels im Sommer für gewöhnlich ausgebucht sind. Diese Zeit haben wir genutzt, um ein besonderes Benefit anzubieten.

Frau Maas, Herr Biton, vielen Dank für das Interview.

www.leonardo-hotels.de

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Das Leonardo Offenbach Frankfurt wurde in 2020 kurz vor Start der Corona-Pandemie eröffnet.
Copyright: Leonardo Hotels Central Europe

ESG-Strategien für ein nachhaltiges Asset Management

Maren Schmitz, Partnerin und Leiterin des Asset Management Beratungsgeschäfts von KPMG in Deutschland im Interview mit der Redaktion

Frau Schmitz,in welchem Verhältnis steht der „Aktionsplan Finanzierung nachhaltiges Wachstum“ der EU im Kontext der Gesamtstrategie Klimaneutralität 2050?

Maren Schmitz, Partnerin und Leiterin des Asset Management Beratungsgeschäfts von KPMG

Mit dem Aktionsplan macht die EU aus meiner Sicht einen großen Schritt in Richtung langfristiger Klimaneutralität, indem sie den Kapitalbedarf nachhaltiger Unternehmen und Start-ups durch die gezielte Lenkung von Finanzströmen decken will. Mithilfe des Aktionsplans soll die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien langfristig als fester Bestandteil des Risikomanagements etabliert werden – sowohl in der Risikobetrachtung als auch in der Bewertung von Investitionen, und das bei gleichzeitiger Erhöhung der Transparenz von nachhaltigen Assets für Investoren und den Kapitalmarkt. Damit zahlt der Aktionsplan über mannigfache Regulierungen auf die Gesamtstrategie zur Klimaneutralität ein und setzt sich zugleich zur Aufgabe, auch weitere Themen wie die Sustainable Development Goals zu adressieren.  

Wie helfen Sie Asset Managern den Weg hin zu einer nachhaltigen Finanzwirtschaft zu meistern?

Wir unterstützen unsere Kunden auf ihrem Weg mit einem ganzheitlichen Ansatz. Dabei steht zu Beginn immer eine individuelle Betroffenheitsanalyse der vielfätligen Regularien sowie derer Interdependenzen entlang aller relevanten Dimensionen – von Produkten über Daten, Systeme und Prozesse bis hin zu Kompetenzen. Im nächsten Schritt gehen wir gemeinsam in die Auf- und Umsetzung übergreifender ESG-Projekte, erarbeiten gemeinsam eine ESG-Strategie, analysieren die vorhandenen Daten, optimieren Prozesse und unterstützen die Umsetzung der regulatorischen Compliance-Anforderungen. Wir unterstützen Asset Manager auf diese Weise nicht nur dabei, ihre Produkte und Assetklassen nachhaltig auszurichten, sondern auch einen auf die ESG-Kriterien hin ausgerichteten Risikomanagement-Ansatz und einen effizienten ESG-Datenhaushalt aufzusetzen.

Welche Rolle spielen Start-ups und nachhaltige Technologien, um die Nachhaltigkeitsziele der EU zu erreichen?

Start-ups bzw. Technologieunternehmen werden eine wesentliche Rolle in der Erfindung und Entwicklung neuer Technologien und Bewirtschaftsungsformen spielen. Insbesondere sogenannte „Green Deep Tech“-Firmen können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die gemeinsamen Klimaziele zu erreichen. Denn sie bringen zum Beispiel mit innovativen Fortschritten in den Bereichen Kohlenstoffbindung, alternative Fleisch- und Agrarwirtschaft oder mit „Clean“-Technologien im Bereich der KI-gestützten Strom- und Kühlungstechniken den technologischen Wandel bedeutend voran. Dabei sind die meist jungen Unternehmen auf größere und vor allem langfristige Finanzierungen angewiesen, die aktuell noch nicht ausreichend durch die gängigen Finanzierungsformen wie Venture Capital oder Private Equity gedeckt werden können. Hier muss eine gemeinschaftliche Lösung gefunden werden: Ein gemeinsames Finanzierungsmodell aus öffentlichem, privatem und Finanzsektor, zum Beispiel in Form von „Blended Funds“, um Unternehmen stärker zu fördern, die mit ihren innovativen Produkten einen essenziellen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft leisten werden. 

Welche Alleinstellungsmerkmale sollten sich Asset Manager im Kontext der ESG-Investmentstrategien aneignen? Entstehen und, wenn ja, wo entstehen neue Risikopotenziale?

Asset Manager werden sich zukünftig vor allem durch ihre nachhaltigen Produkte und die Performance ihrer Investments voneinander abheben. Innovative Produkte, die einen Impact kreieren und auf langfristige Ziele einzahlen, dürften hier eine besondere Rolle spielen. Doch dabei dürfen Asset Manager die stetig steigenden Anforderungen an die Transparenz ihrer Investments keinesfalls vernachlässigen. Denn nur, wer das Thema Nachhaltigkeit durchgängig und glaubwürdig besetzen kann, hat auch etwaigen Greenwashing-Vorwürfen etwas entgegenzusetzen. Eine positive Reputation wird bei den verschiedenen ESG-Investmentstrategien das höchste Gut. Darüber hinaus werden aus meiner Sicht inbesondere Rohdaten zu einem immer entscheidenderen Wettbewerbsfaktor. Wer es mittels eigener Analysen schafft, die ihm vorliegenden Daten für sich zu nutzen und Entscheidungen auf Basis einer fundierten Logik zu treffen, kann sich von der breiten Masse, die sich auf einheitliche Datensätze konzentriert, abheben.

Wie kann Ihrer Meinung nach eine nachhaltige Entwicklung von Fonds transparent dargestellt werden?

Für eine bestmögliche Transparenz bei der Entwicklung von Fonds braucht es meines Erachtens drei wesentliche Elemente:

  1. Ein detailliertes Reporting, das klar darstellt, welche Investments welche Risiken in Bezug auf Nachhaltigkeit beinhalten, aber auch, welche positven Effekte hieraus entstehen können.
  2. Einen sehr klaren und nachvollziehbaren Investmentansatz, der dem Portfoliomanager Raum für Entscheidungen lässt, aber gleichzeitig transparent zeigt, warum bestimmte Investments nicht getätigt werden.
  3. Transparenz darüber, welche Firmen und Industriezweige nicht gekauft werden, oder, falls doch, welche Ziele hiermit verfolgt werden und auf welche Weise etwaige Risiken mitigiert werden können.

Inwieweit können Automatisierung und KI in Zukunft Asset Managern helfen, um Offenlegungsverordnungen und weitere Regularien effizient zu managen?

Auf Dauer wird die Nutzung von Daten und Informationen für Asset Manager immer wichtiger, insbesondere, um den Anforderungen an verlässliche Reportings zu entsprechen. Durch eine bestmögliche Automatisierung und den Einsatz von KI können Daten nicht nur effizient beschafft und analysiert, sondern auch eine bestmögliche Qualität und Vollständigkeit der notwendigen Informationen erzielt werden. Allein die enorme Anzahl an Datensätzen wird dazu führen, dass diese hoch automatisiert und effizient bearbeitet werden müssen, um in einer qualitätsgeischerten „Golden Source“ vorzuliegen. Nur auf diese Weise können die Daten über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg einheitlich genutzt und Entscheidungen auf derselben Grundlage getroffen werden – vom Portfoliomanagement über den Risikomanager bis zur Reporting-Einheit.

Gastbeitrag von Maren Schmitz

In Ihrem Gastbeitrag erfahren Sie, warum Offenlegungs- und Taxonomie-Verordnung nur ein erster Schritt zu einer nachhaltigen Transformation auf ökologischer und sozialer Ebene sind. Lesen Sie: https://www.trendreport.de/transparenz-taxonomie-und-pragmatismus

http://kpmg.de/sustainablefinance

Transparenz, Taxonomie und Pragmatismus

Maren Schmitz, Partnerin bei KPMG und Leiterin des Asset-Management-Beratungsgeschäftes in Deutschland, schildert in ihrem Gastbeitrag, warum Offenlegungs- und Taxonomie-Verordnung nur ein erster Schritt zu einer nachhaltigen Transformation auf ökologischer und sozialer Ebene sind.

Mehr Nachhaltigkeit im Finanzmarkt sollen die Offenlegungs- und die Taxonomie-Verordnung mit sich bringen, die die Europäische Kommission mit dem EU-Aktionsplan „Sustainable Finance“ auf den Weg bringt. Allerdings gibt es noch viel zu tun: Die Regelungen sind nur ein erster Schritt zu einer nachhaltigen Transformation auf ökologischer und sozialer Ebene. Finanzmarktteilnehmer wie Asset Manager geraten daher zunehmend unter Zugzwang.

Das Ziel der Offenlegungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 2019/2088) ist klar: Gerade im Asset Management soll die Verordnung sicherstellen, dass Investoren Transparenz im Umgang mit Nachhaltigkeit auf Produkt- sowie auf Unternehmensebene erfahren. Doch es herrschen immer noch viele Unsicherheiten, da die Vorgaben aktuell (Level I der Verordnung) sehr vage sind und weiterhin viele Freiheiten in der Ausgestaltung erlauben. Es fehlen klare Standards, ab wann ein Produkt als nachhaltig klassifiziert werden kann, sodass am Markt unterschiedliche Interpretationen zu beobachten sind. Besonders bei Produkten, die als „nachhaltig“ eingeordnet werden, gibt es keine einheitliche und vergleichbare Basis: So bleibt viel Gestaltungsspielraum hinsichtlich der „nachhaltigen“ Investmentansätze und der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken.

„Asset Manager sollten sich schon jetzt intensiv mit ihrem Ambitionsniveau auseinandersetzen.“

Maren Schmitz, Partnerin bei KPMG und Leiterin des Asset-Management-Beratungsgeschäftes in Deutschland,

Taxonomie: ein nachhaltiges Ziel

Diese Freiheiten werden sich ab 2022 verringern – weshalb die Branche schon jetzt gezwungen ist, ihr Handeln zu justieren. Dann treten die Level-2-Maßnahmen (RTS Level II), die Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852) sowie die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Markets in Financial Instruments Directive, MiFID II) in Kraft. Diese Regularien bestimmen genauer, was als nachhaltiges Produkt gelten darf: Wird künftig beispielsweise ein Produkt mit einem ökologischen Merkmal beworben, muss laut RTS Level II und Taxonomie-Verordnung auch ein entsprechendes Ziel dafür definiert, gemessen und berichtet werden. Durch die Überarbeitung der MiFID II muss der Vertrieb künftig abfragen, ob der Kunde nachhaltige Produkte erwerben möchte, und darf dann nur noch Investments anbieten, die etwa ein nachhaltiges Ziel nach Taxonomie verfolgen.

Daher ist es sinnvoll, sich frühzeitig mit den verschiedenen Regularien und den Auswirkungen auf das Kerngeschäft zu beschäftigen. Asset Manager sollten sich schon jetzt intensiv mit ihrem Ambitionsniveau auseinandersetzen und es ent­sprechend in ihre Strategie überführen. Diese muss dann im Zuge der Produktentwicklung in Taxonomie-Ziele übersetzt und in die Steuerung des Fonds integriert werden. Dabei müssen Asset Manager beispielsweise zwischen Bio-Diversität, Kreislaufwirtschaft, Klima-Mitigation oder -Adaption wählen. Basierend auf Datensätzen aus Taxonomie-Daten und -Kennzahlen müssen sie Art und Umfang des Taxonomie-Ziels definieren, diese in den täglichen Allokationsprozess des Fonds integrieren, die Entwicklung kontrollieren und anschlie­ßend im Reporting darüber berichten.

Autorin Maren Schmitz im ausführlichen Interview

Lesen Sie mehr zu den ESG-Strategien für ein nachhaltiges Asset-Management unter: https://www.trendreport.de/esg-strategien-fuer-ein-nachhaltiges-asset-management

Reportings zur nachhaltigen Wirkung

Zentrales Element ist also eine umfassende und verlässliche Datenbasis. Für viele kleine Unternehmen, die echten Impact erzeugen, ist das aber schwierig: Denn sie haben keine Kapazitäten, um ihren Impact auch datenseitig sichtbar zu machen. Ein Beispiel: Bei Mikrofinanzierungen in Schwellenländern etwa zum Aufbau von Brunnen oder Schulen werden klar soziale und ökologische Aspekte erfüllt. Die Unternehmen verfügen also über einen klaren und zielgerichteten Impact und agieren definitiv nachhaltig. Asset Manager finden jedoch über diese Mikrofinanzierungen keine detaillierten Informationen: Sie fallen schlichtweg durchs Raster, da es den Unternehmen an strukturierten Reportings fehlt. Nun wäre es zwar aus nachhaltigen Gesichtspunkten gerade für Impact-Fonds sinnvoll, hier zu investie­ren – die neuen Offenlegungsverpflich­tungen nach RTS Level II erschweren dies aber. Asset Manager müssen künftig aufzeigen, welche konkrete Wirkung ihr Fonds erzielt. Da hierfür oftmals nicht ausreichend Daten vorliegen oder die notwendigen Daten nur über aufwendige, manuelle Analysen von Experten erhoben werden können, gehen solche besonders nachhaltigen Investitionen meist leer aus.

Asset Manager sind deshalb darauf angewiesen, dass Corporates frühzeitig effiziente Reporting-Strukturen zur Nachhaltigkeit ihrer Aktivitäten aufsetzen und so „investierbar“ bleiben. Hier liefert die Taxonomie in Bezug auf ökologische – insbesondere klimatische – Faktoren die entsprechende Vorgabe. Bei sozialen Kriterien etwa sind Unternehmen weiterhin auf sich gestellt. Dennoch stehen sie unter Zugzwang: Gerade bei den nachhaltigen Impact-Fonds könnten Investitionen wirklich etwas bewegen, doch ohne Nachhaltigkeitskennzahlen haben Asset Manager keine Möglichkeit mehr, in solche Investitionen zu gehen.

Umfangreiche Datensets für nachhaltige Transformation

Daten-Provider arbeiten an der Bereitstellung entsprechender Pakete, da den Asset Managern gerade bei umfangreichen Portfolios die Kapazitäten fehlen, die Rohdaten sämtlicher Corporates eigenhändig einzuholen und aufzubereiten. Doch eine solide Datenbasis ist teuer: Mit dem Einkauf von großen Datenmengen sowie dem Aufbau von entsprechenden Verarbeitungstools werden schnell siebenstellige Summen fällig. Dies können sich vor allem kleinere Marktteilnehmer kaum leisten.

Zudem braucht es pragmatische Ansätze für Impact-Investitionen: Zwar lenken die Verordnungen den Markt in eine nachhaltige Richtung, zugleich zwin­gen sie Asset Manager dazu, das Universum der für sie investierbaren Titel zu beschränken, um datenbasierte Offenlegungsverpflichtungen zu erfüllen. Damit eine nachhaltige Transformation auf allen Ebenen sichergestellt wird, braucht es aber weitere und zugleich pragmatische Ansätze. Wirkungsbezogene Investments in kleine und spezialisierte Unternehmen stehen vor der Hürde „investierbar“ zu bleiben – und somit besteht die Gefahr, dass Gelder nicht mehr dort ankommen, wo sie wirklich etwas bewegen können.

http://kpmg.de/sustainablefinance

Lesen Sie weitere Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches Asset-Management im Kontext der ESG-Strategien.

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Green Economy – Mit Werten wachsen

Von der Ambition zur Realität: Nachhaltigkeit wird zum K.-o.-Kriterium

von Bernhard Haselbauer

Es ist schon verrückt, dass gerade der Begriff „Nachhaltigkeit“ durch die Forstwirtschaft geprägt wurde. Sieht man sich momentan in unseren Wäldern um, bekommt man es mit der Angst zu tun. Die nackte Wahrheit regiert, Baumstümpfe und Chaos soweit das Auge reicht. Der Begriff „nachhaltige Entwicklung“ und Forstwirtschaft passen so irgendwie gar nicht mehr zusammen. Sollten nicht Stabilität und die natürliche Regenerationsfähigkeit des Waldes im Vordergrund stehen? Klimawandel, Profit und Monokulturen haben unseren Wäldern zugesetzt. Auch Pflanzen stehen auf Multikulti. Außerdem schaden Monokulturen den Böden und dem Lebensraum unserer Tiere.

Ganz ehrlich – wie soll das mit unseren Klimaschutzzielen funktionieren, denn ein neuer Wald braucht viel, viel Zeit. Immerhin steht nun so viel Geld wie nie zuvor für unsere Wälder zur Verfügung. 1,5 Milliarden Euro hat allein der Bund in den vergangenen zwei Jahren bewilligt.

In Deutschland ist die Federführung für das Thema Nachhaltigkeit im Kanzleramt angesiedelt und die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung wurde just generalüberholt. In einer ersten Stellungnahme vom 10. März 2021 begrüßt der Nachhaltigkeitsrat die Änderungen. „Wichtig ist vor allem, dass die Bundesregierung erstmals sogenannte Transformationsbereiche ausgewiesen hat“, so Dr. Werner Schnappauf, Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE). Um diese Bereiche für ein gemeinsames Vorgehen wirksam zu machen, reiche es nicht aus, nachzusteuern, sondern es müsse konsequent umgesteuert werden. „Klimaneutralität rückt damit ins Zentrum der Nachhaltigkeitspolitik, aber auch beispielsweise Flächenverbrauch und Breitbandausbau bekommen einen hohen Stellenwert.“ Schnappauf forderte die Regierung auf, künftig das Leitprinzip der Nachhaltigkeit mutig, entschlossen und konsequent über die Ressortgrenzen hinweg umzusetzen. Der Nachhaltigkeitsrat hatte in mehreren Stellungnahmen umfangreiche Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie vorgelegt, damit diese als echter Fahrplan für die Zukunft fungieren kann.

Nachhaltigkeitspolitik ist in Deutschland fest verwoben mit der europäischen und internationalen Politik und orientiert sich an den globalen Nachhaltigkeitszielen (SDGs), die in der 2015 verabschiedeten Agenda 2030 der Vereinten Nationen formuliert sind. Ihre Anwendung und Umsetzung in Deutschland sollen für alle Menschen ein Leben in „Frieden, Würde und Wohlstand auf einem gesunden Planeten“ ermöglichen.

Mehr und mehr wird Nachhaltigkeit auch in der Wirtschaft zum K.-o.-Kriterium – für Verbraucher und für Marken. Immer mehr Menschen wollen ihren Alltag umweltbewusster und nachhaltiger gestalten. Studien bestätigen: Nachhaltigkeit hat sich als wesentliches Entscheidungskriterium neben Preis-Leistungs-Verhältnis und Qualität etabliert. Inzwischen erwarten auch Politik und Kapitalgeber von Unternehmen eine klare grüne Linie und knüpfen zum Beispiel die Vergabe von Fördermitteln und Krediten an harte Bedingungen. Wer also in Zukunft „kapital-fit“ bleiben will, muss in 2021 nicht nur Bekenntnisse, sondern auch Ergebnisse vorweisen.

Getrieben durch den Wertewandel stellen immer mehr Bewerber Fragen nach der Nachhaltigkeits-Performance von Unternehmen und entscheiden sich für verantwortungsvollere Start-ups, wenn ihnen die Antworten nicht gefallen. Ob Start-ups oder Konzerne, die nachhaltige Entwicklung steht überall ganz oben auf der Agenda. Dies zeigt sich zum Beispiel im Kontext des Themas Corporate Digital Responsibility. Am 28. und 29. April 2021 findet der erste SAP Sustainability Summit statt. Gemeinsam mit Nachhaltigkeitsexperten und Technologievisionären wird die SAP in einem virtuellen Rahmen Lösungen für eine nachhaltige Zukunft vorstellen und diskutieren. „Als Marktführer für Unternehmens-Software sehen wir uns darüber hinaus in der Verantwortung, das auch anderen Unternehmen zu ermöglichen. Gemeinsam mit unseren Partnern und über 400 000 Kunden auf der ganzen Welt können wir so das Bewusstsein für Nachhaltigkeit schärfen, wirtschaftliche Anreize setzen und damit einen positiven Einfluss auf unser Handeln nehmen“, betonte SAP-Vorstand Thomas Saueressig.

 

Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

Einer der Schlüssel und wichtigsten Trends für nachhaltiges Wirtschaften ist die Circular Economy. Sie gilt als Wirtschaftsmodell mit dem größten ökologischen und ökonomischen Potenzial. Für die Realisierung muss allerdings ein Umdenken entlang der gesamten Wertschöpfungskette stattfinden. Momentan dominiert in der industriellen Produktion noch das lineare, auch als „Wegwerfwirtschaft“ bekannte Modell, bei dem Produkte am Ende ihrer Nutzungsphase weggeworfen, vergraben oder verbrannt werden. Das Ziel der Circular Economy ist es, die in Produkten eingesetzten Rohstoffe über ihre primäre Lebensdauer hinaus möglichst lange in einem geschlossenen Kreislauf zu verwenden.

„Ein erfolgreicher Übergang vom vorherrschenden linearen zu einem geschlossenen Kreislaufwirtschaftssystem setzt voraus, dass alle Beteiligten über verlässliche Informationen im Hinblick auf Produkte, Komponenten und Materialien entlang ihres gesamten Lebenszyklus verfügen – in Form von digitalen Daten. Technologien wie die Blockchain haben das Potenzial, Produkte, Prozesse und Dienstleistungen vertrauenswürdiger, transparenter und nachvollziehbarer zu machen und damit neue Geschäftsmodelle zu stimulieren, die zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum beitragen können“, betonte iPoint-systems-CEO Jörg Walden im Gespräch mit unserer Redaktion.

Diverse nationale und internationale Aktionspläne und Regularien wie etwa der Circular-Economy-Action-Plan der EU oder das deutsche Sorgfaltspflichtengesetz zielen darauf ab, den Rahmen für langlebige, nachhaltige Produkte zu schaffen, den Verbrauch von Primärrohstoffen zu verringern sowie menschenrechtliche und ökologische Mindeststandards in internationalen Lieferketten sicherzustellen, um damit zu besseren Bedingungen für Mensch und Natur beizutragen.

Konkret bedeutet dies, dass Unternehmen verpflichtet sind, ein systematisches Risikomanagement einzuführen, um Risiken (in definierten Risikofeldern wie Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung, Umweltschutz und weiteren) bei Zulieferern zu ermitteln und kontinuierlich zu analysieren. Die Anforderungen sind für Unternehmen kaum noch ohne digitale und innovative Technologien zu erfüllen.

„Unsere cloudbasierte Plattform holt von den Lieferanten automatisch die relevanten Assessments und Zertifikate ein, die anschließend validiert werden. Zusätzlich nutzen wir künstliche Intelligenz, um Milliarden von Nachrichten in Medien zu scannen und per Natural Language Processing negative Meldungen zu den Lieferanten herauszufiltern und Risiken frühzeitig zu erkennen“, erklärte uns dazu Martin Berr-Sorokin, Gründer und CEO von IntegrityNext.

 

Auch innovative Refurbished-Strategien sind angesagter denn je. Refurbished-Ware sind Geräte, die ein Hersteller oder Händler generalüberholt, gereinigt und geprüft hat. Aber was bringt eine Refurbished-Strategie für Kunden und Umwelt? Jan Dzulko, Gründer von everphone, beschreibt das so: „Mit unserer Vorgehensweise sind nur noch die Geräte im Unternehmen, die tatsächlich genutzt werden – momentan landen ausgemusterte oder defekte Handys noch zu oft in irgendeiner Schublade. Für viele Unternehmen ist ein Geräteaustausch zu aufwendig. Für uns nicht, denn wir sind darauf spezialisiert. Rückläufer bereiten wir wieder auf und ermöglichen ihnen einen zweiten Lebenszyklus. Das spart durchschnittlich 58 kg CO2 pro Smartphone.“ Daran sollten sich Elektrogeräte-Hersteller von Weißer Ware ein Beispiel nehmen, deren Produkte eine immer kürzere Lebensdauer haben.

Eine weitere gute Idee für ein nachhaltiges Geschäftsmodell im Kontext der Kreislaufwirtschaft kommt von Biotec, einem der weltweit führenden Unternehmen biobasierter, nachhaltiger Biopolymere für kompostierbare Materialien. CEO Stefan Barot betont: „Beim organischen Recycling, also Kompostieren, bauen sich Biopolymere, die ganz oder teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, im industriellen oder im heimischen Kompost ab.Ein klassischer industrieller Kompostierzyklus dauert etwa 6 bis 12 Wochen. Unsere Biopolymer-Beutel integrieren sich vollständig in diesen Prozess und stellen deshalb eine optimale Entsorgungslösung für Biomüll dar.“

 

Die Digitalisierung der Energie

Die Energiewirtschaft bricht gerade auf in eine neue Energiewelt. Unter dem Motto „Digitalisierung der Energiewende“ müssen die neuen Anforderungen gemeistert werden. Ziel muss es sein, Energie und Klimaziele im Einklang mit wirtschaftlicher Stabilität zu erreichen. Aber worauf kommt es nun beim nachhaltigen Umbau der Energiewirtschaft an? Dort, wo es mit Strom nicht geht, wird zum Beispiel grüner Wasserstoff zum Mittel der Wahl. Unternehmen testen schon fleißig, wie die flexiblen Kapazitäten kleinerer Anlagen wie Batterie-Heimspeicher und Wärmepumpen unbürokratisch nutzbar gemacht werden können, um diese an die Systemdienstleistungsmärkte zu bringen. Die Blockchain-Technologie scheint hier das Mittel der Wahl zu werden. Die Energiebranche kann in Zukunft sehr wahrscheinlich vom Strom- und Gasverkauf nicht mehr leben. Gefragt sind neue innovative Geschäftsmodelle, die durch die Digitalisierung, Nachhaltigkeit und die neue Gesetzgebung entstehen können.

Ein Beispiel bietet enPortal, Spezialist für die Gewährleistung von standardisierten, digitalen Prozessen rund um Datenverwaltung, Ausschreibung und Vergabe bei der Energiebeschaffung. Mit dem Auslaufen der EEG-Vergütung zum Jahresende 2020 für Anlagen, die vor zwanzig Jahren in Betrieb gegangen sind, war klar, dass in den kommenden Jahren immer mehr EEG-freie Grünstrommengen einen neuen Abnehmer suchen werden. „Daher war die Erweiterung unseres Portfolios nur ein logischer Schritt. Vor eineinhalb Jahren fiel die Entscheidung, den regenerativen Stromerzeugern, die keine EEG-Vergütung mehr erhalten, über enPortal den Weg zu öffnen, einfach, kostengünstig und vollständig digital einen neuen Abnehmer zu finden“, erklärte uns Clemens Graf von Wedel, Geschäftsführer des Pioniers für digitale Energiebeschaffung und cloudbasiertes Energiedatenmanagement von Strom und Gas.

Essen kann tödlich sein

Da die Klimaschutzziele auf vielfältigen Wegen erreicht werden müssen, sind alle Bürger im Land aufgefordert, mitanzupacken und sich zu transformieren. Aktuelle Trends und Bewegungen müssen adaptiert werden, um die nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Forscher der Oxford University kamen schon im Jahr 2016 mit einer interessanten Studie zu der Erkenntnis, dass unsere Ernährung sich direkt auf die Treibhausgasemissionen auswirkt. Mal angenommen, dass sich alle Menschen fleischfrei ernähren würden, könnte das die globalen Treibhausgasemissionen drastisch reduzieren und ebenso viele Menschenleben retten. Die Forscher berechneten, dass eine weltweite vegetarische Ernährung die Treibhausgasemissionen um 63 Prozent senken könnten, eine vegane sogar um 70 Prozent.

„Wir merken generell ein großes Interesse an einer bewussteren und nachhaltigeren Lebensweise. Da gehört die vegane und vegetarische oder die flexitarische Ernährung auch dazu. Die bewusste Reduktion von Fleisch oder der Verzicht auf Produkte tierischer Herkunft wird für viele unserer Kundinnen und Kunden immer interessanter und auch immer normaler. So sind viele unserer Kunden Flexitarier, einige legen einen oder mehrere vegane Tage in der Woche ein“, bezeugen Erik Döbele von Aldi Süd und Tobias Heinbockel von Aldi Nord.

Phone as a Service

Mobile Device Management mit Mehrwert

Herr Dzulko, was bedeutet heute „Phone as a Service“ und welche Vorteile haben Unternehmen davon?

„Phone as a Service“ bedeutet, dass Unternehmen mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets nutzen, ohne sie dabei zu besitzen. Besitz bedeutet Verantwortung und Aufwand. Wir nehmen den Organisationen den Aufwand rund um das Handling von Smartphones und Tablets nahezu komplett ab, indem wir ihnen die Geräte komplett eingerichtet mit einem unschlagbaren Leistungspaket zur Nutzung überlassen. Das entlastet die IT-Abteilung spürbar, sorgt für mehr Datensicherheit und -schutz und ist gleichzeitig auch noch gut für die Umwelt.

Was bringt Ihre Refurbished-Strategie für Kunden und Umwelt?

Mit unserer Vorgehensweise sind nur noch die Geräte im Unternehmen, die tatsächlich genutzt werden – momentan landen ausgemusterte oder defekte Handys noch zu oft in irgendeiner Schublade. Damit verschwendet man nicht nur Geld, sondern auch wertvolle Rohstoffe, die nicht wieder genutzt werden.

Für viele Unternehmen ist ein Geräteaustausch zu aufwendig. Für uns nicht, denn wir sind darauf spezialisiert. Rückläufer bereiten wir wieder auf und ermöglichen Ihnen einen zweiten Lebenszyklus. Das spart durchschnittlich 58 kg CO2 pro Smartphone.

Jan Dzulko, CEO, everphone GmbH

Sicherheit, Corporate Digital Responsibility und DSGVO, worauf muss beim Geräte-Management geachtet werden ?

Die größte Angst bei den Unternehmen in Zusammenhang mit IT ist die Datensicherheit und der Datenschutz. Wenn Mitarbeitende ihre eigenen Geräte mitbringen (BYOD), ist häufig nicht klar, wie mit den Daten umgegangen wird. Bei unserem Phone-as-a-Service-Ansatz ist alles von vorne herein geregelt. Wir integrieren Mobile-Device-Management-Lösungen (MDM) und sorgen von vorneherein dafür, dass Daten gemäß der gesetzlichen und unternehmensinternen Vorgaben verarbeitet werden sich. Das ist Sicherheit by Design.

Welche Vorteile haben Unternehmen von der Nutzung eines MDMs (Mobile Device Management)?

Das MDM geht über eine reine Inventarisierung der Geräte weit hinaus und erleichtert zum Beispiel die Softwareverteilung auf den Firmenhandys erheblich. Ein Riesenvorteil ist auch das Einrichten eines verschlüsselten „Workspace“ für die Unternehmensdaten – sozusagen ein Phone im Phone. Da die privaten Daten davon getrennt sind, können Mitarbeitende die Geräte uneingeschränkt auch privat nutzen. Geht ein Gerät verloren, kann die IT per Fernlöschung den Verlust von Geschäftsdaten aus dem Workspace verhindern.

Was bedeutet für Sie intelligentes Outtasking?

Die IT- und Digitalabteilungen in den Unternehmen werden immer wichtiger. Diese wertvolle Ressource sollte sich nicht mit profanen Aufgaben wie dem Handling von Smartphones von Kolleginnen und Kollegen beschäftigen. Das kann man heute sinnvoll auslagern. Gleichzeitig bietet Phone as a Service einen echten Mehrwert für die Belegschaft: Anstelle der in vielen Firmen typischen Einsteiger-Smartphones können Mitarbeitende sich gegen einen geringe Zuzahlung die aktuellen Top-Modelle holen und eben auch privat verwenden. Dabei ist eine rund-um-Versorgung inklusive.

Ein weiterer Aspekt:
Mitarbeiter brauchen nur noch ein Smartphone mit everphone – statt zwei – ein Firmenphone und ein privates Phone – das spart Ressourcen.

Welche Bedeutung haben Refurbed-Produkte im Kontext von Klimaschutzzielen und nachhaltiger Entwicklung?

Jährlich werden alleine in Deutschland knapp 23 Millionen Smartphones neu gekauft, das ist eine enorme Menge. Die Produktion belastet die Umwelt, denn energieintensive Ressourcen werden benötigt und die Herstellung erzeugt Kohlendioxid.

Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts produziert jedes neue Smartphone etwa 58 kg CO2, bei Tablets sind es sogar 141 kg CO2. Mittlerweile sind Smartphones von der Leistung her so gut, dass sie auch in ein paar Jahren noch den Anforderungen der Nutzer genügen.

Durch das Refurbishing ist es möglich, die Lebensdauer von Smartphones zu verdoppeln. So können also genau jene 58 kg CO2-Äquivalenz eingespart werden. Bei 1,2 Milliarden Geräten pro Jahr weltweit ist das mehr als relevant. Deshalb ist Refurbishing auch fester Bestandteil unseres Geschäftsmodells, damit die Produkte so lange wie möglich genutzt werden. Wir kaufen beispielsweise auch ungenutzte Smartphones von Unternehmen, die in den Schubladen der IT liegen, refurbishen sie und geben ihnen so ein zweites Leben.
Link zur Studie: https://www.interseroh.de/fileadmin/Aktuelles/PMs_PDF/2018/Artikel_MuellundAbfall_2018.pdf

Inwieweit kann die Corona-Pandemie die Neuausrichtung für eine nachhaltige Entwicklung beeinflussen und fördern?

Die größte Entwicklung, die wir in Deutschland beobachten ist, dass die Pandemie die Digitalisierung massiv beschleunigt hat. Arbeiten von zu Hause oder von woanders auf der Welt wurde plötzlich möglich und Normalität. Der Arbeitsplatz wird zunehmend digitaler und somit kann auch das Arbeiten flexibler gestaltet werden. Häufig kommen dabei, neben Smartphones, auch Tablets zum Einsatz, beispielsweise in Krankenhäusern und Schulen aber auch im Außendienst. Der starre 9-to-5-Job im Büro wird aussterben; das mobile Office ist die Zukunft. Durch die Pandemie haben wir gemerkt, dass wir viele Meetings auch vom Smartphone oder Laptop zu Hause machen können. Inlandsflugreisen zu Kunden sind nicht mehr zwingend notwendig. Das spart nicht nur wertvolle Zeit, sondern schont auch die Umwelt.

Wir merken seit dem ersten Lockdown, dass viele Unternehmen erkennen, wie wichtig es ist in einen digitalen Arbeitsplatz zu investieren und die technischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Denn das eröffnet dann noch weitere Möglichkeiten zum Einsparen von Büroflächen oder flexible Arbeitsmodelle für Eltern.

https://www.everphone.de/

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Transparente, nachhaltige Lieferketten

Wie Unternehmen den Anforderungen des neuen Lieferkettengesetzes begegnen können, berichtet Martin Berr-Sorokin, CEO und Gründer von IntegrityNext, der TREND-REPORT-Redaktion.

Herr Berr-Sorokin, wie stellt sich das neue Lieferkettengesetz im Kontext einer „nachhaltigen Entwicklung“ dar und welche Unternehmen sind betroffen?

Das Lieferkettengesetz soll die Einhaltung von menschenrechtlichen und ökologischen Mindeststandards in internationalen Lieferketten sicherstellen und damit nachhaltig zu besseren Bedingungen für Mensch und Natur beitragen. Deutsche Unternehmen werden in die Pflicht genommen diese Mindeststandards bei allen unmittelbaren Zulieferern kontinuierlich zu überprüfen und jährlich darüber Bericht zu erstatten. Bei Verstößen gegen diese sogenannte Sorgfaltspflicht drohen erhebliche Bußgelder und der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen. Direkt betroffen sind ab 2023 Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten sowie ab 2024 auch bereits Firmen ab 1.000 Beschäftigten.

Martin Berr-Sorokin hilft Unternehmen, die Anforderungen des Lieferkettengesetzes zu erfüllen.

Welche Herausforderungen müssen vom Einkauf (Beschaffung) gemeistert werden?

Einkaufs- und Supply-Chain-Abteilungen trifft hierbei eine besondere Verantwortung und sie stehen im Wesentlichen vor zwei Herausforderungen: Zum einen stellt die schiere Menge an Lieferanten, die ein Unternehmen üblicherweise hat schon eine Schwierigkeit dar – vor allem dar das Gesetz alle Arten von Lieferanten einschließen wird (Dienstleister, Rohstofflieferanten, Hersteller, etc.) – das können viele Tausende oder sogar Zehntausende von Zulieferern sein, die kontinuierlich überprüft werden müssen. Da kommt man mit Papier und Bleistift sowie traditionellen Methoden wie Audits nicht weit. Eine weitere große Herausforderung ist die Vielzahl der zu berücksichtigenden Risikofelder, die abzudecken sind.

Welche Lösungen bieten Sie in diesem Kontext?

Vor dem Hintergrund wird deutlich, warum so lange über das Lieferkettengesetz diskutiert wurde. Aus der Wirtschaft kamen Einwände, dass die Herausforderungen für Unternehmen einen zu großen Aufwand und damit einen Wettbewerbsnachteil bedeuten. Diese Angst muss man den betroffenen Unternehmen nehmen – die Anforderungen sind machbar und die Sorgfaltspflicht kann mithilfe von Technologie auch ressourcenschonend erfüllt werden. Nachhaltigkeits-Plattformen wie IntegrityNext bieten Unternehmen eine Lösung, die hochskalierbar ist und somit die Überprüfung einer Vielzahl von Lieferanten ermöglicht, und zudem die geforderten Gesetze und Standards abdeckt – somit muss das Rad auch nicht neu erfunden werden.

Wie funktionieren diese genau und welche Rolle spielen dabei neue KI-Technologien?

IntegrityNext holt von den Lieferanten automatisiert standardisierte Assessments zu bis zu 21 Nachhaltigkeitsthemen ein, die auf den entsprechenden Standards basieren und alle im Lieferkettengesetz definierten Risikofelder abdecken. Die Geschäftspraktiken sowie die Zertifikate der Lieferanten werden auf der Plattform validiert und konsolidiert. Zusätzlich werden in den Medien Milliarden von Nachrichten gescannt und analysiert, um Negativmeldungen über Lieferanten herauszufiltern und dadurch Risiken frühzeitig zu erkennen – das geht heute nur mit KI, also künstlicher Intelligenz. IntegrityNext erstellt anhand der gesammelten Daten einen Report nach GRI-Standards, wodurch Unternehmen bei der Berichterstattung unterstützt werden.

Was waren die Gründe für das Lieferkettengesetz und warum kommt es dazu?

Deutschland hat wie viele weitere EU-Staaten zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte einen Nationalen Aktionsplan (NAP) aufgestellt, mit dem Ziel, dass bis 2020 zumindest die Hälfte der deutschen Unternehmen mit über 500 Beschäftigten menschenrechtliche Sorgfalt in ihre Prozesse integriert haben soll. Ein Monitoring der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit EY ergab nach zwei Auswertungsrunden, dass diese Anforderungen nur 13-17% der befragten Unternehmen erfüllten. Laut Koalitionsvertrag muss es daher zu einer gesetzlichen Regelung für die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht kommen: Am 03.03.2021 wurde der Entwurf für das sogenannte Lieferkettengesetz im Bundeskabinett verabschiedet.

Welche grundlegenden Elemente beinhaltet das Lieferkettengesetz?

Das Lieferkettengesetz beinhaltet Regelungen zu Sorgfaltspflicht, Berichtspflicht und Sanktionen bei Verstößen der betroffenen Unternehmen. Konkret bedeutet dies, dass Unternehmen verpflichtet sind, ein systematisches Risikomanagement einzuführen, um Risiken (in den definierten Risikofeldern wie Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung, Umweltschutz und Weiteren) bei Zulieferern zu ermitteln und kontinuierlich zu analysieren, geeignete und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, einen Beschwerdemechanismus einzurichten und jährlich über die tatsächlichen und potentiellen Auswirkungen ihres Handelns transparent und öffentlich zu berichten. Bei Verstößen drohen Unternehmen Bußgelder sowie der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen für bis zu 3 Jahre.

Wie lange haben Unternehmen Zeit bis das neue Lieferkettengesetz ratifiziert wird?

Für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten wird das Gesetz im Januar 2023 in Kraft treten. Für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten wird es ab Januar 2024 gelten. In beiden Fällen sollte man die Zeit nutzen, sich auf die neue Gesetzeslage vorzubereiten, entsprechende Tools und Methoden einzurichten. Je eher sich Unternehmen jetzt dem Thema annehmen, umso besser – und umso weniger Druck gibt es hinten raus. Die Anforderungen schon vor Inkrafttreten des Lieferkettengesetzes zu erfüllen kann zudem einen erheblichen Wettbewerbsvorteil darstellen.

Welche Risiken kommen in diesem Kontext auf die deutsche Wirtschaft zu?

Während der Diskussionen um das Lieferkettengesetz wurden immer wieder Stimmen laut, das Gesetz bringe für die betroffenen Unternehmen einen zu hohen Aufwand, sei unzumutbar und würde einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für deutsche Firmen mit sich bringen. Dass der Wirtschaftsstandort Deutschland unter einem solchen Gesetz leidet, möchte natürlich niemand. Dennoch ist sicherlich allen bewusst, dass etwas getan werden muss – der Druck kommt auch von anderen Seiten. Daher würde ich das Lieferkettengesetz eher als Chance sehen, unsere Firmen zeitnah nachhaltig und somit zukunftssicher zu machen.

Wie können sich Unternehmen am besten auf das neue Lieferkettengesetz vorbereiten?

Unternehmen sollten sich zeitnah mit dem neuen Lieferkettengesetz auseinandersetzen und ermitteln, welche ihrer Geschäftsbereiche und internen Prozesse dies betreffen wird. Dann gilt es natürlich das oben definierte Risikomanagementsystem zu implementieren und konsequent in die eigenen Strukturen zu integrieren. Unternehmen werden Elemente sicherlich schon Stand heute abdecken – hier ist eine Bestandsaufnahme sinnvoll, die dann sukzessive ergänzt werden kann. Als wichtig erachte ich auch die frühzeitige Kommunikation mit den Lieferanten – je eher diese wissen, was zukünftig von ihnen erwartet wird und welche Informationen eingefordert werden, desto schneller schaffen Unternehmen die nötige Transparenz in ihren Lieferketten.

Welche Rolle spielt die EU bei der Gesetzgebung und inwieweit haben unsere europäischen Nachbarn eine nachhaltige Lieferkette bereits implementiert?

In einigen unserer Nachbarländer gibt es bereits seit Jahren gesetzliche Regelungen zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in der Lieferkette – das kann zur Vorbereitung und Einschätzung der Tragweite unseres Lieferkettengesetzes hilfreich sein. In Großbritannien (nun zwar nicht mehr EU) gibt es den UK Modern Slavery Act, der eine Berichtspflicht hinsichtlich Menschenhandel und Sklaverei in der gesamten Lieferkette vorsieht. In Frankreich wurde 2017 das Loi de Vigilance verabschiedet, das Unternehmen zur Erstellung, Veröffentlichung und Umsetzung eines jährlichen Sorgfaltspflichtenplans verpflichtet. Auch die Niederlande hat seit 2019 ein Gesetz zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten im Kampf gegen Kinderarbeit. Derzeit steht auch eine EU-weite Regelung zur Diskussion, die gleiche Bedingungen für alle schaffen könnte.

Plattform IntegrityNext

Welche Infrastruktur und Plattform bieten Sie Ihren Kunden an?

IntegrityNext ist eine cloud-basierte Plattform. Dies hat gleich mehrere Vorteile: Zum einen ermöglicht es die Bereitstellung einer hochperformanten und ausfallsicheren Umgebung. Dies ist bei globalen Lieferantennetzwerken eine der wichtigsten Voraussetzungen, um Daten von vielen Tausenden von Lieferanten zu sammeln und kontinuierlich zu analysieren – Stand heute wird IntegrityNext in 155 Ländern der Welt genutzt. Menschen mögen schlafen, die Welt schläft nie.

Welche Rolle spielen in Ihrer Lösung neue Technologien rund um KI?

KI ist ein wichtiges Stichwort. Wir nutzen Künstliche Intelligenz in unserer sogenannten Supplier Monitoring AI, die Milliarden von Nachrichten in Medien scannt und per Natural Language Processing negative Meldungen zu den Lieferanten herausfiltert und Risiken frühzeitig erkennt.

„Wir legen großen Wert auf eine exzellente Benutzererfahrung (user experience). Es ist uns wichtig, dass unsere Plattform sowohl vom Kunden als auch dessen Lieferanten leicht und intuitiv zu bedienen ist.“

Martin Berr-Sorokin

Und wie gehen Sie dabei vor? Welche Datenquellen nutzen Sie dabei?

Verschiedenste Datenquellen: Nachrichtenmagazine, internationale Behörden, NGOs. Die sozialen Medien eignen sich gut, um an Hintergrundinformationen zu kommen, wie etwa von Experten und Mitarbeitern.

Inwieweit ist es möglich auch Sub-Lieferanten zu analysieren und zu überwachen?

Lieferanten können bei IntegrityNext problemlos wieder ihre eigenen Lieferanten analysieren und überwachen und so weiter. So kaskadiert das Thema in die Sub-Lieferantenstrukturen hinein. Gleichzeitig kann die IntegrityNext Plattform auch konkrete Lieferketten abbilden. Dies ist in einigen Themengebieten wie Konfliktmineralien bereits gesetzlich verpflichtend, wo Analysen bis auf die Schmelzen gefordert werden. Das derzeitige Lieferkettengesetz sieht diese Form der Analysen nicht vor.

Gibt es eine Realtime-Datenauswertung?

Auf der IntegrityNext Plattform passiert alles in Echtzeit: Assessments, Statusänderungen, Negativmeldungen und Risikowarnungen. Selbst die Datenübertragung in externe Systeme geschieht in Echtzeit, sodass Einkäufer jederzeit Zugriff auf aktuelle Lieferantendaten hinsichtlich Nachhaltigkeit haben.

Wie viel Know-how muss ich als Einkäufer mitbringen, um auf Ihrer Plattform erfolgreich zu sein?

Wir legen großen Wert auf eine exzellente Benutzererfahrung (user experience). Es ist uns wichtig, dass unsere Plattform sowohl vom Kunden als auch dessen Lieferanten leicht und intuitiv zu bedienen ist. Da IntegrityNext komplett automatisiert und standardisiert ist, braucht man wenig Know-how im Bereich Nachhaltigkeit – die Plattform deckt alle wichtigen Nachhaltigkeitsthemen ab und als Kunde muss ich nur noch entscheiden welche Lieferanten zu welchen Themen analysiert werden sollen. Unsere Mitarbeiter vom Customer Success Management unterstützen dabei maßgeblich, sodass unsere Kunden in der Regel ohne viel Anlaufzeit schnelle Erfolge erzielen. 

Welche Schnittstellen (APIs) bieten Sie an, im Hinblick auf die gängingen ERP- und Risikomanagementlösungen.

IntegrityNext bietet Schnittstellen zu nahezu allen gängigen ERP- und Risikomanagementlösungen, sodass Unternehmen Nachhaltigkeitsdaten nahtlos – und zumeist in Echtzeit ­– in ihre bestehenden Prozesse integrieren können. Wir haben auch schon Integrationen in Unternehmens-eigene Tools umgesetzt.

www.integritynext.de

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Innovatives Task-Management für virtuelle Teams

Wir sprachen mit Michael Hollauf, CEO bei Meister, über Automatisierung und agile Task-Management-Tools.

Herr Hollauf, welche Voraussetzungen benötigen Unternehmen in diesen Zeiten, um ihre Projektarbeit im Team zu Meistern?

Michael Hollauf, CEO bei Meister

Die neue Arbeitsweise verlangt den Unternehmen mehr Agilität ab. Immer mehr Unternehmen entdecken Task Management-Tools wie MeisterTask. Teams können so ihre Aufgaben digital koordinieren, den neuesten Stand überblicken und vieles mehr. Eine intuitive Bedienung ist zudem entscheidend, denn solche Tools dürfen keine zusätzliche Arbeit machen. Alle Mitarbeitenden sollten zu jedem Zeitpunkt den Überblick über ihre Projekte und Aufgaben haben und sich eingebunden fühlen. So kann Unternehmenssoftware sogar zur Mitarbeiterzufriedenheit beitragen.

Was raten Sie Unternehmen, die sich gerade nach neuen Lösungen umschauen?

Suchen Sie nicht nach Überbrückungslösungen oder Quick Wins. Ziel sollte es sein, langfristige digitale Lösungen zu finden. Auch werden Mitarbeitende durch Management-Tools vermehrt Eigenverantwortung übernehmen: Jener Kulturwandel bedeutet zum einen eine Produktivitätssteigerung für das Unternehmen, sie bedeutet aber auch, dass man sich von alten Management-Prinzipien lösen muss. Daher sollten Unternehmen bei der Digitalisierung auch ihre Unternehmenskultur mitbedenke.

Welche Rolle spielen dabei die Automatisierung von Workflows und die implementierten Kanban-Boards?

Die Automatisierung von Workflows nimmt viele manuelle Zwischenschritte ab: MeisterTask hilft dabei, sich wiederholende Schritte ganz individuell zu automatisieren. Ob Zeiterfassung bei Zuweisung einer Aufgabe oder Benachrichtigungen in Slack an Team-Kolleg*innen für neue Aufgaben, die Automatisierung ist leicht eingestellt und passiert im Hintergrund während Kanban-Boards bearbeitet werden. Kanban-Boards sind die intuitivste Art, aktuelle Projektstände zu visualisieren sowie eventuelle Störfaktoren zu identifizieren.

Mobile first, Mobile only oder Cross Device?

Eine Kombination ist hilfreich, um standortunabhängig von überall Zugriff auf Projektstände zu haben. Erfahrungsgemäß wollen Teams aber, vor allem im europäischen und nordamerikanischen Raum, nicht nur ausschließlich auf ihren Smartphones arbeiten. In Asien ist das teilweise sehr anders, da gilt für viele auch am Arbeitsplatz “Mobile only”. Gerade in Deutschland aber begeistert die bedienerfreundliche Web-Version unsere Nutzer*innen, da sie keine Vorinstallation benötigt und in jedem Standard-Browser verfügbar ist.

Integration: Welche APIs bringen Sie mit?

MeisterTask soll die Arbeit erleichtern und sie nicht komplizierter machen. Daher sind Integrationen für flüssiges Arbeiten und ohne lästige Tool-Wechsel ein Muss. Ob mit Google Workspace, Microsoft Teams, Slack oder zahlreichen anderen Apps und Web-Apps, MeisterTask bietet zahlreiche Integrationsmöglichkeiten mit anderen gängigen Anwendungen. Aber auch für unternehmensinterne Programme ist eine Integration via REST API möglich.

Welches Handwerkszeug und welche Skills benötigt das Management, um digital zu Führen?

Für das Management ist es wichtig, den Überblick über aktuelle Projekte zu behalten und vor allem als Führungskraft in die eigenen Mitarbeitenden zu vertrauen. Abhilfe schaffen Task Management-Tools, da sie dabei helfen, die Arbeit zu strukturieren, das heißt, die Übersicht über Projektstand und -dauer, die Zuständigkeiten oder sogar Engpässe abzubilden. Unser neues Feature “Berichte” ist genau darauf ausgerichtet. Überflüssiges Micro-Management ist somit für jeden dankenswerterweise passé.

„Wir helfen dabei, jeden im Team einzubinden und das digitale Arbeiten zu erleichtern.“

Michael Hollauf

Was verstehen Sie unter „intuitives und agiles Task-Management“?

Wenn Anwenderinnen und Anwender keine zusätzliche Schulung brauchen, dann ist ein Tool intuitiv. MeisterTask legt viel Wert auf die intuitive Benutzeroberfläche, weil es Spaß machen soll, damit zu arbeiten. Benutzerfreundlichkeit ist hier der Schlüssel, denn so steht einem größeren Rollout in Organisationen und über Abteilungen hinweg nichts mehr im Wege. Das Thema agiles Task Management liegt mir besonders am Herzen. Viele Projekte werden weiterhin mit starren Tabellen oder physischen To-do-Listen gesteuert. Aber die Art und Weise, wie wir arbeiten, hat sich weiterentwickelt. Viele Aufgaben laufen parallel, bedürfen Abstimmung, verschieben sich oder ändern sich tagesaktuell. Nicht umsonst wird heutzutage Projektmanagement hoch aufgehängt – und das schon lange nicht mehr nur in der IT. Die Management-Tools, die wir nutzen, müssen mit unserer heutigen agilen Arbeitsweise kompatibel sein und unsere Produktivität fördern und uns nicht von der eigentlichen Arbeit abhalten.

www.meistertask.com

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New Work & Smart Services

Das Wich­tigste ist jedoch, die Digitalisierung als „Cultural Change“ zu verstehen und die digitale Unternehmenskultur ständig voranzutreiben. Denn durch die neuen Technologien und die digitale Vernetzung verändern sich unser Alltag, unsere Gesellschaft und unsere Arbeitswelt grundlegend.

Die Digital Circular Economy

iPoint-systems-CEO Jörg Walden berichtet, wie Technologien wie die Blockchain Produkte, Prozesse und Dienstleistungen transparenter machen.

Herr Walden, welches wirtschaftliche Potenzial steckt in der Circular Economy?

Insgesamt wird geschätzt, dass der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft für die Weltwirtschaft eine Chance von einer Billion US-Dollar darstellt. Dabei kann die Circular Economy in der EU bis 2030 zu einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um fast 0,5 Prozent beitragen. Die Circular Economy bietet allerdings nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische und soziale Vorteile und damit für alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit: Durch den Übergang zu einer stärker kreislauf­orientierten Wirtschaft können globale Treibhausgasemissionen um 39 Prozent reduziert werden. Und die Beschäf­ti­gung wird bis 2030 um fast 0,3 Pro­zent (700 000 Arbeitsplätze) zunehmen durch den zusätzlichen Bedarf an Arbeitskräf­ten in Recyclinganlagen, Reparaturdiensten und durch den Wiederanstieg der Verbrauchernachfrage aufgrund von Einsparungen, die durch kollaborative Maßnahmen erzielt werden. . (Cambridge Econometrics 2019; Ellen MacArthur Foundation 2015v; The Circularity Gap Report 2021).

Jörg Walden bietet Software für jede Phase im Lebenszyklus eines Produkts – vom Design über die Pro­duktion und Nutzung
bis hin zu Recyc­ling und Wiederverwendung.

Welche Voraussetzungen müssen für ein geschlossenes Kreislaufwirtschaftssystem erfüllt werden und wie helfen Sie dabei?

Um von einem linearen zu einem zirkulären Wirtschaftssystem zu gelangen, müssen alle Beteiligten vor allem eines haben: Informationen über die Zusammensetzung der Produkte sowie den Ressourcenverbrauch entlang des gesamten Produktlebenszyklus und der Wertschöpfungskette – in Form von digitalen Daten. Wir sprechen hier auch von der „Digital Circular Economy“. iPoint bietet Software für jede Phase im Lebenszyklus eines Produkts – vom Design über die Produktion und Nutzung bis hin zu Recycling und Wiederverwendung. Nutzer unserer Software können zum Beispiel die Herkunft und Geschichte von Produkten, Komponenten und Materialien verfolgen, den CO2-Fußabdruck ihrer Lieferkette mes­sen, Arbeitsbedingungen ihrer Lieferanten und Auslandsstandorte erfassen oder Recycling-Prozesse simulieren. Produkt- oder Materialpässe, aber auch sogenannte „Digitale Zwillinge“ spielen hier eine immer wichtigere Rolle.

Wie können wir uns Ihre Unterstützung vorstellen? Können Sie uns ein konkretes Beispiel geben?

Wir stellen hinsichtlich der Produkte und Lieferketten unserer Kunden Trans­parenz her, um ihr Management von Compliance-, Nachhaltigkeits- und Risikoinformationen von Produkten zu vereinfachen. So unterstützen wir etwa den Schweizer Computerhersteller Logi­tech dabei, die CO2-Bilanz seiner Produkte offenzulegen. Als erstes Unternehmen der Unterhaltungselektronik hat Logitech sich dazu verpflichtet, bis 2025 sämtliche Produkte mit einem Kohlenstoff-Fußabdruck zu kenn­zeich­nen und die Auswirkungen auf den Kohlenstoff-Ausstoß transparent zu ma­chen, um Verbraucher in die Lage zu versetzen, informierte Entscheidungen zu treffen. iPoint unterstützt Logitech bei der Erarbeitung eines gültigen ISO-konformen Messprotokolls für die Lebenszyklusanalyse, die es ermöglicht, die CO2-Auswirkungen eines Produkts über den gesamten Lebenszyklus zu beziffern – von der Rohstoffbeschaffung über die Produktion, Distribution und Nutzung bis hin zum Ende des primären Lebenszyklus. Wir sind stolz da­rauf, als einer der Partner von Logi­tech diese Vision der vollständigen CO2-Transparenz zu unterstützen.

Wie helfen Ihre Softwarelösungen bei der Compliance und an welche Unternehmen richten sie sich?

Unsere Software unterstützt produzierende Unternehmen dabei, Daten entlang ihrer Lieferkette hochgradig automatisiert zu sammeln, zu analysieren und offenzulegen, die sie bei der Produkt-Compliance, also der Einhaltung von produktbezogenen Gesetzen, benötigen. Diese Gesetze regulieren z. B. die Erfüllung abfall- und recycling­bezogener Quoten oder die Ver­wen­dung gefährlicher Chemikalien, widmen sich der Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- und Zwangsarbeit oder fördern – wie bspw. das deutsche Sorgfaltspflich­tengesetz (aka Lieferkettengesetz) – die ökologische und soziale Ver­ant­wortung von Unternehmen. Unsere Software richtet sich insbesondere an Unternehmen mit komplexen Produkten und globalen, weitverzweigten Lieferketten – z. B. Automobil-, Elektronik- und Medizintechnikhersteller.

Produkte dieser Unternehmen bestehen häufig aus Tausenden von Einzelteilen, die sie von Tausenden von Lieferanten beziehen. Es ist für diese Unternehmen in der heutigen digitalen Welt nicht leicht, mit der Geschwindigkeit der Veränderungen und Innovationen mitzuhalten. Sie haben immer weniger Zeit, um komplexe, meist hochvernetzte Produkte mit vielen Geschäftspartnern zu entwickeln. iPoint unterstützt diese Unternehmen dabei, das Produkt mög­lichst früh – also schon in der Designphase – mit allen Partnern in allen Dimensionen zu optimieren. Dazu müssen die digitalen Prozesse gut vernetzt sein, auch über sogenannte digitale Zwillinge der Produkte. Diese können die spezifische Zusammensetzung, Herkunft aller Materialien, Rohstoffe und Komponenten sowie den Energieverbrauch und CO2-Ausstoß eindeutig identifizierbar integrieren.

Weitere Informationen unter:
www.ipoint-systems.com

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Einfluss der EU-Taxonomie im Kontext nachhaltiger Investments

Frau Prof. Dr. Anja Kern, Stiftungsprofessorin für Handel und Führung an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach, erklärt im Interview mit der Redaktion, was geschehen müsste, damit die Regeln der EU-Taxonomie eine Aussicht auf globale Anwendung hätten.

Frau Prof. Dr. Kern, wozu dient die EU-Taxonomie-Verordnung und welche Bedeutung hat sie für welche Unternehmen?

Prof. Dr. Anja Kern, Stiftungsprofessorin für Handel und Führung, ist für globale Standards bei Kapitalanlagen.

Die EU-Taxonomie Verordnung ist ein Klassifikationssystem, das sämtliche Aktivitäten in nachhaltig, i.e. „grün“ bzw. nicht-nachhaltig, i.e. „braun“ einstuft. Auf ihrer Basis soll es möglich sein den grünen Anteil an Umsätzen, Aufwänden und Investitionen anzuzeigen. Finanzmarktakteure wie Asset Manager und Versicherer, aber auch große Unternehmen, die unter die bisherige Direktive zur Nachhaltigkeitsberichterstattung fallen, müssen diese Informationen ab nächsten Jahr offenlegen.

Die Taxonomie macht so Nachhaltigkeit messbar. Unternehmen werden nicht per se in grün oder braun eingeteilt, sondern es wird der Anteil grüner Aktivitäten gemessen. Diese Transparenz soll dazu führen, dass Investitionen verstärkt in nachhaltige Aktivitäten fließen. Anreize durch den Kapitalmarkt führen dazu, dass sich der Anteil nachhaltiger Aktivitäten erhöht.

Investoren können mit einem Blick auf Umsatz, Aufwände und Investitionen wissen, wie groß der Anteil der Nachhaltigkeit ist. Dies soll dem Green-Washing vorbeugen.

Wie können sich Unternehmen und Finanzberater diesen Herausforderungen stellen?

Unternehmen müssen sämtliche Produkte und Dienstleistungen auf Basis der Taxonomie in grün bzw. braun klassifizieren. Darüber hinaus müssen sie die im Leistungserstellungsprozess anfallenden Aufwände und die Investitionen klassifizieren. Das Klassifizierungssystem ist komplex und bisher wurde erst ein Teil der technischen Bewertungskriterien veröffentlicht. Das bedeutet, dass zur Erstellung einer Klassifizierung ein hohes Maß an Expertenwissen notwendig ist. Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter schulen und/oder auf externe Beratung zurückgreifen. Wenn die Klassifizierung geprüft werden soll, brauchen auch die Prüfer entsprechendes Wissen.

Finanzmarktakteure müssen ihre Portfolios dementsprechend klassifizieren. Finanzberater können durch die Taxonomie die Nachhaltigkeit der Unternehmen messen und damit für Kunden geeignete Investitionen identifizieren.

Wie wird die Klassifizierung konkret durchgeführt?

Die Klassifizierung erfolgt durch vier Kriterien:

Das erste Kriterium überprüft, ob die wirtschaftliche Aktivität einen positiven Beitrag zu einem der folgenden sechs EU-Umweltziele leistet:

1Klimaschutz, z.B. durch CO2-Emissionsreduktion
2Anpassung an den Klimawandel, z.B. durch Verlegen einer küstennahen Produktionsstätte ins Landesinnere
3Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasserressourcen, z.B. durch Bau einer Kläranlage
4Wandel zur Kreislaufwirtschaft, z.B. Verwendungsdauer der Produkte erhöhen
5Vermeidung und Verminderung der Verschmutzung, z.B. Vermeidung von Schadstoffemissionen (bei denen es sich nicht um Treibhausgase handelt) in Luft, Wasser und Boden
6Schutz von Biodiversität und Ökosystemen, z.B. durch Einsatz nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken

Das zweite Kriterium stellt sicher, dass die Aktivitäten keines der oben genannten Umweltziele negativ beeinträchtigt.

Das dritte Kriterium untersucht, ob Mindeststandards in Bezug auf soziale und Governance-Aspekte eingehalten werden.

Das vierte Kriterium enthält quantitative Kriterien und Schwellenwerte, die festlegen, ab wann eine Aktivität „wesentlich“ zu einem Umweltziel beiträgt oder schädlich ist

..

Welche Kritikpunkte machen Sie an der Verordnung aus?

Mit meinem Co-Autor Peter Jung haben wir fünf Prinzipien formuliert, die ein Nachhaltigkeitsstandard erfüllen soll,
um verhaltenswirksam und global durchsetzbar zu sein:

  • Darstellung der externen Effekte als monetäre Größen
  • Transformation der Geschäftsmodelle durch Nachfrage der Endkunden
  • Fokus auf Klima
  • Globaler Standard
  • Pragmatische und unternehmensgetriebene Lösung

Diese Prinzipien erfüllt die Taxonomie nicht. Externe Effekte werden nicht monetarisiert und damit gibt es keine direkte Wirkung auf den Endpreis. Die Transformation der Geschäftsmodelle wird vom Kapitalmarkt getrieben und nicht vom Konsum der Endkunden. Die Taxonomie vermischt das Klimaproblem mit anderen Umweltzielen und sozialen Standards.

Wir schlagen einen Klimafokus vor, weil so die höchsten Chancen bestehen für das dringlichste Problem eine globale Lösung zu finden. Nur eine globale Lösung kann die Erde retten. Verordnungen, die nur in der EU gelten, können zu einer Verlagerung der braunen Aktivitäten außerhalb der EU führen. Schließlich plädieren wir dafür, dass ein solcher Standard unter Beteiligung von Unternehmen entwickelt und getestet wird und nicht wie die Taxonomie von Regierungen beschlossen wird ohne praktische Erfahrungen von Unternehmen zu berücksichtigen. Es ist zu befürchten, dass die Taxonomie zu einem bürokratischen Monster wird, das global wenig zum Stoppen des Klimawandels beiträgt.

Was wäre Ihrer Meinung nach besser geeignet, um eine direkte Verhaltenswirksamkeit beim Endkunden zu erzielen?

In einem im April erscheinenden Artikel in der Controlling & Management Review skizziere ich mit Peter und Philipp Jung eine Lösung, die die oben genannten Prinzipien erfüllt.

Waren sollen beim Endkunden einen Preisaufschlag erhalten, eine Art CO2-Gebühr. Die Gebühr wird vom Händler eingesammelt und an den Staat abgeführt. Der kann diese dann zweckgebunden in nachhaltige Projekte investieren.

Zunächst müssen dazu Preisaufschläge pro Warengruppe definiert werden. Die Datenbank ProBas des Umweltbundesamt oder GEMIS des Internationalen Institut für Nachhaltigkeitsanalysen und -strategien enthalten Durchschnittwerte der CO2-Emissionen für Materialien und Warengruppen. So könnte eine Gebühr für jede Warengruppe bestimmt werden.

Wenn Unternehmen nachweisen können, dass Emissionen ihrer Waren über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg unter dem Durchschnittswert liegen, dann erhalten sie einen geringen Aufschlag und haben so einen Wettbewerbsvorteil. In einer Übergangsphase hätten Unternehmen Zeit, sich auf die Gebühr einzustellen.

Die EU will eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einnehmen: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass andere ihrem Vorbild folgen und was müsste geschehen, um diese zu verbessern?

Die EU könnte Vorreiter sein, wenn die Regeln pragmatischer wären, sie sich besser mit den einzelnen EU-Ländern und Unternehmen abstimmen würde und vor allem, wenn die Regeln eine Aussicht auf globale Anwendung hätten.

Auch andere Länder sind dabei über Lösungen für den Klimaschutz nachzudenken. Die G20 hat eine Experten-Gruppe ins Leben gerufen, die einen ausschließlich klimafokussierten Reporting Standard, die „Task Force on Climate-related Financial Disclosures“ (TCFD) entwickelt hat.

Großbritannien hat angekündigt, dass dieser Standard ab 2025 zur Pflicht wird. Biden hat die USA innerhalb von Stunden nach seiner Wahl wieder an das Klima-Abkommen von Paris gebunden. Es wird erwartet, dass auch die USA Unternehmen verpflichtet Nachhaltigkeitsinformationen offen zu legen.  Der TCFD-Standard und die vom Sustainability Accounting Standards Board entwickelten Standards könnten hier eine wichtige Rolle spielen.

Prof. Dr. Anja Kern

Sie ist die Inhaberin der von der Dieter Schwarz Stiftung gGmbH und dem Stifterverband geförderten Stiftungsprofessur für Handel und Führung an der
Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach

https://www.dhbw.de/dhbw-stiftung

https://www.mosbach.dhbw.de

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KI für Werbung

Wir sprachen mit Jan-Philipp Kröll, Geschäftsführer von seedtag Deutschland, über eine neue Marketing-Lösung für Werbung auf Websites, die ohne Cookies auskommt. Gerade darin liegt auf Sicht ein Vorteil zu gängigen Lösungen, da Google als auch Browser-Hersteller aktuell an Lösungen arbeiten, die Nutzung von Cookies zu vermeiden. Mit der Technologie werden ebenso keine Daten zwischen Werbetreibenden und Verbraucher ausgetauscht, was auch im Kontext der DSGVO positiv zu bewerten ist.

Marketing-Lösungen gibt es schon seit etlichen Jahren und auch Ad-Systeme werden immer ausgefeilter. Erklären Sie bitte, wo genau der USP von recognified, jetzt seedtag, liegt.
Kontextuelle Werbung funktioniert durch das Erkennen redaktioneller Inhalte und lässt in diese Werbung einfließen. So müssen keine Nutzerdaten abgefangen werden, sondern Werbung wird per KI dort platziert, wo Nutzer am empfänglichsten dafür sind.
Unsere Technologie nutzt kontextuelle KI und erkennt so automatisch Inhalte (Bilder, Videos und Texte) und den Kontext zu dem sie stehen. Zum Beispiel, ob es sich bei einem Artikelbild um ein Auto, Nahrungsmittel, Freizeitgestaltung, eine Reisesituation oder den Klimawandel handelt. Hier werden pro Bild, Text oder Video mehrere Merkmale automatisiert klassifiziert, einem Schwerpunkt-Thema und bestimmten Werbe-Umfeldern zugeordnet. Bucht ein Kunde Werbeplatzierungen zum Thema „grüne Energie“, wird sein Produkt automatisiert im redaktionellen Umfeld zu diesem Themengebiet platziert- beispielsweise in einem Artikel, Bild oder Video zum Klimawandel. Dies geschieht ohne Hilfe von Cookies und völlig DSGVO-konform, da keine Daten des Nutzers analysiert werden, sondern nur die Inhalte der kooperierenden Publisher-Seiten. Durch die Kombination von Computer Vision und Natural Language Processing Algorithmen ist unsere Technologie in der Lage, Online-Inhalte äußerst präzise zu kategorisieren, was für unsere Kunden absolut entscheidend ist.
Seedtag bietet kreative und maßgeschneiderte Formate an, um Marken in redaktionelle Bilder, Videos und andere Inhalte zu integrieren. Um diese kontextuelle Werbung anzubieten, verwendet seedtag seine urheberrechtlich geschütztes KI-Technologie, die redaktionelle Inhalte auf nahezu menschlichem Niveau analysiert und kategorisiert, um Anzeigen optimal zu positionieren. Heute lernt unser Algorithmus seit mehr als sieben Jahren und ermöglicht es uns, die leistungsfähigste kontextbezogene KI auf dem Markt anzubieten.



An wen wendet sich Ihre Plattform?
Unsere Zielgruppen sind Werbetreibende, Werbe- und Marketingagenturen sowie Publisher.
Ab 2022 blockiert Google Third Party Cookies, auch andere Cookies sind umstritten, weil sich immer mehr Nutzer um ihre Privatsphäre sorgen machen. Der Wegfall der Cookies von Drittanbietern ist jedoch eine positive Veränderung für seedtag, da die Investitionen in kontextbezogene Werbung erheblich steigen werden. Es ist die Gelegenheit, über ein neues und nachhaltiges, aber auch effizienteres Werbesystem nachzudenken. Das ist gut für unser Unternehmen, weil wir eine Alternative zum persönlichen Daten-Targeting entwickelt haben. Auch allgemein ist es gut für die digitale Werbung, die in eine neue Ära eintritt, für die Internetnutzer und generell für alle Beteiligten.
Unser kontextuelles Targeting basiert auf den Echtzeitinteressen der Nutzer ohne der Nutzung von Cookies. Das bedeutet, dass unsere Anzeigen nicht darauf basierend erstellt werden, wer der User ist, sondern wofür er sich interessiert. Kontextuelles Targeting ist bewiesenermaßen genauer als Cookies basierendes Targeting.

Welche Skaleneffekte erhoffen Sie sich mit dem Engagement von seedtag? Wie ist die Integration geplant?
Der Integrationsprozess der beiden Unternehmen wird schrittweise im Laufe des Jahres 2021 stattfinden. Dabei wird seedtag die bestehende Infrastruktur von recognified nutzen, um seinen Kunden relevante Werbelösungen anzubieten und internationalen Publishern und Werbekunden den Zugang zum deutschen Netzwerk zu ermöglichen. Auf diese Weise kann seedtag sein Angebot vergrößern und in Zukunft hocheffektive internationale Kampagnen anbieten.
Seedtag hat viele Wachstumschancen. Heute sind wir führend in Europa und Lateinamerika, aber unser Ziel ist es, global zu sein. Wir werden auf jeden Fall weiterhin sowohl organische als auch anorganische Möglichkeiten analysieren, um unsere internationale Expansion fortzusetzen, vor allem in den Vereinigten Staaten.

Weitere Informationen unter:
https://www.seedtag.com/en/
http://www.recognified.com

Wachstum durch KI

Die TREND-REPORT-Redaktion sensibilisiert für das Potential von Quantencomputern und künstlicher Intelligenz und präsentiert deren Anwendungsmöglichkeiten. Wir beschreiben, wie die Grenzen der heutigen Technik durchstoßen werden und welche Veränderungen im Quantenzeitalter auf uns zukommen.

Scheinlösung Digitalministerium

Impulse: Stefan Heumann erläutert in seinem Policy Brief, welche tiefgreifende Reformen von Regierung und Verwaltung für eine erfolgreiche Digitalpolitik nötig sind.

Ob digitaler Unterricht, die Möglichkeit Behördengänge online abzuwickeln oder die Verfügbarkeit leistungsstarker Breitbandanschlüsse, die COVID-19 Pandemie hat Deutschlands Versäumnisse bei der Digitalisierung gnadenlos offengelegt. Wirtschaft und Gesellschaft erwarten mehr digitalpolitische Gestaltung, aber die digitalpolitische Bilanz ist wenige Monate vor der Bundestagswahl miserabel. Diese Kluft zwischen digitalpolitischen Versprechen und tatsächlich Erreichten ist nicht neu, schon 2014 wollte die Bundesregierung Deutschland mithilfe der “Digitalen Agenda” zu einem digitalen Vorreiter in Europa machen.  Tatsächlich sammeln sich seither nicht eingelöste Versprechen, während das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit unserer politischen Institutionen sinkt. 

Die Gründe für die schlechte digitalpolitische Bilanz sind vielfältig. Es liegt nicht an einzelnen Personen und Programmen, sondern es gibt schwerwiegende strukturelle Probleme. Um Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen sind deshalb tiefgreifende und damit auch schmerzhafte Reformen notwendig. Die Forderung nach einem Digitalministerium eignet sich zwar gut für den Wahlkampf, denn sie bietet eine einfache Lösung für ein schwieriges Problem. Wenn sich die politische Debatte aber auf den Zuschnitt und Kompetenzen des neuen Ministeriums beschränkt, wird das Digitalministerium nur eine Scheinlösung sein, die uns nicht nur nicht weiterbringt, sondern von den wirklich wichtigen Fragen ablenkt. 

Der Wandel zu einer Informationsgesellschaft hat in Wirtschaft und Gesellschaft zu grundlegenden Veränderungen geführt. Dort wird auf Wissensaustausch, Netzwerke und auf Lernen und Kollaboration ausgerichtete Organisationskulturen gesetzt, um besser mit der Dynamik und Komplexität technologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen umgehen zu können. Die Arbeitsweise und -abläufe in Regierung und Verwaltung hat sich indes kaum verändert. Darin liegt der Kern des Problems, warum es in der Digitalpolitik hierzulande kaum Fortschritte gibt.

Politische Entscheidungsträger:innen müssen Regierung und Verwaltung als lernende Organisationen begreifen und diese entsprechend weiterentwickeln. Nur so werden sie mit der durch digitale Technologien ausgelösten Veränderungsdynamik produktiv umgehen können. Lernfähigkeit ist die Grundlage, um die Handlungsfähigkeit in der Digitalpolitik zurückzugewinnen. Der lernende Staat beruht auf drei Säulen: Expertise zum digitalen Wandel, Öffnung für Austausch und Kollaboration und stringente Governance-Strukturen. Diese drei Bereiche müssen im Mittelpunkt einer umfangreichen Reformagenda stehen, um Regierung und Verwaltung fit für den digitalen Wandel zu machen. 

Aufbau und Entwicklung von Expertise 

Regierung und Verwaltung sind bei Digitalisierungsvorhaben von externen Beratern abhängig geworden. Es muss dringend eigene Expertise auf- und ausgebaut werden, um Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. Der öffentliche Dienst muss den Wettbewerb um die Innovatoren der digitalen Transformation aufnehmen. Hierfür braucht es grundlegende Reformen im Staatsdienst. Die Leitungsebenen müssen viel offener für externe Expert:innen werden. Eigene Innovator:innen müssen gestärkt und bestehende Expertise mit einer Weiterbildungsoffensive ausgebaut werden. 

Öffnung für Austausch und Kollaboration 

Die Öffnung nach außen beruht auf der Einsicht, dass keine Organisation, so groß und ressourcenreich sie auch sein mag, die Herausforderungen des digitalen Wandels alleine meistern kann. Während gesellschaftliche und wirtschaftliche Akteure Wissenssilos aufbrechen und sich für Kollaboration öffnen, wirken Ministerien und Regierungsapparate oft wie Trutzburgen, die sich von der Außenwelt einigeln. Abschottung und Informationskontrolle verhindern, dass staatliche Institutionen wichtige Impulse von außen aufnehmen und produktiv mit ihnen umgehen können. Offenheit muss endlich als strategischer Ansatz für gutes Regierungshandeln erkannt und gelebt werden. Hierzu braucht es Unterstützung auf der politischen Leitungsebene und den Aufbau entsprechender Kompetenzen für organisationsübergreifende Vernetzung, Austausch und Kollaboration.

Vereinfachung der Governance 

Deutsche Digitalpolitik muss der Komplexitätsfalle entkommen. Die Bundesländer haben wichtige Zuständigkeiten bei zentralen Themen wie Datenschutz oder Medienregulierung. Hinzu kommt die gestiegene Bedeutung der EU als Regulator der Digitalwirtschaft. Deutscher Föderalismus in Kombination mit dem wachsenden Einfluss von Brüssel sorgen für enormen Koordinierungs- und Abstimmungsaufwand. Dieser Aufwand bindet wichtige Ressourcen und kostet viel Zeit. Es macht wenig Sinn, sechzehn Bundesländer bei digitalpolitischer Regulierung mitreden zu lassen. Denn das Internet sieht in Deutschland überall gleich aus.

Nur mit einer Vereinfachung der Zuständigkeiten und einer Bündelung von Ressourcen gewinnt die Politik die Fokussierung auf die Bearbeitung der eigentlichen Probleme zurück. Und nur so werden die Voraussetzungen für effiziente Entscheidungsprozesse geschaffen. Das wird nur gelingen, wenn wir uns an zentrale Strukturfragen wagen. Statt immer wieder die Bedeutung der EU als Regulator der Digitalwirtschaft zu betonen, sollten wir auch endlich so handeln. Zusätzlich brauchen wir eine Weiterentwicklung des Föderalismus als zentralen Baustein einer übergreifenden Reform digitalpolitische Zuständigkeiten in Deutschland zu vereinfachen und in effektiven Institutionen zu bündeln. 

Es muss höchste Priorität der nächsten Bundesregierung sein, die hier skizzierte Reformagenda anzustoßen. Nur so kann der lang ersehnte digitalpolitische Aufbruch gelingen. 

Autor Stefan Heumann

Policy Brief März 2021
Stiftung Neue Verantwortung e. V
Das ausführliche Papíer erhalten Sie unter:
Scheinlösung Digitalministerium (PDF)

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Ab in die Cloud: Digitalisierung mit Software-as-a-Service

Dies ist ein Gastbeitrag von Chris Greis, EuroCentral Cloud Advocacy Director bei Dassault Systèmes

Chris Greis stellt die Cloud in den Mittelpunkt (Quelle: Dassault Systèmes)

Das vergangene Jahr stellte die Art und Weise des Arbeitens auf den Kopf: Die Möglichkeit, dass Mitarbeiter ortsunabhängig arbeiten und Prozesse dabei genauso effizient und produktiv bleiben, wurde für viele Unternehmen zur zentralen Herausforderung. Mehr als je zuvor wurde deutlich, wie wichtig Flexibilität von Prozessen ist, um auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten die Geschäftskontinuität aufrechtzuerhalten. Vor diesem Hintergrund rückte das Thema Digitalisierung in vielen Unternehmen in den Fokus. Doch eine digitale Ablage, E-Mail-Kommunikation und Chat-Programme allein reichen nicht aus, um die digitale Transformation durchzuführen und tatsächlich vernetzt zusammenzuarbeiten. Wichtig sind Tools die eine echte Kollaboration fördern – von der Produktentwicklung, über die Herstellung bis hin zum Vertrieb und Marketing. Die Lösung: Virtuelle Zusammenarbeit durch Software-as-a-Service aus der Cloud.

Freiraum für Innovationen

Viele Start-ups zeichnen sich vor allem durch ihre hohe Innovationskraft aus. Doch auch im Hinblick auf die Geschäftskultur lässt sich einiges von den jungen Unternehmen lernen. Statt etablierter, teils starrer Unternehmensprozesse punkten sie durch Flexibilität und Agilität und schaffen Platz für Kreativität und Kollaboration. Das Digitale ist Teil ihrer DNA. Doch heute müssen auch etablierte Unternehmen verstärkt auf digitale Lösungen setzen, um innovative Produkte zu entwickeln und ihr Geschäft fit für die Zukunft zu machen. Ein von Dassault Systèmes in Auftrag gegebenes Executive Summary von IDC* zeigt, dass bereits 73 Prozent der befragten Unternehmen Software-as-a-Service für die Umsetzung der eigenen Digitalisierungsvorhaben nutzen. 46 Prozent befinden sich sogar bereits in einer fortgeschrittenen Phase und setzen Cloud für mehrere Workloads ein. Als Gründe werden vor allem eine schnellere Bereitstellung neuer Lösungen und Funktionalitäten (33 Prozent), eine Steigerung der Business-Agilität (29 Prozent) sowie ein direkter Zugriff auf IT-Ressourcen für Fachbereiche (26 Prozent) genannt.

Flexibilität mit Software-as-a-Service

Digitalisierung lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen, sondern ist ein langfristiges Projekt. Neben einer durchdachten Digitalisierungsstrategie kommt es im ersten Schritt vor allem auf die richtige IT-Infrastruktur an. Bereits bei der Auswahl lassen sich wichtige Weichen für die spätere Nutzbarkeit stellen. Schrittweise umsetzen lässt sich die digitale Transformation mit Software-as-a-Service. Unternehmen nutzen hierbei einzelne Softwarelösungen oder ganze Applikationslandschaften, welche ihnen als Dienstleistung von einem Dienstleister angeboten werden. Diese sind auf ihre individuellen Ressourcen zugeschnitten, sodass die Transformation mit einzelnen Teilbereichen begonnen werden kann. Anschließend lassen sich die gesammelten Erfahrungen je nach Bedarf sukzessive auf weitere Bereiche ausweiten. Statt Softwarelösungen im Komplettpaket mit fixen Lizenzen zu erwerben, bieten maßgeschneiderte Pakete via Cloud vielfache Vorteile: flexibel, skalierbar und mit jederzeit verfügbaren externen IT-Spezialisten im Hintergrund.

Kollaboration in der Cloud

Wie wichtig anpassungsfähige Arbeitsmodelle sind, zeigte sich zuletzt in der weltweiten Covid-19 Pandemie: Viele Unternehmen waren von heute auf morgen dazu gezwungen, Remote-Arbeit für ihre Mitarbeiter zu ermöglichen. Mit Cloud-Lösungen können laufende Projekte nahtlos weitergeführt werden, da alle benötigten Informationen zentral verwaltet werden und für alle Beteiligten verfügbar sind. Ein Beispiel für solche Cloud-Lösungen sind Business-Plattformen wie die 3DEXPERIENCE Plattform von Dassault Systèmes: Von der Entwicklung einer Idee, über die Fertigung des Produkts bis hin zu seinem Vertrieb lassen sich ganze Wertschöpfungsprozesse virtuell abbilden. Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen, sei es das Konstruktions- oder das Marketingteam, und an verschieden Orten können parallel an der Entwicklung eines Produkts arbeiten und jederzeit Anpassungen vornehmen, sollten sich Kundenwünsche oder Marktanforderungen abrupt ändern.

SaaS in der Praxis: Optimierte Produktentwicklung

Durch die teamübergreifende Zusammenarbeit können sich kreative Potenziale entfalten, wie das kalifornische Start-up Canoo zeigt. Ziel des Unternehmens ist es, mit innovativen Ansätzen die urbane Mobilität zu verbessern. Dazu entwickelt das Unternehmen neue Elektrofahrzeuge und bietet sie im flexiblen Abo-Modell an. Das Designkonzept basiert auf einem einheitlichen Unterboden für unterschiedlichste Fahrzeugkonfigurationen, die völlig individuell aufgebaut werden können – vom Pkw bis zum Transporter. Um neue Ideen auf den Markt bringen zu können und dabei mit Design- und Engineering-Experten auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten, nutzt Canoo die 3DEXPERIENCE Plattform. Das Unternehmen begann mit fünf Nutzern und ging davon aus, ab 30 Nutzern wohl auf eine lokale Lösung wechseln zu müssen – doch diese erste Einschätzung bestätigte sich nicht. Heute unterstützt Canoo mühelos mehr als 150 Nutzer weltweit über die Cloud. Die Tatsache, dass sich die Engineering-Pioniere nicht um Server, eine IT-Infrastruktur oder Technologie-Upgrades kümmern müssen, ist eine enorme Erleichterung und schafft Freiräume für die Produktentwicklung und Interaktion zwischen den Ingenieuren.

Die Digitalisierung anpacken

Unternehmen, die sich der Digitalisierung ihres Business annehmen möchten, ist nun mit SaaS in der Cloud ein weiteres starkes Tool geschaffen worden. Der flexible Aufbau von SaaS ermöglicht es von Start-ups, über den Mittelstand bis hin zu Konzernen die Vorteile zu nutzen und so nachhaltig die Innovationskraft zu steigern. Ressourcen können somit besser verwaltet werden und es wird Raum für Kreativität und Agilität in allen Unternehmensbereichen geschaffen – und das schon heute.

*Quelle: IDC Executive Summary „IDC Empfehlungen für die agile Nutzung skalierbarer Softwarelösungen mit SaaS“, 2020.

Dieser Beitrag stammt von Chris Greis, EuroCentral Cloud Advocacy Director bei Dassault Systèmes

KI testet Software autonom auf Fehler

Software steuert immer mehr Prozesse in Unternehmen, aber auch im privaten Umfeld. Softwareentwickler sind gefragter denn je, allerdings herrscht ein andauernder Fachkräftemangel. Um die Qualität in der Softwareentwicklung trotzdem sicherzustellen, setzt das Hightech-Start-up Symflower auf automatisiertes Testen mit Künstlicher Intelligenz. Das innovative Test-Tool richtet sich an Entwickler und alle, die Software kontrolliert abnehmen wollen. Bis Ende April gibt es ein kostenloses Testangebot.

Evelyn Haslinger, Symflower-Gründerin und COO (Quelle: Symflower)

Fehler in Softwareprogrammen sind eine der größten Herausforderungen der Softwareindustrie. Das wird immer kritischer, weil Software im Alltag zur steuernden Funktion wird: von smarten Heizungen, Türschlössern oder Kühlschränken über vernetzte Autos bis zur Unternehmenssoftware. Ob Buchhaltung, Maschinensteuerung oder Krankenhaussysteme – wenn Programme abstürzen oder Hacker diese lahmlegen, steht das Unternehmen still und das kostet viel Geld, im schlimmsten Fall sind Menschenleben in Gefahr. Der langjährige Mangel an Fachkräften in der IT und speziell in der Softwareentwicklung verschärft dieses Problem.

Das Erfolgsrezept der Softwaretests mit Symflower

Bestehende Testlösungen sind unzureichend, weil Software immer komplexer wird und diese Komplexität mit den verwendeten Ansätzen nicht umfassend von Menschen auf Fehler überprüft werden kann. Das österreichische Start-up Symflower löst mit seinem autonomen Testansatz zwei Probleme: „Wir sichern die Qualität der Software und entlasten mit unserer Lösung auch Fachkräfte von Routinetätigkeiten“, so Symflower-Gründerin und COO Evelyn Haslinger. Das sind die Vorteile:

  • Autonomes Testen – ohne dass ein Mitarbeiter dabei etwas machen muss – ist um ein Vielfaches schneller und wesentlich genauer als der Mensch. So können Fehler und Sicherheitsprobleme frühzeitig in der Software gefunden werden, das erhöht massiv die Qualität und reduziert die Gesamtkosten.
  • Die Softwareentwickler bekommen eine leitende und kontrollierende Rolle. Anstatt viel Zeit mit Routineaufgaben zu verlieren, die Maschinen besser können, können Mitarbeiter Fähigkeiten wie Innovation und Problemlösung gezielt einsetzen. 

Die dahinterstehende Technologie basiert auf Künstlicher Intelligenz (KI) und mathematischen Modellen – so wird bei der Generierung von Testfällen nichts dem Zufall überlassen und redundantes Testen wird vermieden. Beim Unit-Test-Verfahren werden die kleinsten Module eines Programms (sogenannte Units) einzeln getestet. Mit diesem innovativen Verfahren erreicht Symflower die höchstmögliche Unit-Testabdeckung. 

Angebot für kostenloses Testen

Bis Ende April 2021 können interessierte Programmierer und Unternehmen ihren eigenen Source-Code in der Programmiersprache Java kostenlos über die Symflower-Cloud testen. 

Nachdem die Tests autonom durchgeführt wurden, wird in einem jeweils individuellen Videocall von den Symflower-Experten erklärt, welche Tests durchgeführt und welche Fehler und Sicherheitslücken gefunden wurden. Im Anschluss an die Präsentation werden alle im Rahmen dieses einmaligen Angebotes generierten Unit-Tests kostenlos bereitgestellt. Hier geht es zur Anmeldung: https://free.symflower.com/. Symflower bietet mit dieser Aktion die Möglichkeit, dass sich jeder kostenlos mit seinem eigenen Source-Code davon überzeugen kann, wie bahnbrechend diese neue Technologie ist.

Breites Kundenspektrum, einfach und schnell in Betrieb

Mit der neuen Lösung spricht Symflower alle Unternehmen an, die Software entwickeln. Zu den bekannten Softwareentwicklungs-Branchen wie Banken, Versicherungen, Telekom und Softwarehäuser kommen immer mehr Interessenten, die ihre Programmerstellung ausgelagert haben, sie möchten das Test-Tool zur Abnahme und Kontrolle nutzen. Unterstützt wird dies durch die einfache Bedienung und der Tatsache, dass keinerlei Einschulung benötigt wird.

Dies ist eine Pressemitteilung von Symflower

Digitaler Humanismus

Brauchen wir einen digitalen Humanismus?

Gastbeitrag von Kai Grunwitz

Von der Digitalisierung erhoffen wir uns die grenzenlose Chance zur Weltverbesserung. Immerhin fördern innovative Lösungen die Gesundheit, vereinfachen das Leben zu Hause oder machen den Straßenverkehr sicherer. Digitalisierung soll sogar weltweit Hunger und Armut lindern – etwa indem Drohnen Pflanzenbestände, Schädlingsbefall und Ernteerträge erfassen und letztere durch den optimierten Einsatz von Düngemittel und Pestiziden steigern. Fakt ist, die Digitalisierung kann die Menschen in ihrem Alltag spürbar entlasten. Aber verkennen wir deswegen die unsichtbare Dehumanisierung? Wird es Zeit für einen neuen Gesellschaftsvertrag – zwischen Mensch und Maschine? Brauchen wir einen digitalen Humanismus?

Definitionen für Humanismus gibt es viele. Er steht für eine ethische Philosophie, eine Theorie, die auf der Generierung von Wissen, Bedeutung und Sachkenntnis basiert, aber auch für eine neue intellektuelle Bewegung wie zu Zeiten der Renaissance. Heute ist der Begriff „Digitaler Humanismus“ dazugekommen. Dahinter steckt laut Gartner die Vorstellung, dass der Mensch im Mittelpunkt der Entwicklung von digitalen Unternehmen und digitalen Arbeitsplätzen steht. Unternehmen, die sich dem digitalen Humanismus verschrieben haben, nutzen Technologien, um die Art und Weise, wie Menschen ihre Ziele erreichen, neu zu definieren und Menschen zu befähigen, Dinge zu erreichen, die bisher nicht möglich waren.

Mit Hilfe von modernen E-Health-Anwendungen und digitalen Lösungen in der Medizintechnik beispielsweise können Ärzte und Pflegekräfte ihre Patienten schon heute besser betreuen. Dabei entstehen Innovationen in allen Bereichen der medizinischen Versorgung: Roboter unterstützen chirurgische Operationen und sorgen für eine präzise und schonende Behandlung. Mit Hilfe der Sequenzierung des Genoms eines Patienten entwickeln Ärzte hyperpersonalisierte Behandlungen, die die medizinische Versorgung sowie den Krankheitsverlauf deutlich verbessern. Steuerbare Implantate, Orthesen und Prothesen ermöglichen wiederum ein weitgehend selbstständiges Leben mit hoher Lebensqualität.

Oder Smart-City-Projekte: Sie können getreu den 17 globalen Zielen der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung Städte umweltfreundlicher, integrativer und damit lebenswerter machen. Mit dem Woven-City-Projekt erprobt der japanische Industriekonzern Toyota gemeinsam mit Technologiepartnern eine CO2-neutrale Stadt. Zentraler Bestandteil sind autonome Fahrzeuge, ein grünes Energiemanagement und Häuser, die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und Robotik das Leben ihrer Bewohner erleichtern.

Die Kehrseite von Algorithmen und Automatisierung jedoch lässt sich nicht so einfach beiseite schieben. Eine davon ist, dass in manchen Branchen nicht mehr Menschen die wichtigste Ressource sind, sondern Technologie. Zwar werden durch Künstliche Intelligenz zahlreiche neue interessante Job-Profile entstehen – es werden aber auch alleine in Deutschland Millionen traditioneller Arbeitsplätze wegfallen. Das heißt, die Zahl der „Entbehrlichen“ wird drastisch steigen, schlimmstenfalls droht eine „Entkoppelung“. Damit die vielleicht wichtigste Disziplin der Digitalisierung, die Künstliche Intelligenz, also nicht zu einem Selbstläufer wird, brauchen wir einen digitalen Humanismus.

„Künstliche Intelligenz verfügt über das Potenzial, die Gesellschaft grundlegend zu verändern.“

Autor Kai Grunwitz
In dem Bestreben nach einem neuen Humanismus ist aber nicht nur die Technologie-Branche gefordert, sondern Künstler, Philosophen und Sozialwissenschaftler gleichermaßen.

Nun muss man ehrlich zugeben, dass fast kein Technologieanbieter aus reinem Altruismus handelt – er will Geld mit seinen Lösungen verdienen. Aber selbst wenn der digitale Humanismus lediglich ein „Abfallprodukt“ wirtschaftlicher Interessen ist, wird die weitere Digitalisierung unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft ohne eine neue Empfindsamkeit, eine digitale Éducation Sentimentale nicht funktionieren. Nur so lässt sich die Ko-Existenz und Zusammenarbeit mit KI über rein technokratische Aspekte hinaus aktiv gestalten.

Da Künstliche Intelligenz über das Potenzial verfügt, die Gesellschaft grundlegend zu verändern – im Guten wie im Schlechten –, muss sie zunächst einmal nach ethischen Standards programmiert werden. In dem Bestreben nach einem neuen Humanismus ist aber nicht nur die Technologie-Branche gefordert, sondern Künstler, Philosophen und Sozialwissenschaftler gleichermaßen. Erst durch das interdisziplinäre Zusammenspiel all jener, die die Schönheit des Abweichens, des Fremdartigen als zentrale Säule unseres Zusammenlebens verstehen, sind wir auf dem richtigen Weg.

So gesehen, bezieht sich der digitale Humanismus auf das uralte Anliegen, den Menschen in all seinen Facetten in den Mittelpunkt unserer Arbeit zu stellen. Die Humanisten des frühen 14. Jahrhunderts lösten eine Kulturrevolution aus, die in der Renaissance ihren Höhepunkt erreichte. Die Humanisten von heute stellen die Besonderheit der Menschen und ihrer Fähigkeiten in den Mittelpunkt und bedienen sich der digitalen Technologien, um diese zu erweitern, nicht um diese zu beschränken. Es ist an der Zeit für eine neue Kulturrevolution, eine neue Renaissance.

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Smarte Subscription Geschäftsmodelle

Zukunftsformel für die produzierende Industrie?

Wie Smart Services als Enabler von Subscription-Geschäftsmodellen die produzierende Industrie revolutionieren erläutern Dr. Jana Frank und Calvin Rix.

Produzierenden Unternehmen wurde in den letzten Jahren ein erhebliches ökonomisches Potenzial durch Digitalisierung zugesprochen. So ergab eine Umfrage im Jahr 2014 unter 235 Industrieunternehmen, dass diese durch digitalisierte Services rund um die Maschine allein bis 2020 Umsatzsteigerungen von durchschnittlich 12,5 % erwarten können. Ein Blick auf die aktuelle Situation zeigt allerdings, dass Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus lediglich 0,7 % ihres Gesamtumsatzes mit dem Digitalgeschäft erwirtschaften. Trotz aller Bemühungen verkauft die produzierende Industrie nach wie vor überwiegend Produkte, Maschinen, Anlagen sowie klassische After-Sales-Services nach dem Prinzip „Geld für Hardware“ bzw. „Geld für Technikerstunde“. Eine echte Innovation dieser klassischen Geschäftsmodelle ist bisher nicht erkennbar.

Dabei bietet die Digitalisierung eine Chance nachhaltige Wettbewerbsvorteile durch die Transformation des Geschäftsmodells zu erzielen und zu monetarisieren. Durch die Analyse der anfallenden Daten erhalten Unternehmen tiefgreifendes Wissen über das Nutzungsverhalten und die Anforderungen ihrer Kunden. In Verbindung mit der unternehmensübergreifenden Vernetzung gelingt eine immer bessere quantitative Abbildbarkeit der Zusammenhänge beim Kunden. Damit wird die Grundlage für Smart Services gelegt, die durch die Aggregation von Leistungsdaten in der Nutzungsphase der Kunden gebildet werden.

Ausgehend von diesem Datenbestand kann die Performance des individuellen Kunden durch gezielte Parametereinstellung der Maschinen oder die Vorhersage von Ausfällen gesteigert werden. Es gilt diese Möglichkeiten des permanenten Lernens und Verbesserns in neue Geschäftsmodelle zu überführen, bei denen der Fokus auf dem gemeinsamen Ertrag und Wachstum mit dem Kunden liegt. Das Ziel dieser Form der Geschäftsmodelle ist es nicht mehr, dem Kunden einzelne Produkte oder Services zu verkaufen. Vielmehr geht es um den Zugang zu einer sich ständig verbessernden Leistung auf Basis eines Systems von Produkt, Service und Smart Services. Erhält der Kunde diesen Zugang gegen regelmäßige Zahlungen, spricht man von einem Subscription-Geschäftsmodell.

Auf dem Vormarsch: Subscription-Geschäftsmodelle

Autorin:
Dr. Jana Frank,
Bereichsleiterin Dienstleistungsmanagement,
FIR e. V. an der RWTH Aachen

Das Grundprinzip von industriellen Subscription-Geschäftsmodellen, auch bekannt unter zahlreichen Synonymen wie Pay-per-Use- oder Pay-per-Outcome-Modellen, besteht demnach in der kontinuierlichen Bereitstellung einer vereinbarten Leistung durch den Anbieter gegen die Entrichtung periodischer Zahlungen durch den Kunden. Geboren aus den Abonnenten-Modellen der Softwareindustrie, werden die Potenziale besonders im produzierenden Kontext immer deutlicher. Es zeigt sich, dass besonders servicestarke digitale Vorreiter den nächsten Schritt angehen und durch partizipative Geschäftsmodelle ihre Investitionen in die Digitalisierung monetarisieren.

In der Praxis wird jedoch deutlich, dass eine Transformation des Geschäftsmodells mit zahlreichen Herausforderungen einhergeht. Insbesondere der Vertrieb produzierender Unternehmen ist häufig noch auf das Hardselling fokussiert, also den ausschließlichen Verkauf eines Produktes. Das damit einhergehende „Speed-Dating“ mit dem Kunden, um die Ware möglichst zügig und profitabel zu veräußern, wiederspricht der Prämisse von Subscription Geschäftsmodellen, die den langfristigen Erfolg des Kunden in den Vordergrund stellen.

Die Pflege der Kundenbeziehung muss durch eine enge Kommunikation und kontinuierliche Lernzyklen erfolgen, wodurch gemeinsame Interessen gefördert werden und im Einklang mit dem richtigen Geschäftsmodell ein verbesserter Unternehmenserfolg beider Seiten angestrebt wird. Wertorientierte Erlösmodelle, die von Zielindikatoren im Kundenprozess (z. B. basierend auf dem Produktionsergebnis) abhängen, ermöglichen dabei eine Interessengleichrichtung auf Kunden- und Anbieterseite.

Autor:
Calvin Rix, M. Sc.,
Fachgruppe Subscription-Business-Management im Bereich Dienstleistungsmanagement, FIR e. V. an der RWTH Aachen

Statt der Produkt- und Serviceumsätze rückt nun der Erfolg des Kunden in den Mittelpunkt der Wertschöpfung. Der Fokus liegt somit auf einem positiven „Lock-in-Effekt“, bei dem der Kunde aufgrund der individuellen Optimierung seiner eigenen Leistungsfähigkeit das Subscription-Angebot gar nicht mehr kündigen möchte – ein Win-win-Effekt für alle Parteien.

Da der Kunde nur noch für das bezahlt, was er tatsächlich nutzt oder produziert, kann ferner eine Verlagerung der hohen initialen Investitionsausgaben („Capex“) zu wiederkehrenden Betriebskosten („Opex“) realisiert werden.

Fundament legen mit Smart Services

Zunehmend austauschbarere Produkte und eine Steigerung der Wettbewerbsintensität führen zu einer Stagnation im Neumaschinenvertrieb, die bisher nicht abgefedert werden konnte. Der reine monetäre Mehrwert digitaler Angebote bleibt oftmals aus, wenn diese nicht im Rahmen einer Geschäftsmodelltransformation für höherwertige Leistungen bzw. Kundenlösungen im Sinne von Subscription-Geschäftsmodellen genutzt werden. Nur durch die Abbildung und das Verständnis von Zusammenhängen der realen Welt durch aggregierte Daten und einen permanenten Lernprozess sind Anbieter in der Lage, Maschinen gezielt einzustellen, Ausfälle vorherzusagen und den Serviceprozess so produktiv wie möglich zu gestalten.

So ist ein Kompressorhersteller bspw. in der Lage durch Smart Services, die auf zustandsbasierten Live-Daten wie dem Volumenstrom und dem Energieverbrauch basieren, Fehlfunktionen und sogar drohende Stillstände der Aggregate beim Kunden abzuleiten, sodass gezielt Maßnahmen zur Behebung eingeleitet werden können. Da ein ungeplanter Serviceeinsatz im Rahmen einer Subscription ausschließlich Kosten verursacht, gilt es Serviceeinsätze so effizient wie möglich zu gestalten, um überhaupt in der Lage zu sein, das Leistungsversprechen profitabel anbieten zu können.

Smart Services sind damit nicht nur Wegbereiter der digitalen Transformation, sondern stellen den notwendigen Katalysator dar, um den Weg in Richtung von Subscription-Geschäftsmodelle zu gehen. Anbieter werden zum Kunden der eigenen digitalen Services und müssen diese im Rahmen der Leistungserbringung optimal integrieren und nutzen, um schlussendlich Profitabilität zu erreichen.

https://www.fir.rwth-aachen.de/

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RWTH Aachen

Digitale Euro

Digitale Euro: Konkurrenz für den Bitcoin?

Der beispiellose Höhenflug des Bitcoins zeigt, dass dieser schon längst nicht mehr eine Liebhaberei einiger Krypto-Enthusiasten und Cyber-Krimineller ist. Mit ihm lässt sich das Interesse der EZB an der Einführung eines Digitalen Euros in Form einer digitalen Währung erklären. Ein solcher Digitaler Euro hat das Potential für eine nachhaltige Veränderung der Finanzwelt. Bevor dieser jedoch sein volles Potential entfalten kann, gilt es zunächst rechtliche, technische und wirtschaftliche Fragen zu klären.

Status quo

Offiziell fehlt es an einer Entscheidung, ob der Digitale Euro eingeführt wird. Dennoch gehen Beobachter – nicht zuletzt aufgrund entsprechender Äußerungen von Christine Lagarde – fest davon aus. Diese erklärte unter anderem: “Introducing a digital euro would allow the Eurosystem to be at the cutting edge of innovation”.

Erwartet wird eine Entscheidung der EZB über die nächsten Schritte im Frühjahr 2021. Bis dahin soll die Zeit genutzt werden, die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation auszuwerten. Diese endete mit einer Rekordbeteiligung von 8.200 Stellungnahmen.

Digitaler Euro – eine central bank digital currency

Die EZB ist der Ansicht, dass die Anerkennung des digitalen Euros als gesetzliches Zahlungsmittel wünschenswert ist. Anderenfalls würde der Digitale Euro nur die Akzeptanz eines herkömmlichen elektronischen Zahlungsmittels erfahren. Nach den Plänen der EZB handelt es sich beim Digitalen Euro um eine digitale Zentralbankwährung (central bank digital currency – CBDC), welche denselben Wert wie alle anderen Formen von Zentralbankgeld besitzt. Emittent des Digitalen Euro wäre die EZB. Sie hat es dann in der Hand, die Anzahl der emittierten Digitalen Euros zur Steuerung geldpolitischer Ziele einzusetzen. Es würde also keinen Unterscheid machen, ob man den Euro in Hartgeld oder einen Digitalen Euro ausgibt – beide haben den gleichen Wert. Beide wären als gesetzliche Zahlungsmittel anerkannt.

Damit würde sich der Digitale Euro signifikant von anderen Kryptowährungen unterscheiden. Diese werden nicht zentral emittiert. Vielmehr werden derartige Kryptowährungen dezentral im Wege des sogenannten Mining durch die Nutzer entsprechender Währungen „ausgegeben“. Die Gesamtanzahl der ausgegebenen Coins wird regelmäßig programmtechnisch beschränkt, zum Beispiel maximale Anzahl von Bitcoins: 21 Millionen. Als geldpolitisches Steuerungsmittel sind solche Kryptowährungen daher wenig geeignet.

Der Weg zu einer CBDC setzt allerdings, nach Auffassung von Juristen, vorherige gesetzgeberische Aktivitäten voraus. So sind im Euro-Raum bislang nur auf Euro lautende Banknoten und Münzen als unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel anerkannt. Andere Währungen können zwar auch angenommen werden – eine Verpflichtung hierzu besteht jedoch nicht. Die Einführung eines Digitalen Euros – welcher gerade nicht in einer Banknote oder einer Münze verkörpert wird – würde daher eine Anpassung der entsprechenden Gesetze und Verordnungen, wie der Euro-Einführungsverordnung (EuroEinfVO), voraussetzen.

Dr. Jörn Heckmann ist Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland und Mitglied des Geschäftsbereichs Technology, Media, Communications (TMC). Er ist spezialisiert auf die IT-rechtliche Beratung von Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung innovativer Geschäftsmodelle sowie Digitalisierungsprozesse, insbesondere im Bereich der Finanz- und Versicherungswirtschaft.

Finanzintermediäre weiterhin wichtig

Anders als bei herkömmlichen Kryptowerten kommt Finanzintermediären wie Banken bei den von der EU-diskutierten Plänen eine große Bedeutung zu. So sehen die Pläne der EZB vor, dass Finanzdienstleister beim Digitalen Euro eine zentrale Rolle, beispielsweise als Gatekeeper oder Clearing- und Settlement-Institutionen, einnehmen sollen. Bereits jetzt, und ohne konkrete Entscheidung über die technologische Realisierung des Digitalen Euro, ist abzusehen, dass dies ein Mammutprojekt für die Banken-IT wird. Denn der Digitale Euro muss in die bestehenden Kernbanksysteme integriert werden.

Retail CBDC vs. Wholesale CBDC

Die technische Realisierung des Digitalen Euro ist noch weitestgehend offen. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass bislang sowohl ein „Retail CBDC“ als auch ein „Wholesale CBDC“ diskutiert werden.

Ein Retail CBDC würde Endkunden, mithin Verbrauchern und Nichtbanken, den direkten Zugang zur CBDC ermöglichen und unmittelbare Verwendung als Zahlungsmittel finden. Kritiker des Digitalen Euros sehen bei einem Retail CBDC jedoch das Risiko sogenannter „Bank Runs“. In einem solchen Fall überweisen viele Kunden von Geschäftsbanken innerhalb kurzer Zeit ihr Geld auf Konten der Zentralbank. Die Folge wäre eine Liquiditätskrise, durch welche sich die Banken über den Kapitalmarkt refinanzieren müssten. Diesem Risiko könnte dadurch begegnet werden, dass nur bestimmte (Maximal-)Summen bei der EZB hinterlegt werden können. Auch Negativzinsen könnten eine prohibitive Wirkung entfalten.

Das Risiko eines „Bank runs“ bestände bei einem Wholesale CBDC nicht: Ein Wholesale CBDC stände lediglich Banken für den Interbanken- und Wertpapierhandel zur Verfügung. Befürworter des Wholesale CBDC versprechen sich von einem solchen zudem, dass durch die Einführung das bereits bestehende zweistufige Geldsystem beibehalten und ein effizienteres Interbanken-Zahlungssystem etabliert wird. Außerdem würde eine Einführung des Digitalen Euro als Wholesale CDBC technische Vorteile mit sich bringen – müssten initial wesentlich weniger technische Systeme angepasst werden.

Ein Anwendungsfall für die Blockchain?

Weiter wird diskutiert, ob der Digitale Euro mittels Blockchain beziehungsweise Distributed Ledger Technology (DLT) umgesetzt werden sollte. Andere Länder, wie China, sind diesen Weg bereits gegangen. Die Nutzung dieser Technologien würde eine Reihe von Vorteilen mit sich bringen. Andere technische Realisationen könnten dies nur mit erheblichem Aufwand erreichen. So sind Industrie 4.0-Anwendungsfälle denkbar, in denen Maschinen untereinander mittels machine-to-machine-Communication (M2) Leistungsbeziehungen auf Basis ihrer Programmierung weitestgehend autonom abwickeln. Damit wäre es zum Beispiel möglich, dass eine Produktionsmaschine mit einem eigenen Budget ausgestattet wird. Dieses ermöglicht es ihr, Verbrauchsmaterialien automatisiert nachzukaufen und ohne weitere menschliche Eingriffe zu bezahlen.

Zwar können mit dem Einsatz entsprechender smart contracts rechtlich relevante Handlungen, insbesondere ein tatsächlicher Leistungsaustausch in Abhängigkeit von digital prüfbaren Ereignissen, gesteuert werden, jedoch erwachsen dadurch neue rechtliche Risiken und Haftungsfragen. Diese werden nicht spurlos an der Gesetzgebung vorbeigehen. Die zu regelnden Einzelheiten stehen aber in enger Abhängigkeit zu der letztlich gewählten technologischen Ausgestaltung, so dass eine Detailbetrachtung zurzeit noch schwer möglich ist.

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Zwei-Faktor-Authentifizierung im klinischen Bereich

Der Security-Anbieter nevis verdeutlicht in einem aktuellen Beispiel, wie Datenschutz über eine Zwei-Faktor-Authentifizierung z.B. bei klinischen Studien realisierbar ist.

Die Zwei-Faktor-Authentifizierung findet weltweit immer mehr Anwendung, vor allem bedingt durch eine kontinuierlich hohe Zahl an Cyberangriffen. Beispiel Europäische Union: Beim Online-Shopping per Kreditkarte ist ihr Einsatz in Kürze verpflichtend, um mehr Sicherheit zu schaffen. Genau aus diesem Grund wird die Zwei-Faktor-Authentifizierung auch in anderen Bereichen wertgeschätzt, wie unter anderem im Gesundheitswesen. Dort ist sie bereits in vielen IT-Lösungen integriert und weitere Unternehmen folgen dem Trend. Clinerion ist sogar einen Schritt weiter und setzt auf eine besonders fortschrittliche Variante der Authentifizierung. Vor kurzer Zeit war das Unternehmen auf der Suche nach einem passenden Anbieter, um die Anwendungen seines Patient Network Explorer durch die Zwei-Faktor-Authentifizierung nach dem FIDO-Standard (Fast Identity Online) zu sichern, der einen passwortfreien Login ermöglicht. Als Partner für das Projekt wurde Nevis ausgewählt.

Vorteile des Patient Network Explorer

Clinerion ist weltweit führend in der medizinischen Informatik. Mit dem Patient Network Explorer bietet das Unternehmen ein Tool an, das die Patientenrekrutierung für klinische Studien optimiert, indem es die Suche und Identifikation von möglichen Kandidaten effizienter gestaltet. Das hat wiederum weitere positive Folgen: Die Effektivität in der klinischen Forschung steigt, die Arzneimittelentwicklung wird beschleunigt und Patienten erhalten bestimmte Medikamente früher. Zu den Kunden von Clinerion gehören Unternehmen aus der Pharmaindustrie und Krankenhäuser, die klinische Studien durchführen beziehungsweise an ihnen mitwirken wollen.

Anmeldung über eine Mobile App

Für fremde Personen darf es nicht möglich sein, auf den Patient Network Explorer zuzugreifen, um sich Daten unbefugt anzueignen. In der Cloudanwendung können sich Forscher Suchergebnisse zu passenden Patientengruppen beispielsweise für klinische Studien zu neuen Pharmaprodukten anzeigen lassen. Diese dienen zugleich als Grundlage für Anfragen an die Krankenhäuser im Netzwerk. Die Kliniken verfügen On-Premises über eigene Server für gemäß GDPR deidentifizierten Patientendaten, die es abzugleichen gilt. In der Cloud selbst sind die Daten der Patienten nicht zu finden. Das heißt, die Systeme tauschen sich bei Anfragen untereinander aus.

Als neue Methode zur Anmeldung in der Cloud ist nun die Zwei-Faktor-Authentifizierung nach dem FIDO-Standard hinzugekommen. Sie erfolgt sowohl in Android als auch in iOS über eine Mobile App, die von Nevis stammt und mit der Corporate Identity von Clinerion gebrandet ist. Die Authentication Cloud von Nevis erlaubt dabei den passwortfreien Login, der den Arbeitsalltag der Nutzer erleichtert. Aktuell verwenden etwa fünfzig Anwender die Mobile App.

Dass Nevis mit der Umsetzung beauftragt wurde, hat mehrere Gründe. „Zum einen ist Nevis ein Anbieter aus der Schweiz, wo Datenschutz seit jeher ein großes Thema ist. Nicht von ungefähr sind zahlreiche internationale Organisationen hier ansässig, die sich Schutz und Ausbau von Digital Governance und Cybersecurity auf die Fahnen geschrieben haben. Das heißt, unsere Kunden vertrauen darauf, dass wir besonders hohe Sicherheitsstandards einhalten“, erklärt Dr. Andreas Walter, Chief Technical Officer bei Clinerion. „Zum anderen bietet Nevis eine innovative Lösung, die keine Altlasten mit sich bringt.“ Produkte von Mitbewerbern seien dagegen teils so alt, dass sie sich nur schwer in eine bereits vorhandene Software-Infrastruktur integrieren ließen.

Zusammenarbeit ohne ein persönliches Treffen

Wie vieles andere auch war die Umsetzung durch die COVID-19-Pandemie und die einschränkenden Maßnahmen beeinträchtigt. Obwohl es nie ein persönliches Treffen gab, verlief die Zusammenarbeit jedoch sehr unkompliziert. Organisatorisch tauchten ebenfalls keine Probleme auf: Bei der Implementierung war von Clinerion und Nevis jeweils eine Person federführend, die beide ihrerseits Unterstützung durch ein bis zwei weitere Entwickler erhielten.

Die eigentliche API-Integration der Lösung im Backend ging einfach vonstatten und dauerte nur wenige Tage. Mehr Zeit und einige Korrekturen nahm im Gegensatz dazu das Mobile Development in Anspruch, insbesondre für Android. Nutzer besitzen häufig Firmenhandys, auf denen ältere Versionen des Betriebssystems installiert sind. Jedoch erfordert die Mobile App mindestens die Version 8.0. Alternativ lässt sich die Authentifizierung weiterhin über E-Mail oder SMS erledigen. In Bezug auf Geräte mit iOS sieht die Situation dagegen anders aus. Es erwies sich als vorteilhaft, dass Apple auch ältere Modelle mit der aktuellen Version 14 des Betriebssystems versorgt.

Als „Versuchskaninchen“ für die Mobile App haben die beteiligten Entwickler selbst gedient. Aufgrund der relativ geringen Projektgröße mussten weder Überprüfungen ausgelagert noch umfangreiche Tests unter Beteiligung von Nutzern vorgenommen werden. Beide Unternehmen haben zudem dazugelernt. „Wir haben erlebt, wie schwierig die Publikation einer Anwendung in den Stores von Google und Apple ist – viel aufwendiger und langwieriger als zunächst gedacht. Nevis nimmt sich daher vor, Kunden in diesem Bereich zukünftig noch stärker zu entlasten“, so Lukas Westermann, Product Manager SaaS bei Nevis.

Neue Methode ist keine Pflicht

Für Clinerion war es die erste Einführung einer App. Gemeinsam haben beide Partner es geschafft, alle Anforderungen zu erfüllen. „Gegenüber Nevis wollen wir unsere große Zufriedenheit und einen Dank äußern. Der Support war hervorragend, speziell im Hinblick auf die Publikation der Mobile App“, resümiert Dr. Andreas Walter. „Clinerion arbeitet eng mit Krankenhäusern zusammen und wird ihnen Nevis als Dienstleister für die Implementierung von SSO-Lösungen empfehlen.“ Mit Blick in die Zukunft bleibt der Einsatz auf Android zunächst weiterhin bestehen. Deshalb kann Clinerion es noch nicht zur Pflicht machen, die Zwei-Faktor-Authentifizierung nach dem FIDO-Standard als Methode zur Anmeldung zu verwenden. Das kann erst geschehen, wenn alle Geräte die Mobile App unterstützen. Dann ergibt sich durch den Wegfall der Anmeldung über E-Mail oder SMS außerdem eine Kostenersparnis – ein weiterer Pluspunkt der Mobile App.

Jetzt tatsächlich: Zurück ins Homeoffice

Dies ist ein Gastbeitrag von Torsten Köbel, Country Manager DACH bei Extensis

Und jetzt doch wieder: Homeoffice mit Nachdruck gefordert!

Wie es ausschaut, wird uns das Virus Covid-19 mit all den Mutationen noch eine ganze Weile begleiten und unser Leben beeinträchtigen. Wir müssen also neue Formen des Zusammenlebens und der Zusammenarbeit finden, die für alle Beteiligten sinnvoll und machbar sind.

In Deutschland sind die Arbeitgeber ab sofort dazu verpflichtet, zu prüfen, ob das Arbeiten zuhause möglich ist. Ausnahmen soll es lediglich bei zwingend betrieblichen Gründen geben dürfen. Außerdem müssen die Arbeitgeber ihre Angestellten bei der Einrichtung eines Homeoffice unterstützen. Dazu gehört beispielsweise auch die Erstattung von notwendigem Büromaterial oder die Bereitstellung eines den Vorschriften entsprechenden Arbeitsplatzes.
Diese neue Verordnung war zunächst bis zum 15. März gültig und soll nun bis zum 30. April 2021 verlängert werden. Aber sicherlich werden sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer fragen, warum dieses Modell nicht auch über die gesetzten Fristen hinaus gültig sein könnte. Was für manche Arbeitnehmer auch schon vor der Corona-Pandemie zur Normalität gehörte, wird nun immer häufiger auch langfristig von denjenigen eingefordert, die bislang diese Möglichkeit noch nicht hatten.

Für alle Beteiligten stellen sich jetzt Fragen:

  • Wie kann man Arbeiten im Homeoffice oder dieses „Smart New Work“ gestalten und organisieren. Wie kann man den damit verbundenen Change-Prozess im Unternehmen einleiten? Denn, nicht jeder Arbeitsplatz kann sehr schnell und problemlos ins Homeoffice verlagert werden.
  • Wie könnten Lösungen aussehen, Stichwort hybrides Arbeiten? Kann der Arbeitgeber Schichtarbeit auch im Büro einsetzen oder für die Arbeitskräfte spezielle Homeoffice-Tage einrichten?
  • Wie können die Belange der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer unter einen Hut gebracht werden? Wie organisieren sich Familien mit Kindern oder Arbeitnehmer mit nur sehr kleinen Wohnungen?
  • Wird sich die Arbeitswelt für viele Arbeitnehmer grundsätzlich verändern? Wie gehen wir damit um, plötzlich und ohne direkte, persönliche Kommunikation mit den Kollegen zu sein? Sind wir resilient genug, mit der möglicherweise daraus resultierenden Vereinsamung umzugehen? Arbeiten im Homeoffice verlangt viel Disziplin und Kraft, besonders für diejenigen, die das so nicht gewohnt sind.

Sind Smart New Work und Resilienz im Homeoffice miteinander vereinbar?

Viele Unternehmen haben sich bereits im Laufe des Jahres 2020 an diese neue Situation angepasst, Umstrukturierungen vorgenommen und Workflows neu organisiert. Die Mitarbeiter haben sich in ihren Homeoffices eingerichtet und genießen auch die Vorteile z.B. keine langen Fahrtzeiten ins Büro – sei es mit dem öffentlichen Nahverkehr oder dem eigenen Auto. Dadurch entstehen auch weniger Kosten für jeden Einzelnen. Oftmals ist konzentriertes Arbeiten durch weniger Ablenkungen im Homeoffice zielführender. Allerdings darf man aber auch die möglichen Nachteile nicht vergessen, die insbesondere Arbeitnehmer mit kleinen Wohnungen betreffen oder Eltern, die ihre Kinder nicht in den Kindergarten oder in die Schule schicken können. Hier ist auch vom Arbeitgeber Flexibilität gefragt. Ein „normaler“ Büroalltag wird also vermutlich seltener von 9.00 bis 17.00 Uhr stattfinden können. Und: wie resilient kann man in solchen Situationen tatsächlich sein und bleiben?

Es geht also momentan nicht in erster Linie darum, was als Nächstes kommen könnte. Es gilt, die jetzige Ausnahmesituation zu bewältigen. „Wir erleben eine Zeit, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz/Ambiguität geprägt ist (VUKA). Wir alle müssen versuchen, so resilient wie möglich zu bleiben. Dabei, und auch bei der Organisation des Arbeitsalltags und der Kollaboration mit den Kollegen können uns smarte Software-Tools unterstützen“, sagt Toby Martin, CEO bei Extensis.

Wie können wir jetzt die Workflows verbessern?

Eine der Prioritäten liegt jetzt in der Verwaltung effizienter Arbeitsabläufe und danach in der Entwicklung mittel- bis langfristiger Pläne für die Zusammenarbeit. Wenn wir davon ausgehen, dass das Virus und seine Mutationen uns möglicherweise noch eine ganze Weile begleiten werden, sollten wir uns nach Software-Lösungen umsehen, die den Wechsel beschleunigen können. Wir müssen die Mitarbeiter befähigen, sich selbst im Homeoffice noch besser organisieren zu können, damit auch die Zusammenarbeit mit den Kollegen besser klappen kann. Jetzt gilt es, in Tools zu investieren, die einen echten Mehrwert bieten.

Kreative brauchen die Freiheit und die Zeit, kreativ zu sein!

Gerade in Bereichen, in denen „Big Content“ erstellt und genutzt wird, ist ein digitaler Workflow unabdinglich. Oftmals ist es so, dass die für einen kreativen Prozess benötigten digitalen Assets in unterschiedlichen und schwer zugänglichen Silos gespeichert sind. Und dann geht die Suche los … Die verschwendete Zeit hätten die Kreativen lieber mit mehr kreativen Tätigkeiten verbracht. Mit einer Digital Asset Management-Lösung (DAM) steigern Sie die Produktivität, sparen Zeit und können kreativer sein. So können Sie die Mitarbeiter im kreativen Prozess befähigen – sowohl interne als auch externe – unterschiedliche Schriften zu testen, sich von vorhandenen Materialien inspirieren zu lassen und schneller und besser miteinander zu kommunizieren. Teamarbeit und Kollaboration werden so deutlich einfacher.

Ein durchaus erwünschter Nebeneffekt: Einsparungen

Wenn Sie alle digitalen Assets in einem einzigen zentralen System speichern, ist es nicht nur für die Kreativen einfacher, die benötigten Materialien zu suchen und zu finden. Auch Ihre Buchhaltung wird sehr erfreut sein, denn durch die bessere Organisation lassen sich erhebliche Einsparungen erzielen. Denken Sie beispielsweise an Einhaltung von Nutzungsrechten nach Medien oder den Ablauf von Lizenzen. Vermeiden Sie doppelten Kauf von bereits vorhandenen Schriften. Verabschieden Sie sich von ungenutzten Fonts. Verwahren Sie Schriften von Kunden sicher und konform. Stellen Sie sicher, dass stets die jeweils aktuelle und freigegebene Version eines Assets genutzt wird.

Mit einer DAM-Lösung sind Sie immer auf der sicheren Seite. So kann Ihr Team sich besser organisieren, effizienter arbeiten und die dadurch freigewordene Zeit für Interaktion mit Kollegen, Kollaboration und Kreation nutzen. Und dabei können sich die Teams sowohl im Büro als auch im Homeoffice optimal untereinander austauschen. Und auch kleinere Teams können Font Management und/oder Digital Asset Management effizient und zeitsparend mit Software-Lösungen in der Cloud organisieren. Dies sollte eine strategisch geplante Vorgehensweise sein, die allen Beteiligten deutlich mehr Flexibilität und kreative Freiräume gibt. 

Weitere Informationen unter:
https://www.extensis.com/de-de