Digitalisierungsplattformen mit Robotic Process Automation

Thilo Kiefer, Geschäftsführer der munich enterprise software GmbH, schreibt über Potenziale der Automatisierung gerade im Mittelstand.

Thilo Kiefer liefert Beispiele für Prozesse, die sich sinnvoll automatisieren lassen.

Wenn Softwareroboter, sogenannte Bots, zeitintensive oder fehleranfällige Routineaufgaben automatisiert ausführen, spricht man gemeinhin von Robotic Process Automation (RPA). Wie groß der Nutzen einer solchen Prozessautomatisierung ist, lässt sich an einem Rechenbeispiel im Bereich des Testens von Software darstellen. Ein Mensch schafft es pro Arbeitstag vielleicht 3,5 Stunden effektiv zu testen, der Rest geht für E-Mail-Verkehr, Meetings, sonstige Gespräche oder Unterbrechungen des eigentlichen Testbetriebs drauf. Wo man in der Summe also auf 17,5 Stunden Testtätigkeit pro Woche kommt, ermöglicht die RPA-gestützte Testautomatisierung im 24/7-Einsatz 168 Stunden Testzeit – und dabei wird noch alles lückenlos automatisch protokolliert, was den menschlichen Tester sonst noch einmal einige Stunden nebenher kosten würde.

Neben der Zeitersparnis hilft RPA auch, Risiken durch menschliche Fehler zu vermeiden, Unternehmen sind weniger abhängig vom Fachkräftemangel, Prozesse laufen stabiler und die Beschäftigten haben mehr Zeit für wertschöpfendere Tätigkeiten. Fortschrittliche RPA-Lösungen verfügen neben maschinellem Sehen sogar über Kinematiken und Stimmen, um auch berührungs- und sprachgesteuerte Geräte bedienen zu können.

Automatisierung kann trotz aller Vorteile aber auch zur Verschlechterung von Prozessen führen, speziell dort, wo Interaktionen mit Menschen stattfinden. Wer kennt sie nicht, die endlosen Minuten in Telefonwarteschleifen von Telekom und Co? Wo minutenlang der Bedarf des Kunden umständlich abgefragt wird und dieser letztendlich doch verärgert zurückbleibt. Sicherlich spart das Service-Unternehmen Arbeitskraft und Kosten; der Schaden, der durch die Verärgerung entsteht, ist allerdings ebenfalls immens.

Automatisches Öffnen, Lesen, Verarbeiten und Archivieren von E-Mails im Kundenservice

Die Entgegennahme eine E-Mail im Bereich Kundenservice ist ein gutes Beispiel für einen in vielen Teilen automatisierbaren Prozess. Der Kunde verfasst eine Meldung an den Kundenservice in Form einer E-Mail oder über ein Kontaktformular auf der Webseite. Das Unternehmen erfasst diese in seinem IT-System, sucht den betreffenden Kunden (eventuell auch noch das betroffene Produkt des Kunden) heraus und informiert ihn über den Eingang der Meldung.

Mit der Digitalisierungsplattform MailCenter werden solche E-Mails automatisch im Exchange Backend geöffnet, der zugehörige SAP-Kunde automatisch ermittelt und die E-Mail in das SAP-System übertragen. Dort wird automatisch eine Servicemeldung angelegt, der Text aus der E-Mail extrahiert und die eingehende E-Mail zu dieser Servicemeldung archiviert. Hat der Kunde am Front End ein Webformular verwendet, werden weitere spezifische Daten (Gerätenummer in SAP etc.) zugeordnet. Anschließend werden Kunde und Servicemitarbeiter automatisch per Mail informiert, wobei ersterer einen fallspezifischen E-Mailtext erhält.

Durch Monitoring die SAP-System-Überwachung automatisieren

System-, IDOC-, Job- und Backup-Monitoring sind periodisch wiederkehrende Überwachungsaufgaben, die Bestandteil der Routinearbeiten jeder Systembetreuung sein sollten. Es handelt sich dabei um Aufgaben, mit deren Hilfe im laufenden Betrieb unerwartet aufgetretene Probleme zu entdecken und zu beheben – eine aufwändige, zeitintensive Tätigkeit, welche die IT-Abteilung und Fachbereiche gleichermaßen belastet. In vielen Einzelschritten müssen diese Fehlersituationen erkennen und analysieren.

Eine Digitalisierungsplattform mit RPA-Funktionen kann Probleme proaktiv 24/7 erkennen, bevor sie eskalieren. Automatisierte Warnmeldungen per E-Mail informieren das IT-Team. Mit regelbasierten Verteilerlisten werden Tätigkeiten automatisiert. Mit Hilfe dieser Mechanismen werden Arbeiten automatisiert aus der IT in den zuständigen Fachbereich verlagert.


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Digitale Transformation neu gedacht: Von den Prozessen zu den Kunden

Von Emily Brand*

Die Covid-19-Pandemie war für viele Unternehmen ein Katalysator für ihre Digitale Transformation. Sie haben Technologie-Initiativen beschleunigt, drastische Änderungen an Prozessen vorgenommen und die Bedeutung der Unternehmenskultur überdacht. Einige Unternehmen waren mit ihren Strategien zur Digitalen Transformation bereits erfolgreich, sodass sie sich nun auf die Verbesserung der Kundenerfahrung durch die Sammlung und Analyse von Daten konzentrieren können.


Die Weiterbildung und Schulung interner Talente könnte den Unternehmen helfen, die derzeitigen Probleme bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung zu überwinden. Allerdings geben die Befragten an, dass die Weiterbildung kein primäres Geschäftsziel ist.

Emily Brand, Chief Architect and Global Ecosystem Presales Leader bei Red Hat

Red Hat sponsert seit Jahren eine Studie von Harvard Business Review Analytics Services, die die Entwicklung der Digitalen Transformation untersucht. Für die vierte jährliche Umfrage haben die Marktforscher Anfang des Jahres mehr als 700 Führungskräfte weltweit befragt. Der Report zeigt, mit welchen Herausforderungen Unternehmen heute konfrontiert sind, was führende Unternehmen anders machen und welche Schritte sie gehen können, um wichtige Schwerpunktbereiche zu identifizieren.

Die Prioritäten der Unternehmen bei der digitalen Transformation im Vergleich der Jahre 2021 und 2022 (Quelle: Harvard Business Review Analytics Services Report)

Ein zentrales Untersuchungsergebnis ist, dass Unternehmen neue Prioritäten setzen und damit auch andere Herausforderungen bewältigen müssen. Gerade im Zuge der kontinuierlichen Überprüfung von Geschäftsmodellen, Strategien und Prozessen entstehen auf Unternehmensseite nach und nach neue Ziele bei der Digitalen Transformation. So erklären die Befragten, dass 2021 interne Prozesse eine hohe Priorität einnahmen – wie die Steigerung der Produktivität und Effizienz (37 %), die Verbesserung der Geschäftskontinuität und Resilienz (32 %) sowie die Erhöhung der Agilität (30 %). Viele technologische, kulturelle und prozessuale Änderungen erfolgten dabei als Reaktion auf die neue Normalität, die die Pandemie geschaffen hat. Im Jahr 2022 und darüber hinaus setzen die befragten Unternehmen allerdings neue geschäftliche Ziele. Dazu gehören die Verbesserung der Kundenzufriedenheit (34 %) und die optimierte Analyse von Unternehmensdaten, um neue geschäftliche und operative Erkenntnisse zu gewinnen (33 %).

Um diese Ziele zu erreichen, müssen die Unternehmen jedoch andere Herausforderungen bewältigen. Zum einen geht es dabei um die Akzeptanz für die anstehenden Veränderungen im gesamten Unternehmen (46 %) und zum anderen um die Ausrichtung der Digitalen Transformation auf die Geschäftsziele (45 %).

Eine weitere Herausforderung betrifft den Mitarbeiterbereich, sowohl im Hinblick auf die Suche und Sicherung von Talenten zur Unterstützung neuer digitaler Initiativen als auch hinsichtlich der Schaffung einer Kultur des kontinuierlichen Lernens. Ohne konzertierte Aktivitäten in diesen Bereichen riskieren Unternehmen den Verlust ihrer Wettbewerbsstärke.

Die Weiterbildung und Schulung interner Talente könnte den Unternehmen helfen, die derzeitigen Probleme bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung zu überwinden. Allerdings geben die Befragten an, dass die Weiterbildung kein primäres Geschäftsziel ist; bei den meisten Unternehmen zählt sie zu den am wenigsten genannten Prioritäten (14 %). Falls die Unternehmen aber künftig die Weiterbildung stärker priorisieren, könnten sie Qualifikationslücken schließen, ohne auf den hart umkämpften Markt für Fachkräfte angewiesen zu sein.

Ein Ergebnis des Reports ist auch, dass Unternehmen weiterhin in Technologien investieren, die Prozesse rationalisieren und einen höheren Geschäftswert liefern. Wie bereits 2021 gibt die Hälfte der Befragten (50 %) an, dass ihr Unternehmen im Jahr 2022 in die Automatisierung von Geschäftsprozessen investieren will. Ebenfalls hoch im Ranking stehen Technologien für Künstliche Intelligenz (KI) und Maschinelles Lernen (ML) (44 %).

2022 und in den folgenden Jahren müssen Unternehmen vor allem die kulturellen Herausforderungen adressieren und aktiv angehen, um eine Umsetzung der Digitalen Transformation im gesamten Unternehmen sicherzustellen. Für einige Unternehmen wird dies bedeuten, dass sie ihre Recruiting-Strategien neu bewerten und die Initiativen zur Umschulung und Weiterqualifizierung erhöhen müssen, um angesichts des Fachkräftemangels wettbewerbsfähig zu bleiben. Für andere Unternehmen wiederum könnte eine Evaluierung notwendig sein, ob sie die richtigen Technologien einführen und adäquat anwenden. Unabhängig davon ist für den Erfolg der Digitalen Transformation immer entscheidend, dass die Transformationsbemühungen auf die Geschäftsziele und KPIs ausgerichtet sind.

Der vollständige Report „Digital transformation refocused: New goals require new strategies“ ist verfügbar unter https://www.redhat.com/en/engage/digital-transformation-culture-innovation-20181113.

* Emily Brand ist Chief Architect and Global Ecosystem Presales Leader bei Red Hat


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Unternehmen krisenfest machen

Achim Röhe beschäftigt sich mit der Art und Weise, wie Unternehmen in Zukunft sozusagen „software-gesteuert“ werden.

Irgendeine Krise ist immer. Aktuell kumulieren viele weltpolitische und weltwirtschaftliche Katastrophen und belasten die Unternehmen. Aber auch jenseits von Klimakrise, Ukraine-Krise oder Corona-Krise gab es immer Gefahren und unerwartete Ereignisse in Unternehmen: Unfälle, eine Insolvenz großer Kunden, technisches Versagen oder eine Umwelttragödie. Mit guter Software und klugen Algorithmen lassen sich heute Risiken berechnen und mit einiger Treffsicherheit vorhersagen, zumindest aber lassen sich Szenarien und Folgewirkungen betrachten. Der Einsatz von Software, Algorithmen und Künstlicher Intelligenz (KI) macht Unternehmen resilienter. Wie Unternehmen resilient werden, beschreibt der COO der ReqPOOL Gruppe Achim Röhe in seinem neuen Buch „Das resiliente Unternehmen – Die Krisen der Zukunft erfolgreich meistern“, das jetzt im Springer Gabler Verlag erschienen ist.

„Wir werden sehr bald erleben, dass Unternehmen selbstfahrend werden. Das bedeutet, dass rund 80 Prozent der Entscheidungen von Algorithmen, also softwarebasiert, getroffen werden. Mitte der 2030er Jahre dürfte das der Normalfall sein. Schon heute können Modellierer bestimmte Szenarien vorhersagen. Allerdings werden solche Technologien derzeit noch meist nur im naturwissenschaftlichen Kontext angewendet, etwa in der Klimafolgenforschung oder im Rahmen von Pandemien. Doch für Unternehmen ist dies genauso wichtig. Neue Software und die Möglichkeiten von KI machen Vorhersagen für jedes Unternehmen erschwinglich“, erklärt Achim Röhe, der in seinem Buch auch Berechnungsmethoden für die Folgenschwere von Krisen und einen „Resilienz-Quotienten“ vorstellt, mit dem Unternehmen eine Kennzahl erhalten, die aussagt, wie gut ein Unternehmen oder ein Standort auf potenzielle Erschütterungen eingestellt ist.

Resilienz werde zum absoluten Wettbewerbsvorteil. Basis für Resilienz sei eine intelligente IT, die einerseits in der Lage ist, die richtigen Entscheidungen vorzubereiten oder zu treffen, um Ernstfälle idealerweise zu vermeiden oder bei deren Eintritt zu managen, die aber andererseits maximal transparent ist, so dass aus ihr selbst heraus keine Gefahr entsteht. Hinzu komme der Aspekt der IT- und Datensicherheit. „Alle drei Dimensionen müssen gedacht und gelöst werden. Unternehmen müssen sich auf ihre Software und IT-Architektur verlassen können und sie als Teil einer Resilienz-Strategie begreifen. Heute lassen sich dank KI und Software die Probleme von morgen schon lösen“, ist Röhe überzeugt.

Wie werden Unternehmen resilient? Dieser Frage geht Achim Röhe in seinem Buch nach.


Röhes Buch „Das resiliente Unternehmen“ baut in seiner Argumentation und Schlussfolgerung auf dem Buch des ReqPOOL-CEO Florian Schnitzhofer auf, der unlängst sein Buch „Das selbstfahrende Unternehmen“ vorgelegt hat, das ebenso im Springer Gabler Verlag erschienen ist. Beide Werke geben Auskunft über die digitale Zukunft und auf eine softwaregestützte Wirtschaft im nächsten Jahrzehnt. „Technologische Entwicklungen verlaufen exponentiell. Die Zukunft hat begonnen. Noch ist Zeit, die richtigen Weichen zu stellen. Wir werden aber sehr bald eine radikale Umwälzung erleben, die das Wirtschaften, die Arbeitswelt und die Basis unserer Entscheidungen revolutionieren wird“, so Röhe. Sein Buch „Das resiliente Unternehmen – Die Krisen der Zukunft erfolgreich meistern“ solle hier Kompass und Leitfaden sein, endlich aus dem Krisenmodus herauszukommen.
 
Das neue Buch von Achim Röhe ist auf Amazon und im stationären Buchhandel zum Preis von 34,99 Euro erhältlich, Weitere Informationen über die ReqPOOL Gruppe, die Themen Software, Digitalisierung und digitale Transformation gibt es unter https://reqpool.com.


Automated Security? Wie KI Cyberangriffe abwehrt

Cybersicherheit ist längst keine Zusatzlösung mehr, sondern besitzt bei der Umsetzung neuer Technologien hohe Priorität. Denken wir nur an Smart Homes oder Connected Cars, Security muss in unserem Arbeits- und Privatleben mitgedacht werden, denn der Fortschritt scheint unaufhaltsam. Deshalb muss das Augenmerk auf automatisierte und auf Künstlicher Inteligenz (KI) basierende Lösungen gerichtet werden, um die steigende Anzahl von potenziellen Sicherheitsbedrohungen zu verhindern. Im Interview erklärt uns Gergely Lesku, Head of International Operations beim europäischen Anbieter für Cybersecurity SOCWISE, wie sich Unternehmen dank automatisierten Lösungen sicherer aufstellen können.

Wie können Unternehmen durch automatisierte Cyber-Sicherheitslösungen mehr Resilienz entwickeln?
Der Großteil der Lösungen, die auf AI basieren, setzen auf „Unsupervised Machine Learning“. Das bedeutet, dass sie das normale Verhalten der Nutzer und anderen Teilen des Netzwerks (Tausende von Entitäten, Kommunikationsebenen, Aktionen im Systemspeicher etc.) lernen, ohne, dass sie speziell programmiert werden. Dieses komplexe Muster vergleichen sie dann mit dem tatsächlichen Verhalten. Wenn dann ein verdächtiges oder ungewöhnliches Verhalten beobachtet wird, vergleichen diese Lösungen mit dem typischen Vorgehen bösartiger Akteure. Dieser Prozess mündet dann in einer (erhöhten) Risikoeinschätzung oder sogar einem Alarm. Je nachdem, welche Möglichkeiten der AI am Anfang zugewiesen wurden, kann sie beispielsweise die Sperrung oder Löschung eines Accounts oder die Isolation einer schadhaften Datei veranlassen. Der größte Vorteil, den eine AI basierte Sicherheitsstruktur mitbringt, ist, dass sie so auch diejenigen Angriffe erkennt, die aus einer unbekannten Malware oder IP-Adresse stammen oder andere Hinweise dieser Art geben. Diese bringen auch neue Herausforderungen mit sich, denn je mehr Verdachtsfälle aufkommen, desto mehr Analyseschritte sollten von Menschen gemacht werden.

In der aktuellen Cybersicherheitslage bleibt quasi keine Reaktionszeit mehr. Wie kann künstliche Intelligenz helfen?
Aufgrund der aktuellen Konfliktsituationen gehen viele fälschlicherweise davon aus, dass die Gefahr einer Cyberattacke für Unternehmen generell größer geworden ist. Bis auf einige Unternehmen aus dem Bereich der kritischen Infrastruktur (wie Öl-, Gas,- Elektrizität, Transport, etc.) ist dies allerdings nicht unbedingt der Fall. Für diese Unternehmen wird AI allerdings auch nicht alles allein stemmen können. Es ist jedoch ein wichtiger erster Schritt, wenn Firmen beispielsweise auf eine verlässliche XDR-Lösung (Extended Detection & Response) setzen und diese mit den Fähigkeiten eines potenten Security-Dienstleisters verbinden. Zusätzlich braucht es Incident-Response-Pläne. Ihnen kommt wahrscheinlich die größte Bedeutung zu, da sie die Richtlinien für alle konkreten Maßnahmen sind, die im Falle eines Angriffs getroffen werden: beispielsweise welche Abteilung muss welche Schritte einleiten, um den Angriff so schnell wie möglich abzuwehren und so den Schaden zu minimieren.

Auch Cyberkriminelle besitzen Zugang zu künstlicher Intelligenz. Welche Szenarien sehen Sie auf uns zukommen?
Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Auch Cyberkriminelle haben natürlich längst die Vorteile von KI erkannt und nutzen diese. Sie ist vor allem dann hilfreich, wenn es um große Mengen an Daten und Informationen geht. Angreifer nutzen KI inzwischen an vielen verschiedenen Stellen und sie wird sowohl bei DDOS oder Brute-Force Attacken und Kampagnen genutzt. Ebenso kommt sie auch für ausgeklügelte Vorgehensweisen wie Phishing-Aktivitäten zum Einsatz. Die Hacker testen mithilfe künstlicher Intelligenz automatisiert eine Vielzahl an Versionen und Möglichkeiten.

Sie haben Einfluss auf die Aktualisierung der Nato-Cybersicherheit gehabt? Welche Erfahrungen nehmen Sie aus diesem Prozess mit?
Die Experten der NATO sind – Gott sei Dank – wirklich gut vorbereitet. Test und Recherchen bilden das Fundament für das Design. Wir können in erster Linie mit Fachexpertise im Umgang mit den genutzten Systemen weiterhelfen. Da wir diese in vielen verschiedenen Einrichtungen und Organisationen einsetzen, sind wir mit verschiedensten Situationen konfrontiert und haben so einen umfassenden Überblick. Dies und die Erfahrungen aus der Praxis sowie konkreter Anwendungsfälle haben SOCWISE dazu befähigt, die kontinuierliche Entwicklung der NATO zu unterstützen.
Der militärische Anwendungsfall ist natürlich ein besonderer. Diese Organisationen basieren auf sehr durchgetakteten und strengen Prozessen. Da es hier im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod gehen kann, ist noch einmal ein besonders detailliertes Know-how erforderlich, welches in vielen Lernprozessen und konkreten Schulungen angeeignet werden muss. So können die IT-Teams der NATO in der Wartung ihrer Prozesse völlig unabhängig sein und diese selbstständig durchführen. Dies ist im militärischen Einsatzbereich einzigartig und eröffnet neue Perspektiven und Möglichkeiten bei jedem einzelnen Schritt der Implementierung.

Warum hat die digitale Transformation ohne Vertrauen in Daten keine Chance?
Das ist eine sehr interessante Frage. Auf der einen Seite müssen wir über valide, nicht kompromittierte, saubere und nicht dublizierte Daten verfügen. Das ist der Minimalstandard, um das eigene Unternehmen auf digitalen Informationen und Tools aufzubauen. Die Rolle der Informationssicherheit ist es nun, die Integrität, Verlässlichkeit und Verfügbarkeit dieser ganzen Daten für den Menschen und die restlichen Systeme sicherzustellen. In anderen Worten: auch die Anwendungen sind Daten. Es gibt keine moderne Organisation, die nicht darauf vertrauen muss.
Auf der anderen Seite sagt die Zero-Trust-Philosophie, dass wir keiner Quelle oder Entität vertrauen dürfen, bevor wir wissen, dass ihr Einfluss sicher ist. Ansonsten kann unser gesamtes System in Gefahr geraten. Deshalb sind Zugangs- und Identitätsmanagement, sowie die Verhinderung von Datenverlust und ungewollter Verschlüsselung essentiell für die Resilienz von Unternehmen.

Was raten Sie den Verantwortlichen jetzt?
Wir raten Organisationen immer, dass sie mit einer Einschätzung anfangen sollen: Führen Sie eine grundsätzliche Risikobewertung durch und analysieren sie dann, welche Fähigkeiten Ihnen zur Identifizierung und Abwehr von schädlichen Vorgängen zur Verfügung stehen. Wir haben auch Methoden um herauszufinden, wo die Schwachpunkte der industriellen Netzwerke und Prozesse liegen. Diese Analyse versetzt Unternehmen in die Lage, die möglichen Konsequenzen eines Angriffs oder eines anderen katastrophalen Vorfalls ( denn nicht alle sicherheitsrelevanten Vorfälle sind immer auf einen Angriff zurückzuführen) und die Möglichkeiten sich von diesem zu erholen, abzuschätzen. Die Erfahrung zeigt, dass das Management in den meisten Fällen einen falschen Eindruck von ihren verwundbarsten Stellen haben und nur sehr wenig Informationen darüber besitzen, welche Strategien, Kosten und andere Voraussetzungen mit einem solchen Vorfall verbunden sind und das trotz der Qualitätssicherung und Regularieren.


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Photo by Philipp Katzenberger on Unsplash


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Next home – Wie wohnt Deutschland übermorgen

Wir sprachen mit Mathias Bork, Geschäftsführer von QVC Deutschland über das „digitale Zuhause“ und die Bedeutung desselben für das Konsumverhalten.

Mathias Bork: „In unserer „Next Home“-Studie kristallisiert sich heraus, dass rund die Hälfte der Deutschen befürchtet, dass die Digitalisierung mehr und mehr unsere Sinne einseitig fordert.“

Herr Bork, Ihr Unternehmen QVC hat mit „Next Home – Wie wohnt Deutschland übermorgen“ eine weitere Zukunftsstudie herausgebracht. Was sind die zentralen Erkenntnisse der Studie?
Die letzten zwei Jahre haben uns allen vor Augen geführt, welch große Rolle digitale Technologien in unserem Alltag spielen. Heute mehr als je zuvor. Beruflich wie privat. Unser Wunsch nach Multifunktionalität und Virtualität ist durch die Pandemie rasant gestiegen. Das Metaversum wurde in den letzten Jahren zum neuen Treffpunkt und das „digitale Zuhause“ zu unserer neuen Wirklichkeit. Unsere „Next Home“-Studie bestätigt dies und zeigt, dass diese Digitalisierung des Lebens und unser Verlangen nach Virtualität in Zukunft sogar noch weiter zunehmen wird.

Sie sprechen vom „digitalen Zuhause“. Was können wir uns darunter vorstellen?
Das „digitale Zuhause“ ein Ort für Freizeit, Entertainment, Shopping und Arbeit – alles auf der digitalen Ebene. Hier spielen Aspekte wie Augmented Reality und Smart Home eine wichtige Rolle. So haben wir im „digitalen Zuhause“ berufliche Besprechungen online per Video-Chat, treffen unsere Freund*innen und Familien im Virtuellen Meetingpoint, lassen uns von Smart-Home-Helfern Einkaufslisten zusammenstellen und bestellen unsere Konsumgüter im Internet.

Was bedeutet das alles für unser Konsumverhalten?
Dieser digitale Fortschritt hat einen großen Einfluss auf unser Shopping-Verhalten. Heute gibt es kaum noch etwas, was wir nicht kontaktlos von zuhause aus einkaufen können. Live-Shopping, ein Vertriebsweg den QVC groß gemacht hat, hat einen Boom auf diversen Plattformen erlebt. Und die Technologien und damit die Möglichkeiten entwickeln sich immer weiter, bieten uns immer mehr an, machen immer mehr möglich. Und so gehen unsere „Next Home“-Zukunfts-Experten davon aus, dass Virtual Reality Shopping per Livestream 2040 zur absoluten Normalität wird – sowohl für die Unternehmen als auch die Verbraucher*innen.

Alles verlagert sich ins Digitale – verändert sich auch unser Verhältnis zu unserem Aussehen?
Unser Aussehen wird zukünftig eine immer größere Rolle spielen. Speziell unsere Haut. Auch hier der Grund: die steigende Virtualität. Social Media, Video-Chats, online Netzwerke – vieles findet schon heute nur noch auf dem Screen statt. Wir sind mittlerweile darauf konditioniert, auf Bildschirmen möglichst gut aussehen zu wollen. Und da uns in Zukunft ein stetig wachsender Markt an virtuellen Technologien erwartet, gehen unsere Forscher davon aus, dass unsere Haut bis spätestens 2040 das Symbol für Gesundheit und Vitalität sein wird.

Wie werden wir also in Zukunft leben und arbeiten?
Unsere Lebensbereiche sind bereits heute stark miteinander verschmolzen. Das Büroleben, wie wir es bis vor der Pandemie kannten, wird es laut unserer Studie bis 2040 so also nicht mehr geben. Stattdessen wird sich die Kultur der hybriden Arbeitsmodelle immer weiter etablieren. Was als Notlösung während der Pandemie startete, ist ganz klar die Arbeitswelt von morgen. Neben Activity-Based-Working ist Home-Office wohl das Stichwort der Zukunft. Dafür wird es auch auf der architektonischen Seite immer mehr Anpassungen geben: unser Zuhause wird ein zunehmend flexibel nutzbarer Raum werden, der auf immer kleiner werdender Fläche immer mehr Aktivitäten zulässt.

Wo sehen Sie den Ausgleich zum digital geprägten Alltag / der Beschleunigung?
In unserer „Next Home“-Studie kristallisiert sich heraus, dass rund die Hälfte der Deutschen befürchtet, dass die Digitalisierung mehr und mehr unsere Sinne einseitig fordert. Unsere Experten sehen deshalb einen vermehrten Wunsch nach handwerklicher Betätigung und der Beschäftigung mit haptischen und vor allem analogen Dingen als Gegentrend zu all der Digitalisierung.


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Photo by Jan Antonin Kolar on Unsplash


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Cybersicherheit: Mensch und Maschine im Team

Die Cyber-Sicherheitslage ist volatil. Eine Kombination von Technologie und Schulungen der Mitarbeiter scheint da ideal zu sein. Das funktioniert aber nur, wenn diese, wie Ingo Schäfer von Proofpoint ausführt, nicht wie eine Pflichtübung anmuten. Darüber und über die generellen Trends im IT-Security-Bereich sprachen wir mit ihm.

Herr Schäfer, die bei Cyberkriminellen beliebte Malware wie Emotet ist nicht tot zu kriegen. Proofpoint gestaltet zahlreiche Analysen und betreibt viel Research-Arbeit. Was sind da die Trends aus Ihrer Sicht? Mit welchen Szenarien müssen wir rechnen?
Tatsächlich ist die Bedrohungslandschaft sehr volatil und entwickelt sich ständig fort. Im Allgemeinen gibt es nur wenige Gewissheiten in diesem Bereich. Eine davon ist jedoch, dass Cyberkriminelle, egal ob finanziell motiviert oder staatlich gelenkt, alles tun, um den Menschen als Schwachstelle auszunutzen.
Ein Trend, der sich darüber hinaus abzeichnet, besteht darin, dass bestimmte APIs (Schnittstellen von Anwendungen) angegriffen werden, um Lieferketten zu kompromittieren. Dies ist ein Beleg dafür, wie innovativ die kriminellen Akteure sind und dass sie ständig neue Tools zur Ausnutzung von Schwachstellen verwenden. Die menschliche Komponente bei Cyberangriffen, z. B. die Gefahr, Opfer von Social Engineering oder Insider-Bedrohungen zu werden, verstärkt sich mit dem Trend hin zu hybriden Arbeitsformen. Da die Fluktuation unter der Belegschaft vieler Unternehmen aktuell sehr groß ist, entsteht dadurch eine wachsende Qualifikationslücke im Bereich der Cybersecurity. Dies hat Auswirkungen auf die Sicherheit von Organisationen insgesamt, wodurch sich der Bedarf an effektiver Automatisierung in diesem Bereich massiv erhöht.
Zudem ist davon auszugehen, dass Bedrohungen rund um die Cloud weiter zunehmen und im Zuge der Cloud-Migration vieler Unternehmen auch kostspieliger werden. Auch der Gesetzgeber wird hier voraussichtlich nicht untätig bleiben, sondern die Vorschriften zur Stärkung der Cybersicherheit dürften in den nächsten Jahren erheblich ausgebaut werden. Standardisierte Meldepflichten im Falle von Sicherheitsverletzungen werden sich dabei als notwendig erweisen. Und auch im Bereich der Cyberversicherungen wird sich einiges verändern, da sich die Branche einer Explosion an Forderungen gegenübersieht. In der Folge müssen viele Unternehmen selbst für ihre Sicherheit sorgen, weil dieser Schutzschirm im Fall der Fälle möglicherweise nicht mehr alle Schäden abdecken kann.

Wie kann KI vielleicht helfen, die Mitarbeitenden unterstützen, wenn es um Fragen der IT-Sicherheit geht?
Besonders die Erkennung von textbasierten Angriffen wie im Falle von BEC (Business Email Compromise, auch CEO-Betrug genannt), bei denen keine Malware oder präparierte Web-Links verwendet werden, ist eine Herausforderung für klassische Security-Lösungen. Hier können KI- und Machine-Learning-Technologien einen wichtigen Beitrag leisten, um derartige Angriffe frühzeitig zu erkennen und eine Zustellung an das Postfach des Benutzers zu unterbinden.
Bei Proofpoint haben wir es zu unserer Aufgabe gemacht, den Schutz unserer Kunden mit Hilfe von KI und Machine Learning erheblich zu verbessern, um die größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Proofpoints Targeted Attack Protection (TAP) beispielsweise erkennt Bedrohungen, die auf Menschen und ihre Daten abzielen, und zwar in den Tools, die sie in ihrem Arbeitsalltag nutzen. Es verfügt über mehrere Machine-Learning-Engines zur Identifizierung von Bedrohungen bzw. zusammengesetzter mehrstufiger Bedrohungen, der Klassifizierung von Beziehungen im Rahmen der Kommunikation, der Klassifizierung von Mitarbeitern in Schlüsselpositionen sowie der Bewertung und Identifizierung von sich verändernden Webseiten bzw. Links. Dadurch werden nicht nur neue und noch unbekannte Bedrohungen erkannt, sondern diese Daten werden auch für die künftige Erkennung genutzt.

Welche Ratschläge geben Sie IT-Sec-Verantwortlichen mit auf den Weg für die kommenden Monate?
Ganz generell lässt sich festhalten, dass eine Kombination aus Technologie und auf den Menschen ausgerichteter Maßnahmen in Sachen Cybersicherheit den größtmöglichen Schutz bietet. Wir empfehlen Unternehmen, einen personenzentrierten, also am Menschen ausgerichteten Sicherheitsansatz zu verfolgen, der alle Beteiligten (Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner) vor Cyberbedrohungen schützt. Zudem müssen die Security-Verantwortlichen technische Maßnahmen wie eine mehrschichtige Verteidigung am Netzwerk-Edge, am E-Mail-Gateway, in der Cloud und am Endpunkt ergreifen. Ferner ist es unerlässlich die eigenen Mitarbeiter regelmäßig für aktuelle Cyberbedrohungen in umfassenden Benutzerschulung zu sensibilisieren und ihnen dabei das nötige Rüstzeug mit auf den Weg zu geben, diesen Gefahren zu begegnen. Benutzer müssen verinnerlichen, dass alle E-Mails, die sie unaufgefordert erhalten, mit Vorsicht zu genießen sind, insbesondere solche, die eine Handlung vom Benutzer verlangen – beispielsweise in Form einer Aufforderung, einen Anhang herunterzuladen bzw. zu öffnen oder auf einen Link zu klicken bzw. Anmeldedaten oder sensible Informationen mitzuteilen.


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Photo by sebastiaan stam on Unsplash


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Namensnennung — Sie müssen angemessene Urheber- und Rechteangaben machen, einen Link zur Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Diese Angaben dürfen in jeder angemessenen Art und Weise gemacht werden, allerdings nicht so, dass der Eindruck entsteht, der Lizenzgeber unterstütze gerade Sie oder Ihre Nutzung besonders.

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Der Booster für die Entwicklung: Low-Code-Plattformen

Autor Kai Hinke, Leiter Consol CM Software bei Consol: Die Nutzung von Low-Code-Plattformen liegt voll im Trend. Er schreibt über Anwendungsfälle für beide Technologien.

„Low-Code-Plattformen sind eine Art Baukasten für die Software-Entwicklung“, so Kai Hinke.

Zentrale Treiber dieses Trends sind der Nachholbedarf in der Digitalisierung europäischer Unternehmen und der sich verstärkende Fachkräftemangel in der IT-Branche. Der zentrale Vorteil des Low-Code-Ansatzes ist die schnelle Entwicklung und Adaption von Applikationen.

Low-Code-Plattformen fungieren als eine Art Baukasten für die Software-Entwicklung. Sie unterstützen die einfache Modellierung der Businesslogik beziehungsweise der Prozesse, Datenmodelle und Benutzeroberfläche. Mit grafischen Benutzeroberflächen und Editiertools können Anwender Anpassungen an Applikationen einfach und schnell per „Drag and Drop“ durchführen.

Von Low-Code-Plattformen zu unterscheiden sind No-Code-Lösungen. Mit ihnen können Applikationen vollständig ohne Scripting- beziehungsweise Programmieraufwand über grafische Editoren adaptiert werden. Aufgrund des eingeschränkten Funktionsumfangs sind komplexere Anforderungen in der Regel nicht umsetzbar, etwa im Hinblick auf die Abbildung von vielschichtigen Prozessen oder Datenstrukturen. Auch den Datenaustausch mit Drittsystemen, insbesondere unter Einbindung der Businesslogik, unterstützen No-Code-Plattformen nur sehr eingeschränkt oder überhaupt nicht. Folglich eignet sich die No-Code-Nutzung nur für relativ einfache Anwendungsfälle.

Mit Low-Code-Tools hingegen können Nutzer nicht nur einfache, sondern auch komplexe technische und fachliche Aufgaben mit einem geringen Programmier- oder Scripting-Aufwand erledigen. Sie unterstützen auch die Umsetzung vielschichtiger organisatorischer und prozessualer Anforderungen oder die Interaktion und den Datenaustausch mit Drittsystemen im Unternehmen. Während mit No-Code bereits IT-affine Fachabteilungen Lösungen erstellen können, erfordern Low-Code-Ansätze die Einbindung von IT-Experten, wobei es allerdings nicht zwingend Programmierer sein müssen. Das heißt: Auch wenn das Konzept letztlich auf den Citizen Developer abzielt, also den Fachbereichsentwickler, sollte die Plattformeinführung nicht allein in die Hände von Fachabteilungen gegeben werden. Es handelt sich dabei immer noch um ein zentrales IT-Projekt. Die Fachabteilungen können zwar neue Lösungen auf Basis der Plattform autark und damit viel agiler erstellen und adaptieren, aber die IT bleibt für Wartung, Updates oder Support verantwortlich.

Wichtige Funktionen einer Low-Code-Plattform

Aufgrund des größeren Funktionsumfangs und der höheren Flexibilität werden vor allem Low-Code-Plattformen weiter an Attraktivität gewinnen. Es gibt dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Lösungsansätze. Bei der Auswahl einer konkreten Variante sollte ein Unternehmen darauf achten, dass sie prinzipiell ohne Programmierung auskommt. Eine Programmierung kann zum Beispiel dann erforderlich sein, wenn gänzlich neue Funktionskomponenten entwickelt werden müssen, die das „Low-Code-Baukastensystem“ nicht mitbringt, oder um eine individuelle Kundenschnittstelle zu integrieren.

Eine leistungsstarke Low-Code-Plattform bietet in erster Linie funktional umfangreiche und leicht bedienbare Editoren für die flexible anforderungsspezifische Anpassung von Prozessen, Businesslogik und Datenmodellen. Für die Umsetzung komplexer Anforderungen ist eine Scripting-Engine erforderlich. Ebenso wichtig sind ausgereifte Deployment-Mechanismen für die einfache Übertragung von Systemanpassungen in die Produktivumgebung und Standard-Schnittstellen für den Datenaustausch mit Drittsystemen. Nicht zuletzt sollte die Plattform auch ein Cloud- und On-Premises-Nutzungskonzept unterstützen, um die verschiedenen infrastrukturellen Anforderungen der Anwender abzudecken.

Einfache Optimierung eines Reklamationsprozesses

Ein typischer Reklamationsprozess, wie er vor der Optimierung durch eine Low-Code-Plattform aussah. Quelle: Consol

Low-Code-Entwicklungsplattformen ermöglichen Nutzern, neue Prozesse selbst zu definieren beziehungsweise Änderungen und Optimierungen an bereits modellierten Prozessen eigenständig vorzunehmen. Dabei kann der Benutzer sich auf die zu implementierenden Funktionen fokussieren, ohne zu wissen, wie der Quellcode zu schreiben ist.

Ein Beispiel kann dies verdeutlichen: die einfache und schnelle Optimierung eines Reklamationsprozesses, der durch eine Digitalisierungs- und Low-Code-Plattform abgebildet wird. Muss in einem Unternehmen jede Gutschrift – auch bei kleinsten Beträgen – von einem Teamleiter genehmigt werden, führt dies zu erhöhten Aufwänden für die Vorgesetzten. Um die Teamleiter zu entlasten, können die Bearbeiter die Möglichkeit erhalten, Gutschriften beispielsweise bis zu 100 Euro eigenständig zu veranlassen. Diese Möglichkeit soll allerdings nur optional bestehen, sodass bei Unklarheiten weiterhin eine Genehmigung angefragt werden kann.

Für die Umsetzung eines solchen Szenarios sind in einer Low-Code-Plattform wie Consol CM lediglich zwei Anpassungen erforderlich: Erstens muss der Anwender ein neues Datenfeld „Genehmigung anfragen?“ mit den Optionen „Ja“ und „Nein“ anlegen. Zweitens muss er den Prozess dahingehend ändern, dass die Vorgänge bei „Nein“ den Genehmigungsprozess überspringen.

Das Anlegen des neuen Datenfeldes erfolgt bei Consol CM im Menü „Vorgänge, Untermenü „Vorgangsfelder“. Der Benutzer wählt die bereits existierende Feldgruppe „Reklamation“ aus und klickt auf den Button „Neues Feld“. Im geöffneten Fenster gibt er im Tab „Felddaten“ den Namen für das Feld ein und wählt als Feldtyp „Boolean“ aus: Danach filtert der Benutzer im Tab „Einstellungen“ nach „boolean“ und wählt unter „Boolean-Darstellung“ die Option „Radio-Buttons“. Dies führt dazu, dass das Feld als Radio-Buttons mit den Optionen „Ja“ und „Nein“ dargestellt wird. Zuletzt wird das Feld durch Klicken auf „Feld erstellen“ gespeichert. Die Prozessänderung erfolgt anschließend im Menü „Geschäftslogik“, Untermenü „Workflows“ ebenfalls in wenigen Schritten.

Der neue Workflow „Gutschrift vorbereiten“, „Gutschrift veranlassen“ und „An Genehmiger übergeben“ nach der Änderung des Reklamationsprozesses im Überblick. Quelle: Consol

Diese Änderung des Reklamationsprozesses kann der Anwender ohne spezifische Programmierkenntnisse mit intuitiv bedienbaren grafischen Modellierungswerkzeugen durchführen. Im Ergebnis kann der jeweilige Sachbearbeiter dann im Web-Client entscheiden, ob er eine Genehmigung anfragen will.

Insgesamt wird der Markt für Low-Code-Plattformen weiter dynamisch wachsen, wie führende Marktforschungsunternehmen prognostizieren. Immer mehr Unternehmen werden Anwendern aus den Fachabteilungen, die idealerweise eine gewisse IT-Affinität mitbringen und geschult wurden, die Verantwortung für ihre Prozesse und Applikationen übertragen. Schließlich wissen die Fachabteilungen durch die täglichen Abläufe selbst am besten, an welchen Stellen Optimierungspotenziale bestehen. Die abgeleiteten Maßnahmen können die Mitarbeiter in einer Low-Code-Entwicklungsumgebung dann ohne Kommunikationsbruchstellen zu IT-Experten direkt in der Software umsetzen.

* Kai Hinke ist Leiter Consol CM Software bei Consol

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Mitarbeiter wollen mehr als nur Obstkörbe

Von Barry Schillemans, HR Director beim Digital-Dienstleister Macaw

Obstkörbe, Ermäßigungen im Fitnessstudio und Homeoffice? Aktuelle Stellenanzeigen sind voller verlockender Angebote, die vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen wären. Spannend jedenfalls, wie sich die Unternehmenskultur so rasant gewandelt hat. Doch so schön die Benefits für die Mitarbeitenden auch sind, es geht um viel mehr als das. Die Basis für die Zukunft der neuen Arbeitswelt heißt Vertrauen.

Der schnelle technologische Fortschritt in der IT verändert nicht nur unsere Lebensweisen und das Warenangebot, sondern auch die Arbeitswelt. All diese Transformationen geschehen in einer atemberaubend schnellen Zeitspanne und erhielten besonders im digitalen Sektor durch die Corona-Krise einen zusätzlichen Boom.

Die globalen Auswirkungen der Pandemie sind auch nach zwei Jahren noch nicht endgültig absehbar. Diese Krise hat Vieles verändert, unter anderem das Verbraucherverhalten und eine verstärkte Konzentration auf die Online-Welt. Arbeitgeber waren plötzlich gezwungen, auf eine neue Arbeitskultur zu setzen, die vermehrt auf Homeoffice, mobiles Arbeiten und Kollaborations-Software aufbaut. Auch wenn für einige Unternehmen hier die Herausforderungen größer waren als für andere, ist der Prozess generell gelungen. Arbeitnehmerinnen erhielten mehr Flexibilität, sie waren nicht mehr auf die Arbeit im Büro angewiesen und konnten Berufliches mit Privatem einfacher vereinbaren.

Auch wenn die Zukunft der Arbeitswelt nicht allein vom Homeoffice abhängt, bietet es zahlreiche Vorteile für alle Beteiligten, angefangen von Ressourcen- und Zeitersparnissen dank entfallendem Arbeitsweg über mehr Freiheiten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis zu sinkenden Mietkosten für Büroflächen. In Zeiten des Klimawandels und der steigenden Bedeutung an nachhaltigen Unternehmensentscheidungen keine unwichtigen Aspekte.

Homeoffice ist aber nur ein Baustein, auf dem die zukünftige Arbeitswelt aufbaut. Mitarbeiter wollen flexibel sein, Arbeitsorte selbst bestimmen und in Unternehmen mit offenen Strukturen arbeiten. Diese Anforderungen gehen Hand in Hand mit einer wichtigen Voraussetzung: Vertrauen. Die Zeiten von alternativloser Büroarbeit sind vorbei. Arbeitgeber tun gut, ihren Angestellten das Vertrauen entgegenbringen, die anfallenden Workloads auch außerhalb der Büroräume in verteilten Teams und eigenständig zu bewältigen. Die dafür notwendigen Software-Tools erhielten durch die Corona-Krise ebenfalls einen gewaltigen Boost, sodass asynchrones Arbeiten, zeitlich sowie räumlich, keine Herausforderung mehr darstellt. Ständige Kontrolle ist veraltet und passt nicht zur modernen Arbeitskultur innovativer Unternehmen. Wir haben gelernt: Die Produktivität der Belegschaft ist mit der Anwesenheit am Arbeitsplatz nicht verknüpft. Bei diesem Paradigmenwechsel kommt Führungskräften eine wichtige Rolle zu.

Sie müssen akzeptieren: Arbeitnehmende bevorzugen verstärkt die Möglichkeit der flexiblen Arbeit an Stelle einer Beförderung oder Gehaltserhöhung. Und die mentale Gesundheit? Stress am Arbeitsplatz bis hin zu Burnouts ist ein massives Problem, bei dem die Führungskräfte verstärkt handeln müssen. Hier gilt es, Mitarbeiter zu unterstützen, zu coachen und auf individuelle Stärken und Schwächen einzugehen. Während einige Arbeitnehmer kaum noch eine Grenze zwischen Arbeit und Privatem im Homeoffice kennen und so erhöhtem Stress ausgesetzt sind, vereinsamen andere aufgrund der fehlenden sozialen Kontakte und Schnittstellen, wie sie ein Büro bietet.

Bei der Umsetzung der neuen Arbeitswelt gibt es kaum so gute Ratgeber wie die Mitarbeiter selbst. Möglichkeiten, Wünsche oder die Organisation der Arbeitsstrukturen sollten daher immer individuell oder im Team besprochen werden – gesteigerte Produktivität und erhöhtes Wohlbefinden können die Folgen sein. Nur Angestellte, die sich verstanden und wertgeschätzt fühlen, werden dem Team und der Firma verbunden sein.


So gelingt „menschenzentrierte“ Software

Mitarbeiter und Kunden wünschen sich heute Software, die auf ihre Vorlieben, Unterschiede und sogar Emotionen zugeschnitten ist. Svetlin Nikolaev, Director of Innovation and User-Experience bei Progress, erläutert drei Erfolgsfaktoren für die Entwicklung „menschenzentrierter“ Lösungen.

Nutzern genügt es heute nicht mehr, wenn Software einfach nur einwandfrei funktioniert und sich unkompliziert bedienen lässt. Sie erwarten, dass sie auch ihren persönlichen Vorlieben, Gewohnheiten und Lebenssituationen entspricht. Unternehmen, die diese Erwartungen mit ihrer Software erfüllen, haben zufriedenere Mitarbeiter und treuere Kunden.

Dazu müssen Unternehmen „Human-centric Software“ entwickeln: Software, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Progress erläutert, wie ihnen das gelingt.

  1. Möglichst viele Menschen als potenzielle Nutzer betrachten. Herkömmlicherweise haben Unternehmen bei der Entwicklung von Software fest definierte Zielgruppen im Auge. Diesen Ansatz sollten sie erheblich erweitern. Sie müssen möglichst viele Menschen als potenzielle Nutzer ihrer Software betrachten. Dabei stellen sich häufig auch positive Nebeneffekte ein. Entwickeln sie beispielsweise eine Software, die sich an Menschen mit körperlichen Einschränkungen anpasst, können davon auch andere User profitieren: etwa der Vater im Homeoffice, der gerade nur eine Hand frei hat, weil er mit der anderen sein Kind hält.
  2. Die Verantwortung für die User Experience auf breite Teams übertragen. Die Verantwortung für die User Experience von Software darf nicht allein den UX-Designern aufgebürdet werden. Um sich in den Lebensstil und die Mentalität möglichst vieler Menschen hineinzuversetzen und ihre individuellen Bedürfnisse, Motivationen und Herausforderungen zu verstehen, braucht es breit aufgestellte Teams. Sie sollten nicht nur alle umfassen, die an der Erstellung und Betreuung von Anwendungen beteiligt sind, also Designer, Entwickler, Tester und Support-Mitarbeiter, sondern sich idealerweise bis hin zu Produktmanagement, Sales und Marketing erstrecken.
  3. Machine-Learning-Modelle regelmäßig überprüfen und validieren. Eine Schlüsseltechnologie für die Personalisierung von Software ist Machine Learning. Obwohl man diese Technologie für objektiv halten könnte, haben zahlreiche Fälle bereits gezeigt, dass Algorithmen Vorurteile entwickeln und dadurch falsche Entscheidungen treffen können. Deshalb sollten Unternehmen die Machine-Learning-Modelle, die sie zur Personalisierung ihrer Software einsetzen, regelmäßig auf ihre Objektivität hin überprüfen.

Der Digitalisierungsschub der vergangenen zweieinhalb Jahre hat die Erwartungshaltung der Menschen nachhaltig verändert. Sie wünschen sich heute empathische Softwaresysteme, die auf ihre Vorlieben, Unterschiede und sogar Emotionen zugeschnitten sind. Wollen Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit weiterhin steigern, führt kein Weg mehr an der Entwicklung menschenzentrierter Software vorbei.


Wie Unternehmen und Verbraucher nicht auf Rechnung der Umwelt (be)zahlen

Ben Knight, Head of Environmental Sustainability bei GoCardless, zeigt im Sinne von Nachhaltigkeit auf ein unterschätztes Potenzial: den Bezahlvorgang.

Für ein nachhaltigeres Leben ändern viele Deutsche ihre Ernährungsweise (26 Prozent), reisen nicht mehr mit dem Flugzeug (28 Prozent) oder haben ihr Auto verkauft (12 Prozent). Dies zeigt eine Befragung im Auftrag vom Fintech GoCardless unter 2.006 Verbrauchern in Deutschland. Es gibt eine besonders einfache weitere Möglichkeit, um seinen CO2-Fußabdruck zu verringern: Zahlungen. Die Befragung zeigt, dass jeder zweite Konsument (51 Prozent) in Deutschland für eine Verringerung der Umweltbelastung bereit wäre, von seiner derzeit bevorzugten Zahlungsmethode auf eine andere umzusteigen. Wie umweltfreundlicheres Bezahlen funktioniert, welche ESG-Auswirkungen es im Einzelnen hat und ob eine nachhaltigere Zukunft „kartenlos“ sein könnte, dazu mehr in diesem Beitrag.

Environment – Umweltfreundliches Bezahlen

Für die Umweltbelastung von Zahlungen vergleichen wir direkte Bankzahlungen mit Kartenzahlungen. Eine typische Transaktion per Kartenzahlung umfasst acht Zwischenschritte. Im Gegensatz dazu hat die gleiche Transaktion als Konto-zu-Konto-Zahlung nur zwei Zwischenschritte. Bei einer Konto-zu-Konto-Zahlung wird ein Betrag direkt von einem Konto auf ein anderes überwiesen. Zusätzliche Vermittler oder Zahlungsinstrumente, wie sie bei Kartenzahlungen erforderlich sind, werden nicht benötigt.

Durch weniger Schritte wird weniger Energie verbraucht. Kartentransaktionen, wie z. B. Lastschriften und Überweisungen die direkt über Konto-zu-Konto-Zahlungen abgewickelt werden, sparen im Vergleich 75 Prozent der Energie und potenziell damit verbundene CO2-Emissionen. Im vergangenen Jahr hätten – auf Basis von 787 Milliarden Transaktionen – so Emissionen gespart werden können, die mehr als 62.000 Hin- und Rückflügen von London nach Sydney entsprechen.

Aber nicht nur der Energieverbrauch pro Zwischenschritt bei einer Transaktion hat Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch und viel offensichtlicher, die CO2-Emissionen der Kartenhersteller und der mit Karten einhergehende Plastikmüll. Im Jahr 2021 waren weltweit über 17 Milliarden Plastikkarten im Umlauf – das sind 86.000 Tonnen Plastik in unseren Geldbörsen, die meistens sehr schwer zu recyceln sind und deren Produktion so viele Emissionen verursachte, wie ein Dieselauto, das 43.000-mal um die Welt fährt. Interessanter Side Fact: Plastikmüll ist nicht nur eine Bedrohung für die Artenvielfalt in der Tierwelt – eine Million Vögel werden jedes Jahr durch Plastikmüll getötet – auch Menschen nehmen wöchentlich Plastik in der Menge einer Kreditkarte über die Nahrung zu sich.

Ben Knight sieht neben der CO2-Einsparung durch kartenloses Zahlen auch kleinere, lokale Händler im Vorteil, da die Gebühren an Intermediäre entfallen.

Social Impact – Förderung kleinerer Unternehmen und Händler

Aufgrund der geringen Anzahl an Zwischenschritten und Vermittlern bei jeder Transaktion, können über Konto-zu-Konto-Zahlungen nicht nur CO2-Emissionen, sondern auch Kosten für Intermediäre, wie sie bei Kartenzahlungen anfallen, eingespart werden. Eine echte Alternative ist es Konto-zu-Konto-Zahlungen anzubieten. Gerade kleinere und lokale Unternehmen profitieren von der Einsparung der teuren Kartengebühren bei jeder Transaktion. 17 Prozent der deutschen Konsumenten geben an, dass sie bereit wären, komplett auf Kreditkartenzahlungen zu verzichten, damit Unternehmen keine Gebühren an Intermediäre für die Kartenverarbeitung zahlen müssen. 41 Prozent der deutschen Verbraucher würden die Zahlungsweise wechseln, wenn dadurch ein größerer Teil des Geldes, den sie ausgeben, im Unternehmen bliebe und 53 Prozent wären wechselbereit, wenn ein größerer Anteil ihrer Ausgaben der lokalen Wirtschaft zugute käme. Der Trend des bewussten Konsums zeigt sich also nicht nur in Hinblick auf den Einfluss einer Kaufentscheidung auf die Umwelt, sondern auch im Hinblick auf die Unterstützung kleiner und lokaler Anbieter und Geschäfte.

Governance – Zusammenarbeit mit nachhaltigen Zahlungs-Partnern

Unternehmen sollten bei der Wahl von Zahlungsanbietern und anderen -Dienstleistern darauf achten, dass sich diese der Nachhaltigkeit verpflichtet haben. Wichtig ist, dass der Anbieter präzise Messungen der mit der Nutzung eines Dienstes verbundenen Kohlenstoffemissionen durchführt und bereitstellen kann, um Greenwashing zu vermeiden. Eine transparente Berichterstattung zu den CO2-Einsparungen ist auch wichtig für die Entwicklung und Gewährleistung nachhaltiger und verantwortungsvoller Lieferketten.

GoCardless hat sich aktiv verpflichtet, bis 2035 wissenschaftsbasiert Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Zur Erreichung dieser Ziele ist GoCardless der Initiative „Science Based Targets“ (wissenschaftlich fundierte Ziele) beigetreten. Die Initiative bietet Unternehmen und Finanzinstituten einen klar definierten Weg zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Und nicht zuletzt: Auch Kunden freuen sich, wenn sie über eine gewählte Zahlungsoption etwas für die Umwelt tun, somit fördert die Auswahl eines nachhaltigen Zahlungsdienstleisters auch nachhaltig die Kundenbindung.

ESG-Payments – Klimaneutrale Zukunft könnte kartenlos sein


Unternehmen und Verbraucher sollten nicht auf Rechnung der Umwelt bezahlen. Natürlich ist es wichtig, dass Unternehmen aktiv werden, und die Kaufentscheidungen der Verbraucher haben großen Einfluss – aber die Nutzung direkter Bankzahlung benötigt wesentlich weniger Energie als für eine Kartenzahlung. Zudem kann CO2 und Plastikmüll eingespart werden, wenn Karten nicht mehr produziert werden müssten. Die Abkehr von Plastikkarten hat nicht nur weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch einen sozialen und unternehmerischen Impact. Zum einen können Verbraucher durch ihre Bezahlweise kleinere und lokale Unternehmen fördern, die die hohen Transaktionsgebühren für Kartenzahlungen sparen können. Dadurch können sie ihre Margen erhöhen oder wettbewerbsfähigere Preise bieten. Und zum anderen können Unternehmen durch die Wahl von nachhaltig arbeitenden Zahlungsdienstleistern zugleich einen eigenen Beitrag für den Umweltschutz leisten. Sie sollten jedoch darauf achten, dass die Nachhaltigkeit des angebotenen Service des Dienstleisters messbar ist, um Green Washing zu vermeiden.

Um den eigenen CO2-Fußabdruck nachhaltig zu reduzieren, sollten Verbraucher und Unternehmen nicht nur darauf achten, was sie kaufen – sondern auch darauf wie sie bezahlen: Zahlen Sie wann immer möglich kartenlos bzw. bieten Sie kartenlose Bezahlmöglichkeiten für Ihre Kunden an.


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DeFi-Adoption im Krypto-Bärenmarkt

Der weltweite Markt für Kryptoassets ist aktuell von Abverkäufen, Kursrückgängen und Unsicherheit geprägt: Kryptossets verloren an Marktkapitalisierung oder brachen – wie im Falle von TerraUSD und Luna – völlig ein, Krypto-Plattformen stellten ihre Auszahlungen an Kunden ein oder leiden an Liquiditätsproblemen und Miner verkauften ihre Bestände aufgrund steigender Kosten. Eine andere Sphäre des Krypto-Universums zeigt jedoch, dass sinkende Kurse und fundamentale Innovationen kein Widerspruch sein müssen: Der Markt für auf der Blockchain aufbauenden Anwendungen und Dienstleistungen des dezentralen Finanzwesens (DeFi). Das sagt Adrian Fritz, Research Associate des Krypto-ETP-Anbieter 21Shares.  

„DeFi-Anwendungen bauen zum größten Teil  auf der quelloffenen Blockchain Ethereum auf und sind Teil eines allumfassenden Konzepts eines dezentral strukturieren, plattformunabhängigen und  autonomen Internets“, erklärt Fritz. „Die Idee dahinter geht bereits auf die 1970er-Jahre zurück, als eine Reihe von Entwicklern als Reaktion auf den Watergate-Skandal wesentliche Grundsteine zu sogenannten Public-Key-Verschlüsselungsverfahren legten. Letztendlich sollten die Nutzer selbst zur Entschlüsselung, Verschlüsselung und Authenthisierung sensibler Daten ermächtigt werden – eine Dezentralisierung der Infrastruktur bei gleichzeitiger Wahrung der Privatsphäre.“

Adrian Fritz: „Die Anwendungen bauen zum größten Teil  auf der quelloffenen Blockchain Ethereum auf.“

Dezentrale Organisationen, dezentrale Entscheidungen

Aus diesem Grundgedanken heraus ist neben dem Aufstieg und rasanten Wachstum der Krypto-Branche in wenigen Jahren eine beeindruckendes Aufgebot an Projekten entstanden, das von einer steigenden Zahl an Fachkräften weiter aufgebaut  wird. Allein 2021 stieg die Anzahl der Web3-Entwickler um 65 Prozent, auf rund 18.000[1] – die Branche bietet Lösungen für verschiedenste Anwendungsfälle: Sogenannte Smart Contracts ermöglichen schon heute vertrauenswürdige und zuverlässige Abkommen zwischen anonyomen Partnern ohne die Einbindung von Akteuren wie Dritten. „Es ist diesem erlaubnislosen Charakter zu verdanken, dass DeFi-Handelsplätze wie Aave oder Uniswap entstehen konnten. Diese ermöglichen das Tauschen und das Ent- und Verleihen von Assets auf Peer-To-Peer-Basis – ganz wie im gewöhnlichen Bankenwesen, doch ohne die Notwendigkeit einer Bankverbindung“, so Adrian Fritz.

Viele DeFi-Projekte sind zudem als sogenannte dezentrale autonome Organisationen (DAOs) organisiert, die mittels Smart Contracts organisiert und in denen Entscheidungen demokratisch von von allen Mitgliedern getroffen werden. „Obwohl auch DAOs im DeFi-Bereich noch recht jung sind, verwalten sie heute schon ein Vermögen von rund acht Milliarden Dollar“, so Fritz mit Verweis auf entsprechende Daten.[2] Die praktische Anwendung dieses Systems verkörpere das Beispiel Uniswap: Bei jeder Entscheidung der Kryptobörse und größten DAO sind die rund 300.000 Mitglieder abstimmungsberechtigt.

Adoption inmitten des Bärenmarktes

„Sicherlich liegt die weite Verbreitung von DeFi-Angeboten noch in ferner Zukunft“, kommentiert Fritz. „Aufgrund des fundamentalen Potenzials für Demokratisierung, Transparenz und Funktionalität, das die zugrundeliegende Technologie bietet, ist eine breitere Adoption jedoch nur eine Frage der Zeit.“ Das stelle auch die zunehmende Akzeptanz des DeFi-Ökosystems durch institutionelle Akteure inmitten des Krypto-Bärenmarkts eindrücklich unter Beweis. „2021 führte die Regierung der  Vereinigten Arabische Emirate eine offizielle ‚Blockchain-Strategie‘ zur Nutzung digitaler Assets und Optimierung öffentlicher Verwaltung ein. Im April kündigte die britische Regierung an, ihr Land zu einem ‚globalen Hub für Kryptoasset-Innovationen‘ zu machen und Stablecoins als gültige Zahlungsform anerkennen zu wollen. Und diesen Monat gab die Zentralbank von Singapur bekannt, gemeinsam mit JP Morgan die Nutzung von öffentlichen Blockchains zur Kreditaufnahme und -vergabe zu erforschen.“


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„New Work“ und warum Unternehmen empathischer werden müssen

TREND REPORT im Gespräch mit Toby Martin, CEO Extensis, einem Spezialisten für die Verwaltung von Fonts und Digital Assets. Das Unternehmen sitzt in Portland / Oregon. Hier geht es zum Interview im Wortlaut.

Toby, ich freue mich, dass wir heute ein Gespräch darüber führen können, was für Sie „New Work“ bedeutet und warum sich die Unternehmen heutzutage deutlich mehr an den Anforderungen der Kunden orientieren sollten, ja, sogar müssen. Hat sich Ihr Unternehmen tatsächlich neu erfunden? Was war der Anlass dafür? War es die Covid-19 Pandemie?
Die Veränderung in unserem Unternehmen begann bereits vor ca. 3 bis 4 Jahren und hatte nichts mit der Covid-19 Pandemie zu tun. Unsere Kunden waren die Treiber für die Veränderungen, sie gaben den Anstoss dazu. Sie verlangten nach weiteren Möglichkeiten, mit uns zu interagieren. Software-as-a-Service und Cloud-Technologien waren seinerzeit für sie schon wichtiger. Es war der explizite Wunsch der Kunden nach einer verbesserten Produkterfahrung. Uns wurde klar, dass wir tätig werden mussten, um die Anforderungen der Kunden zu berücksichtigen. Ansonsten laufen wir Gefahr, als Unternehmen überflüssig zu werden. Es war also nun an uns, ein Verständnis dafür zu erlangen, was unsere Kunden wie und wann von uns erwarten.

Wie genau muss ich mir diese extern getriebene Veränderung vorstellen?
In den ersten 25 Jahren unseres Bestehens befand sich unsere gesamte Software On-Premises, also direkt bei den Kunden auf deren Servern. Wir wussten nicht genau, wie sie tatsächlich eingesetzt wurde und wie die Kunden mit unserem Produkt umgingen. Wir dachten immer, wir wüssten es. Tatsache aber ist, dass es einen Unterschied zwischen Theorie und Realität gibt. Der Prozess der Transformation von Extensis wurde demnach zu 100 Prozent von unseren Kunden bestimmt. Das bedeutet, wir wurden von einer produktorientierten Organisation zu einer kundenorientierten Organisation. Dies ist die Transformation, die wir in den letzten 4 Jahren vollzogen haben.
Diese Umstellung auf die Unterstützung unserer Kunden hat alles in unserem Unternehmen verändert. Es fing an bei der Art und Weise, wie wir unsere Produkte auf den Markt bringen, wie die Produkte konzipiert und unterstützt werden und vor allem, wie die Zukunft der Produkte aussehen kann. Wir haben uns davon gelöst, was wir bei den Lösungen und Vermarktungswegen zu wissen glaubten. Wir mussten alles neu entwickeln, damit wir einen besseren Zugang zu den Kundenerfahrungen über die tatsächlichen Abläufe haben. Das unterschied davon, was wir glaubten zu wissen. Die Veränderung unserer Produkte unterstützt dies. Wir haben mehr Funktionen integriert, die uns zeigen, was die Kunden tatsächlich nutzen, was sie schätzen und wie sie damit interagieren. So können wir entwickeln, was funktioniert. Im Gegenzug lassen wir weg, was den Kunden nicht nützt. Das war mit den alten On-Premises Produkten der ersten 28 Jahre von Extensis nicht möglich.

Können Sie bereits jetzt sagen, was die wesentlichen Learnings für die Arbeitsweise und Organisation des Unternehmens Extensis waren bzw. sind? Hier geht es mir um Entwicklungsmethoden und Arbeitsmethoden innerhalb Extensis – nicht um das Produkt. Nähert man sich z.B. dem DevSecOps Prinzip an? Zumal der Prozess ja andauert.
Der erste Schritt geschah vor ca. 3 Jahren, als wir ein völlig neues Team für Customer Success einrichteten. Es bestand aus den alten Vertriebs-, Support- und technischen Servicegruppen, wurde aber um viele neue Mitarbeiter erweitert. Sie konzentrierten sich ausschließlich darauf, den Kunden bei Produktneuerungen zuzuhören und bei anderen Gelegenheiten mehr darüber zu erfahren, wie wir ihnen bei der Lösung von Workflow-Problemen helfen konnten. Dieses Team hat sich im Laufe der drei Jahre weiterentwickelt, da wir mehr gelernt haben. Wir haben die Ressourcen so eingesetzt, dass sie den besten Return on Investment für unsere Kunden erzielten. Vor dieser Entwicklung waren wir bereits von der Wasserfallmethode abgekommen (4-5 Jahre zuvor), so dass wir in der Lage waren, unseren Kunden viel schneller Lösungen zu liefern. Sobald wir mehr darüber herausfanden, was am wichtigsten war, konnten wir Produkte und Lösungen schneller liefern. Ohne die Umstrukturierung jedes einzelnen Teams im Unternehmen hätten wir niemals so gut zusammenarbeiten können. Heute und in Zukunft konzentrieren wir uns konsequent auf das, was die Kunden tatsächlich brauchen, und nicht auf das, was sie unserer Meinung nach brauchen könnten oder sollten.

Wurden die Kunden in den Veränderungsprozess einbezogen?
Ja, wir haben die Kunden mit einbezogen. Zunächst haben wir durch einen externen Berater eine Umfrage beauftragt. Außerdem haben wir direkt bei unseren Kunden recherchiert. Im Laufe dieses Prozesses haben wir immer wieder Validierungen durchgeführt, um sicherzustellen, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Die Kunden waren immer involviert und haben uns Feedback gegeben, welche Produktveränderungen und -verbesserungen sinnvoll sind und welche nicht. Wir wollten ganz sichergehen, dass wir Lösungen anbieten, die dazu beitragen, unsere Kunden noch erfolgreicher machen.

Wurde auch die „Organisation“ Extensis als solche verändert? Und wie wurde das interne Team eingebunden?
Das war eine noch größere Transformation. Im Jahr 2018 gab es bei uns eine Vertriebsorganisation, deren Aufgabe es war, Software zu verkaufen. Inzwischen haben wir „Vertrieb“ als Begriff im Unternehmen abgeschafft. Alle Mitarbeiter aus diesem Bereich sind nun zuständig für „Customer Success“. Denn wir sind der Meinung: Wenn man dafür sorgt, dass die Kunden erfolgreich sind, bleiben sie auch eine längere Zeit unsere Kunden.
Wir haben also eine völlig neue Organisationsstruktur eingeführt, vor allem auch für diejenigen Mitarbeiter, die den Umsatz generieren. Dies betraf etwa 40 Prozent des Unternehmens, die nun nach entsprechenden Schulungen zuständig für „Customer Success“, also den Kundenerfolg, geworden sind. Als Folge davon haben sich auch andere Teams innerhalb des Unternehmens verändert: Produktentwicklung und Produktmarketing haben sich ebenfalls an „Customer Success“ orientiert und dementsprechend umstrukturiert.
Ein Teil davon war die Umschulung der Teams. Es ging also nicht nur darum, unsere derzeitigen Mitarbeiter zu verändern, sondern es ging darum, das gesamte Konstrukt unserer Organisation rund um den Kundenerfolg zu verändern. Das hat wiederum dazu geführt, dass auch andere Unternehmensteile ihr Marketing, ihr Produktmanagement und ihre Produktentwicklung umgestellt haben.

Warum ist es für Unternehmen so wichtig, empathischer zu sein?
Wir kennen die Herausforderungen und Probleme. Wir wissen, wie sich die kreative Arbeit in den Agenturen und Unternehmen verändert hat, dies auch durch die vielen neuen digitalen Kanäle und Plattformen. Und auch die Covid-19 Pandemie hat zu diesen Veränderungen beigetragen. Dass dies eines völlig neuen Ansatzes bedarf, war uns klar. Die kreativen Workflows in einer idealen Software-Lösung abzubilden, war unser Ziel. „Empathie“ bedeutet für uns, dass wir auf unsere Zielgruppe gehört haben. Wir haben nicht nur verstanden, sondern auch gefühlt, was notwendig und gewünscht ist. Daraus entstand die neue Cloud Strategie und das völlig neue Produkt „Connect“. Und hier ist der Name Programm, denn dies ist es, was wir bezwecken: Die Kreativen mit ihren Fonts und Assets so zu verbinden, dass sie jederzeit und von überall schnell und lückenlos darauf zugreifen können. So tragen wir dazu bei, dass die Workflows besser gestaltet werden können und die Kreativen tatsächlich mehr Zeit für das Wesentliche erhalten: Grenzenlose Kreativität.

Wie lange hat Extensis für diese Neuorientierung des Unternehmens gebraucht?
Wir haben für diese Veränderung insgesamt etwa 3 Jahre benötigt und eine neue Entwicklungs- und Verkaufsphilosophie eingeführt. Es geht darum, zunächst mit den Kunden zu diskutieren, was notwendig ist, um ihre Arbeitsprozesse sinnvoll zu gestalten und erfolgreich zu sein. Es gilt, eine langfristige Beziehung zu unseren Kunden aufzubauen, anstatt einfach nur Bestellungen entgegenzunehmen und Produkte zu verkaufen. Wir wollen echte Partner für unsere Kunden sein und bleiben. Und wenn wir in einem dieser Bereiche versagen, möchten wir davon erfahren und die Probleme lösen, die wir möglicherweise verursachen. Es handelt sich also um einen sich ständig weiterentwickelnden Prozess, den wir nie abschließen werden.

Wie wirkt sich dieser sich stetig ändernde Prozess auf Ihre Organisation aus?
Oh, das dauert immer noch an. Wir haben den Prozess praktisch jedes Quartal verändert. So bieten wir beispielsweise unserem Team regelmäßig neue Schulungen an. Wir sind ständig auf der Suche nach Veränderungen, die wir nutzen wollen und die es uns ermöglichen, bessere Partner für unsere Kunden zu sein und bessere Produkte anbieten zu können, wie neue Programme, die wir einführen, um unsere Abläufe zu verbessern.
Ein Beispiel ist der Ausbau eines neuen Vertriebsprogramms. Insbesondere in Europa etablieren wir Vertriebskanäle, die nicht nur auf die Technik ausgerichtet sind, sondern zusätzliche Nutzen für unsere Kunden erbringen sollen. Dazu gibt es ebenfalls kontinuierliche Schulungen und professionelle Ansprechpartner. Und wir werden uns auch weiterhin ständig verändern, weil sich die Kunden und der Markt verändern. Wir müssen versuchen, dies zu antizipieren und idealerweise immer einen Schritt voraus zu sein.

Ich bin mir sicher, dass es aufgrund dieser vielen Veränderungen Feedback von Ihren Kunden gegeben hat. Können Sie uns etwas darüber erzählen?
Das erste Feedback war meistens sinngemäß: „Jetzt ist alles plötzlich anders und wir verstehen nicht, warum.“ Wir haben daraufhin mit den Kunden gesprochen, die teilweise schon seit Jahrzehnten unsere Produkte nutzen und haben ihnen unsere Sichtweise erklärt. Es ging darum, zu vermitteln, warum die Veränderung unserer Organisation Vorteile für beide Seiten mit sich bringt. Es gab Kunden, die dies nicht nachvollziehen konnten oder wollten, aber weiterhin mit uns und unseren Produkten arbeiten, weil wir ihnen immer noch einen Mehrwert bieten. Andere Kunden wiederum bestätigten die Sinnhaftigkeit unserer Veränderungen, und dass wir sie, ihre Workflows und die Herausforderungen der digitalen Abläufe verstanden haben.
Mit der Einführung unserer neuen Produkte und Extensis Connect verstehen die Kunden besser, warum wir so gehandelt haben und warum es für sie nun bequemer und sicherer ist. Wir haben eine komplett neue Plattform entwickelt und nicht nur bestehende Lösungen aktualisiert. Die Vorteile liegen auf der Hand: Extensis liefert qualitativ hochwertige Lösungen mit regelmäßigen Updates und die Anwender müssen sich um nichts kümmern. Das bedeutet auch, es ist nicht notwendig, extra IT-Spezialisten mit der Wartung und den Updates zu beauftragen.
Viele der großen deutschen Kunden arbeiten schon eine Weile mit uns zusammen, beispielsweise Agenturen und große Einzelhandelsunternehmen. Einige waren zunächst zögerlich und sie wollten zunächst nicht wechseln, weil es für sie die ganze Zeit ganz gut funktioniert hat. Das Feedback, das wir aber in der letzten Zeit erhalten haben, ist immer positiver geworden, weil unsere Kunden jetzt besser verstehen, warum wir so gehandelt haben und uns komplett neu erfinden wollten. Es kann schwierig sein, Kunden und Partnern zu sagen, dass sie uns vertrauen sollen. Aber für diejenigen, die es getan haben, pflegen wir diese Beziehung weiter und freuen uns darauf, sie in Zukunft auszubauen.

Gehörte Extensis im Vergleich zu den Mitbewerbern zu den ersten, die das Unternehmen umgestaltet haben?
Ich würde die Frage gerne mit „ja“ beantworten, aber die Antwort ist nein. Software-as-a-Service ist nicht neu. Im Kreativbereich hat beispielsweise Adobe das bereits seit vielen Jahren angeboten. Und es werden immer mehr Unternehmen, die einen Wechsel vollziehen. Bei uns ist es so, dass wir tatsächlich bei Null angefangen haben. Es ging also nicht darum, Bestehendes neu zu verpacken und zu sagen „lift and shift“. Es ging darum, den Mehrwert zu definieren, den wir unseren Kunden bieten und, wie wir sagen, „das kreative Chaos mit Schriftenverwaltung und Digital Asset Management zu kontrollieren“. Wir haben nicht einfach gesagt: „Nimm alles und verlagere es in die Cloud“. Wir wollten dies keinesfalls, denn wir hatten gesehen, wie andere es versuchten und gescheitert waren. Also haben wir uns für einen neuen Ansatz entschieden, um dies zu erreichen. Und das dauerte und es kostete natürlich mehr, dies während einer Pandemie zu tun. Das war für uns als Unternehmen eine echte Herausforderung. Aber am Ende ist es tatsächlich eine besser durchdachte Lösung geworden. Wir sind also nicht die ersten, die diesen Weg eingeschlagen haben, aber wir konnten aus den Fehlern unserer Mitbewerber lernen.

Also sieht sich Extensis nicht mehr als reines „Produkt-Unternehmen“?
Für uns ist die Transformationsgeschichte das Wichtigste. Wir beginnen mit dem Kundenerfolg und für uns war daher der Wandel allumfassend. Die meisten anderen Unternehmen, die sich mit dem kreativen Prozess beschäftigen, stellen erstaunliche Tools her: beispielsweise Plug-ins und Grafiken, mit denen man in Full-Motion-Videos interagieren kann und dergleichen mehr. Sie schaffen also eine ganze Reihe von neuen Assets. Aber was sie noch nicht herausgefunden haben, ist, was passiert, wenn man mit der Erstellung dieser Inhalte fertig ist. Früher hätte man sie katalogisiert, mit Nummern versehen und in einem Bibliothekssystem gespeichert oder in einer schlecht konzipierten Datenbank verloren. Und jetzt stellen Sie sich vor, dass die Kreativen in Agenturen oder Unternehmen den Arbeitgeber wechseln und all ihr Wissen, wo welche Design-Assets zu finden sind, verloren geht. Warum sind wir anders? Ich würde sagen, der Unterschied besteht darin, dass wir seit 25 Jahren mit Kreativen im selben Ökosystem arbeiten und genau wissen, was sie für sinnvolle und nahtlose Prozesse benötigen.
Wenn wir Extensis betrachten, wie das Unternehmen vor vier Jahren war und wie wir heute sind, sieht man, dass es nicht mehr das gleiche Unternehmen ist. Es gibt eine Ausnahme, nämlich dass wir unseren Kunden weiterhin auf dieselbe Art und Weise einen Mehrwert bieten: durch die Speicherung digitaler Assets und die Kontrolle des kreativen Chaos, damit die Kreativen optimal arbeiten können. Das ist das Wichtigste, das uns während der gesamten Umstellung begleitet hat.
Veränderungen sind immer schwierig: Changemanagement, die Entwicklung neuer Produkte, die Einbindung unsere Kunden, und das Ganze dann noch während einer Pandemie. Noch vor Monaten oder Jahren sah es so aus, als hätten wir noch viel Arbeit vor uns. Aber jetzt haben wir diese große Wende hinter uns und dies ist der Anfang von etwas ganz Neuem.

Was hat die Covid-19 Pandemie während dieses Change-Prozesses für Extensis verändert?
Extensis hat schon sehr früh auf ein Arbeiten von zuhause gesetzt. Während der Pandemie hat das Team dann sofort zu 100 Prozent im Homeoffice gearbeitet, denn die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter hat für uns oberste Priorität. Es war also keine große Umstellung für uns. Wir konnten im gleichen Tempo und der gleichen Effizienz weiterarbeiten. Unser Glück war, dass wir bereits über alle Tools für dezentrales Arbeiten (Slack, Zoom, Confluence / Jira, Salesforce) verfügten und das Team damit vertraut war. Es musste also keine neue Infrastruktur aufgebaut werden, die Abläufe für Zusammenarbeit und Kommunikation waren bereits etabliert.

Gibt es in Ihren Teams nicht den Wunsch, sich persönlich zu treffen? Wollen sie Ihre Kollegen nicht wiedersehen, in der Kaffeeküche oder in den Besprechungsräumen?
Wir sind ein kleines Team und kennen uns alle recht gut. In einigen Fällen bestand tatsächlich der Wunsch, teilweise in einem „echten“ Büro zu arbeiten. Aber niemand will das mehr in Vollzeit. Die Vorteile eines Homeoffice sind größer: das tägliche Pendeln fällt weg und man hat mehr Zeit für sich und die Familie. „Happy Hours“ vor dem Bildschirm sind aber einfach nicht dasselbe, wie ein tatsächliches Treffen beispielsweise in der Kaffeeküche. Es geht hier um die soziale Komponente beim Arbeiten im Team. Und da besteht immer wieder der Wunsch nach mehr persönlichen Treffen. Jetzt, im Sommer, werden wir sicherlich einige Team-Aktivitäten planen, da die meisten unserer Mitarbeiter in Oregon leben und dies einfach zu organisieren ist. Natürlich kann das Team auch jederzeit und bei Bedarf zu Schulungen oder Meetings in einem Büroraum zusammenkommen. Das ist aber in unserer Unternehmensorganisation tatsächlich nicht oft notwendig, denn wir haben alles, was es für ein angenehmes und produktives Arbeitsumfeld benötigt – zuhause.
Sie müssen auch wissen, dass wir Kolleginnen und Kollegen mit Mehrgenerationen-Haushalten haben, mit Kindern, die nicht geimpft werden können, oder mit älteren Eltern oder Großeltern. Da ist es praktisch, wenn sie sich während der Pandemie und auch jetzt nicht dem Risiko aussetzen müssen, sich möglicherweise zu infizieren.
Für Extensis läuft also derzeit alles nach Plan und wir sind wir sehr froh darüber, dass die Transformation gelungen ist und auch von den Kunden angenommen wird.

Über den Interviewpartner

Toby Martin ist seit August 2019 der Chief Executive Officer von Extensis. Die Softwarefirma mit Hauptsitz in Portland, Oregon, zählt zu den Marktführern von Asset Management-Lösungen und ist der führende Anbieter von Schriftverwaltungs-Software.


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Die große Neuausrichtung in der Arbeitswelt

Über zentrale Ergebnisse der People At Work Studie schreibt Nela Richardson, Chief Economist bei ADP und Co-Leiterin des ADPRI.

Nela Richardson: „Was in Deutschland auffällt, ist die Bedeutung, die die Arbeitnehmer*innen der beruflichen Entwicklung beimessen.“

In der Arbeitswelt gab es vielleicht noch nie eine disruptivere Zeit als jetzt. Die Auswirkungen der Pandemie, der Arbeitskräftemangel, Stress am Arbeitsplatz, der zunehmende Fokus auf psychische Gesundheit sowie flexible Arbeitszeiten sind nur einige der Themen, die das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer*innen und Arbeitgebern bestimmen. Diese und viele weitere Themen stehen im Mittelpunkt der People At Work 2022 Studie des ADP Research Institute (ADPRI), die einen Ausblick gibt, wie sich die Zukunft der Arbeit gestaltet.

Wertschätzung des Wandels

Eine der überraschendsten Erkenntnisse ist, wie sehr die Menschen den Wandel schätzen. Laut unseren letzten Umfragen ist die Zahl der Menschen, die einen neuen Arbeitsplatz suchen, oder die ihre Beschäftigung zukunftssicher gestalten wollen und versuchen, eine bessere Work-Life-Balance zu erreichen, in den letzten drei Jahren sprunghaft angestiegen. Die Tatsache, dass fast 30 % der Beschäftigten dies tun, stellt eine große Veränderung dar.

Die Rolle von Stress am Arbeitsplatz

Ein zweites bemerkenswertes Ergebnis ist die Rolle von Stress am Arbeitsplatz – ein Problem, das weltweit und auch in Deutschland besteht. Zwei Drittel der Beschäftigten waren in irgendeiner Form von den negativen Auswirkungen der Pandemie betroffen, sei es durch Arbeitsplatzverlust, Lohnkürzung oder zusätzliche Verantwortung. Die Unsicherheiten, die im letzten Jahr entstanden sind, zeigen sich in der Studie in diesem Jahr in Form von Stress. Die deutliche Mehrheit der Belegschaft weltweit fühlt sich mindestens einmal pro Woche gestresst. 25,14 % der Arbeitnehmer*innen in Deutschland gaben an, dass sie täglich Stress erleben (19,30 % Männer, 31,03 % Frauen). Wenn es also ein einziges Ergebnis gibt, das man als Unternehmensinhaber*in zur Kenntnis nehmen sollte, dann ist es das Ausmaß an Stress, das am Arbeitsplatz herrscht. Es ist bekannt, dass überlastete Teammitglieder weniger leisten und eher bereit sind, die Firma zu verlassen. In einer Welt des Arbeitskräftemangels ist dies etwas, was Führungskräfte aktiv versuchen sollten zu vermeiden.

Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt

Was den Arbeitskräftemangel betrifft, so besteht eine häufig zu beobachtende Strategie der Unternehmen darin, die Löhne und Gehälter zu erhöhen, um Mitarbeitende zu halten und neue Talente anzuziehen, was jedoch keine nachhaltige Strategie ist. Es ist klar, dass das Gehalt der wichtigste Grund dafür ist, warum Menschen zur Arbeit gehen, und eine kurzfristige Anhebung der Löhne hilft zumindest, Talente zu rekrutieren. Diesem Vorgehen sind jedoch Grenzen gesetzt. Nicht alle Firmen können die Löhne erhöhen, vor allem nicht in kundenorientierten Dienstleistungsberufen mit geringen Gewinnspannen.

Heutzutage ist es wichtig zu verstehen, wie die Belegschaft ihre Beziehung zu den Unternehmen sieht, da es eine große Neuausrichtung gibt. Arbeitskräfte haben neue Erwartungen, nicht nur in Bezug auf Gehaltserhöhungen, sondern auch auf andere Leistungen. Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben sind in den letzten zwei Jahren verschwommen. Die Menschen haben erkannt, dass sie da sein können, wenn die Kinder von der Schule nach Hause kommen, und trotzdem die Arbeit gut erledigen können. Gleichzeitig stellen sie fest, dass sie einen bemerkenswerten Wandel durchgemacht haben und sich anpassen mussten; sie sind der Meinung, dass sie dafür einen angemessenen Ausgleich erhalten sollten. Arbeitnehmer*innen erwarten vielleicht eine Gehaltserhöhung, weil sie in den letzten zwei Jahren mehr Verantwortung übernommen haben, aber sie könnten auch einfach eine benötigen, weil die Inflation gestiegen ist und sie mit höheren Lebenshaltungskosten konfrontiert sind.

Was können Führungskräfte also neben einer Lohnerhöhung tun, um ihre Mitarbeitenden bei Laune zu halten und gleichzeitig neue Talente zu gewinnen? Unternehmen sollten die Zufriedenheit der Belegschaft in den Mittelpunkt stellen. Wichtig ist, ein Erlebnis zu schaffen, das mehr als nur ein gutes Gehalt beinhaltet, sondern auch Vorteile wie Beratung für mentales Wohlbefinden, Stresspausen, Sabbaticals, flexible Arbeitszeiten, Initiativen für Vielfalt und Integration und ähnliches. Die Arbeitskräfte beginnen, ihre Stimme zu erheben und den Führungskräften mitzuteilen, was sie brauchen. Um erfolgreich zu sein, sollten sie darauf hören.

Spaß an der Arbeit als Priorität

Was in Deutschland auffällt, ist die Bedeutung, die die Arbeitnehmer*innen der beruflichen Entwicklung beimessen. 87,20 % der Deutschen geben an, dass sie mit ihrer derzeitigen Beschäftigung zufrieden sind. Dennoch sind 72,22 % derjenigen, die angeben, unzufrieden zu sein, dies aufgrund mangelnder Aufstiegsmöglichkeiten, Fortbildung und weil sie ihre Arbeit nicht mehr als Herausforderung empfinden. Dies zeigt, dass es bei der Arbeit nicht nur um das Gehalt und die Arbeitsplatzsicherheit geht, sondern wirklich um den Spaß an der Arbeit und dass ein Teil davon die berufliche Weiterentwicklung ist. Die deutschen Unternehmen sollten daher diese Motivation weiter fördern, indem sie Schulungen anbieten und die Fähigkeiten der Arbeitskräfte verbessern.

Erhöhte Überstunden

Die Zahl der unbezahlten geleisteten Überstunden ist hoch, und das schon seit Jahren. Die Ergebnisse zeigen, dass es weltweit zu einem starken Anstieg gekommen ist, der in Deutschland zwar geringer ist als anderswo, aber immer noch recht hoch und höher als vor der Pandemie. Im Durchschnitt leisten die Beschäftigten 8,5 zusätzliche unbezahlte Überstunden pro Woche. Das ist weniger als im Jahr 2021 (als der weltweite Durchschnitt bei 9,2 Stunden lag), aber immer noch mehr als vor der Pandemie im Jahr 2020, als durchschnittlich 7,3 Stunden unbezahlte Mehrarbeit pro Woche geleistet wurde. 26,36 % der Deutschen geben an, dass sie jede Woche 6-10 Stunden zusätzlich arbeiten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Während der Pandemie haben viele Menschen zusätzliche Verantwortung übernommen. Darüber hinaus haben viele Angst, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren könnten, wenn sie keine zusätzliche Arbeit leisten. Es könnte auch am Homeoffice liegen, das zu längeren Arbeitstagen führt, und vielleicht arbeiten die Leute auch in der Zeit, in der sie normalerweise zur Arbeit pendeln. Die Unternehmen profitieren davon. Dies ist ein Trend, der gestoppt werden muss.

Wird Fernarbeit die Probleme auf dem Wohnungsmarkt lösen?

Laut der People at Work Studie planen 42,33 % der Deutschen einen Umzug oder sind bereits dabei, diesen durchzuführen. Es ist jedoch nicht klar, ob sich die historisch enge Beziehung zwischen Arbeit und Wohnung vollständig auflösen wird. Zumindest auf kurze Sicht ziehen die Menschen aus den Stadtzentren in die umliegenden Vororte, die in Reichweite des Büros liegen. Aber werden die Löhne nach dem Wohnort der Mitarbeitenden ausgerichtet? Viele Lohnfestsetzungspraktiken sind auf lokaler Ebene angesiedelt, so dass die Arbeitnehmer*innen außerhalb der Stadt möglicherweise nicht den gleichen Lohn erhalten. Wo die Mitarbeitenden Steuern zahlen, ist für die Unternehmen definitiv von Bedeutung. Vielleicht nicht so sehr innerhalb eines Landes, aber wenn Menschen in ein anderes Land umziehen, dann schon. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich all dies in naher Zukunft entwickeln wird.

Die in der Studie aufgezeigten aktuellen Bestrebungen zeigen, dass noch viel zu tun bleibt, aber die gute Nachricht ist, dass die Arbeitskräfte im Allgemeinen optimistisch sind; vielleicht nicht immer für die Gegenwart, aber zumindest für die Zukunft. 77,82 % der Deutschen blicken optimistisch in die Zukunft. Führungskräfte sollten sich diesen Optimismus zu eigen machen, aber auch hart arbeiten und die notwendigen Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht nur ein Wunsch bleibt, sondern Wirklichkeit wird.


Über die Autorin

Seit November 2020 ist Nela Richardson Chief Economist bei ADP. Sie ist außerdem Co-Leiterin des ADP Research Institutes (ADPRI) und leitet die Wirtschaftsforschung für ADP. Zuvor war sie Principal und Investment Strategist bei Edward Jones, einem Finanzdienstleistungsunternehmen, und Chief Economist bei Redfin Corp., einem Immobilienmakler- und Technologieunternehmen. Zudem war sie als leitende Ökonomin für Bloomberg L.P. tätig und hatte Forschungspositionen inne bei der Commodity Futures Trading Commission (CFTC), dem Joint Center for Housing Studies der Harvard University, und Freddie Mac. Außerdem lehrte sie als außerordentliche Finanzprofessorin an der Carey School of Business der John Hopkins University.

Nela promovierte in Wirtschaftswissenschaften an der University of Maryland-College Park mit den Schwerpunkten Finanzwirtschaft, internationale Finanzen und wirtschaftliche Entwicklung. Sie erwarb einen Master-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften an der University of Pennsylvania und einen Bachelor-Abschluss an der Indiana University in Bloomington, wo sie die Fächer Mathematik, Wirtschaft und Philosophie studierte.


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Warum Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen

Maurizio Hein, Country Manager Germany bei Swappie, schreibt über nachhaltige Geschäftsmodelle.

Nachhaltigkeit wird als Schlagwort seit einigen Jahren oft bemüht – in Politik und Wirtschaft, aber auch in der Werbung, um Produkte oder Services in ein positives Licht zu rücken. Leider bleibt es in vielen Fällen bei eher kurzfristigen Einzelmaßnahmen und Nachhaltigkeitslabeln, mit denen Produkte vermarktet werden.

Nicht wenige Unternehmen gehen das Nachhaltigkeits-Thema aber auch großformatig an, haben Initiativen ins Leben gerufen oder ihre Arbeitsprozesse einer kritischen Analyse unterzogen – trotz solch lobenswerter erster Schritte sind langfristige Umstellungen sowie eine ganz konkrete und konsequent umgesetzte Gesamtstrategie leider die Ausnahme und auch für die Unternehmen, die es richtig machen wollen, eine wahre Mammutaufgabe, bei der sich die Frage stellt – wo beginnen?

Dass das Monitoring und die Nachhaltigkeitsberichterstattung für immer mehr Unternehmen keine Kür, sondern vielmehr Pflicht wird, wird von der EU-Kommission seit 2021 massiv vorangetrieben. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) soll das Reporting rund um Nachhaltigkeit ausdehnen, die Berichte vergleichbarer und vor allem auch relevanter machen. Künftig sollen alle Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, einer Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Euro oder einem Jahresumsatz von mehr als 40 Millionen Euro Auskunft darüber geben, wie nachhaltig sie wirtschaften. Die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen in Deutschland wird bei planmäßiger Umsetzung der Richtlinie um mehr als das 30-fache von etwa 500 auf rund 15.000 Unternehmen steigen. Viel Zeit bleibt nicht mehr, da die Kommission einen straffen Zeitplan vorgibt: die neue Richtlinie soll erstmals für die Berichtsperiode 2024 greifen.

Nachhaltigkeit von Beginn an mitdenken

Maurizio Hein: „Refurbishing ist ein nachhaltiges Geschäftsmodell.“

Die grundsätzliche Problematik beim Thema Nachhaltigkeit liegt in den meisten Fällen aber auch gar nicht beim mangelnden Engagement der Unternehmen oder gar bei vorsätzlichem Greenwashing, sondern vielmehr darin, dass viele Unternehmensmodelle und die Strukturen der grundsätzlichen unternehmerische Ausrichtung auf dem Höher-Schneller-Weiter-Prinzip basieren. Ein solches bereits bestehendes System nachträglich hinsichtlich Nachhaltigkeit zu optimieren, wird immer sehr viel aufwändiger und schwieriger sein, als neue Unternehmen, Unternehmenszweige, Teilprojekte oder auch Produktlinien von Grund auf nachhaltig zu denken und den Kreislaufgedanken von vornherein zu integrieren.

Entlang der Wertschöpfungskette gedacht, heißt das ganz konkret: die Verwendung möglichst nachhaltiger Rohstoffe, die Optimierung des Produktnutzens, die Maximierung der Lebensdauer sowie die Rückgewinnung von Materialien. Unternehmen, die die Wichtigkeit nachhaltigen Handelns und Wirtschaftens erkannt haben und die Thematiken angehen wollen, finden im Kreislaufgedanken einen Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit.

Refurbishing – ein per se nachhaltiges Geschäftsmodell

Wir von Swappie – dem finnischen Re-Commerce-Unternehmen für das Refurbishment von iPhones versuchen als eines von vielen jungen Unternehmen und Start-ups mit gutem Beispiel voranzugehen und die Kreislaufwirtschaft zum Kernelement zu machen. Refurbished heißt generalüberholt oder wiederaufbereitet, es handelt sich also um gebrauchte Geräte, die professionell repariert, aufgewertet und anschließend weiterverkauft werden – „alter“ Elektronik wird quasi ein zweites Leben geschenkt.

Swappie gehört inzwischen zu den führenden Unternehmen der Refurbish-Branche – seit der Gründung 2016 haben wir mehr als eine Million wiederaufbereiteter iPhones verkauft. Als innovatives Scale-up stehen wir derzeit an der Spitze des jährlichen Financial Times Ranking der am schnellsten wachsenden Unternehmen Europas und das mit einem intrinsisch nachhaltigem Geschäftsmodell, das Kreislaufwirtschaft zum Kern der Sache macht und gebrauchte Ware dem Konsumkreislauf wieder zuführt.

Aktuell wird weltweit nur ein Bruchteil alter Smartphones weiterverkauft oder recycelt, EU-weit sind es nur knapp 12-15 Prozent* – das Potential für die Nutzung dieser Ressourcen ist daher immens und sollte zum Standard werden, denn Smartphones enthalten wichtige Rohstoffe und seltene Metalle und Erden wie Gold, Silber, Platin, aber auch Kobalt, Wolfram und einige mehr, die weltweit immer knapper werden. Die Altgeräte, die in Schubladen verstauben und allein in Deutschland auf rund 124 Millionen* geschätzt werden, bilden also ein wichtiges Reservoir für diese Rohstoffe. Zum Vergleich: in einer Tonne alter Smartphones steckt etwa 100 Mal mehr Gold, als in der gleichen Menge Golderz.** Zudem ist das Einsparpotential für CO2 bei gebrauchter Elektronik immens – bei Smartphones verursacht allein der Herstellungsprozess die größten Umweltauswirkungen im gesamten Lebenszyklus, je nach Modell sind es 80-95 Prozent der Gesamtemissionen.

Der Kauf generalüberholter iPhones verlängert die Lebensdauer eines Geräts ganz konkret und so werden wertvolle Ressourcen eingespart. Bleibt ein Smartphone nur ein Jahr länger in Gebrauch, werden rund 2 Millionen Tonnen Emissionen eingespart – die CO2-Emmissionen des Smartphones sinken um rund ein Drittel. Der Kauf von generalüberholten Handys trägt dazu bei, den ökologischen Fußabdruck zu verringern.***

Der Erfolg von Swappie unterstreicht, dass Refurbished als Kategorie für immer mehr Konsument:innen zur Option wird und das nicht nur weil die Lieferengpässe für Neugeräte zum Teil lange Lieferzeiten verursachen, sondern auch weil die Geräte qualitativ ebenbürtig aber günstiger sind und der Nachhaltigkeitsaspekt eine immer größere Rolle für das Konsument:innenverhalten spielt.

Verbraucher:innen sind sich der Auswirkungen ihres eigenen Verhaltens auf die Umwelt immer bewusster – das beobachtet der führende Refurbisher von iPhones bereits seit einigen Jahren. Die Pandemie und die mit ihr einhergehenden Lieferengpässe für Chips, Elektronikkomponenten und diverse weitere Produktkategorien wirkten hierfür als Katalysator, der Verbraucher:innen nach anderen Optionen hat suchen lassen und so die Absatzzahlen für Refurbished Geräte deutlich erhöht hat. Ein Ende ist aktuell nicht in Sicht, im Gegenteil – der Recommerce-Markt für Smartphones birgt auch weiterhin enormes Potenzial. Der IDC-Report**** von 2021 prognostiziert, dass bis 2024 rund 351,6 Millionen gebrauchte sowie generalüberholte Smartphones global ausgeliefert werden. Das entspricht einem Marktwert von ca. 65 Milliarden Dollar und einer jährlichen Wachstumsrate von ca. 11 Prozent von 2019 bis 2024.

Refurbish – nicht nur für Privatkund:innen

Refurbished ist dabei nicht nur für Privatpersonen eine nachhaltigere und auch günstigere Option, auch für Unternehmen sind wiederaufbereitete Elektronikgeräte, insbesondere Smartphones, ein konkreter Ansatzpunkt, um mit wenig Aufwand effektiv Emissionen einzusparen und den Arbeitsalltag nachhaltiger zu gestalten. Um garantierte Qualität zu erhalten, sollten Verbraucher:innen auf vertrauensvolle Refurbish-Anbieter setzen. Kriterien hierfür sind ein verlässlicher Kundenservice, umfangreiche Garantien (bei Swappie sind es 36 Monate), und natürlich ein engmaschiger Aufbereitungsprozess.

Bei der Auswahl des Smartphonemodells sollte das Thema System- und Sicherheitsupdates im Hinterkopf sein, denn für verlässliches und sicheres Arbeiten ist die Bereitstellung von Updates von Seiten des Herstellers eine relevante Größe.

Fazit

Nachhaltigkeit ist längst kein Wellness-Thema mehr, sondern für Endverbraucher vor allem aber auch Unternehmen ein Indikator für zukunftsgerichtetes Arbeiten und Wirtschaften. Die Integration von Aspekten der Kreislaufwirtschaft ist für nachhaltige Veränderungen eine zentrale Maßnahme, die von Verbraucher:innen honoriert wird. Swappie ist ein wunderbares Beispiel für den Erfolg eines Geschäftsmodells, das intrinsisch auf Kreislaufwirtschaft basiert – wir versuchen, Vorbild für andere Unternehmen zu sein und zu zeigen, dass gelebte Nachhaltigkeit kein Erfolgs- oder Produktivitätskiller ist.

Über den Autor

Maurizio Hein ist seit 2020 bei Swappie. Seitdem hat er die Internationalisierung vorangebracht und Märkte wie Spanien, Polen oder Tschechien aufgebaut. Inzwischen verantwortet er für Swappie als Country Manager den deutschen Markt. Maurizio ist gebürtiger Würzburger und studierte Kultur- und Literaturwissenschaften sowie interkulturelles Management in Frankreich und Deutschland. Vor Swappie arbeitete er an der Internationalisierung des finnischen Start-up Ökosystems.

Quellen:

https://circulareconomy.europa.eu/platform/sites/default/files/impact_of_ce_on_fmcg_-_mobile_phones_case_study.pdf

** https://www.recyclingtoday.com/article/smartphone-recycling-refurbishment-attitudes-changing/

*** https://eeb.org/revealed-the-climate-cost-of-disposable-smartphones/

**** https://www.business-standard.com/article/technology/global-used-smartphone-market-to-reach-65-billon-in-2024-idc-report-121010800759_1.html


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Datensparsamkeit ist das oberste Gebot

Von Christopher Wojciech, Digitalisierungsexperte und Business Consultant bei Digital-Dienstleister Macaw

Marketing und Künstliche Intelligenz sind ein starkes Team. Dank der neuen Technologien können wir die Wünsche der Nutzer- und Kundengruppen auf der Grundlage von Daten verstehen und so maßgeschneiderte Angebote erstellen.

Die KI ein Glücksfall für das Marketing, das zeigen die zahlreichen Anwendungsfälle. Mit speziellen Algorithmen kann KI Big Data auswerten und hochpersonalisierte Angebote erstellen, verschicken oder sogar – das ist der neueste Trend – automatisiert und eigenständig Kampagnen und Werbung entwerfen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können die Vorschläge noch weiter verfeinern, sind aber nicht mehr für die gesamte Erstellung zuständig. Dieser Prozess spart Geld und Zeit. Diese Art der schnell konzipierten und personalisierten Werbung wird in den kommenden Jahren das Marketing stark beeinflussen und neue Märkte erobern.

Auch der Kundensupport profitiert vom Zusammenspiel zwischen Mensch und Technologie. Ein guter Support gehört zu einer perfekten Customer Journey, bindet Kunden längerfristig an das Unternehmen und stärkt seine Wettbewerbsfähigkeit auf umkämpften Märkten. Der Einsatz von KI im First-Level-Support ist beispielsweise wichtig für das Analysieren und Priorisieren von Nachrichten, was mit fortschreiendem Wort- und Textverständnis der Technologie kaum noch eine Herausforderung darstellt. Kunden profitieren dadurch von deutlich kürzeren Wartezeiten.

Aber: Es ist ein schmaler Grat zwischen dem verantwortungsvollem Umgang mit Daten und einer übertriebenen Datensammelwut. Die Einführung der DSGVO war daher ein wichtiger und richtiger Schritt, auch wenn ihre Einhaltung manche Unternehmen vor ernsthafte Herausforderungen stellt. Die EU, allen voran Deutschland, ist dadurch zum Vorreiter in Sachen Datenschutz und zum Vorbild für andere Länder und Regionen geworden.

Unternehmen müssen Big Data als Chance erkennen und sie verantwortungsvoll nutzen: Benötigt ein Unternehmen wirklich alle sensiblen Daten seiner Nutzerinnen und Nutzer, etwa Familienstand oder die nicht anonymisierte Kreditkartennummer, um personalisierte Werbung zu erstellen? Natürlich nicht. Datensparsamkeit ist daher das oberste Gebot. Die Kundschaft sollte nicht das Gefühl haben, Opfer von Spionage und digitaler Überwachung zu werden.

Die Lösung: Ein offener Umgang mit der Art und Weise, wie Unternehmen welche Daten zu welchem Zweck sammeln, ist der eindeutig bessere Weg und baut Vertrauen auf. Für diese offene Datenstrategie können Firmen etwa Hinweise anzeigen, warum der Besucher oder die Besucherin einer Seite personalisierten Angebote sieht. Auch das Ablehnen von gezielter Werbung auf Basis des Kundeprofils sollte möglich sein. Auf diese Weise erhalten Besucher von Webseiten die Angebote, die sie wirklich interessieren und Marketingabteilungen können die richtigen Zielgruppen mit den passenden Produkten bewerben.


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Kundendaten konform zum Datenschutz sammeln

Um die eigenen Kunden besser zu verstehen und passende Produkte oder Abonnements anzubieten, sammeln Unternehmen Daten über alle möglichen Interaktionen. Sie möchten verstehen, was die Verbraucher wollen und wie sie ihre Customer Journey verbessern können. In diesem Rahmen spielt der Datenschutz eine entscheidende Rolle. Ein Standort in Europa gilt als wichtig und vertrauensbildend. Adrien Günther, Director of Analytics DACH bei Piano, erläutert die eigene Philosophie.

Besonders in Europa herrschen beim Schutz personenbezogener Daten strenge Vorgaben. Selbst große US-amerikanische Konzerne kommen an der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht mehr vorbei. Bei schwerwiegenden Verstößen gegen die DSGVO drohen Geldbußen von bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Der Online-Händler Amazon musste beispielsweise im Juli 2021 ein Rekordbußgeld in Höhe von 746 Millionen zahlen.

Adrien Günther berät Unternehmen bei datenschutzkonformer Datenanalyse.

Die Digital-Experience-Plattform von Piano ermöglicht es Unternehmen, das Kundenverhalten zu verstehen und die gewonnenen Einblicke in Taten umzusetzen. Durch die Zusammenführung von Kundendaten, die Analyse von Verhaltensmetriken und die Erstellung personalisierter Customer Journeys hilft Piano Marken dabei, Kampagnen und Produkte schneller zu starten, die Kundenbindung zu stärken und die Personalisierung umfangreich über eine einzige Plattform voranzutreiben. Mit den Übernahmen von AT Internet und CeleraOne im Jahr 2021 sowie SocialFlow im Jahr 2022 hat das Unternehmen seine globale Präsenz und sein Produktangebot weiter ausgebaut.

Um zu unterstreichen, wie wichtig Piano das Thema Datenschutz ist, verlegte es seinen Hauptsitz aus den USA nach Amsterdam. Dieser Schritt berücksichtigt auch Piano Analytics und dessen Herkunft (früher AT Internet): Es entstand unter Einhaltung der weltweit strengsten Datenschutzbestimmungen in Frankreich. Noch lange bevor es eine DSGVO gab, setzte sich der französische Anbieter unermüdlich für den Datenschutz ein und sorgte dafür, dass sich seine Kunden datenschutzkonform verhalten können. Die erhobenen Daten werden ausschließlich in Europa gespeichert und weiterverarbeitet. Heute geht das Thema weit über eine rechtliche Notwendigkeit hinaus, sondern stellt auch ein zentrales Verkaufsargument dar: Je einfacher es für Firmen ist, sich beim Datensammeln datenschutzkonform zu verhalten, umso besser.

Die Analyselösung bringt Teams auf die gleiche Seite, indem sie Daten vereinheitlicht, die zuvor nur in speziellen Tools wie Transaktionsberichten, Newsroom-Analyseprodukten, Produktanalyse- oder Videoanalyse-Tools verfügbar waren. Die Analyse erfolgt eventbasiert und agiert dadurch maximal flexibel, da sich alle Interaktionen als Events abbilden lassen. So setzte ein Unternehmen sogenannte Ping-Events ein, die alle 60 Sekunden schauen, ob der Besucher noch auf der Webseite ist. Die meisten Daten sind innerhalb einer Minute abrufbar. Ein Event kann aber auch ganz einfach ein klassischer Klick auf ein Produkt sein. Die Analyselösung ist in die Plattform von Piano integriert, deren Kernkompetenz bisher in der Verwaltung digitaler Abo-Modelle und Paywalls für Verlage lag. Durch die neuen Zukäufe bietet Piano jetzt alles aus einer Hand, was ein digitales Unternehmen jeglicher Branchen für die Verwaltung von Kundenerlebnissen benötigt.

Das gerade veröffentlichte „Composer Insights“ verbindet Piano Analytics mit dem Flaggschiff des Unternehmens, dem Drag-and-Drop-Customer-Journey-Management-Tool „Composer“. Mit diesem Modul können Organisationen jetzt die Customer Journey und den Weg zur Conversion verstehen, indem Sie die Erlebnisse und Inhalte ermitteln, die bei der Zielgruppe am besten ankommen.

So konnte ein Verlag durch den Einsatz der Piano-Plattform seine Conversion-Rate der digitalen Abos um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern. Grund hierfür waren die neuen Möglichkeiten, Kunden zu binden – von der Registrierung über das Newsletter- oder Test-Abo bis zu verschiedenen Trial-Periods. Bisher bekamen alle Leser das gleiche Abo-Modell vorgeschlagen, doch auch in der Abo-Welt ergeben personalisierte Angebote Sinn. Jetzt kann der Verlag vorgefertigte Kundensegmente anwenden und beispielsweise Familien- oder Small-Business-Abos anbieten, die mehrere Leser gleichzeitig nutzen können. Das kommt sehr gut an.

Der Vorteil von Piano: Die Firma bietet alles aus einer Hand, jegliche Funktionen sind implementierbar. Das ist gerade für große Unternehmen und Verlage wichtig. Denn die Komplexität der Tool-Landschaft betrifft auch Medienunternehmen. Sie haben 50 verschiedene Programme für verschiedene Anwendungsszenarien – von A/B-Tests über Analytics, Abo-Commerce bis hin zur Paywall. Sie hätten am liebsten eine einzige Plattform, die alle Daten und auch die Teams, die nicht auf verschiedene Tools zugreifen müssen, vereint. Das spielt wiederum dem Datenschutz in die Hände: Denn nur einheitlich gepflegte Daten, die durch ein verlässliches Consent-Management fließen und feingranular abrufbar sind, bilden eine Grundlage zur Optimierung der Customer Experience.

Unsere Philosophie: Wir verwenden, verkaufen oder übertragen keine Daten und führen keine Aktivitäten durch, die gegen die DSGVO oder lokale Vorschriften verstoßen. Der Standard- und einzige Zweck unserer Lösung besteht darin, pseudonymisierte Publikums-, Navigations- und Verhaltensdaten im Namen unserer Kunden zu sammeln, zu verarbeiten und zu speichern. Darüber hinaus setzen wir zusätzliche technische Maßnahmen wie Pseudonymisierung, Anonymisierung und Verschlüsselung ein.

Doch die ganze Mühe lohnt sich, denn die Ergebnisse einer Datenanalyse zählen mehr als ein Bauchgefühl. So war beispielsweise ein deutscher Verlag überrascht, nachdem er bei der Einführung neuer Abo-Modelle durch Split-Tests andere Zielgruppen erreichte, als er ursprünglich gedacht hatte. Zudem fand der Verlag heraus, dass der Preis für das Abo und die Laufzeit nicht so entscheidend sind wie die Verständlichkeit des Angebots. Ab jetzt testet der Verlag neue Ideen und setzt die Ergebnisse in die Tat um.

Da sich die Zukunft des Internets weg vom anonymen Tracking und hin zu einem zustimmungsbasierten System verschiebt, bei dem die Nutzer die Kontrolle erhalten, kann Piano dank seiner Präsenz in der EU weiterhin Lösungen anbieten, die Marken und Verlagen helfen, ihre Datenziele zu erreichen. Das stärkt gleichzeitig auch das Vertrauen ihrer eigenen Kunden in sie.

Über den Autor

Adrien Günther ist Director of Analytics DACH bei Piano am Standort München, wo er seit einem Jahrzehnt Unternehmen in der DACH-Region strategisch in der Planung und Implementierung digitaler Analysen berät. Bevor er zu AT Internet (2021 von Piano übernommen) kam, war Günther Leiter des Bereichs Business Intelligence bei einer Werbeagentur. Er hat außerdem Erfahrung in der Suchmaschinenoptimierung, Suchmaschinenentwicklung, als auch in der Entwicklung von digitalen Assets, Websites und Online-Apps.


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API-Marktplatz nun auch in Berlin

Iddo Gino hat mit RapidAPI ein sehr wachstumsstarkes Unternehmen begründet, dass international aufgestellt ist.

RapidAPI, Anbieter des weltweit größten API-Marktplatzes, gab die Eröffnung seines neuen Standorts in Berlin bekannt, der als europäischer Sitz des wachstumsstarken Unternehmens fungieren wird. Als eines der Hauptzentren für Forschung und Entwicklung wird der Standort Berlin eine zentrale Rolle für die Präsenz von RapidAPI im rasant wachsenden Entwickler*innen-Netzwerk spielen. An dem Standort in der neu renovierten Factory im Berliner Tech-Bezirk werden Teams aus unterschiedlichen Produkt-, Technologie- und Betriebsbereichen beschäftigt sein. Die Zahl der Mitarbeitenden erhöht sich damit bis Ende 2022 deutschlandweit um das Zehnfache. Zur großen Eröffnung des Standorts werden der Firmengründer und CEO Iddo Gino sowie weitere Führungskräfte aus RapidAPI-Standorten der ganzen Welt bei der feierlichen Einweihung am heutigen Abend anwesend sein.

„Wir können uns keinen besseren Ort für unseren europäischen Firmensitz vorstellen. Berlin ist eine pulsierende Metropole mit einer robusten und erfolgreichen Entwickler*innen-Community und einem großartigen Talent Pool. Die zentrale Lage ermöglicht es uns, eine Verbindung zu Kund*innen in ganz Europa herzustellen“, sagte Iddo Gino, Gründer und CEO von RapidAPI. „Unser Ziel ist es, Entwickler*innen die Möglichkeit zu geben, transformative Softwareanwendungen und -integrationen zu erstellen. Das technologische Know-how an unserem Berliner Standort wird dabei eine zentrale Rolle spielen.“

Der Standort Berlin signalisiert die fortwährende Verpflichtung von RapidAPI nicht nur gegenüber dem deutschen Markt, sondern auch gegenüber Europa als eine wichtige Region in seiner globalen Präsenz. Neben Berlin ist RapidAPI auch in San Francisco, Tel Aviv und Tallinn global vertreten. Als Teil seiner Investitionen in die Stadt plant das Unternehmen, eine aktive Rolle in der wachsenden Entwickler*innen-Community in Berlin zu spielen, unter anderem durch die Teilnahme an branchenweiten Veranstaltungen und als Gastgeber eigener Entwickler*innen-Meetups in seinen Räumlichkeiten in den nächsten Monaten.


Dies ist eine Pressemitteilung von RapidAPI


Spektakuläre Schönheiten

Erste Bilder des James-Webb-Teleskops offenbaren ein bisher verborgenes Universum

Mit dem ersten Blick auf die volle Leistungsfähigkeit des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA/ESA/CSA hat eine neue Ära in der Astronomie begonnen. Die ersten Farbbilder und spektroskopischen Daten des Teleskops, die eine spektakuläre Sammlung von bislang verborgenen kosmischen Erscheinungen enthüllen, wurden heute veröffentlicht.

Die ersten Beobachtungen des James-Webb-Weltraumteleskops erzählen die Geschichte des verborgenen Universums in den einzelnen Phasen der Geschichte des Kosmos – von benachbarten Exoplaneten bis hin zu den am weitesten entfernten beobachtbaren Galaxien im frühen Universum und allem dazwischen. 

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Credit: NASA, ESA, CSA und STScI

Der Beginn einer neuen Ära

„Heute bieten wir der Menschheit mit dem James-Webb-Weltraumteleskop einen bahnbrechenden neuen Blick auf den Kosmos – einen noch nie dagewesenen Blick“, sagte NASA-Administrator Bill Nelson. „Diese Aufnahmen, einschließlich der bislang tiefsten infraroten Abbildung unseres Universums, zeigen uns, wie das James-Webb-Teleskop die Antworten auf Fragen finden wird, von denen wir noch nicht einmal wissen, dass wir sie stellen können; Fragen, mit denen wir unser Universum und den Platz der Menschheit darin besser verstehen werden. 

„Der unglaubliche Erfolg des Teams des James-Webb-Teleskops ist Ausdruck dessen, was die NASA am besten kann. Wir verwirklichen Träume zum Wohle der Menschheit. Ich kann es kaum erwarten, die von uns gemachten Entdeckungen zu sehen – das Team hat gerade erst losgelegt!“

„Diese ersten Bilder und Spektren des James-Webb-Teleskops sind eine große Anerkennung für die internationale Zusammenarbeit, die diese ehrgeizige Mission möglich gemacht hat“, sagt Josef Aschbacher, Generaldirektor der ESA. „Ich möchte allen an der Inbetriebnahme dieses großartigen Teleskops und der Auslieferung dieser ersten unglaublichen Produkte des James-Webb-Teleskops beteiligten Personen dafür danken, dass dieser historische Tag zur Wirklichkeit geworden ist.“ 

Die heutigen Bilder und Spektren enthüllen die Fähigkeiten aller vier hochmodernen wissenschaftlichen Instrumente des James-Webb-Teleskops und bestätigen, dass die bevorstehenden Beobachtungen unser Verständnis des Kosmos und unserer eigenen Ursprünge grundlegend verändern werden. 

„Dies ist der Beginn einer neuen Ära in der Beobachtung des Universums und der Erzielung spannender wissenschaftlicher Entdeckungen mit dem James-Webb-Teleskop“, sagt Günther Hasinger, ESA-Direktor für Wissenschaft. „Wenn wir jetzt mit dem regelmäßigen wissenschaftlichen Betrieb beginnen, ist mir klar, dass die europäische astronomische Gemeinschaft es kaum erwarten kann, die Ergebnisse der Beobachtungszeit zu sehen, die sie für das erste Jahr des James-Webb-Teleskops erlangt hat.“ 

„Die Arbeit an dieser Mission war einer der größten Höhepunkte und erfüllendsten Teile meiner Karriere“, sagt Macarena Garcia Marin, MIRI ESA Instrumentenwissenschaftlerin. „Meine Kolleg:innen und ich sind gespannt, was das James-Webb-Teleskop alles leisten kann und welche Überraschungen uns mit seiner beispiellosen Kombination aus Schärfe und Empfindlichkeit noch bevorstehen.“ 


Die mit Spannung erwarteten Beobachtungen deuten auf einen Schatz zukünftiger Entdeckungen hin.“


Erste Beobachtungen

Die ersten Beobachtungen des James-Webb-Teleskops wurden von einer Gruppe von Vertretern der NASA, ESA, CSA und des Space Telescope Science Institute ausgewählt: 

SMACS 0723: Wir müssen diese Galaxien bis zu den Ursprüngen zurückverfolgen, um unsere Anfänge wirklich verstehen zu können. Dieses Deep Field nutzt einen linsenförmigen Galaxiencluster, um einige der am weitesten entfernten Galaxien zu finden, die jemals entdeckt wurden. Dieses Bild ist nur ein Vorgeschmack auf die Fähigkeiten des James-Webb-Teleskops bei der Untersuchung von Deep Fields.

WASP-96b: Durch die Untersuchung anderer Planetensysteme können die Astronom:innen herausfinden, wie typisch oder untypisch unser Sonnensystem ist. Das James-Webb-Teleskop hat Wassermoleküle auf einem Exoplaneten entdeckt und wird nun Hunderte von anderen Systemen untersuchen, um die Zusammensetzung der Atmosphären anderer Planeten zu verstehen.

Southern Ring:  Das James-Webb-Teleskop kann die sich ausbreitenden Staub- und Gashüllen alternder Sterne erforschen, die eines Tages zu einem neuen Stern oder Planeten werden könnten – von der Geburt bis zu ihrem prächtigen Tod als planetarischer Nebel.

Stephans Quintett:  Sterne entstehen aus Gas und Staub, die in großen Mengen um Galaxien herumschwirren, und tragen zu deren Entstehung bei. Der Staub verändert sich mit der Zeit, und das James-Webb-Teleskop kann nahe gelegene und dynamisch interagierende Galaxien untersuchen, um den Staub in Aktion zu sehen. Nun können Wissenschaftler:innen einen seltenen Einblick in noch nie dagewesener Detailtiefe erhalten, wie interagierende Galaxien die Sternentstehung ineinander auslösen und wie das Gas in diesen Galaxien gestört wird.·          

Carina Nebula: Die Wissenschaftler:innen können mit dem James-Webb-Teleskop diese und andere Sternentstehungsgebiete beobachten und das Gas und den Staub untersuchen, aus denen sie entstanden sind. 



Start des wissenschaftlichen Betriebs

Mit der Veröffentlichung der ersten Bilder und Spektren beginnt der wissenschaftliche Betrieb des James-Webb-Teleskops . Astronom:innen auf der ganzen Welt werden die Gelegenheit erhalten, mit den vier Instrumenten des James-Webb-Teleskops alles zu beobachten, von Objekten innerhalb unseres Sonnensystems bis hin zum frühen Universum. 

Das James-Webb-Weltraumteleskop startete am 25. Dezember 2021 mit einer Ariane 5 vom europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana in Südamerika aus ins All. Nach Abschluss der kompliziertesten und schwierigsten Installationssequenz im Weltraum durchlief das James-Webb-Teleskop eine monatelange Inbetriebsetzungsphase, in der seine Spiegel minutiös ausgerichtet und seine Instrumente auf die Weltraumumgebung kalibriert und für wissenschaftliche Zwecke vorbereitet wurden. 

Observatorium für Weltraumforschung

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit bedeutendste Observatorium für Weltraumforschung. Es wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick in ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm, das von der NASA zusammen mit ihren Partnern, der ESA (Europäische Weltraumorganisation) und der kanadischen Weltraumorganisation, geführt wird.

Die wichtigsten Beiträge der ESA zur Mission sind: das NIRSpec-Instrument, die Montage der optischen Bank des MIRI-Instruments, die Bereitstellung der Startdienste und das Personal zur Unterstützung des Missionsbetriebs. Im Gegenzug zu diesen Beiträgen erhalten die europäischen Wissenschaftler:innen einen Anteil von mindestens 15 % der gesamten Beobachtungszeit, ähnlich wie beim Hubble-Weltraumteleskop der NASA/ESA.

Zusätzliche Informationen

https://www.esa.int/Webb
Weitere Informationen über ESA:www.esa.int
Weitere Informationen auf der NASA-Website:https://jwst.nasa.gov/

Bilder

Erste Bilder von Webb
Bilder von Webb
Startkampagne von Webb auf Flickr
Bilder von Ariane 5
Bilder für Druck oder Projektion: https://www.esa.int/About_Us/Exhibitions/Webb ESA-Fotobibliothek für Fachkräfte: https://www.esa-photolibrary.com/
Nutzungsbedingungen für ESA-Bilder: www.esa.int/spaceinimages/ESA_Multimedia/Copyright_Notice_Images
Bei Fragen und für weitere Informationen über ESA-Bilder wenden Sie sich bitte direkt an spaceinimages@esa.int.

Videos

Webb-Videos
Webb-Animationen, Aufnahmen für Profis
Startkampagne von Webb, B-Rollen
ESA-Videobibliothek für Fachkräfte: https://www.esa.int/esatv/Videos_for_Professionals
Nutzungsbedingungen für ESA-Videos: https://www.esa.int/spaceinvideos/Terms_and_Conditions

Für Fragen oder weitere Informationen zu den ESA-Videos wenden Sie sich bitte direkt an spaceinvideos@esa.int

Lizenzen:
Bilder: Credit NASA, ESA, CSA, and STScI
Text: Pressemitteilung ESA

Verschränkung von physischer und digitaler Welt

von Matthias Schmidt

Überlegungen zur neuen Qualität der digitalisierten Gesellschaft

Die Digitalisierung ist ein Phänomen, das unsere Gesellschaft durchdringt und herausfordert. Ihr scheint eine Kraft innezuwohnen, die in vielen Bereichen einen Wandel bewirken kann. Vor diesem Hintergrund ist auch die Rede von einer digitalen Transformation, von einem grundlegenden Umbruch, der unser Miteinander durcheinanderwirbelt, neu strukturiert und sich durch eine neue Qualität der Verwobenheit von Mensch, Organisation und Technologie in nahezu allen Lebensbereichen auszuzeichnen scheint. Digitalisierung, verstanden als digitale Transformation, ist damit weit mehr als eine neue technologische Errungenschaft, die technische Prozesse oder betriebswirtschaftliche Verfahrensabläufe effizienter und transparenter macht. Digitalisierung ist vielmehr die Art und Weise, mit der das Digitale unsere Gesellschaft und unser Verhalten durchdringt und – mehr oder weniger bewusst – verändert.

Zum Inhalt
Narrative und Diskurse über die Transformation
Was Digitalisierung sein kann
Eine Berechnungsweise
Eine neue Logik
Eine Weise der Strukturierung
Verschränkung und Verwobenheit
Recht auf Entzug und Teilhabe
Ausblick: Ethische Herausforderung und Befähigung

Narrative und Diskurse über die Transformation

In der Soziologie sowie im Diskurs um eine nachhaltige Entwicklung unserer Umwelt und Gesellschaft ist die Idee einer „Großen Transformation“ lange bekannt. Unter Transformation kann man allgemein einen Umbruch verstehen, der bestehende Gesellschaftsverhältnisse von Grund auf verändert und neu definiert. Als Beispiel sei der Übergang von der Agrarwirtschaft zur Marktwirtschaft mit all seinen Veränderungen unseres Wirtschaftens und Zusammenlebens genannt. In „The Great Transformation“ analysierte der Wirtschaftssoziologe Karl Polanyi bereits 1944 diese Veränderungsdynamiken und prägte den Begriff „Große Transformation“, der bis heute immer wieder aufgegriffen und inhaltlich gefüllt wird.[1] In einer aktuellen Version könnte man unter der großen Transformation auch ein „identitätsstiftendes transdisziplinäres Narrativ […]“ verstehen, eine sinnstiftende Erzählung also, die in einer Gesellschaft kursiert und fortgesponnen wird und die „[…] ökologische, technologische, ökonomische, sozial- und kulturwissenschaftliche Erkenntnisse zu einem Hoffnung gebenden Gestaltungsprogramm“[2] verdichtet.

Mit dem Digitalen, das in Echtzeit globale Dimensionen erreichen kann, ist eine massiv verändernde Kraft in Erscheinung getreten. Die Rede von Digitaler Gesellschaft, Digitaler Revolution oder auch mittelbar von Industrie 3.0 bzw. 4.0, um nur ein paar Schlagworte zu nennen, verweist auf die Dramatik, die mit der Digitalen Transformation einhergeht. „Gerade die Geschichte der Digitalisierung ist […] durch die Entfesselung von Kräften gekennzeichnet, die unvorhergesehene Wirkungen entfalten und die Notwendigkeit nach sich ziehen, sie wieder einzuhegen, ohne dass sie sich grundsätzlich steuern ließen.“[3]  Wenngleich massive Veränderungen der Verhältnisse verständlicherweise mit Ängsten und Sorgen verbunden sind, muss eine Transformation nicht notwendigerweise zum Schlechten führen. Vielmehr braucht es Hinsichten und Diskurse über das, was sich da in der Welt verändert, sowie darüber, wie diese Veränderungen zu bewerten sind und wie man sie im Rahmen der Möglichkeiten mitgestalten kann.

Was Digitalisierung sein kann

Man kann wohl annehmen, dass die Digitalisierung und die ihr zugrundeliegenden technologischen Entwicklungen ursprünglich auch von dem Anspruch getriggert waren, den Menschen die Arbeit zu erleichtern und Effizienzgewinne zu erzielen. Doch dabei allein ist es nicht geblieben. Das soll der folgende kurze Abriss verschiedener begrifflicher Bedeutungen von Digitalisierung zeigen.

Eine Berechnungsweise

Ein sehr direktes Verständnis von Digitalisierung setzt am grundsätzlichen Wesen der Informatik an. Die moderne Informatik entstand aus der Zusammenführung von ingenieurswissenschaftlichen und mathematischen Bestrebungen. Schon der Philosoph und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716), den man als Urvater der informatischen Idee bezeichnen kann, betonte die Verbindung von pragmatischen mit theoretisch-mathematischen Momenten, die zur Meisterung von Welt und Leben notwendig seien. Das Ziel der modernen Informatik, deren Begriff 1957 durch den Informationstheoretiker Karl Steinbruch erstmals systematisch verwendet wurde, sollte die Entlastung des Menschen in allen Arbeitsprozessen sein.[4]

Die Idee hinter der Informatik beruht auf der Formalisierung von Rechen- und Steuerungsabläufen. Damit sollten aufwändige Arbeitsvorgänge automatisiert, rationalisiert und beschleunigt werden. Um solche Prozesse in einem informatischen Sinne berechenbar zu machen, müssen sie in die Zahlenwerte Eins und Null transferiert und als Zahlenfolge codiert werden. Sie müssen digitalisiert werden. Das Wort Digitalisieren geht dabei auf das lateinische Wort „digitus“ zurück, das in anatomischer Hinsicht den einzelnen Finger bezeichnet. Als „Digit“ findet man diesen Wortstamm auch im Englischen, womit ebenfalls „Finger“, aber auch „Ziffer“ gemeint ist.

Im Zuge der Digitalisierung werden Prozesse so formalisiert und in eine Form gebracht, dass sie als Ziffer (1 oder 0) bzw. als Ziffernfolge darstellbar und maschinell lesbar werden. Da in diesem Verständnis von Digitalisierung ehedem analoge Abläufe und Sachverhalte zu digitalen Daten gemacht werden, kann man auch von einer Datafizierung sprechen. Datafizierung heißt, etwas in Form eines Zahlenwertes, eines Datums, zu erfassen.[5]

In der englischen Sprache gibt es einen eigenen Begriff für die Überführung von analogen in digitale Informationen, der mit Digitization bezeichnet wird. „Digitization essentially refers to taking analog information and encoding it into zeroes and ones so that computers can store, process, and transmit such information.“[6] In der deutschen Sprache fehlt dieser eigene Begriff, weshalb die Bedeutung des Begriffs Digitalisierung im Sinne dieser elementaren Datafizierung jeweils aus dem Kontext erschlossen werden muss.

Eine neue Logik

Ein weit verbreitetes Verständnis von Digitalisierung bezieht sich auf die Gestaltung von (Geschäfts-) Prozessen bis hin zu digitalen Geschäftsmodellen durch den Einsatz digitaler Technologien. Wenn beispielsweise bestehende Produktionslinien zunehmend durch den Einsatz von digitalen Geräten gesteuert werden, dann werden diese Geschäftsprozesse digitalisiert. Man denke etwa an die digitale Steuerung und Automatisierung von Fertigungslinien bei der Automobilproduktion. Wenn darüber hinaus das ganze Geschäft mit seiner grundlegenden Wertschöpfung der digitalen Welt zuzuordnen ist und gewissermaßen auch einer neuen Logik des Digitalen folgt, dann hat man es mit digitalen Geschäftsmodellen, mit Digital Business, zu tun.[7] Als Beispiele seinen Internetplattformen wie facebook oder Airbnb genannt. Im Fall der Automobilfertigung wird der Produktionsvorgang digital gestaltet, im Fall der Plattformen ist das Produkt selbst digital, und es wird natürlich auch digital erstellt.

Die Übergänge zwischen digitalen Produktionsprozessen und digitalen Geschäftsmodellen können bei dieser Betrachtungsweise fließend sein. Das kann man gut am Beispiel von Elektroautomobilen erkennen. In der Diskussion um den Wettbewerb des US-Herstellers Tesla mit deutschen Herstellern wie etwa Audi, BMW, Daimler oder VW tritt der Unterschied deutlich zutage. Während man Audi und Co als klassische Fahrzeuge beschreiben könnte, die in ihrer Herstellung und Nutzung datafiziert und elektrifiziert werden, könnten die Autos von Tesla als rollende Datensammelplattformen gesehen werden.[8] Das eine wären dann computergesteuerte Fahrzeuge, das andere wäre fahrende Software. Selbst wenn man vermuten möchte, dass die Produkte von Tesla und von den deutschen Autobauern sich mit der Zeit einander annähern, wird doch deutlich, dass sie von unterschiedlichen Seiten und mit unterschiedlichen Denkansätzen ihre Produkte entwickeln und damit unterschiedliche digitale Qualitäten mitbringen. Darüber hinaus dürften die smarten Fahrzeuge insgesamt in nicht unerheblichem Maße auch den Straßenverkehr beeinflussen, etwa durch die Möglichkeiten intelligente Mobilitätskonzepte zu erarbeiten, indem die von den Fahrzeugen gesammelten Daten ausgewertet werden. Fahrtstrecken könnten optimiert und Fahrzeuge durch gemeinschaftliche Nutzung besser ausgelastet werden, wodurch sich in der Folge auch das Verhalten der Verkehrsteilnehmer bis hin zur Eigentumsstruktur der Fahrzeughaltung verändern dürfte. Dabei ist der Verkehrssektor nur einer von vielen Bereichen unseres Lebens, der man hier exemplarisch heranziehen könnte.

Eine Weise der Strukturierung

In ihrem Potenzial als Big Data durchdringt die Datafizierung der Welt mehr oder weniger alle unsere Lebensbereiche. Damit geht die Digitalisierung über rein technologische oder betriebswirtschaftliche Lösungen hinaus und wird so zu einer zentralen gesellschaftlichen Herausforderung und Gestaltungsaufgabe. Zwar ist die Digitalisierung von der Grundidee her zunächst eine binäre Codierung von Phänomenen in der echten Welt. Die datafizierten Phänomene sollen als Daten miteinander verknüpft und – bis hin zur Vorhersage der Zukunft – berechenbar gemacht werden.[9] Doch in der Folge entsteht aus Big Data, aus der Quantifizierung der Welt, aber auch eine neue Qualität. Die Ursache dafür liegt in der Rückkopplung von Big Data mit sich selbst und der Welt: Die geschaffenen Daten, die digital codierten Erkenntnisse und Muster aus der echten Welt, können zugleich auch wieder Voraussetzung für neue Berechnungen in der virtuellen Welt werden. Daraus können Strukturen entstehen, die in der analogen Welt wirksam werden und diese qualitativ verändern. Exemplarisch für solche wirklichkeitsgestaltenden Rückkopplungen und Strukturwirkungen ist etwa die Einflussnahme von Algorithmen auf das Kaufverhalten von Menschen oder auch das Geoscoring, bei dem Algorithmen die Kreditwürdigkeit von Menschen errechnen. Die folgenden beiden Beispiele sollen diese Wechselwirkungen veranschaulichen.

Der Aufbau und die Strukturierung von Filterblasen können das Kaufverhalten und die Kaufentscheidungen von Nutzerinnen und Nutzern beeinflussen und verändern. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Algorithmen zum Kauf mit einem Klick immer mehr von denjenigen Waren anbieten, von denen sie berechnet haben, dass sie den Präferenzen der Nutzer*innen entsprechen, oder wenn sie Artikel vorschlagen und vorrangig anbieten, von denen die Berechnungen ergeben, dass sie konform mit dem bisherigen Kaufverhalten sind und entsprechende Kaufentscheidungen erwarten lassen. So werden Kaufangebote und Anreize in der virtuellen Welt vorstrukturiert und führen bei einem entsprechendem Kaufverhalten damit auch zu einer Strukturierung eines Teils der realen Welt dieser Menschen, die sich in den ausgewählten Produkten und den in Anspruch genommenen Dienstleistungen manifestiert. Das, was die Verbraucherinnen und Verbraucher zunächst als Service wahrnehmen, wird quasi zu einer Scheinauswahl aus dem Immergleichen und gestaltet so deren Wirklichkeit.

Beim Geoscoring wiederum berechnen Algorithmen von beispielsweise Banken oder Versicherungen aus gesammelten Daten die mutmaßliche Bonität von Menschen in einem bestimmten Wohngebiet. Unter der Annahme, dass sich Menschen bei der Wahl ihres Wohnortes eher sozial Gleichgestellte suchen, ziehen Algorithmen Rückschlüsse auf das individuelle Finanzverhalten der dort lebenden Menschen.[10] So können beispielsweise Menschen aus einer bestimmten Wohngegend pauschal eine schlechtere Bonität zugeschrieben bekommen als Bewohner*innen anderer Gegenden. Folglich können sich Menschen in einer bestimmten Wohngegend faktisch weniger leisten als andere. Mit der Zeit können so aus Datensätzen komplette Wohnviertel sowie die substanziellen (Kauf- und mithin Lebens-) Möglichkeiten der Menschen in diesem Viertel strukturiert werden.


Über den Autor:

Prof. Dr. Matthias Schmidt
forscht und lehrt an der Berliner Hochschule für Technik (BHT) in den Fachgruppen Unternehmensführung und -ethik sowie im Studium generale.

E-Mail: mschmidt@bht-berlin.de
Web: https://prof.bht-berlin.de/schmidt/


Verschränkung und Verwobenheit

Die digitale Welt ist keine bloß in sich und für sich abgeschlossene Sphäre, sondern sie hat auch konkrete und spürbare Auswirkungen auf die physische Welt, in der wir als körperliche Wesen leben. Und im Gegenzug wirken wir durch unser Nutzungsverhalten beim Gebrauch und der Nachfrage nach digitalen Lösungen bei der (Weiter-)Entwicklung der digitalen Welt mit. Ungeachtet der beiden eher negativ konnotierten Beispiele oben, ist diese Wechselwirkung grundsätzlich wertfrei zu verstehen, da auch viele positiv konnotierte Anwendungsbereiche gegeben sind, man denke etwa an Entwicklungen in Medizin oder Pflege. Es ist dabei natürlich auch eine Frage der kritischen Bewertung der Zusammenhänge, ob man einen Sachverhalt jeweils als eher positiv oder negativ einordnet.

Die physische Welt und die digitale Welt sind in dem beschriebenen Sinne eng und dynamisch miteinander verschränkt und verwoben. In dieser Verschränkung[11] dürfte ein wesentliches Charaktermerkmal der digitalisierten Gesellschaft liegen. Damit wäre die Digitalisierung nicht nur über die primäre Motivation einer technologisch basierten Arbeitserleichterung hinausgegangen und hätte eine Entkopplung vom und Verselbständigung gegenüber dem Menschen erreicht. Sie hätte auch die Entkopplung von Digitalem und Physischem aufgehoben und hätte eine Verschränkung von Gesellschaft und Digitalisierung bewirkt, in der man weder die eine noch die andere Ebene isoliert betrachtet kann. Auf diese Weise wäre der Mensch wieder mit der Digitalisierung gekoppelt, wenngleich in anderer Qualität. Die so genannte Digitale Transformation wäre insofern ein Prozess, der das Digitale in unsere Gesellschaft hinein- und mit dem Menschen verwebt, wodurch – um im Bild zu bleiben – gleichsam ein neuer Stoff, ein neues Muster, also eine neue und andere Gesellschaft entsteht. Die Verwobenheit von Mensch und Digitalisierung, die Verschränkung von physischer und digitaler Welt dürfte nachgerade ein qualitatives Wesensmerkmal der digitalisierten Gesellschaft sein.

Recht auf Entzug und Teilhabe?

Den Vorstrukturierungen der physischen Welt, die aus der digitalen Welt kommen, können wir uns kaum noch entziehen. Mit diesem Aspekt sind in der Folge auch Fragen der Gerechtigkeit und der Verantwortung verbunden. Einerseits ist mit Blick auf die Verwobenheit von Mensch und Digitalisierung in ethischer Hinsicht durchaus auch die Frage interessant, ob es denn überhaupt noch die Möglichkeit eines Digital Detox oder gar ein Recht auf eine analoge Welt geben soll. Sollte man sich der digitalisierten Gesellschaft ganz oder teil-/zeitweise entziehen können dürfen? Immerhin gibt es Stimmen, die sogar davon ausgehen, dass ein solcher Entzug weder sinnvoll noch dauerhaft möglich sei, weil die neuen Strukturen nach der digitalen Entgiftung sowieso wieder dominieren würden. [12] Ein Entzug von der Digitalität wäre dann womöglich sogar kontraproduktiv und nachteilig für den Einzelnen, der dadurch abgehängt werden könnte. Wenn es aber letztlich nur noch ein Always-on ohne systematische und rechtlich belastbare Exit-Option mit entsprechenden analogen Alternativen gäbe, dann würde jeder Mensch für sich auf die existenzielle Frage zurückgeworfen sein, ob er ohne Wenn und Aber in der Digitalität verbleibt oder nicht. Eine Verweigerung der Digitalisierung wäre dann eine Selbstausgrenzung aus dem gemeinschaftlichen Leben in der digitalisierten Gesellschaft und ein Verlust der Teilhabe.

Andererseits hängt die Teilhabe an der digitalen Welt vom Zugang zum Internet ab. Somit haben der Zugang und die dadurch ermöglichte Teilhabe eine sehr grundlegende Bedeutung für die Behebung von Ungleichheiten und zur Herstellung von Gerechtigkeit in der digitalisierten Gesellschaft. Das gilt umso mehr, wenn man die digitalisierte Gesellschaft nicht nur national, sondern sogar global denkt. Zunächst einmal hat man als Bürger*in eines Staates eine bestimmte Nationalität und ein Heimatland. Doch mit den digitalen Möglichkeiten könnten nationale Grenzen transzendiert werden. „Das Internet ist ein Werkzeug, das eine Art von Weltbürgerschaft ermöglicht.“[13] Diese Einschätzung verweist auf die besondere Qualität des transnationalen Miteinanders, das man in der Digitalität und dem digitalen Raum sehen kann. Wie brisant und von welch grundlegend ethischer Relevanz damit der Zugang zu und die Freizügigkeit in diesem digitalen Raum ist, belegt die Bedeutung einer selbstbestimmten Teilhabe an der digitalisierten Gesellschaft. In dieselbe Richtung weisen auch die Forderung nach dem „Internetzugang als Menschenrecht“[14] sowie die Diskussionen um Zensur und Meinungsfreiheit im Internet.

Ausblick: Ethische Herausforderung und Befähigung

Mit dem Zugang zu sowie mit der Nicht-/Teilhabe an der digitalen Welt sind zahlreiche gesellschaftliche Herausforderungen verbunden. Nicht zuletzt gewinnt auch der Schutz der digitalisierten Gesellschaft – die Cybersecurity – zunehmend an Bedeutung; doch dies ist keine rein technologische Angelegenheit.[15] Aus ethischer Perspektive wird es daher nötig sein, einen breiten Diskurs zu führen, in dem die zahlreichen virulenten ethischen Fragen, die die digitalisierte Gesellschaft aufwirft, verhandelt werden können. Um diesen Diskurs vernünftig führen zu können, braucht es ein Bewusstsein für ethische Problemlagen im Kontext der Digitalen Transformation. Mithin braucht es die Befähigung, Sachverhalte ethisch begründet einschätzen, vertreten und Perspektiven – oder auch wie eingangs erwähnt: Narrative – entwickeln zu können. Ebenso bedeutsam wie der Diskurs über die Entwicklung und Gestaltung der digitalisierten Gesellschaft dürfte dabei auch ein einsprechendes reflektiertes Verhalten und bewusstes Handeln im Umgang mit den neuen digitalen Möglichkeiten sein. Zu stark ist die qualitative Verwobenheit von Mensch und Digitalität, die aus der digitalisierten Gesellschaft erwächst.

Literatur

Bloomberg, Jason (2018): Digitization, Digitalization, And Digital Transformation: Confuse Them At Your Peril; in: Forbes vom 29.4.2018, https://www.forbes.com/sites/jasonbloomberg/2018/04/29/digitization-digitalization-and-digital-transformation-confuse-them-at-your-peril/?sh=2b36e1932f2c, letzter Abruf am 19.2.2022.

Der Spiegel (2021): Bytes statt Blech, Ausgabe Nr. 2/9.1.2021, S.62-63.

Gartner Glossary (2021): Digitalization, https://www.gartner.com/en/information-technology/glossary/digitalization, Abruf am 5.2.2021.

Grammatis, Kosta (2018): Internetzugang als Menschenrecht. Ein Schritt in Richtung einer gerechteren Gesellschaft? in: Otto, Philipp/ Gräf, Eike (Hrsg.): 3ETH1CS. Die Ethik der digitalen Zeit, Sonderausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung Bonn, Verlag iRights.Media Berlin, 210-215.

Liferay (2021): Was ist Digital Business?, https://www.liferay.com/de/resources/l/digital-business,   letzter Abruf am 5.2.2021.

Maurer, Peter (2018): Geoscoring: Wie mein Wohnort meine Bonität beeinflussen kann, in: Bankenblatt.de vom 16. Mai 2018, https://www.bankenblatt.de/geoscoring-wie-mein-wohnort-meine-bonitaet-beeinflussen-kann /, letzter Abruf 19.02.2022.

Polanyi, Karl (2021): The Great Transformation: Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen, 15. Auflage, Suhrkamp Taschenbuch Verlag Berlin.

Rödder, Andreas (2015): 21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart. C.H. Beck Verlag München.

Schmidt, Matthias (2021): Ethik in der IT-Sicherheit. Eine Einführung, UVG Verlag Berlin.  https://itethik.pressbooks.com/

Schneidewind, Uwe (2019): Die Große Transformation. Eine Einführung in die Kunst des gesellschaftlichen Wandels. In der Reihe Entwürfe für eine Welt mit Zukunft, hrsg. v. Harald Welzer und Klaus Wiegandt, Fischer Verlag Frankfurt am Main.

Wiegerling, Klaus (2020): Entgeschichtlichung und Digitalisierung, in: Koziol, Klaus (Hrsg.): Entwirklichung der Wirklichkeit. In der Reihe Mensch und Digitalisierung, hrsg. v. der Medienstiftung der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Band 3, kopaed Verlag München, 85-119.

Wiegerling, Klaus (2020a): Automatische, informatische Datenerhebung, -verwaltung und Kommunikation, Kultur der Wissensgesellschaft. Lehrbrief, in Arbeit. Stand vom 09.08.2020.

Fußnoten

[1] Vgl. Polanyi (2021).

[2] Schneidewind (2019: 10).

[3] Röder (2015: 18ff.).

[4] Vgl. Wiegerling (2020a: 2) sowie in diesem Band.

[5] Ebd.

[6] Bloomberg (2018).

[7] Vgl. Gartner (2021) und Liferay (2021).

[8] Vgl. Spiegel (2021: 62).

[9] Vgl. Wiegerling (2020: 95).

[10] Vgl. Maurer (2018).

[11] Verschränkung ist hier assoziativ angelehnt an einen Begriff aus der Quantenphysik, bei dem sinngemäß zwei unabhängige Teile eines Ganzen instantan miteinander verbunden sind und nicht hinreichend unabhängig voneinander beschrieben werden können.

[12] Vgl. Kutsche 2020.

[13] Grammatis (2018: 210).

[14] Ebd.

[15] Vgl. Schmidt (2021)

Kompendium Digitale Transformation von Matthias Schmidt wird unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedinungen 4.0 International lizenziert, sofern nichts anderes angegeben ist.

Neue Technologieexperten für die Experience Economy gefragt

Cisco AppDynamics, ein führender Anbieter von Technologien für Observability und Application Monitoring, hat die Ergebnisse der Studie „Agents of Transformation 2022“ veröffentlicht. Der jährliche Report untersucht bereits zum vierten Mal, welche Fähigkeiten und Eigenschaften IT-Spitzenkräfte weltweit ausmachen.

Die Studie zeigt, dass im Zuge der Pandemie eine neue Klasse an Technologieexperten hervorgetreten ist. Diese widmen sich den kritischen Herausforderungen, die die Grenzen zwischen Geschäftsstrategie und IT-Betrieb verwischen. Darüber hinaus verweist der Report auch auf den Bedarf, alle Produkte und Dienstleistungen in der „Experience Economy“ digital verfügbar zu machen – trotz erhöhter Sicherheitsbedrohungen, zunehmender Komplexität und der beschleunigten Verlagerung auf hybrides Arbeiten und die Cloud.

„Die Messlatte liegt immer höher und im letzten Jahr hat sich verändert, was es heißt, ein Agent of Transformation zu sein. Diese Führungskräfte wollen genauer verstehen, wie sich Probleme in ihren jeweiligen Bereichen auf die Gesamterfahrung von Nutzern und Anwendungen auswirken, und sich mithilfe von Lösungen an den Wandel anpassen, die sich positiv auf das gesamte Geschäft auswirken“, erklärt Liz Centoni, EVP, Chief Strategy Officer, GM of Applications.

Laut dem Report von Cisco AppDynamics glauben 74 Prozent der Befragten, dass ihre Erfahrungen der letzten Jahre – insbesondere während der Pandemie – ihre Karriere vorangetrieben haben und 88 Prozent sehen sich inzwischen als Führungskräfte ihres Unternehmens. Jedoch haben lediglich zehn Prozent der Technologieexperten den höchsten Status als „Agent of Transformation“ erreicht. Diese Kategorie steht für hochkarätige Führungskräfte, die erstklassige Anwendungen und Dienste neu konzipieren und bereitstellen, um die von Endnutzern und Kunden geforderten jederzeit verfügbaren, sicheren und außergewöhnlichen Benutzererlebnisse zu schaffen.

Die Befragten führen einen grundlegenden Wandel in der Rolle des Technologen an. Dies betrifft auch die Fähigkeiten und Ressourcen, die notwendig sind, um effektiv und erfolgreich zu arbeiten. Gleichzeitig müssen sie sich mit der zunehmenden Komplexität und wachsenden Datenmengen im gesamten Technologie-Stack auseinandersetzen sowie eine stark steigende Anzahl an Cloud-nativen Diensten in die bestehende­­n On-Premises-Technologien integrieren.

  • 88 Prozent glauben, dass sich die Rolle des Technologen verändert hat.
  • 84 Prozent sind überzeugt, dass sich die Fähigkeiten und Qualitäten, die einen Agent of Transformation ausmachen, weiterentwickelt haben.
  • 66 Prozent sagen, dass es heute schwieriger ist, ein Agent of Transformation zu sein.
  • Jeder vierte Technologe stellt fest, dass sein Unternehmen im reaktiven Modus des Feuerlöschens verharrt.

Die digitale Transformation sorgt dafür, dass fast jedes Unternehmen und jede Organisation über Web- und Mobilanwendungen mit Kunden interagiert, während der Übergang zum hybriden Arbeiten zu mehr Interaktion mit SaaS-Tools und Webschnittstellen führt. Da Verbraucher schnell zu Apps oder Services anderer Marken wechseln können, riskieren Unternehmen, die ihre digitalen Erfahrungen nicht sofort verbessern können, treue Kunden zu verlieren.

„Die neuen Agents of Transformation erkennen die Notwendigkeit, Anwendungen nicht nur als Antwort auf die Herausforderungen nach der Pandemie neu zu konzipieren, sondern auch, um makellose, zuverlässige digitale Erfahrungen zu kreieren, die einige der größten Probleme der Welt lösen – von der Befriedigung wichtiger menschlicher Bedürfnisse bis hin zur Vermittlung von Fähigkeiten und Ressourcen, um in der digitalen Wirtschaft erfolgreich zu sein“, ergänzt Centoni.

Die Befragten des Reports von Cisco AppDynamics sind sich der weitreichenden Folgen dieses Wandels bewusst und wissen, dass sie Hilfe benötigen, um durch die technischen und betrieblichen Unabwägbarkeiten der digitalen Transformation zu navigieren. Insbesondere wünschen sie sich einheitliche Einblicke in ihre IT-Umgebungen, damit sie die Verfügbarkeit und die Performance von Anwendungen besser verwalten und optimieren können. Dies macht es notwendig, Investitionen auf die Anwendungssicherheit, die Observability von Cloud-nativen Anwendungen und Infrastrukturen sowie die Verknüpfung von IT-Performance mit geschäftlichen Entscheidungen zu konzentrieren.

  • 77 Prozent meinen, dass es in den nächsten zwölf Monaten wichtig sein wird, in die Anwendungssicherheit zu investieren, um die Anforderungen von Kunden und Mitarbeitern zu erfüllen.
  • 71 Prozent glauben, dass ihr Unternehmen in die Observability von Cloud-nativen Anwendungen und Infrastrukturen investieren muss.
  • 84 Prozent geben an, dass die Gewährleistung der Performance von Geschäftsanwendungen heute wichtiger ist als je zuvor.
  • 85 Prozent halten Full-Stack Observability für entscheidend, um in ihren Organisationen eine nachhaltige Transformation und Innovationen zu erreichen.

Weitere Informationen unter:


Dies ist eine Pressemitteilung von Cisco AppDynamics


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