Digital Mindset effizient fördern

„Digital Mindset kann man nicht lehren, aber sehr effizient fördern.“

Open-Source-Expertin Andrea Wörrlein, Geschäftsführerin von VNC in Berlin und Verwaltungsrätin der VNC AG in Zug setzt auf das beispiel- und richtungsgebende Vorbild der Führungsebene.

Frau Wörrlein, wenn uns die letzten anderthalb Jahre eines gezeigt haben, dann, dass Veränderungsbereitschaft essenziell für den Unternehmenserfolg ist. Inwiefern ist ein „Digital Mindset“ dafür hilfreich?

Zu einer echten digitalen Mentalität gehört aus unserer Sicht mehr als nur Veränderungsbereitschaft. Sie beschreibt eine Geisteshaltung die aufgeschlossen, offen, neugierig, aktiv und agil gegenüber Neuem ist, dieses aber nicht naiv und unkritisch übernimmt, sondern konstruktiv daraufhin prüft, inwieweit es Probleme löst und Zustände verbessert.

Diese kritisch-positive Haltung gegenüber dem digitalen Fortschritt wird in dem Maße zunehmend wichtiger, in dem die Digitalisierung immer mehr Unternehmen erfasst und ihre Geschäftsmodelle und Workflows prägt.

Wie schaffe ich ein entsprechendes Bewusstsein im Unternehmen – Stichworte Flexibilität, Agilität und Offenheit?

Ein solches Bewusstsein kann man nicht erschaffen, Offenheit gegenüber technischem Fortschritt nicht antrainieren. Es ist eine Prädisposition, die vorhanden sein muss, eine Art Bringschuld der Mitarbeiter, die man aus Unternehmenssicht als Messlatte bei der Personalplanung anlegt und bestenfalls durch positives Feedback fördern und belohnen kann.

Wir sollten uns vor pseudotherapeutischen Ansätzen in der Mitarbeiterförderung hüten. Man kann Menschen nicht dauerhaft zu einer bestimmten Einstellung motivieren, die nicht ihren Neigungen entspricht.

Oft reicht es ja völlig aus, sie nicht zu demotivieren. Das ist der Unterschied. Die größten Demotivationsfaktoren sind nun einmal schlechte Führung und nervtötende Technik. Mit einer Führungsebene, die den positiven Wandel vorlebt, sowie mit flexibel adaptierbaren und intuitiv zu bedienenden Tools, die die Arbeit erleichtern, ist also schon sehr viel gewonnen. Und für Letzteres ist Open Source die beste Voraussetzung.

Die Digitale Transformation kann nur mit agilen Projektmethoden angegangen werden. Einmal gestartet, wird man sich immer weiter bewegen und ständig neue Erfahrungen machen. Wie gehen Sie selbst vor, um sich immer wieder zu justieren und die ganzen neuen Technologien zu bewerten?

Wir verfolgen einen Dualismus von Makro- und Mikromanagement. Das klingt vielleicht hochgestochen, dahinter steckt jedoch ein ganz einfaches Prinzip: Es gibt feste Vorgaben, die sich nicht über agile Projektmethoden wie Scrum steuern lassen. Das sind beispielsweise Budgets, Zeitrahmen, vertragliche Vereinbarungen, Konventionalstrafen oder Meta-Roadmaps. Diese fixen Rahmen oder Frames brauchen eine klassische mittel- und langfristige Planung. Für das Mikromanagement operativer Aktivitäten, wie etwa die Entwicklung eines neuen Kommunikations-Tools und dessen ständige Kontrolle und Optimierung, nutzen wir dagegen die Agilität von Sprints und Tickets. Makro- und Mikromanagement werden laufend abgeglichen. Damit sind wir bisher gut gefahren.


Mit einer Führungsebene, die den positiven Wandel vorlebt, sowie mit flexibel adaptierbaren und intuitiv zu bedienenden Tools, die die Arbeit erleichtern, ist schon sehr viel gewonnen.


Wer offen, frei und agil denkt, kann sein Unternehmen durch die aktuellen Zeiten führen. Damit schließt sich der Kreis zur Veränderungsbereitschaft. Wie weit ist die Führungslandschaft in Deutschland da wirklich?

Wir maßen uns nicht an, andere Chefetagen zu bewerten oder zu kritisieren. Als virtuelle, multinationale Organisation mit Mitarbeitern in der ganzen Welt können wir jedoch Vergleiche ziehen. Dabei stellen wir fest, dass die Einstellung „digital ist etwas für die Anderen“ hierzulande noch relativ weit verbreitet ist. Es passiert sehr viel „top-down“ nach dem Schema von Anweisung (oben) und Ausführung (unten). Dieser Habitus ist aber nur schwer vereinbar mit dem, was wir vorhin als eine von zwei elementaren Voraussetzungen für die Beförderung des Digital Mindset im Unternehmen beschrieben und für wichtig befunden haben: das beispiel- und richtungsgebende Vorbild der Führungsebene.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Der vielversprechendste Ansatzpunkt für die Entwicklung der Veränderungsbereitschaft und all den anderen angesprochenen Qualitäten liegt ganz oben, also genau dort, wo die strategischen Entscheidungen getroffen werden. Hier haben wir ein grundsätzliches Problem, das schnell gelöst werden muss, um im internationalen Wettbewerb den Anschluss nicht zu verlieren.

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