Die vier Geheimwaffen disruptiver Unternehmen
Von den Digitalisierungs-Pionieren lernen
Die Disruption macht vor keiner Industrie halt. Ganz gleich welcher Branche oder welcher Unternehmensgröße – kein Unternehmen ist vor den Auswirkungen der Digitalisierung gefeit. Es gibt Beispiele von Unternehmen, die in dieser Hinsicht vieles richtig machen. Sie bieten ihren Kunden außergewöhnlich gut Customer Experiences, hervorragenden Kundenservice und sind hinsichtlich neuer Technologietrends immer am Puls der Zeit – oder stoßen sie sogar an. Doch was genau machen diese Unternehmen anders? Wodurch zeichnen sie sich aus? Dieser Beitrag soll Licht ins Dunkel bringen und aufzeigen, was Unternehmen tun müssen, um innovativ zu sein.
Eines steht fest: Das gesamte Unternehmen muss neue Ideen entwickeln, um erfolgreich zu sein. Es gibt typische Unternehmensbeispiele, die als Vorreiter gelten. Darunter Airbnb, Amazon, oder Netflix. Andere Unternehmen fragen sich, wie sie selbst zum Disruptor werden können, auch wenn sie bei Weitem nicht über dieselben finanziellen und personellen Ressourcen wie jene Konzerne verfügen. Der Clou ist, dass es sich bei allen genannten Beispielen um Cloud-Software-Unternehmen handelt. Sie sind agil und die Digitalisierung spiegelt sich in der Art und Weise, wie sie Lösungen entwickeln, in ihrer organisatorischen Struktur und in ihrer Kultur wider. Auffallend bei allen sind die folgenden vier Geheimwaffen disruptiver Unternehmen:
1. Den Kunden in den Mittelpunkt stellen
Der Ansatz, den Kunden in das Zentrum aller Unternehmensaktivitäten zu rücken, ist sicherlich nicht mehr neu. Dennoch haben viele Unternehmen es bisher verpasst, genau das zu tun. Die genannten Cloud-Software-Unternehmen haben sich das Prinzip „Customer first!“ auf die Fahne geschrieben. Bei der Entwicklung versetzen sie sich in die Lage ihrer Kunden und fragen sich: Wie lässt sich ein äußerst angenehmes Kundenerlebnis kreieren? Welche Features und Services muss ich meinen Kunden dafür bieten? Für diese Überlegungen fehlen vielen anderen Unternehmen oft Zeit und Ressourcen: Die IT ist permanent damit beschäftigt, Backlogs abzuarbeiten und kann keine neuen Entwicklungen anstoßen. Dieses Dilemma lässt sich beseitigen, indem Unternehmen nicht nur eine agilere Arbeitsweise adaptieren, sondern in neue Technologien investieren.
Ein Beispiel hierfür sind sogenannte Low-Code-Plattformen. Diese ermöglichen es, deutlich schneller bessere Anwendungen zu entwickeln. Dabei deckt diese Technologie von einer hochproduktiven, visuellen Entwicklung bis hin zur Bereitstellung eines leistungsstarken Tools, mit dem Unternehmen ihre Apps verwalten können, ein breites Spektrum in der Anwendungsentwicklung ab. Mit Low-Code funktioniert es ganz einfach, neue Apps zu kreieren, bequem per Drag & Drop und nicht über aufwendiges, manuelles Codieren. Anstatt also jede Code-Zeile einer Anwendung zu programmieren, können sich Developer auf andere Aspekte der App konzentrieren – wie die Customer Experience. Denn für viele Firmen besteht die Herausforderung darin, ihren Kunden qualitativ hochwertige, konsistente Interaktionen über mehrere digitale Kanäle (Mobile, Chat, Web, Voice) zu bieten.
Genau das ist mit Low-Code möglich. Außerdem können Unternehmen auch eine deutlich bessere Kundenzentrierung erreichen: Denn ebenso ist es möglich, neue Features, falls notwendig, binnen weniger Stunden zu integrieren. Zudem erlaubt Low-Code, Anwendungen permanent entsprechend dem Nutzerfeedback zu verbessern. So steht der Kunde wirklich im Mittelpunkt.
2. Neue Anwendungen schnell und kontinuierlich ausspielen
Wenn man also anfängt, den Kunden in das Zentrum der Unternehmensaktivitäten zu rücken, hat man eigentlich keine andere Alternative, als einen agilen Bereitstellungsprozess zu integrieren. Disruptoren sollten Sorge dafür tragen, dass sie neben einer durchgängigen Customer Journey auch an allen Touchpoints hervorragende Customer Experiences bereitstellen. Dies gelingt aber nur mit einer Unternehmenskultur, die bereit ist, sich auszuprobieren. Das sollte nicht planlos geschehen, allerdings sollten Unternehmen bereit und offen dafür sein, neue Wege zu gehen. Früher haben Unternehmen neue Software als Projekt und nach dem Wasserfallmodell ausgeliefert. Nach dem Ausrollen galt das Projekt als abgeschlossen und ging danach direkt in den Wartungsmodus über. Disruptoren agieren völlig anders: Sie haben ihre Strategie von einem Projekt- zu einem Produkt-Modell umgestellt, womit nun jede Software eine unendliche Anzahl von Releases haben kann. Cloud-Software-Unternehmen spielen kontinuierlich neue Versionen ihrer Anwendungen aus – und zwar direkt als Service. Das ist mit Low-Code ebenso möglich.
3. Moderne, integrierte Architektur verwenden
Bei den Vorreitern in Sachen Digitalisierung und Customer Experience handelt es sich häufig um noch recht junge Unternehmen, die im Vergleich zu alteingesessenen, renommierten Unternehmen, wie etwa Banken oder Versicherungen, die teils schon vor mehr als 80 Jahren gegründet wurden, nur eine vergleichsweise übersichtliche IT-Infrastruktur verwalten müssen. Zudem haben sie aufgrund ihres Erfolgs auch völlig andere personelle und finanzielle Ressourcen, die sie einsetzen können, um neue Anwendungen zu entwickeln oder Anpassungen vorzunehmen. Mit der Modernisierung von Legacy-Systemen müssen sie sich demnach nur selten oder gar nicht auseinandersetzen. Bei einer Bank, die bisher ihre Daten beispielsweise über ein Kernbankensystem verwaltet hat, sieht dies anders aus. Sie kann dieses System nicht ohne großen Aufwand ersetzen, da es monolithisch angelegt ist. Mit einer Low-Code-Lösung erhalten solche Unternehmen ein Tool an die Hand, das sie problemlos auf bereits bestehende Lösungen aufsetzen können. Das ermöglicht eine Konsolidierung von sämtlichen Daten aus allen Legacy-Systemen und versetzt Unternehmen damit in die Lage, einen deutlich besseren Überblick über ihre Kunden zu erlangen. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Kundenbindung aus, da das Unternehmen besser einschätzen kann, welche Bedürfnisse oder Anforderungen der Kunde an die Firma stellt.
4. Top IT-Talente rekrutieren
Disruptoren haben schon lange erkannt, dass die Nachfrage nach neuen, digitalen Lösungen permanent wächst und die IT-Abteilung Möglichkeiten finden muss, diese Anforderungen zu erfüllen. So verdeutlicht beispielsweise der MINT-Frühjahrsreport des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), wie drastisch die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage im IT-Sektor innerhalb von nur vier Jahren gewachsen ist, denn inzwischen fehlen fast 60.000 IT-Fachkräfte. Und das ist das Dreifache des Wertes aus dem Jahr 2014. Um eine gelungene Omnichannel-Customer Experience zu kreieren, benötigen Unternehmen aber Top-Talente. Google, Netflix & Co. schaffen es, diese Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Sie kreieren eine Arbeitgebermarke und bieten ihren neuen Kollegen attraktive Benefits. Außerdem wissen sie, dass hochqualifizierte Entwickler schnell weg vom Markt sind.
Es gilt also, sich auf dem Bewerbermarkt als Arbeitgebermarke zu positionieren und vor allem Bewerbungsprozesse zu verkürzen. Da es allerdings immer noch schwierig ist, passende Talente zu finden, können sich Unternehmen behelfen, indem sie interne Ressourcen für die App-Entwicklung bereitstellen. Denn Low-Code-Plattformen sind inzwischen so einfach zu bedienen, dass auch Mitarbeiter ohne IT-Hintergrund Anwendungen entwickeln können. Die Mitarbeiter benötigen ein technisches Grundverständnis, können dann aber Apps aus dem eigenen Bedarf heraus erstellen – so auch für den Recruiting-Bereich. Als Citizen Developer unterstützen diese Mitarbeiter die IT-Abteilung. Developer haben aber nichtsdestotrotz noch genug zu tun und sie sollten vor der Veröffentlichung einer App einen letzten prüfenden Blick auf die Anwendung werfen. Dabei gilt es zu berücksichtigen ob die Anwendung die strengen Richtlinien des Unternehmens einhalten kann.
Wer nicht zum Überholen ansetzt, wird überholt
Eines steht fest: Zu glauben, dass man mangels Ressourcen nicht in der Lage ist, ähnliche Services und Customer Experiences wie Netflix & Co. bereitzustellen, bringt kein Unternehmen weiter. Durch neue Technologien gibt es inzwischen durchaus Möglichkeiten, eine starke Marke mit einem hervorragenden Kundenerlebnis aufzubauen. Dafür ist es aber notwendig, nicht länger im Stillstand zu verharren, sondern Neues zu wagen. Sonst wird man eher kurz- als langfristig nicht zum Disruptor, sondern disruptiert.
Über den Autor
Martin Otten ist Regional Vice President Central Europe bei OutSystems in Utrecht, Niederlande. Otten, der auf über 24 Jahre Know-how zu Themen wie Software-Entwicklung, DevOps und Low-Code-Plattformen zurückgreifen kann, hat bereits zahlreiche Unternehmen aus den USA und UK dabei unterstützt, ihr Business, ihre Kunden und ihren Markt im EU-Raum wachsen zu lassen.
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