„Closed Source führt immer in eine Abhängigkeit“
Andrea Wörrlein, Geschäftsführerin von VNC in Berlin und Verwaltungsrätin der VNC AG in Zug im Gespräch mit der TREND REPORT Redaktion
Welche Tools stehen Ihren Kunden zur Verfügung und wie gestaltet sich Ihr Subscription-Modell für Enterprise-Kunden?
VNC bietet mit VNClagoon eine auf Open Source basierende Suite aus Kommunikations- und Kollaborationstools. Zu dieser zählen unter anderem Anwendungen für Messaging und Videokonferenzen, Groupware sowie Aufgaben- und Projektverwaltung – also alles, was Teams für eine reibungslose Zusammenarbeit brauchen, und das funktional vergleichbar mit den Angeboten von Microsoft, aber mit mehr Datenschutz und höherer Sicherheit. Unsere Kunden können sehr flexibel entscheiden, welche Anwendungen sie einsetzen, wie viele Lizenzen sie buchen und wie lang die Laufzeit ist.
Inwieweit haben Sie in Ihrer kollaborativen Arbeitsumgebung Medienbrüche vermieden? Warum wird dadurch ein Wildwuchs an Kommunikationstools verhindert?
Alle Anwendungen von VNClagoon sind im Frontend und Backend eng miteinander verzahnt. Sie greifen beispielsweise auf einen gemeinsamen Verzeichnisdienst für eine zentrale Benutzer- und Rechteverwaltung zu. Sie nutzen auch einen gemeinsamen Index: Der Anwender muss also nicht überlegen, ob er eine Information via Mail oder Chat erhalten oder in einem Dokument gelesen hat – er findet sie mit der Suche in jeder Anwendung. Zudem kann er in einer zentralen Oberfläche alle neu eintreffenden Mails, Chats und anderen Elemente sichten, filtern und beantworten, ganz ohne zwischen den einzelnen Anwendungen hin und her zu wechseln. Ebenso kann er überall die Interaktion mit einem Kontakt beginnen und zum Beispiel einen Videocall initiieren, einen Chat starten oder eine Aufgabe anlegen.
„Closed Source führt immer in eine Abhängigkeit“
Andrea Wörrlein
Welche Philosophie steckt hinter VNC und VNClagoon?
VNClagoon bietet alle Freiheiten und Garantien von Open Source – von hoher Sicherheit und hohem Datenschutz durch den transparenten Code über Interoperabilität durch offene Schnittstellen bis hin zur schnellen Weiterentwicklung und Fehlerbehebung durch eine weltweite Community. VNClagoon ist aber nicht einfach nur quelloffene Software, denn VNC als Unternehmen lebt und atmet die Werte, für die Open Source steht. Wir verstehen uns als virtuelle und lernende Organisation mit flachen Hierarchien, die offen und fair mit Mitarbeitern, Kunden und Partnern umgeht und sich für freie Meinungsäußerung und digitale Souveränität stark macht.
Welche Vorteile haben Ihre Kunden durch Open-Source-Software?
Unternehmen haben völlige Transparenz, wie unsere Software arbeitet, wie sie Daten speichert und wohin sie Daten überträgt. Sie können sie jederzeit auditieren und über Schnittstellen auf Daten zugreifen oder andere Anwendungen integrieren – ein Vendor Lock-in wie bei vielen Closed-Source-Lösungen ist ausgeschlossen. Bei Bedarf passen Unternehmen unsere Software an, und sie setzen sie flexibel On-Premises, in einer privaten Cloud oder der Public Cloud ein oder beziehen sie als SaaS von einem unserer Partner. Zudem garantieren unsere Entwickler und die große Open-Source-Community innovative neue Funktionen und liefern unzählige Add-ons und Services, selbst für die ausgefallensten Einsatzszenarien.
Was raten Sie Unternehmen, die Open-Source-Software und -Lösungen im Unternehmensalltag zum Einsatz bringen möchten?
Just do it. Open Source ist nicht schlechter als proprietäre Software – im Gegenteil. Die Lösungen sind innovativ, sicher und benutzerfreundlich. Natürlich sollten Unternehmen quelloffene Lösungen auswählen, hinter denen eine große und aktive Community steht, damit die Anwendungen einen hohen Reifegrad besitzen und sie professionellen Support erhalten. Zudem erleichtern DevOps-Konzepte und Strategien für Continuous Integration und Deployment die Einführung der Anwendungen und die Integration in die bestehende Software-Landschaft.
Welche Vorteile haben Container-Technologien?
Mithilfe von Container-Technologien stellen Unternehmen ihre Anwendungen flexibel und hochautomatisiert bereit – damit entlasten sie ihre Mitarbeiter und machen personelle Ressourcen für andere Projekte frei. Darüber hinaus nutzen Container die Hardware sehr effizient, sodass Unternehmen auch ihre Infrastrukturkosten senken. Und sie erhöhen die Verfügbarkeit ihrer Anwendungen: Ein Container ist in Sekunden geklont und gestartet, um bei gestiegenen Leistungsanforderungen schnell zu skalieren oder den Ausfall eines Containers abzufangen.
Welche Vorteile haben Ihre Kunden im Kontext der TCO im Gegensatz zu den US-Softwaregiganten?
Wir gängeln Unternehmen nicht mit langen Laufzeiten, unflexiblen Anwendungssuiten oder Third-Party-Lizenzen, die sie für die Nutzung der Software erwerben müssen. Sie abonnieren nur die Anwendungen und Module, die sie tatsächlich einsetzen wollen – für ein Jahr oder auch nur für einen Monat. Das ist günstig und gut planbar, und wenn sie den Anbieter wechseln wollen, können sie das problemlos tun. Die meisten Kunden sind allerdings äußerst zufrieden mit VNClagoon und bleiben uns lange treu. Dazu trägt sicher bei, dass unsere Software schlank und ressourcenschonend ist, sodass die Investitionen ins Backend überschaubar bleiben.
Wie kann Open-Source-Software die digitale Souveränität erhöhen und damit die Resilienz im Unternehmen stärken?
Unternehmen müssen selbst über den Umgang mit ihren Daten bestimmen können – wo sie gespeichert sind, wie sie verarbeitet werden und wer auf sie zugreift. Das geht nicht mit proprietärer Software, die wie eine Blackbox agiert, und amerikanischen Cloud-Services, die dem „US Cloud Act“ unterliegen. Nur Open Source bietet die Offenheit und Transparenz, die notwendig sind, damit Unternehmen ihre Plattformen, Anwendungen und alle Datenverarbeitungen kontrollieren und steuern können. Ohne Open Source ist digitale Souveränität daher nicht möglich. Zudem lässt sich Open Source viel besser anpassen und absichern als Closed Source, sodass Unternehmen im Krisenfall oder wenn sie neue Schnittstellen und Funktionen benötigen, selbst aktiv werden können und nicht auf das Wohlwollen eines Software-Anbieters angewiesen sind. Letztlich führt Closed Source immer ein eine Abhängigkeit.
Welche Unternehmenskultur und welches Mindset setzt die digitale Transformation voraus?
Die digitale Transformation ist tatsächlich nur teilweise eine Frage von Technologien und betrifft fast immer auch die Unternehmenskultur. Die große Herausforderung liegt darin, strenge Hierarchien aufzuweichen und agil in Teams zusammenzuarbeiten, in denen Mitarbeiter an Entscheidungen beteiligt sind und die Freiheit haben, mit neuen Technologien zu experimentieren. Geht etwas schief, dürfen Unternehmen nicht nach Schuldigen suchen, sondern sollten die Verbesserungsmöglichkeiten herausarbeiten. Die klassische Befehls- und Fehlervermeidungskultur muss einem offenen Umgang miteinander weichen, denn sonst bringen Mitarbeiter sich nicht ein und ducken sich lieber weg. Daneben dürfen Unternehmen aber auch keine Berührungsängste gegenüber neuen Technologien haben und benötigen DevOps-Ansätze, um diese schnell zu erproben, zu bewerten und einzuführen.
Natürlich darf die Digitale Transformation nicht zu einem Rückgang der Produktivität – der eigentlichen „globalen Währung“ – führen. Homeoffice ohne moderne, leistungsfähige Werkzeuge im Gleichklang mit neuen Management- und Teamleitungskonzepten ist eher kontraproduktiv, wie sicherlich viele Unternehmen in den letzten Monaten erfahren haben. Wir versuchen, hier einen Beitrag zu leisten, dass dies nicht passiert, sondern im Gegenteil Kreativität, Spaß am digitalen Arbeiten und damit ein Produktivitätszuwachs im harten internationalen Wettbewerb entsteht.
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