Im Interview mit der TREND-REPORT-Redaktion schildern Ioannis Tsavlakidis und Ushananthan Ganeshananthan von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,  wie KI Wirtschaft und Welt verändert.

Was genau macht KPMG im Bereich künstliche Intelligenz (KI)?
Ioannis Tsavlakidis: Die KPMG bündelt ihre Kompetenzen auf den Feldern der Datenanalyse und KI. Datenanalyse ge­hört für uns seit über 100 Jahren zum Kerngeschäft – KI stellt eine natürliche Erweiterung unserer Analysemethoden dar. In einem Satz zusammengefasst: Wir nutzen KI einerseits, um die Herausforderungen unserer Kunden zu lösen, und andererseits, um unsere eigenen Methoden zu verbessern.

Was fasziniert Sie besonders an der Technologie?
Ioannis Tsavlakidis: Besonders faszinierend finde ich die Fähigkeit von KI, sich selbst Wissen anzueignen und eigenständig zu lernen. Die Möglichkeiten, die sich uns dadurch bieten, sind nahezu grenzenlos.

Ushananthan Ganeshananthan: KI ermöglicht es, eine Vielzahl an Problemen zu lösen, die mit klassischen Informatik-Paradigmen fast unmöglich zu lösen oder schlichtweg zu kostenintensiv waren. Hierzu gehören z. B. das autonome Fahren, das Erkennen von menschlicher Sprache und Bildern.

Ioannis Tsavlakidis, Bereichsvorstand Consulting, und Usha­nanthan Ga­nes­hanan­than, Head of Lighthouse Germany, Center of Excellence for Data & Analytics, beide von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, nut­zen KI, um die He­raus­forde­run­gen ihrer Kunden zu lösen. Die Einsatzmöglichkeiten sind dabei „prinzipiell unbegrenzt“.

Welchen Mehrwert versprechen Sie sich im Hinblick auf KI?
Ushananthan Ganeshananthan: KI kann den Automatisierungsgrad und dadurch die Wertschöpfung sowohl bei den Kern- als auch den Supportprozessen deutlich erhöhen. Nehmen Sie Google als Beispiel: Wenn durch den Einsatz von KI das Schalten von Werbung um zwei bis drei Prozent gesteigert werden kann, bedeutet dies eine immense Wertsteigerung. Kundenanfragen können durch KI 24/7 mit einer hohen Qualität und gleich­zeitig minimalen zusätzlichen Kosten bedient werden. Dies führt zu einer spürbaren Steigerung der Kundenzufriedenheit und Unternehmen werden vermehrt KI-Applikationen einsetzen.

Welche konkreten Einsatzmöglichkeiten von KI gibt es?
Ushananthan Ganeshananthan: Die Einsatzmöglichkeiten von KI sind prinzipiell unbegrenzt – es muss vielmehr die Frage gestellt werden, wo sie einen wirtschaftlichen Mehrwert schafft und ob Daten für das Training vorhanden sind. Dies zeigt sich auch an der Vielfalt der Projekte und Kunden, mit denen wir derzeit arbeiten. Beispielsweise unterstützen wir Unternehmen aus der pharmazeutischen Industrie bei der Überwachung von Prozessen mithilfe von KI. Bei anderen Kunden helfen unsere KI-Algorithmen beim Ermitteln von Marktpreisen und der Vorhersage von Absätzen, Umsätzen und Liquidität. Ein weiterer Anwendungsfall, in dem wir KI nutzen, ist das automatische Kontieren von Rechnungen.

Ioannis Tsavlakidis, Bereichsvorstand Consulting,
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Usha­nanthan Ga­nes­hanan­than, Head of Lighthouse Germany, Center of Excellence for Data & Analytics, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Welche Veränderungen erwarten Sie durch den Einfluss von KI?
Ushananthan Ganeshananthan: Schon heute werden viele einfache Tätigkeiten durch Bots oder Algorithmen automatisiert erledigt. Diese Entwicklung wird sich durch KI stark beschleunigen, wodurch auch deutlich komplexere Aufgaben automatisierbar werden. Durch Prozessoptimierung mithilfe von KI werden wir branchenübergreifend eine merkliche Effizienzsteigerung erleben.

Ioannis Tsavlakidis: KI wird zukünf­tig deutlich stärker in vielschichtige Entscheidungs­prozesse eingebunden werden und mehr Verantwortung übernehmen. Ich bin davon überzeugt, dass es in naher Zukunft „AI-Advisor“ für Vorstände und Führungskräfte gibt, die Entscheidungen vorbereiten und verschiedene Hand­lungsalternativen auf Datenbasis aufzei­gen. Das wird auch die Anforderungen an die Manager von morgen ändern – Grundkenntnisse in Informatik und Datenanalyse zur Interpretation der Er­geb­nisse werden zur Schlüsselkompetenz.

Welche Anwendungsfälle werden von Ihren Kunden heute schon konkret nachgefragt?
Ushananthan Ganeshananthan: Derzeit wird oft nach Möglichkeiten der Prozessoptimierung durch KI gefragt. Dies hat den Hintergrund, dass die meisten Prozesse heute datengetrieben sind und demzufolge die Ausgangsbasis für den Einsatz von KI bereits geschaffen ist. Häufig werden zudem das Kauf- und Kundenverhalten angesprochen. Aufgrund der unendlichen Anzahl von Faktoren, die das menschliche Verhalten beeinflussen, stößt man mit herkömmlichen Verfahren hier schnell an Grenzen. Auch das Thema Texterkennung und Textverarbeitung spielt bei unseren Kunden eine große Rolle, wie beispielsweise die Extraktion von Inhalten aus großen und unstrukturierten Textmengen.

Welche Veränderungen erwarten Sie abseits der wirtschaftlichen Perspektive?
Ioannis Tsavlakidis: Ich bin davon überzeugt, dass nicht nur die Wirtschaft stark von KI profitieren wird, sondern die Technologie das Potenzial besitzt, die Gesellschaft als solche voranzubringen. Es besteht kein Zweifel daran, dass KI als Enabler für zahlreiche Innovationen wirkt – sei es in der Medizin, der Berechnung von Wetterentwicklungen oder in anderen Bereichen. Parallel dazu wird sich KI zu einem alltäglichen und selbstverständlichen Begleiter entwickeln. So wie heute nahezu jeder ein Smartphone besitzt, wird auch in einigen Jahren jeder einen KI-Assistenten haben.

Bildquellen:

Ioannis Tsavlakidis / Usha­nanthan Ga­nes­hanan­than
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