Der Chief Digital Officer

Potenziale der Digitalisierung fürs eigene Unternehmen ausschöpfen.

von Rolf Dreier

Fast alle Branchen sind von der digitalen Transformation betroffen. Unternehmen, die ihren Finger am Puls der Zeit haben und wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen zeitnah handeln – eine Wahl gibt es nicht. Die schwierige Aufgabe, eine digitale DNA im Unternehmen zu verankern, übernimmt ab jetzt der Chief Digital Officer.

Große Konzerne wie TUI Deutschland, die Bayer AG und die Deutsche Bank haben in ihrer Chefetage bereits Platz für den CDO geschaffen und lassen sich von ihm den Weg in die digitale Zukunft ebnen. Auch in vielen mittelständischen und kleineren Unternehmen ist die Digitalisierung zur Wettbewerbssicherung unerlässlich geworden. Leider trifft man vor allem in kleinen Unternehmen selten einen CDO oder eine vergleichbare Führungskraft an: ein fataler Fehler.

Warum Chief Information Officer und Chief Marketing Officer die Digitalisierung nicht alleine stemmen können

Jedes Unternehmen sollte im 21. Jahrhundert einen CDO oder eine vergleichbare Führungskraft haben, die ebenso wie der CIO und CMO im oberen Management des Unternehmens angesiedelt ist. Die Notwendigkeit, für den CDO eine eigene Stelle zu schaffen, wird aber noch nicht von allen Unternehmen gesehen. Der Glaube, die vorhandenen Führungskräfte könnten die Aufgaben des CDOs mittragen, ist aber falsch. Zwar arbeiten CIO, CMO und CDO innerhalb des Unternehmens eng miteinander zusammen, ihre Aufgabenbereiche aber sind verschieden.

Der CIO plant und realisiert die IT-Projekte in einem Unternehmen. Er ist auf die Technologien spezialisiert, die für die digitale Transformation verantwortlich sind und sie ermöglichen. Der CMO trifft strategische Entscheidungen in allen marketingrelevanten Bereichen eines Unternehmens. Die Herausforderungen der digitalen Transformation und die Aufgaben des CDOs ist jedoch die Verschmelzung dieser Einzeldisziplinen: Der CDO ist das Bindeglied zwischen Marketing, IT und der Geschäftsleitung und für die Umsetzung und langfristige Verankerung der Digitalisierung des Unternehmens verantwortlich. Er vernetzt alle digitalen Prozesse über die Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinaus und muss dabei stets auf den Kundennutzen bedacht sein.

Alle Unternehmensbereiche sind von der digitalen Transformation betroffen

Die digitale Transformation verändert unsere Kommunikation und Arbeitsweise grundlegend. Ein Management, das Antworten auf die Fragen entwickelt, wie die komplexen Veränderungen bewältigt werden können, ist daher für Unternehmen unverzichtbar. Je nach Unternehmensgröße kann es sogar sinnvoll sein, den CDO mit einem eigenen Team auszustatten.
Die Art der Kommunikation verändert durch Smartphones und soziale Medien nicht nur den Kontakt zum Endkunden, sondern auch den Austausch innerhalb der Unternehmensbereiche: die Unternehmenskultur und Produktionsprozesse stehen vor einem Wandel. Online- und Offline-Kanäle verschmelzen, E-Commerce findet mehr und mehr auch zwischen Geschäftskunden statt und die Entwicklung neuer Produkte erfolgt im digital unterstützten Dialog mit den Kunden.

Der Chief Digital Officer hat ein umfangreiches Profil

Die Aufgabenbereiche des CDOs sind weit gefächert, weil er alle unternehmensinternen Prozesse in Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen effizienter gestalten und auf die digitale Welt hin ausrichten muss. Es versteht sich also von selbst, dass alleiniges IT- oder Marketing-Know-how für den verantwortungsvollen Job des CDOs nicht ausreicht. Ein CDO braucht ein fundiertes BWL-Know-how, eine ausgeprägte Medien- und Digitalkompetenz, umfangreiches Wissen im E-Commerce, Projekterfahrung, ein exzellentes Datenverständnis und langjährige Erfahrung in Führungspositionen. Selbst schon einmal ein Startup gegründet zu haben und verschiedene Unternehmensgrößen aus dem eigenen Arbeitsalltag zu kennen, ist für den Job als CDO ebenfalls vorteilhaft.
Einen klassischen Werdegang zum CDO gibt es nicht. Er kommt aus den verschiedensten Bereichen wie der Volks- und Betriebswirtschaft, der Informationstechnologie, dem Dienstleistungssektor, der Produktentwicklung oder Kommunikation. Neben den zahlreichen fachlichen Kompetenzen muss ein CDO noch eine ganze Palette sozialer Kompetenzen mitbringen, um die digitalen Themen im Unternehmen erfolgreich vorantreiben zu können.

Ein moderner Leadership-Stil ist das A und O

Auf dem Weg der Digitalisierung eines Unternehmens reicht es nicht aus, eine Strategie zu entwickeln. Entscheidend ist die Umsetzung, an der alle Mitarbeiter der verschiedenen Unternehmensbereiche beteiligt sind. Es ist einerseits Aufgabe des CDOs, die Voraussetzungen für eine umfassende Digitalisierung zu schaffen, andererseits aber auch, alle Mitarbeiter auf dem Weg der digitalen Transformation mitzunehmen, Impulse zu geben und bei der Umsetzung den Überblick zu behalten.
Was jeder CDO zusätzlich zur fachlichen Kompetenz benötigt, ist die Fähigkeit, im Team offen, transparent und kooperativ zu arbeiten. Ein CDO braucht Mut, Überzeugungskraft, Kommunikationsbereitschaft, Leidenschaft für die digitale Welt, Energie, Integrität und viel Geduld. Die umfassende Digitalisierung der Unternehmenswertschöpfungskette ist das Ziel des CDOs. Der Weg dorthin ist ein langer Prozess, bei dem der CDO die Unterstützung aller Mitarbeiter braucht und eng mit dem CIO, CMO und der Geschäftsleitung zusammenarbeiten muss.

Jedes zukunftsorientierte Unternehmen sollte eine digitale Führungskraft haben

Die digitale Transformation ist keine Eintagsfliege. Je früher Unternehmen das Potenzial der Digitalisierung für sich erkennen und ihre Veränderungen für sich nutzen, desto wettbewerbsfähiger und produktiver werden sie in Zukunft sein. Kein Unternehmen kann sich der Digitalisierung entziehen. Die Frage, ob man bei der Digitalisierung mitmacht, stellt sich nicht – es geht lediglich um das Wie. Und genau für dieses Wie ist eine digitale Führungskraft notwendig.
Alle Prozesse innerhalb eines Unternehmens auf digitale Komponenten hin auszurichten, ist eine schwierige Aufgabe, die nicht nebenbei laufen oder auf bestehende Posten im Unternehmen verteilt werden kann. Vielmehr braucht es für diesen langen Prozess eine eigene Führungskraft, die sich vollkommen der ganzheitlichen Entwicklung des digitalen Geschäfts widmet und dabei das Potenzial der Digitalisierung für das Unternehmen ausschöpft. Deshalb benötigen auch kleinere Unternehmen eine digitale Führungskraft, die trotz oft limitierter Ressourcen kreativ und effektiv auf die neuen Gegebenheiten reagiert.

 

Beitrag veröffentlicht im Dez. 2016 im Handbuch Digitalisierung

Der Text ist unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 DE verfügbar.
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