Wie KI Unternehmensprozesse beflügelt
Gastbeitrag von Rainer Holler CEO bei VIER
Die deutsche Industrie steckt mitten in einem Umbruch: Fachkräftemangel, überbordende Bürokratie und Kostenexplosion beherrschen die Wirtschaft. Eine mögliche Lösung sind Effizienzgewinne durch Künstliche Intelligenz. Doch noch immer ist die Angst vor KI und den damit zusammenhängenden Veränderungen oft größer als der Wille, die Möglichkeiten zu nutzen. Das muss sich ändern!
Aktuelle Daten zeigen: Nur rund 30 Prozent der deutschen Unternehmen nutzen KI. Das heißt, bei zu vielen scheint es ein Entscheidungsvakuum und tausend Gründe zu geben, um KI nicht zu einzuführen. Stattdessen sollten sich Unternehmen den Möglichkeiten zuwenden, die für den Einsatz von KI sprechen. Und da steht an oberster Stelle die enorme Effizienzsteigerung. KI ermöglicht außerdem höchste Personalisierung und damit mehr Kundenzufriedenheit.
Rainer Holler betont: „KI entlastet von zeitaufwändigen Routineaufgaben und automatisiert Arbeitsschritte.“
Schluss mit KI-Irrtümern und -Ängsten
Eine ganze Gruppe von KI-Irrtümern wabert durch deutsche Unternehmen: KI sei ein reines IT-Thema, nur für große Unternehmen geeignet, weil teuer und aufwändig. KI führe zu Kontrollverlust, sei sehr komplex und kompliziert, nur was für KI-Fachleute, und vernichte Jobs. All das stimmt nicht. KI ist eigentlich die Dampfmaschine der Neuzeit. Und sie ist schon jetzt so zugänglich wie ein Stromanschluss.
Der Hebel von KI liegt vor allem in der Skalierung. Egal, wie groß oder klein ein Unternehmen ist, die Arbeit kann viel effizienter werden. KI bietet beeindruckende Möglichkeiten, um Arbeitsprozesse zu verbessern. Automatisierung mit KI entlastet von Routineaufgaben, unterstützt oder übernimmt repetitive Arbeitsschritte, reduziert Fehler. Und KI ist auch nicht wirklich kompliziert. Natürlich muss man sich damit beschäftigen, sich ein paar Begriffe draufschaffen. Das war und ist bei anderen neuen Technologien aber nicht anders. Und wer erstmal damit anfängt, merkt schnell: KI ist keine Raketentechnik und garantiert kein Hexenwerk. Angst vor KI ist daher völlig unnötig.
KI ist kein Job-Killer, sondern ein Effizienz-Booster
Kunden, beispielsweise von Versicherungen, wünschen sich neben den besten Verträgen und Vorteilen auch einen reibungslosen Kundenservice, freundlich, zu jeder Zeit über alle Kanäle erreichbar, und eine sichere, fallabschließende Bearbeitung. Aber viele Vorgänge sind komplex, manchmal beratungsintensiv und oft zeitaufwändig. Daten sind häufig an unterschiedlichen Orten gespeichert, Kundenanfragen werden in verschiedenen Systemen bearbeitet. Die Servicemitarbeiter haben oft mehreren Anwendungen gleichzeitig offen und verlieren den Überblick. Genau hier ist innovative Unterstützung mit KI gefragt. Das kann verblüffend einfach sein:
Zum Beispiel beantwortet ein KI-Bot auf einer Webseite einfach alle möglichen Fragen, etwa zu wichtigen Reiseunterlagen, zu Versicherungen oder Produkteigenschaften. Er kann Empfehlungen oder wichtige Tipps geben. Und das auch nachts um 1 Uhr. Ein solcher KI-Bot kann schon in wenigen Tagen startklar sein. Ein KI-basierter Assistent ((https://www.vier.ai/communication/vier-copilot/)) kann bei Online-Anträgen automatisch die Plausibilität von Angaben prüfen oder feststellen, ob notwendige Unterlagen angefügt sind. Der Effizienzgewinn ist erheblich, die Bearbeitung geht schneller, die Fehlerquote sinkt. KI kann so im Handumdrehen 30 Prozent der Routineaufgeben übernehmen.
KI-basierte Analysen können überraschen!
KI führt zu Kontrollverlust? Ein klares Veto! Durch KI erhalten Unternehmen viel mehr Informationen und gewinnen dadurch sogar mehr Kontrolle, mehr Kenntnisse und völlig neue Einsichten in ihr Geschäft. VIER beispielsweise bietet u.a. ein patentiertes KI-Sprachanalyse-Verfahren an, das die Wirkung von Sprache ermittelt ((https://www.vier.ai/intelligence/vier-speech-impact/)). Diese Analysen zeigen erstaunliche Dinge: So haben wir etwa für einen Telekommunikationsanbieter festgestellt, dass das Wort „Optionen“ im Kundengespräch schlecht ankommt. Das Wording wurde in der Kommunikation mit Kunden geändert und das wiederum hat zu 30 Prozent weniger Kündigungen geführt. Das zeigt das Potenzial von KI. Dabei geht es beim KI-Einsatz übrigens nie um ein Entweder-Oder zwischen Mensch und Maschine. Vielmehr sind Mensch und KI eine symbiotische Einheit: KI kann riesige Datenmengen in Sekundenbruchteilen analysieren, Standardprozesse automatisieren. Der Mensch punktet dagegen bei Empathie, Kreativität und ist bezüglich der strategischen Verantwortung und Entscheidungsfindung unverzichtbar. Nur ein Mensch kann eine falsche Entscheidung korrigieren und nur ihm tut ein Fehler auch wirklich leid.
Fallbeispiel: Automatisierte E-Mail-Bearbeitung bei IKK classic durch NLU
Die IKK classic beispielsweise ist mit mehr als drei Millionen Versicherten das führende Unternehmen der handwerklichen Krankenversicherung und eine der großen Krankenkassen in Deutschland. Die Kasse hat rund 8.000 Beschäftigte an 160 Standorten im Bundesgebiet. Ihr Haushaltsvolumen beträgt über 12 Milliarden Euro. Die E-Mail-Bearbeitung der IKK classic ist daher umfangreich. Mithilfe einer NLU-Lösung (Natural Language Understanding) konnte das Routing der Anfragen optimiert und die Bearbeitungszeit erheblich gesenkt werden. Die IKK classic ((https://www.vier.ai/intelligence/case-studies/ikk-classic/)) nutzt dazu die semantische NLU-Plattform von VIER Cognesys um 17 spezifische Kundenanliegen der E-Mail-Anfragen zu erkennen. Die semantische Analyse von Anliegen und die Extraktion von Metadaten wie Versicherungsnummer, E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Rentenversicherungsnummer etc. ermöglicht eine präzise Vorselektion und optimierte Verteilung der eingehenden Nachrichten.
Kürzere Bearbeitungszeiten, mehr Kundenzentrierung
Durch die intelligente, schnelle Anliegenerkennung und das optimierte Routing zur Bearbeitung erhalten die Versicherten deutlich schneller eine Rückmeldung zu ihren Anliegen als dies vorher möglich war. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit sank bereits zwei Monate nach Einführung der Lösung um zirka 50 Prozent pro E-Mail. „Die Mitarbeitenden, die sich vorher um diese Routineaufgaben kümmern mussten, können dank der erfolgreichen Automatisierung Kundenzentrierung noch mehr leben“, bilanziert Catrin Hippler, Geschäftsbereichsleiterin Kunden bei IKK classic.
Zukunft schon heute: AI Agents und der Human in the loop
Doch die Entwicklung geht weiter: Die nächste Stufe ist Agentic AI. Agentic AI bezeichnet autonome KI-Systeme, die eigenständig handeln, Entscheidungen treffen und komplexe Aufgaben ausführen, und zwar ohne konstante menschliche Anweisung. Klassische Chatbots antworten rein reaktiv auf Eingaben. AI Agenten können dagegen autonom Kommunikation und Angebote in Echtzeit an individuelle Kundenbedürfnisse anpassen und die Beratung vollständig übernehmen. Darüber hinaus ist es zunehmend wichtig zu wissen, welche Tätigkeiten von welcher KI und von welchem Modell bestmöglich erfüllt werden. Die passende Orchestrierung sorgt dafür, dass sich Prozesse vollständig, Ende-zu-Ende, automatisieren lassen. Die Kundenansprache lässt sich dadurch viel stärker personalisieren. Anstelle von „One-Size-fits-all“ geht es um stark individualisierte Angebote.
Ein hochaktuelles Thema ist darüber hinaus die zunehmende Umkehr der Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine. Der Mensch erhält quasi Überwachungsfähigkeiten für KI-Anwendungen. Als Supervisor schaut er in ein Gespräch zwischen Kunde und Bot und unterstützt den Bot, wenn der nicht weiterweiß oder die KI halluziniert. Das nennt sich „Human in the Loop“. Der Mensch erkennt das Problem, dass ein Gespräch zwischen einer Maschine und dem Menschen nicht gut läuft und ein Kunde nicht glücklich ist. Der Mensch kann einschreiten und den Bot mit seinen empathischen Fähigkeiten unterstützen. Es geht damit in Zukunft immer stärker darum, wie KI-Agenten und Menschen in Teams ideal zusammenarbeiten und die Kunden so am besten bedienen. Also genau andersherum, als es früher war. So entstehen neue Use Cases und konkrete Probleme werden gelöst. In Zukunft wird es deshalb den CAIO geben, den Chief AI Officer, der die KI-Thematik technisch und kulturell denkt.
Wie Unternehmen jetzt konkret mit KI starten können
Mein Vorschlag: Einfach in einem geschützten Raum mit einer ersten Anwendung starten und dann schauen, wie es läuft. Meistens beginnt man dabei mit Prozessen, die auf menschlicher Sprache beruhen, denn generative KI wie ChatGPT beruht auf gesprochener oder geschriebener Sprache. Und die Hauptprozesse in Unternehmen, die auf Sprache beruhen, finden sich im Sales, in Contact Centern, im Marketing und im Kundendialog wieder. Und außerdem in der Softwareentwicklung, das ist dann nicht die menschliche Sprache, sondern die Maschinensprache. In genau diesen Bereichen liegen 75 Prozent der Gesamtproduktivitätssteigerung, die Unternehmen heute mit KI erzielen können. Um diese Möglichkeiten auszuschöpfen, können sich Versicherungsunternehmen Unterstützung von Experten holen, die gemeinsam mit den Verantwortlichen die bisherigen Prozesse analysieren und definieren, was mit KI optimiert werden kann. Der Einsatz funktioniert am besten nach der „Low Hanging Fruits“-Strategie. Das bedeutet: Ich delegiere die drei Dinge, die mich tagtäglich am meisten beschäftigen, an eine KI-Lösung. Anliegen wie eine Schadensmeldung oder eine Adressänderung können daher schnell, einfach und beim ersten Kontakt abgeschlossen werden, dafür sorgen KI-basierte Assistenzsysteme zuverlässig. Unternehmen sollten sich dabei nicht mit dem Testen unterschiedlicher KI-Tools aufhalten, sondern zunächst genau analysieren, welche Prozesse sie durch KI optimieren wollen und welche Lösung dafür passt. Es gibt zudem auch Partner für die Umsetzung und Implementierung von KI. Gerade auch Unternehmen wie Versicherungen sollten daher jetzt – also eigentlich am besten schon gestern – die Vorteile, die KI bietet, ergreifen und nicht warten, bis es der Wettbewerb tut.
Rainer Holler
Über den Autor:
Rainer Holler ist CEO der VIER GmbH und denkt Kundendialog und Kommunikation neu. Der Diplom-Kaufmann und EMBA will mit dem deutschen Softwareunternehmen den neuen europäischen Standard für KI-gestützte Kundeninteraktion setzen. Um das zu erreichen, legt Rainer Holler großen Wert auf gegenseitiges Vertrauen, Mitwirkung und Transparenz. Rainer Holler ist ein leidenschaftlicher Kämpfer für die Idee der Symbiose zwischen Mensch und KI und sieht in der Kombination der jeweils besten Fähigkeiten der menschlichen und künstlichen Intelligenz die Grundlage für eine erfolgreiche wirtschaftliche Zukunft.
Weitere Infos unter: https://www.vier.ai/