KI-Washing – das neue Greenwashing?
Im Zuge des KI-Booms nimmt irreführende Werbung zu.
Das Problem des Greenwashing ist hinlänglich bekannt: Unternehmen versuchen, sich ein „Nachhaltigkeits-Mäntelchen“ umzuhängen, um ihre Produkte als vermeintlich „grün“ besser vermarkten zu können. Dagegen laufen nicht nur die Verbraucherverbände Sturm, auch das Umweltbundesamt nahm sich jüngst in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Freiburger Öko-Institut dieser Täuschungsabsichten an. Tenor: Verbraucher sollen sich darauf verlassen können, dass Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitsaussagen zu Produkten ebenso wie zu Dienstleistungen vertrauenswürdig und zutreffend sind. Um dies zu gewährleisten, soll der Staat stärker regulierend und kontrollierend eingreifen, wünscht sich die Mehrheit der Konsumenten.
Jetzt also auch KI-Washing? Eigentlich nicht verwunderlich. Denn das Thema Künstliche Intelligenz ist nicht erst seit ChatGPT in aller Munde. Der Chatbot darf allerdings als Maßstab dafür gelten, wie weit KI bereits in unseren Alltag Einzug gehalten hat. Smarte Geräte zur Automatisierung daheim, die persönlichen Fitness-Tracker, Navigationssysteme, moderne Handys – all das sind Beispiele für Produkte, die ohne KI nicht so leistungsfähig wären, wie wir dies inzwischen gewöhnt sind. Da liegt es nahe, dass auch Hersteller ihre Produkte gern mit dem Attribut KI bewerben, um diese so in den Augen der Konsumenten aufzuwerten. Leider trifft dies auch auf Angebote zu, bei denen die KI nur in den Werbetexten vorkommt.
Werbewirksame KI
Dafür hat sich unterdessen der Begriff „KI-Washing“ eingebürgert. Bislang mussten Aufsichtsbehörden, Verbraucherverbände und am Ende nur allzu häufig auch Gerichte darüber wachen, dass Produkte, die als grün, öko, klimaneutral oder natürlich ausgelobt werden, auch tatsächlich so umweltfreundlich bzw. nachhaltig sind wie in der Werbung behauptet. Nun scheint KI in dieser Hinsicht das neue „öko“ geworden zu sein.
Während jüngst noch Werbung mit der Natürlichkeit von Produkten im Trend gelegen habe, stehe nun künstliche Intelligenz im Vordergrund, stellt Rechtsanwalt Dr. Daniel Huber von der Kanzlei IT-Recht fest. Aktuell suggeriere die Werbung bei erstaunlich vielen Produkten, dass sie KI enthalte, obwohl man sich das aufgrund der Art des Produktes manchmal gar nicht so recht vorstellen könne, erklärt der Jurist. Er geht davon aus, dass bei genauer Betrachtung in Wirklichkeit nicht in jedem der so beworbenen Produkte KI im eigentlichen Sinne enthalten ist.
Natürlich lebe Werbung von Übertreibungen und Zuspitzung, woran die Verbraucher gewöhnt seien, räumt Huber ein. Doch auch übertriebene Werbung hat ihre Grenzen. Dazu verweist der Rechtsanwalt auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das in Deutschland im Wesentlichen die rechtlichen Anforderungen an Werbung enthält. Wer gegen das UWG verstößt, handelt demnach unlauter und riskiert rechtliche Konsequenzen.
Das UWG schreibt konkret vor, dass Werbung für ein Produkt, welcher Art auch immer, keine irreführenden Angaben enthalten darf. Laut Anwalt Huber liegt ein Verstoß gegen das Gesetz vor, wenn eine irreführende geschäftliche Handlung dazu führt, dass Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer eine Kaufentscheidung treffen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten. Konkret bedeutet das: Wer in der Werbung behauptet oder suggeriert, dass ein Produkt oder Teile eines Produkts Künstliche Intelligenz enthalten, obwohl dies nicht zutrifft, verstößt gegen das UWG und handelt unlauter. Solche Werbung ist demnach unzulässig und verboten.
Zu viel Werbung mit Falschem
Dessen ungeachtet, würden einige Unternehmen schon damit werben, dass ihre Produkte KI enthielten, bevor sie diese überhaupt auf den Markt bringen, berichtet die Deutsche Welle (DW). Auch wenn lediglich der Plan bestehe, das Produkt irgendwann einmal mit KI auszustatten, werde es manchmal schon beworben, als enthielte es bereits KI, heißt es in einem Beitrag des Senders zum Thema KI-Washing. „Es wird viel mit Falschem geworben“, zitiert die DW den Rechtsanwalt und zertifizierten KI-Spezialisten Joerg Heidrich aus Hannover.
Bislang sind jedoch noch kaum Fälle bekannt, in denen irreführend Werbeaussagen zu KI hierzulande rechtliche Konsequenzen nach sich gezogen hätten. Anders sieht es in den USA aus. Dort ermittelt die Federal Trade Commission (FTC), die gegen unlautere und täuschende Geschäftspraktiken vorgeht, nach Angaben des Wirtschaftsmagazins Capital bereits wegen unlauterer und täuschender Geschäftspraktiken. So unter anderem gegen einen Betreiber von Onlineshops, der seine Produkte als „powered by AI“ bewarb, obwohl der tatsächliche Mehrwert durch KI in diesen Produkten begrenzt gewesen sein soll. Ähnlich gehe die US-Börsenaufsicht SEC gegen Anlageberater vor, die fälschlicherweise behaupteten, ihre Investmententscheidungen würden größtenteils durch KI gesteuert, berichtet Capital.
Experten weisen in dem Zusammenhang auf die Strafzahlungen hin, die bei nachgewiesenem KI-Washing fällig werden können. Die neue EU-KI-Verordnung der Bundesnetzagentur ermögliche, bei groben Verstößen empfindliche Bußgelder zu verhängen – immerhin bis zu sieben Prozent des weltweiten Jahresumsatzes oder 35 Mio. Euro, verdeutlichen die spezialisierten Rechtsanwälte Christoph Werkmeister und Elena Brandt von der Kanzlei Freshfields in Capital. Nicht zu vernachlässigen ist demnach auch das Risiko eines Reputationsverlusts durch enttäuschte Kunden. Aus all diesen Gründen sollten sich Unternehmen also nicht zu KI-Washing verleiten lassen, insbesondere auch im Interesse ihrer Kunden.
Weiterführende Informationen:
https://www.capital.de/wirtschaft-politik/warum-unternehmen-sich-vor-ki-washing-hueten-sollten-35367692.html
https://www.dw.com/de/ki-washing-wie-k%C3%BCnstliche-intelligenz-f%C3%BCr-werbung-missbraucht-wird/a-69809324
https://www.focus.de/finanzen/news/wirtschaft-ki-washing-wie-kuenstliche-intelligenz-fuer-werbung-missbraucht-wird_id_260190765.html
V.i.S.d.P.: Prof. Dr. KLAUS KOCKS Ass.
Fischertwiete 2
20095 Hamburg
Tel + 49 (0) 6439 92990
Hinweis: Wir verweisen zur redaktionellen Information in der Regel auf dritte Quellen, wie sie bei einer journalistischen Recherche akzidentiell anfallen; selbstverständlich kann mit dem bloßen Hinweis auf Links kein Urteil über die Qualität des entsprechenden Materials verbunden sein. Bitte prüfen Sie stets wie üblich nach eigenem Ermessen.