Thomas Sattelberger, Themenbotschafter in der Initiative "Neue Qualität der Arbeit".

Unternehmensbürger?

TREND REPORT fragte Thomas Sattelberger, Themenbotschafter in der Initiative „Neue Qualität der Arbeit“ nach HR-Trends.

Herr Sattelberger, Sie setzen sich nachhaltig für das Thema „Learning on the Job“ ein, welchen Trend bei der „Beruflichen Ausbildung“ können Sie ausmachen? Gibt es überhaupt einen?
Die Chancen, die eine berufliche Ausbildung bietet, werden bedauerlicherweise zu wenig kommuniziert. So liegen zum Beispiel die Einkommenschancen für das obere Drittel der beruflich Qualifizierten höher als die Chancen für Absolventen vieler akademischer Disziplinen. Gleichzeitig gibt es zu viele Absolventen in brotlosen Disziplinen und zu viele Studienabbrecher. Insgesamt bilden Unternehmen zurzeit auch zu wenig aus und weiter. Dabei fehlen in manchen Bereichen die Fachkräfte schon jetzt. Berufsbegleitende Studiengänge wären attraktive Möglichkeiten für Unternehmen wie für Mitarbeiter. Doch leider wird dies noch von zu wenigen Unternehmen forciert. Außerdem müssen Karrierewege auch wieder für Nicht-Akademiker geöffnet werden.

Wie oder was können Unternehmen tun, um dem Fachkräftemangel vorzubeugen?
Das Thema drängt: Bereits für die kommenden zwei Jahre rechnen 60 Prozent der deutschen Betriebe mit einer Verschärfung von Fachkräfteengpässen – so das Ergebnis der von der Initiative Neue Qualität der Arbeit veröffentlichten Längsschnittstudie „Arbeitsqualität und wirtschaftlicher Erfolg“. Die Studie zeigt: Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzen zwei Drittel nicht nur der großen, sondern auch der kleinen und mittelständischen Unternehmen auf Personalplanung. Nur 22 Prozent der Betriebe mit Personalplanung planen jedoch über einen Zeitraum von drei Jahren hinaus. Doch nur mit längerem zeitlichen Vorlauf können betriebsinterne Talente entwickelt oder externe Schlüsselexperten gewonnen werden. Neben einer verstärkten Aus- und Weiterbildung gilt es, alle Mitarbeitergruppen in den Blick zu nehmen. Erfolgreich werden vor allem Betriebe sein, die Talente unabhängig von Geschlecht und mit unterschiedlichsten sozialen, ethnischen und kulturellen Hintergründen gewinnen und binden.

Die Arbeitswelt von morgen: Genossenschaften liegen im Trend und behaupten sich als „Vehikel“. Sind Sie auch der Meinung und warum eigentlich?
Genossenschaftliche Unternehmungen, wie beispielweise große Wirtschaftskooperative und Genossenschaftsbanken, sind sehr viel stabiler durch kritische Jahre gegangen. Sie sind geschäftlich oft erfolgreich und weniger verstrickt in unternehmerisches Fehlverhalten, weil sie sich stärker am Verbraucher, den Kunden und den Mitarbeitenden orientieren. Genossenschaften zeichnen sich durch eine stärkere Werteorientierung aus, die zu einer oft deutlich besseren Führungs- und Zusammenarbeitskultur als zum Beispiel in börsennotierten Unternehmen führt.

Was verstehen Sie unter Unternehmensbürgern?
In der modernen Arbeitswelt sind Mitarbeiter nicht passive Objekte wie die traditionellen Begriffe „Belegschaften“, „Arbeitnehmer“ und „Beschäftigte“ implizieren, sondern selbstbewusst und souverän. Die Mitarbeiter sind damit im Ideal Unternehmensbürger. Sie haben Pflichten, aber auch Rechte. So können sie erstens – ermöglicht durch digitales Arbeiten – souverän entscheiden, wo, wann und wie sie ihre Arbeit machen. Zweitens stimmen sie über die Qualität von Führung ab, also wählen ihre Führungskräfte auf Zeit und können sie auch wieder abwählen. Menschenführung wird von unten erworben, nicht von oben verliehen. Drittens heißt Unternehmensbürger auch, dass sich Mitarbeiter in echte Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse einbringen können. Und ganz wichtig: Unternehmensbürger suchen nach Sinn – sie möchten in Unternehmen arbeiten, deren Ziele sich mit ihren individuellen Interessen und Werten vereinbaren lassen.

Kondratieff und die Biosozialekompetenz: Wie sieht das gesunde Unternehmen in naher Zukunft aus?
In deutschen Unternehmen kann man froh sein, wenn in naher Zukunft überhaupt ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement eingeführt wird. Dazu gehört eine Arbeitskultur zu etablieren, die Stress reduziert, die den Fokus auf Prävention legt, und nicht nur im Krankheitsfall bestenfalls Unterstützung und anschließend strukturierte Wiedereingliederung bietet. Unternehmensleitungen werden künftig gefordert sein, Rahmen und Vorgaben für eine gesunde Unternehmenskultur zu setzen. Denn Gesundheit wird immer mehr zu einem Unternehmensthema – weg vom Thema des Einzelnen. Je maßvoller und balancierter Unternehmensführung betrieben wird, desto gesunder sind auch die Mitarbeitenden.

Ganz kurz, was raten Sie HR-Managern jetzt?
Es gibt viel zu tun – und zwar in allen zentralen HR-Handlungsfeldern. Die Arbeitswelt ist im Umbruch. Wir brauchen neue Konzepte. Personalverantwortliche haben zurzeit die einmalige Chance, in vorderer Reihe die Modernisierung der Arbeitswelt mitzugestalten. Die Digitalisierung bietet neue Chancen. Diese sollten Personaler nutzen!

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