KI im Handel & Vertrieb

Automatisierung in Verbindung mit KI bringt dem Handel schnellere Prozesse, aber vor allem mehr Zeit und Raum, für die digitale- und stationäre Kundschaft.

 

Ob E-Commerce, Vertrieb oder im Retail, der Handel ist im technologischen Wandel. Automatisierung und KI können helfen, den Personalmangel zu lindern, und Chatbots verbessern die Kundenerfahrung. Schlaue KI-Videoüberwachungssysteme und Sensoren unterstützen Einzelhändler dabei, das Lager zu automatisieren, und geben frühzeitig Bestandsmeldungen, um leere Regale zu vermeiden. Natürlich werden auch Technologien für Augmented und Virtual Reality im zukünftigen Shopping eine zentrale Rolle spielen. So kann zum Beispiel die virtuelle Anprobe realisiert werden. Mithilfe eines Ganzkörperfotos und den Körpermaßen kann mit Augmented Reality ein 3D-Abbild des Kunden erstellt werden. Das Metaverse hat sich bereits aufgemacht, um uns in neue Einkaufswelten einzuladen.

Die großen Handelsketten und Discounter testen derzeit Roboter, die zur Unterstützung für menschliches Verkaufspersonal bald an den Start gehen sollen. Die Roboter beraten die Kundschaft, führen sie zu den Waren und ziehen gegebenenfalls Verkaufsmitarbeitende hinzu, falls sie der betreffenden Person nicht weiterhelfen können. Für Baumärkte und deren Kunden wäre das, im Kontext der ewigen Suche, eine echt hilfreiche Innovation. Diesbezüglich steht für Birk Angermann von Shopify fest: „Der Handel braucht Innovation, und zwar auch und vor allem in Deutschland. Innovation ist nicht nur eine Frage der Investition in neue Technologien, sondern erfordert einen Mindshift. Händler brauchen Offenheit und Mut, den Status quo infrage zu stellen, hergebrachte Strukturen, Prozesse und Ansätze neu oder auch anders zu denken. Es geht um Transformation und nicht um kontinuierliche Verbesserung. Das ist das große Missverständnis in Deutschland und der Unterschied zu Märkten wie den USA oder China.“ Angermann spricht hier z. B. das Thema Social Commerce oder Live-Shopping an.

 

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz im E-Commerce kann helfen, Kundenbedürfnisse vorherzusagen und auf diese proaktiv und personalisiert einzugehen.

 

Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch Prof. Dr. Sven Seidenstricker von der DHBW Mosbach. Der Studiengangsleiter im Wirtschaftsingenieurwesen hat durch seine aktuelle Studie zum Thema „KI und RPA im B2B-Vertrieb“ viel Aufholbedarf für Unternehmen und Sales-Mitarbeiter in Deutschland festgestellt. Prof. Seidenstricker verdeutlichte unserer Redaktion dazu: „Wir haben eine Studie mit jeweils über 200 Vertriebsmitarbeitern in den Ländern USA, Indien, China und Deutschland durchgeführt. Das Gesamtergebnis ist eindeutig: Sowohl bei der Offenheit gegenüber neuen technologischen Möglichkeiten als auch beim klaren Fokus, die Digitalisierungskompetenz auszubauen, haben China und Indien die Nase vorn.“ Laut Prof. Seidenstricker geht ohne enge Verzahnung von IT und Vertrieb nichts. „Es braucht die IT-Kompetenz direkt im Vertrieb sowie die ‚Erlaubnis‘, die notwendigen Projekte umzusetzen. Deshalb ist es uns so wichtig, das Interesse für neuste Technologien schon im Studium zu fördern, indem die angehenden Wirtschaftsingenieure Nutzungsbeispiele für Datenbrillen erstellen oder Prototypen für digitale Services und Geschäftsmodelle entwickeln.“

 

 

Prof. Seidenstricker betont: „Künstliche Intelligenz im B2B-Vertrieb bietet die Chance, den Vertrieb stärker von Routineaufgaben zu befreien, sodass er Zeit für die wirklich wichtigen Aufgaben hat: die Betreuung seiner Kunden.“

 

Wie Automatisierung und KI im wahrsten Sinne zu neuen Innovationen führen, zeigt das Beispiel von Foodji. Die Verpflegungsspezialisten haben sich eine interessante Nische mit viel Potenzial ausgesucht. Das Unternehmen bietet für die Zigtausenden kleinen und mittleren Betriebe und Organisationen, die sich keine eigene Betriebskantine leisten können, eine maßgeschneiderte, frische und automatisierte Verpflegung an. Mit den smarten Essensautomaten bringt gerade Felix Munte, CEO und Co-Founder von Foodji, die Mitarbeiterverpflegung auf ein neues Niveau. „Foodji basiert auf einer eigens entwickelten Technologieplattform, die eine bedarfsgerechte Mengenplanung ermöglicht. Dabei wird das Nachfrageverhalten an den verschiedenen Standorten bzw. Essensautomaten durch eine kontinuierliche Erhebung relevanter Datenpunkte ermittelt und durch KI erfasst.“ Auf dieser Basis lässt sich laut Munte vorhersagen, welche Mahlzeiten in welcher Menge zu welchem Zeitpunkt an einem Automaten verfügbar sein müssen, um den Bedarf und die Nachfrage möglichst genau zu decken. Felix Munte ergänzt dazu: „Dabei lernt die KI als neuronales System mit der Zeit dazu und erkennt Muster im Verkaufsverhalten, die noch genauere Vorhersagen ermöglichen. Die digitale Transformation geht bei den Nutzern weiter: Reservierung, Bezahlung und Bewertung erfolgen direkt über unsere App. Der Trend geht in Richtung Self-Service – und niemand ist mehr von Öffnungszeiten abhängig.“ Die Analyse von großen Datenmengen und kundenindividuelle Prognosen ermöglichen es Unternehmen schon heute, selbstständig ihre Kundenbasis mit all ihren unterschiedlichen Wünschen und Erwartungen erfolgreich mit Kampagnen und Produkten zu bedienen.

Gerade in Zeiten von grundsätzlich niedriger Kundenloyalität sollten die neuen Technologien rund um KI und ML im E-Commerce, von der Modellierung der Kaufabsicht, bis hin zum personalisierten und optimierten Einkaufserlebnis, eingesetzt werden. Genau so wird die Kundenzufriedenheit gesteigert und die nachhaltige Profitabilität gesichert.

Autor: Bernhard Haselbauer

 

CC BY-ND 4.0 DE

https://creativecommons.org/licenses/by-nd/4.0/deed.de#

Sie dürfen:
  • Teilen — das Material in jedwedem Format oder Medium vervielfältigen und weiterverbreiten
  • Der Lizenzgeber kann diese Freiheiten nicht widerrufen solange Sie sich an die Lizenzbedingungen halten.
  • Bitte berücksichtigen Sie, dass die im Beitrag enthaltenen Bild- und Mediendateien zusätzliche Urheberrechte enthalten.
Unter den folgenden Bedingungen:
  • Keine weiteren Einschränkungen — Sie dürfen keine zusätzlichen Klauseln oder technische Verfahren einsetzen, die anderen rechtlich irgendetwas untersagen, was die Lizenz erlaubt.