Wettbewerbsvorteil: Steuerplanung
Von Prof. Dr. Christoph Juhn
Wie Unternehmen Gestaltungsspielräume optimal nutzen
Abgaben ans Finanzamt gelten oft als lästiges Übel – als unvermeidbarer Fakt, den Unternehmen als gegeben hinnehmen müssen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Um trotz der zunehmend schwierigen Rahmenbedingungen wirtschaftlich zu handeln, können Steuern eine effektive Stellschraube sein. Mit einer klugen Strategie lassen sich dabei nicht nur finanzielle Belastungen reduzieren, sondern auch Spielräume schaffen, um Investitionen zu tätigen und Innovationen voranzutreiben.
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Zukunft steuern
Von Rechtsformwahl über Unternehmenskäufe und -verkäufe bis hin zu internationalen Umwandlungen: Um möglichst hohe Steuerbegünstigungen in Anspruch zu nehmen, gilt es Handlungsoptionen auszuloten. Weit verbreitet ist dabei die Strategie, Gewinne in Niedrigsteuerländer wie Zypern zu verlagern. Das kann durch die Gründung eines Tochterunternehmens geschehen, etwa zur Erhebung von Lizenzgebühren auf immaterielle Rechte wie Marken oder Patente. Ein weiterer Ansatz nutzt Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen, beispielsweise zwischen einer produzierenden Tochtergesellschaft und einer eigenen Vertriebsgesellschaft im Ausland. So lassen sich Preise für den Handel von Waren, Dienstleistungen oder immateriellen Gütern innerhalb eines Konzerns festlegen. Das trägt nicht nur zur effizienten Ressourcensteuerung innerhalb einer Organisation bei, sondern sichert steuerliche Vorteile bei Betriebsausgaben. Natürlich eröffnen auch Abschreibungsmöglichkeiten Gestaltungsspielräume – hierzulande beispielsweise beim Ausbau von Photovoltaik-Kapazitäten. Selbst die Einflussnahme auf die Steuerpolitik durch Advanced Tax Rulings hilft, die Abgabenlast proaktiv zu gestalten. Dabei handelt es sich um vorab mit den Steuerbehörden getroffene Vereinbarungen, die Klarheit, Rechtssicherheit und vorteilhafte Konditionen über die steuerliche Behandlung bestimmter Sachverhalte schaffen. Unternehmen beantragen dazu eine verbindliche Auskunft über die steuerliche Behandlung geplanter Geschäftsaktivitäten. Einmal festgehalten, gelten diese maßgeschneiderten Lösungen in der Praxis als Steuersondervereinbarungen mit den Behörden.
Von Global Players und Hidden Champions
Steueroptimierung funktioniert im Großen wie im Kleinen. Zwar sind manche Gestaltungsmodelle wie die Advanced Tax Rulings nur von Konzernen umsetzbar, andere lassen sich aber auch von jedem kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) nutzen. So kann bereits eine Umstrukturierung helfen, Abgaben einzusparen, da sich in Deutschland die Unternehmensbesteuerung nach der Rechtsform richtet. Ein Beispiel: Bei einem Einzelunternehmen fallen bis zu 45 Prozent Steuern plus Solidaritätszuschlag und möglicherweise Kirchensteuer an. Bei einer einfachen GmbH sind es lediglich 30 Prozent. Die Wahl der Rechtsform ist also entscheidend – und das auch im Hinblick auf mögliche Gestaltungsspielräume. Mit einer GmbH oder einer GmbH & Co. KG lassen sich Steuern bedeutend leichter gestalten als mit Betrieben, die auf anderen Rechtsformen basieren. Daneben spielen innerhalb der Bundesrepublik auch regionale steuerliche Unterschiede eine Rolle. Stichwort: Gewerbesteuer. Städte und Gemeinden bestimmen den Hebesatz hierzu individuell. Er beträgt zwar mindestens 200 Prozent, allerdings variiert er regional stark. Ähnlich variabel ist die Grundsteuer auf Unternehmensimmobilien. Zudem besteht in puncto Steuergestaltung grundsätzlich auch für KMUs die Option, international zu denken. So zielt das sogenannte Mittelstandsmodell mit einer einfachen Betriebsstätte im Ausland darauf ab, steuerliche Vorteile durch die Verlagerung von Aktivitäten in ein Land mit niedrigeren Steuersätzen zu nutzen. Wenn ein Unternehmen ein Büro, eine Werkstatt oder eine Fabrik in Spanien errichtet, gelten die dort erzielten Gewinne in der Regel als im Ausland steuerpflichtig. Ist das Abgabenniveau hier niedriger als im Heimatland, kann ein solches Modell trotz erheblicher Kosten, etwa bei der Gründung, vorteilhaft sein. Gleichzeitig gilt es zu beachten, dass eine Verlagerung von Aktivitäten auch heikel werden kann, da sie unter Umständen als steuerpflichtige Funktionsverlagerung eingestuft wird. Denn dadurch drohen Nachforderungen durch die Finanzbehörden, insbesondere im Hinblick auf die Besteuerung der in einem solchen Fall aufgedeckten stillen Reserven.
Komplexität als Steuerungsinstrument
Optionen zur Steueroptimierung zeigen, welche Komplexität Unternehmensstrukturen annehmen können und welche Bandbreite an Möglichkeiten besteht. Fest steht dabei: Die eine optimale Gesamtlösung, die sich auf alle Unternehmen übertragen lässt, existiert nicht. Da auf unterschiedliche Gesellschaftsformen und Tatbestände teilweise verschiedene Steuersätze sowie diverse Rechtsvorschriften anzuwenden sind, benötigt Abgabenoptimierung extrem gute Kenntnisse im inländischen sowie im grenzübergreifenden Steuerrecht. Darunter fallen insbesondere Aspekte wie das Außensteuergesetz oder die BEPS-Richtlinie der OECD, wodurch bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Gleichzeitig liegt in der Komplexität der errichteten Strukturen auch der Schlüssel für einen langfristigen Erfolg – und das nicht nur in steuerlicher Hinsicht. Da Abgaben den Nettogewinn eines Unternehmens bestimmen, beeinflussen steuerliche Überlegungen auch die Frage, mit welchen finanziellen Mitteln eine Firma wirtschaften kann. Ob ein Unternehmen dabei die Möglichkeit hat, 70 Prozent oder nur 50 Prozent seines Gewinns zu reinvestieren, macht für das weitere Wachstum vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen entscheidenden Unterschied.
Weitere Informationen unter: https://www.youtube.com/watch?v=vnJBmZW7qtU
Zum Autor:
Prof. Dr. Christoph Juhn ist Professor für Steuerrecht, Steuerberater und besitzt einen Master of Laws. Seine Schwerpunkte in der Gestaltungsberatung liegen auf Umwandlungen und Umstrukturierungen, Unternehmen- und Konzernsteuerrecht, internationalem Steuerrecht, Unternehmenstransaktionen (M&A), Beratung für Berater sowie der laufenden Steuerberatung. Nachdem er 2011 seinen LL.M. an der Universität zu Köln erwarb, wurde er 2013 zum Steuerberater bestellt. Im Jahr 2020 promovierte er zum Dr. jur. im internationalen Unternehmen- & Umwandlungssteuerrecht und wurde noch im selben Jahr zum Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule Bonn berufen. Parallel dazu gründete er – nach Anstellungen in zwei Steuerberatungsgesellschaften – im Jahr 2015 die JUHN Partner GmbH und 2017 die JUHN BESAU GmbH. Außerdem betreibt der Steuerprofi unter @juhnsteuerberater einen erfolgreichen YouTube-Kanal.