Sensorik bildet die Basis für das Internet der Dinge und Industrie 4.0.
von Klaus Rupprecht
Anfang Januar hat es uns bei der Sys Tec electronic GmbH im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt. Nach der Produktionspause über Weihnachten und dem Jahreswechsel wartete eine unangenehme Überraschung: Während des geplanten Produktionsstillstands war die Heizungsanlage ausgefallen. Die Folge: ungeplanter Stillstand der Produktion. Wir haben sofort Maßnahmen ergriffen und damit so etwas nicht mehr passieren kann, den ersten wichtigen Schritt in Richtung vernetzte Produktion gemacht.
Jetzt messen vernetzte Sensoren in allen Produktionsbereichen Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Thomas Krause, Direktor der Fertigung, erklärt: „Wenn so etwas erneut passieren sollte, bekommen die Produktionsleiter umgehend eine Nachricht auf ihr Handy und können sofort eingreifen.“ Der unangenehme Zwischenfall, der die Wiederaufnahme der Produktion verzögerte, zeigt Nutzen und Vorteile des Internets der Dinge in der Produktion und die Vorzüge der Industrie 4.0.
Revolution in der Industrie
Das Internet der Dinge (IoT) ist ein Konzept, nach dem unterschiedlichste Objekte und Rechensysteme über Netzwerke und das Internet verbunden sind, miteinander kommunizieren und Daten austauschen. Das können ganze Fabriken sein. Die kleinsten dieser Dinge sind per Funk angebundene Sensoren wie die, die im eigenen Unternehmen jetzt Temperatur und Luftfeuchtigkeit überwachen. Das Internet der Dinge bildet wiederum einen Teil der Basis für die Industrie 4.0, ein von Henning Kagermann, Wolf-Dieter Lukas und Wolfgang Wahlster erstmals erwähnter Begriff.
Er beschreibt die vierte revolutionäre Entwicklung in der Industrie dank Cyber-Physical Systems und massiver Vernetzung. Die erste Revolution war die Einführung mechanischer Wasser- oder Dampfkraft-betriebener Produktionsanlagen im 18. Jahrhundert. Ihr folgte Revolution zwei in Form der Elektrifizierung und der Fließbandproduktion. Als Stufe drei sehen Experten den Einsatz von Elektronik und elektronischer Datenverarbeitung bis hin zu digitalen Maschinensteuerungen.
Moderne IoT-Lösungen sind immer auch verbunden mit Funktionen der Maschinensteuerung. Die Gateways reichen die Daten nicht nur durch, sondern verarbeiten diese auch. Die leistungsfähigen Steuerungen sind unter anderem für vorausschauende Wartung („Predictive Maintenance“) und stetige Überwachung („Condition Monitoring“) konzipiert, können Daten mehrerer Maschinen verarbeiten und als Schnittstelle zu Cloud-Servern oder Leitwarten dienen.
Die vorbereitende Datenverarbeitung direkt an der Maschine ist nötig, weil viele Anwendungen in der Produktion zeitkritisch sind. Daten werden deswegen nicht einfach in „eine große Wolke“ geleitet. „Die Maschinendaten werden in der Steuerung bereits vorverarbeitet“, erklärt Thomas Krause. „Wenn dann Abweichungen oder Fehler auftreten, senden wir eine Warnung an die Anwender, um darauf hinzuweisen – zum Beispiel dann, wenn Werte außerhalb definierter Grenzen liegen.“
Condition Monitoring
Beim IoT und der Industrie 4.0 geht es nicht nur um Warnungen, sondern darum, die Produktion zu optimieren und effizienter zu machen. Viele Hardware-Produzenten haben Lötöfen im Einsatz, die beim Aufheizen extrem viel Energie benötigen, was den Stromtarif in die Höhe treiben kann. Ist der Ofen auf Betriebstemperatur, sinkt die benötigte Menge an Energie massiv ab. Mithilfe dezentraler Strommessung lässt sich das Verhalten beobachten und analysieren. Dazu kommen Bluetooth-basierte vermaschte Sensoren zum Einsatz. Deren Messwerte werden an die Gateways gesendet und dort exakt ausgewertet.
So kann verhindert werden, dass die Spitzenleistung über einen festgelegten Höchstwert hinausgetrieben wird. Die Öfen können nacheinander hochgefahren werden, also der zweite erst dann, wenn die Werte des ersten Ofens zeigen, dass genug Luft bis zum festgelegten Spitzenwert ist.
Mit dieser modernen Regeltechnik kann der Anwender verhindern, bestimmte Spitzenwerte innerhalb des Abrechnungszeitraums zu überschreiten und so in einen teureren Tarif seines Energieversorgers zu rutschen. Wer bisher kein solches Monitoring betrieb, kann also jetzt seine Kosten senken, da Peaks vermieden werden, die vorher nur erahnt werden konnten.
Vorher wissen, was kaputt geht
Mit dem Monitoring wird für Anwender noch ein weiteres Anwendungsfeld aus der Industrie 4.0 möglich: die vorausschauende Wartung („Predictive Maintenance“). Dabei erkennen die Kontrollsysteme minimale Änderungen in den Maschinendaten, die auf Verschleiß oder gar auf mögliche Ausfälle hinweisen.
Mit einem Monitoring wie bei den Lötöfen lässt sich Predictive Maintenance realisieren, erklärt Thomas Krause: „Aus den Messwerten, beispielsweise wenn die Öfen länger zum Aufheizen brauchen, können Sie zunehmenden Verschleiß der Heizelemente erkennen. Zeigt die Verlaufsanalyse, dass regelmäßig ungewohnt viel nachgeheizt werden muss, könnte die Isolierung Defekte aufweisen.“ Dank der digitalen Überwachung lassen sich regelmäßige Wartungen verringern. Teilweise kann ganz darauf verzichtet werden und stattdessen vorausschauend dem Verschleiß entsprechend gewartet werden. //
Der Beitrag wurde auch im Open-Content-Buchprojekt „Handbuch IoT“ veröffentlicht.
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Bildquelle: SYS TEC
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