Selbstbestimmter Datenaustausch
Der Mobility Data Space ist ein Datenmarktplatz, auf dem gleichberechtigte Partner im Mobilitätssektor selbstbestimmt Daten austauschen können, um innovative, umweltfreundliche und nutzerfreundliche Mobilitätskonzepte zu ermöglichen und weiterzuentwickeln. Wir sprachen mit Michael Schäfer über die Konzeption und die Möglichkeiten, die sich aus dem Datenraum ergeben.
Herr Schäfer, welche Idee stand hinter dem Mobility Data Space?
Um eine nachhaltige Verkehrswende zu schaffen, müssen die heute existierenden Mobilitätsangebote digitalisiert werden. Darüber hinaus wird es vollständig neue Mobilitätsservices geben, die heute noch nicht möglich sind. Für diese Services sind viele mobilitätsrelevante Daten erforderlich. Die von den Serviceanbietern benötigten Daten können wiederum von Datengebern bereitgestellt werden. Der vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr geförderte Mobility Data Space, kurz MDS, bietet hierfür seit letztem Herbst den passenden Marktplatz.
Dabei funktioniert unser Datenmarktplatz ähnlich wie zum Beispiel der Online-Marktplatz ebay. Verkäufer können bei uns Daten anbieten, Konsumenten Daten suchen. Wurden die für einen bestimmten Service benötigten Daten gefunden, können Verkäufer und Käufer einen Vertrag untereinander schließen und die Daten handeln. Die Daten fließen hierbei direkt vom Datenproduzenten zum Datenkonsumenten. Bei dem ganzen Prozess behalten die Datengeber die Datenhoheit und die Verträge können frei verhandelt werden.
Parallelen zu ebay sind auch, dass wir die Identitäten der handelnden Parteien sicherstellen und dass die Ware – bei uns also die Daten – nicht auf dem Marktplatz vorgehalten werden, sondern bei den Datengebern.
Nun bekommt man bei dem Wort Marktplatz automatisch die Assoziation „Vielfalt“. Wie viel Vielfalt steckt in dem Begriff „mobilitätsrelevante Daten“ und welche Daten sind derzeit besonders beliebt?
Von den mobilitätsrelevanten Daten sind im Moment besonderes Wetterdaten gefragt, da das Wetter erheblichen Einfluss auf die Wahl der zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort optimalen Verkehrsmittel hat. Darüber hinaus besteht großes Interesse an Informationen zur Ladesäuleninfrastruktur, etwa welche Säulen frei sind, und den Daten der E-Fahrzeuge, die gerade eine Aufladung benötigen. Ein anderes Beispiel für mobilitätsrelevante Daten sind Informationen zum Stromnetz, da dieses ja eventuell die Ladedauer beeinflusst. Und natürlich sind auch Straßenzustandsdaten nicht im engeren Sinne Mobilitätsdaten, aber dennoch interessant, ebenso wie Fahrpläne des ÖPNV.
Apropos Fahrplandaten: Für offene und auf gesetzlicher Grundlage veröffentlichte Daten gibt es ja die im Juli gestartete Mobilithek. Was unterscheidet den Mobility Data Space von der Mobilithek?
Das fasse ich gerne in einem Satz zusammen: Die Mobilithek stellt die von Ihnen erwähnten Daten bereit und ist rein angebotsorientiert, während der Mobility Data Space ein Marktplatz ist, auf dem Daten unter Wahrung von Eigentumsrechten sicher, fair und transparent gehandelt werden.
Der Name Mobility Data Space lässt vermuten, dass die Daten selbst bei Ihnen in einem Datenraum gespeichert sind. Sie betonten aber eben, dass der Datenaustausch direkt zwischen den Teilnehmern stattfindet und Sie die Daten nicht im MDS vorhalten. Warum ist das so?
Das ist richtig. Wir, der MDS, speichern die Daten nicht. Wir verfolgen mit diesem Prinzip drei Absichten: Wir wahren die Datensouveränität und -hoheit der Dateneigentümer. Dann tragen wir wesentlich zur Datennachhaltigkeit bei: Daten werden nicht mehrfach kopiert und somit wird der gesamte Daten-Footprint reduziert. Schließlich ist dieses Vorgehen auch der Art der Daten geschuldet; meistens handelt es sich um Daten, die einen engen zeitlichen Zusammenhang aufweisen. Beispiele hierfür sind Wetterdaten, die Bewegungsdaten von Fahrzeugen und ähnliches. Wer diese Daten nutzt, möchte jederzeit Zugriff auf die jüngsten Informationen haben – und die hat der Datengeber in ihrer jeweils aktuellsten Fassung.
„Wir streben ein sogenanntes selbstverstärkendes Ökosystem an“
– Michael Schäfer
Der Handel von Daten setzt Vertrauen zwischen den Partnern voraus. Wie gehen Sie auf etwaige Datenschutzbedenken ein?
Der Mobility Data Space und seine Infrastruktur erfüllen höchste europäische Sicherheitsstandards. So ist sichergestellt, dass Dritte keinen unerlaubten Zugriff auf die die Daten – etwa Nutzerdaten – erlangen, die sich im Bereich des MDS befinden. Durch eine Prüfung der Teilnehmer stellen wir sicher, dass deren Identitäten bekannt und korrekt sind.
Wie grenzen Sie Ihre Idee zu Initiativen wie Gaia-X ab?
Wir grenzen uns nicht ab – im Gegenteil harmonieren wir: Gaia-X standardisiert ja, welche Services ein Datenraum anbieten soll, damit Teilnehmer:innen damit umgehen können. Der MDS implementiert einige wesentliche Services in der Form, wie sie von Gaia-X vorgegeben sind, beispielsweise die eben genannte Identitätsprüfung.
Sie möchten den Mobility Data Space weiter skalieren. Wie kann das gelingen? Welche Partner suchen Sie, wie können sich Unternehmen einbringen?
Wir streben ein sogenanntes selbstverstärkendes Ökosystem an. Dabei zieht jeder Business Case weitere Teilnehmer an. Im Moment befinden wir uns in der Ramp-up-Phase. Wir erarbeiten mit Key-Stakeholdern aus Politik und Wirtschaft Business Cases, die ihre Daten über den MDS beziehen und die eine entsprechende Sogwirkung auf weitere potenzielle Teilnehmer ausüben. Um diesen Prozess zu beschleunigen, stehen wir in Kontakt zu Politik und Verbänden. Und nicht zuletzt helfen unsere Gesellschafter – das Who-is-who der deutschen Mobilitätsbranche – dabei.
Wir laden alle ein, Teilnehmer zu werden, die Wertschöpfung aus ihren mobilitätsrelevanten Daten ziehen oder als Veredler und Nutzer der Daten „Mobilitätspioniere“ sein möchten. Das können beispielsweise Fahrzeughersteller, Mobilitätsdienstleister, App-Programmierer, Infrastrukturbetreiber und -planer oder Stadtplaner sein, aber auch Versicherungen oder die Politik auf allen Ebenen, Stadtwerke oder Forschung und Wissenschaft.
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