Prozessautomatisierung durch Low-Code

Gastbeitrag von Axel Ensinger, Co-CEO der JobRouter AG.

Einkauf, Finanzen, HR: Praxisbeispiele zeigen, wie es geht

Unternehmen müssen täglich eine Vielfalt an Prozessen bewältigen. Dabei sind viele von ihnen immer noch nicht digitalisiert. Low-Code kann Betriebe bei der Umstellung effizient unterstützen.

 

Mehr als die Hälfte der Geschäftsführer und Vorstände deutscher Unternehmen sehen im Zeitmangel (69 Prozent) und in fehlenden finanziellen Mitteln (59 Prozent) die größten Hürden für die Digitalisierung. Das zeigt eine repräsentative Bitkom-Umfrage aus dem Jahr 2024. Fachkräftemangel einerseits, aber dennoch steigende Arbeitsbelastung und Digitalisierungsdruck andererseits. Viele ächzen unter diesen Anforderungen. Low-Code stellt eine mögliche Unterstützung für diese Herausforderungen dar und ist bis zu zehnmal schneller als klassische Software-Entwicklung. Mit Low-Code lassen sich beliebige Geschäftsprozesse, sogenannte Workflows, vergleichsweise schnell abbilden, digitalisieren und automatisieren. Denn Anwender benötigen kaum Programmierkenntnisse, um mit Low-Code-Lösungen zu arbeiten. Sie greifen auf bereits vorkonfigurierte Designelemente zurück, was die Projektphase beschleunigt und den Implementierungsaufwand zusätzlich reduziert. Lediglich komplexe individuelle Workflows erfordern einen höheren Programmieraufwand. Jedoch bringen viele Low-Code-Plattformen die nötige Funktionsvielfalt dafür mit.

Axel Ensinger erklärt: „Zwar gibt es viele Lösungen, die Prozesse (teil-)automatisiert abbilden, doch häufig kaufen Unternehmen Software für einen bestimmten Anwendungsfall ein. Damit entsteht eine unübersichtliche, in Silos organisierte IT-Landschaft.“

 

Workflows digital abbilden mit Low-Code

Die notwendigen Funktionalitäten sind in Low-Code-Digitalisierungsplattformen gesammelt. Mit einem Prozessdesigner lassen sich Workflows per Drag-und-Drop erstellen und beliebig anpassen. Alle relevanten Mitarbeiter und Fachabteilungen sind dabei in den Vorgang involviert – so fließt die Expertise der Menschen ein, die am Ende Teil des Prozesses sind. Zudem entlastet diese selbstständige Arbeitsweise die IT-Abteilung, in der Ressourcen traditionell eng sind. Prozessabweichungen, ein Berechtigungsmanagement mit Zuständigkeiten sowie automatisierte Erinnerungsbenachrichtigungen lassen sich bei der Erstellung leicht festlegen. Schnittstellen zu gängiger Drittanbietersoftware sind häufig schon vorkonfiguriert – so können Unternehmen sie einfacher anbinden. Dadurch werden Prozesse durchgängig digital abbildbar.

Geschäftsprozesse automatisieren: ein Blick in die Praxis

Der Einsatz von Lösungen zur Prozessautomatisierung ist branchenübergreifend und in verschiedenen Unternehmensabteilungen möglich. Wie sich die Prozesse mit Hilfe von Low-Code-Technologie noch schneller aufsetzen lassen, zeigen folgende drei Beispiele:

  1. E-Rechnung (voll-)automatisiert verarbeiten

Ab dem 1. Januar 2025 gilt die E-Rechnungspflicht und stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Die Rechnungsverarbeitung ist ein komplexer Prozess, geprägt von vielen Zwischenschritten, unterschiedlichen Formaten und vielen beteiligten Personen. Den Prozess durch Individualprogrammierung zu digitalisieren, erhöht den zeitlichen Projektaufwand deutlich. Durch Low-Code hingegen kann der Prozessdesigner den digitalen Rechnungs-Workflow schneller abbilden. Mit einer entsprechenden Digitalisierungsplattform lässt sich ein bis zu 100 Prozent automatisierter E-Rechnungsprozess aufbauen, der wie folgt abläuft:

  • Prüfung des Formats: Eine Rechnung geht in das System ein. Dieses prüft, ob es sich um eine E-Rechnung oder ein anderes Format handelt. Die Standardformate für E-Rechnungen sind ZUGFeRD oder XRechnung.
  • Abgleich der Informationen: Handelt es sich um eine E-Rechnung, liest die Software die XML-Datensätze automatisiert aus und vergleicht die darin enthaltenen Informationen mit dem zugehörigen Bestellbeleg. Gibt es keine Preis- oder Mengenabweichungen und die Informationen stimmen überein, wird die E-Rechnung an das ERP-System (zum Beispiel SAP) geleitet und verbucht.
  • Prozessabzweigungen festlegen und eingreifen: Stellt das System eine Abweichung zum Bestellbeleg fest, benachrichtigt es einen hinterlegten Mitarbeiter, der den Sachverhalt prüft.

 

  1. Digitaler Beschaffungsprozess

Ein Bereich, in dem Low-Code viel bewirken kann, sind Purchase-to-Pay-Prozesse (P2P). Diese bestehen aus vielen Schritten und lassen sich durch Low-Code-Digitalisierungsplattformen teilweise oder vollständig automatisieren – von der Bedarfsmeldung über die Bestellung und den Wareneingang bis hin zur Rechnungsprüfung und Bezahlung. Dabei können Anwender vorab festlegen, welcher Mitarbeiter für welchen Arbeitsschritt zuständig ist und wer bei einer Abwesenheit die Vertretung übernimmt. Der P2P-Prozess kann wie folgt aussehen:

Ein Mitarbeiter meldet über das System, dass er ein neues Headset benötigt. Diese Bedarfsmeldung wird anschließend an eine vorher festgelegte Person, in der Regel den Vorgesetzten, zur Freigabe weitergeleitet. Gibt dieser die Meldung frei, geht eine Benachrichtigung an die Einkaufsabteilung. Der Einkauf bestellt das benötigte Headset und erhält vom Lieferanten eine Bestätigung. Ist das Headset beim Mitarbeiter angekommen, meldet dieser den Wareneingang zurück und kann es bei Mängeln reklamieren. Auf diese Weise ist der Einkauf konstant über den aktuellen Status informiert. Trifft dann die Rechnung ein, vergleicht das System die Rechnungsdaten mit den Informationen aus der Bestellung und Lieferung. Stimmen die Informationen überein, wird die Rechnung an das ERP-System weitergeleitet und verbucht. Bei Preis- oder Mengenabweichungen übermittelt das System die Rechnung an einen Mitarbeiter aus der Buchhaltung, der sie manuell prüft.

Während dieses Prozesses werden alle Schritte transparent dokumentiert. So kann jeder Beteiligte nachvollziehen, welche Produkte eingekauft wurden, wie hoch die Ausgaben und wie lange die Lieferzeiten waren. Der beschleunigte Prozess spart Kosten und setzt Kapazitäten für wertschöpfende Aufgaben frei. Außerdem können Unternehmen externe Nutzer wie Lieferanten über Schnittstellen anbinden, um die Kommunikation weiter zu vereinfachen. Auch Skonti lassen sich besser ausnutzen.

 

  1. Transparentes Mitarbeitermanagement

Kandidaten sind in Zeiten des Fachkräftemangels heiß begehrt und Unternehmen müssen schnell reagieren. Ein manuelles Bewerbermanagement führt jedoch zu unübersichtlichen Prozessen: In der Folge bleibt die zu besetzende Stelle länger vakant. Bewerber klagen über mangelnde Organisation und Verantwortliche über fehlende Transparenz. Mit Low-Code-Digitalisierungsplattformen können Unternehmen ein Bewerberportal einrichten, das den Prozess automatisiert steuert:

  • Bewerbungseingang: Bewerbungen, die über das Portal eingehen, landen in einem zentralen Posteingang. Der Zugriff wird über ein Rechte- und Rollenmanagement gesteuert: Nur berechtigte Mitarbeiter können die Unterlagen einsehen und geeignete Kandidaten an die jeweilige Fachabteilung weiterleiten.
  • Kandidaten auswählen: Die Fachverantwortlichen können über die Plattform Rückfragen stellen und Feedback geben, ob sie einen Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen wollen oder nicht.
  • Kommunikation: Im letzten Schritt lädt die Personalabteilung den Bewerber ein. Alternativ versendet das System automatisch eine Absage. Sowohl Einladung als auch Absage lassen sich individualisieren.

Nach dem Recruiting ist eine gelungene Einarbeitung wichtig. Dazu startet die Personalabteilung einen digitalen Onboarding-Prozess. In diesem holt sie notwendige Unterschriften ein und Verantwortliche können hinterlegen, welche Geräte oder Informationen der Neuankömmling benötigt. So steht bei Arbeitsbeginn alles für den neuen Mitarbeiter bereit.

 

Mit Low-Code wirtschaftlich aufstellen

Zwar gibt es viele Lösungen, die Prozesse (teil-)automatisiert abbilden, doch häufig kaufen Unternehmen Software für einen bestimmten Anwendungsfall ein. Damit entsteht eine unübersichtliche, in Silos organisierte IT-Landschaft. Digitalisierungsplattformen sind aufgrund ihrer Funktionalitäten für eine breite Palette an Anwendungsfällen konzipiert und integrieren sich über Schnittstellen nahtlos in die bestehende Infrastruktur. Durch den Low-Code-Ansatz setzen Unternehmen Digitalisierungsprojekte schneller und mit weniger personellem sowie finanziellem Aufwand um.

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