Mobilitätsangebot als „Talent-Kleber“ für Unternehmen?
Die Trend Report Redaktion im Gespräch mit Katharina Schmidt, Head of Consulting, Arval Mobility Observatory, Leitung Fuhrpark, Mitglied der Geschäftsleitung
Steigendes Umweltbewusstsein und die zunehmende Verkehrsbelastung in deutschen Innenstädten sorgen dafür, dass sich betriebliche Mobilitätsangebote wachsender Beliebtheit erfreuen. Besonders die jüngere Generation setzt lieber auf Abonnementmodelle, anstatt ein eigenes Auto zu besitzen. Auch die komplette Abkehr vom Auto bzw. das Thema Rad-Leasing liegen voll im Trend: Die Anzahl der Radfahrenden steigt stetig an und inzwischen ist in Deutschland jedes vierte Fahrrad geleast. Im Interview erklärt Katharina Schmidt, welche Mobilitätsangebote derzeit besonders attraktiv sind und wie Unternehmen so Talente für sich begeistern und langfristig binden können.
Hallo Frau Schmidt, welche Mobilitätsangebote wünschen sich Arbeitnehmende aktuell und wie „profitieren“ Unternehmen?
Katharina Schmidt: Arbeitnehmende erwarten von ihren Unternehmen ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Mobilitätsangebot. Obwohl der klassische Dienstwagen nach wie vor einen hohen Stellenwert genießt, sehen wir ein steigendes Interesse an neuen, ergänzenden Mobilitätslösungen wie Bike-Leasing, Corporate Carsharing und Mobilitätsbudgets. Das zeigen auch die Ergebnisse des Arval Mobility Observatory Mobilitäts- und Fuhrparkbarometers 2024: Fast alle Befragten (96 Prozent) geben an, ihren Mitarbeitenden mindestens eine ergänzende Form der Mobilität anzubieten oder dies zu planen. Bikesharing oder -leasing (46 Prozent), Jobtickets (44 Prozent) und Ridesharing (37 Prozent) stehen hier als Benefits besonders hoch im Kurs.
Für Unternehmen lohnt es sich in jedem Fall, Mitarbeitenden innovative Mobilitätslösungen anzubieten. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind attraktive Zusatzangebote abseits des Gehalts kein Nice-to-have mehr, sondern eine wichtige Stellschraube, um (junge) Fachkräfte für sich zu begeistern und das bestehende Personal langfristig an sich zu binden. Ein ausgewogener Mobilitätsmix trägt dabei enorm zur Attraktivität der Arbeitgebermarke bei. Arbeitgebende motivieren so nicht nur ihre Belegschaft und steigern deren Loyalität, sondern verbessern auch das Firmenimage.
Welche Vorlieben haben die unterschiedlichen Generationen in Bezug auf Mobilität?
Katharina Schmidt: Beim Vergleich zwischen den Generationen spielen Klischees natürlich auch immer ein Stück weit eine Rolle, aber man kann erkennen, dass die Vorlieben tatsächlich variieren. Die Baby Boomer und ein Teil der Generation X bevorzugen oft noch den klassischen Firmenwagen und schätzen die Bequemlichkeit und den Status. Millennials und die Generation Z hingegen legen mehr Wert auf Flexibilität und Nachhaltigkeit. Sie bevorzugen häufig Mobilitätslösungen wie das Dienstrad, Carsharing-Modelle oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Themen wie CO2-Reduktion und umweltbewusstes Verhalten sind für diese Generationen entscheidend. Unternehmen sollten diesen Trend aktiv unterstützen.
Aktuell werden rund 500.000 Räder jährlich in Deutschland verleast. Woher kommt diese Entwicklung?
Katharina Schmidt: Diensträder erfreuen sich wachsender Beliebtheit, insbesondere durch das steigende Umweltbewusstsein und die zunehmende Bedeutung der persönlichen Gesundheitsvorsorge. Sie bieten eine entspannte Art der Mobilität, ohne zeitraubende Staus in der Rushhour und lange Parkplatzsuche. Gerade bei Entfernungen von bis zu fünf Kilometern zwischen Wohn- und Arbeitsort sind Radfahrende in der Stadt schneller unterwegs als andere Verkehrsteilnehmende. Wer nicht die gesamte Strecke per Rad zurücklegen möchte, setzt häufig auch auf die Kombination von Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln und legt den Weg zur Bushaltestelle oder zum Bahnhof bzw. die letzten Meter bis zur Arbeitsstätte mit dem Fahrrad zurück.
Generell haben Statussymbole wie der Dienstwagen und One-fits-all-Lösungen vielerorts ausgedient. Stattdessen geht es vielen darum, ihren Alltag selbstbestimmt, flexibel und nachhaltig zu gestalten – auch im Job. Mitarbeitende wählen zwischen Jobprofilen und Arbeitgebenden, zwischen Homeoffice und Büro, zwischen Stadt, Vorstadt oder Landleben. Und auch im Hinblick auf die eigene Mobilität wünschen sie sich heute mehr Flexibilität und Auswahlmöglichkeiten.
Was ist bei einem Dienstrad im Gegensatz zu einem privaten Fahrrad zu beachten?
Katharina Schmidt: Im Gegensatz zu einem privaten Fahrrad, das alle Freiheiten bezüglich Marke, Modell, Ausstattung und Nutzung offenlässt, wird das Dienstrad dem Mitarbeitenden, ähnlich wie ein Dienstwagen, für einen bestimmten Zeitraum zur Nutzung überlassen. Es kann sowohl für dienstliche als auch für private Zwecke genutzt werden. Der größte Unterschied liegt in der Art der Beschaffung: Ein privates Fahrrad wird vom Arbeitnehmenden selbst erworben und bleibt in seinem Besitz. Ein Dienstrad hingegen wird vom Arbeitgebenden zur Verfügung gestellt, die entsprechenden Rahmenbedingungen sollten entweder in einem separaten Überlassungsvertrag oder als Zusatz zum Arbeitsvertrag geregelt sein. Bei Arval haben wir 2021 eine Kooperation mit einem Partner für Bike Leasing geschlossen und bieten seitdem vollumfängliches Full-Service-Fahrradleasing an, inklusive Vollkaskoversicherung, jährlichem Check und Instandhaltung.
Wie können Mobilitätslösungen die Mitarbeitendenzufriedenheit gezielt beeinflussen?
Katharina Schmidt: Mobilitätslösungen können die Mitarbeitendenzufriedenheit auf mehreren Ebenen steigern. Zum einen erleichtern sie den Arbeitsweg. Zudem erhöht die Möglichkeit, aus verschiedenen Mobilitätsoptionen wählen zu können, das Gefühl von Autonomie und Wertschätzung. Nachhaltige Mobilitätslösungen zahlen nicht nur auf die Ansprüche vor allem der jungen Generation bezüglich umweltfreundlicher Mobilitätskonzepte ein, sondern können auch das Umweltbewusstsein der Mitarbeitenden stärken und zur Identifikation mit den Werten des Unternehmens beitragen. Ein durchdachtes Mobilitätskonzept kann auch die Work-Life-Balance verbessern, indem es den Mitarbeitenden erlaubt, effizienter und stressfreier zur Arbeit zu kommen und mehr Freizeit zu genießen.
Kann ein Mobilitätsbudget tatsächlich zum Game Changer für Unternehmen werden?
Katharina Schmidt: Ein Mobilitätsbudget per se ist sicher nicht der alleinige Heilsbringer, kann aber eine wichtige Stellschraube in Sachen Mitarbeitendenanwerbung und -bindung darstellen. Es bietet enorme Flexibilität und kann auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden zugeschnitten werden. Es erlaubt ihnen die bevorzugte Mobilitätsform frei zu wählen – sei es ein via Privatleasing genutztes (E)-Auto, ein Auto-Abo oder ein (E)-Bike. Diese Freiheit trägt erheblich zur Zufriedenheit bei, da sie den Mitarbeitenden ein Gefühl von Kontrolle und Wertschätzung vermittelt. Zudem ist vor allem das Thema Nachhaltigkeit heute im Recruiting zu einem entscheidenden Faktor geworden: Laut einer Stepstone-Studie würden sich drei von vier Befragten eher bei einem nachhaltigen Unternehmen bewerben und 65 Prozent möchten früh im Bewerbungsprozess wissen, welchen Stellenwert Nachhaltigkeit für den potenziellen Arbeitgeber hat.
Blick in die Zukunft: Welche Trends sehen Sie für die kommenden Jahre im Bereich Mitarbeitermobilität?
Katharina Schmidt: Ein großer Trend wird die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung von Mobilitätsangeboten sein. Die Buchung und Verwaltung von Diensträdern über Apps und intelligente Flottenmanagementsysteme werden immer wichtiger. Ein weiterer Trend ist die Förderung nachhaltiger Mobilität. E-Bikes, Elektrofahrzeuge und Carsharing-Angebote werden weiter an Bedeutung gewinnen. Flexible Arbeitsmodelle wie Homeoffice und hybrides Arbeiten haben die Mobilitätsbedürfnisse der Mitarbeitenden bereits in den letzten Jahren verändert und auch in Zukunft werden neue Anforderungen auf die Unternehmen zukommen.
Vielen Dank für das informative Gespräch, Frau Schmidt.