ESG im Unternehmen verankern

Interview mit Ansgar Eickeler, General Manager CEE beim Software-Anbieter Board

Herr Eickeler, wir haben uns vor etwa einem Jahr schon mal zu dem Thema ESG unterhalten. Was hat sich aus Ihrer Sicht in dem Jahr getan?

Es ist viel passiert im Bereich ESG, vor allem in den Unternehmen. Das Thema steht jetzt noch weiter oben auf der Agenda und viele Vorstände machen es zu ihrem persönlichen Thema. Auch erkennen immer mehr Unternehmen, dass es sich lohnt, das Thema anzugehen. Zudem ist mein Eindruck, dass ESG jetzt auch gesamtheitlicher gedacht wird und nicht mehr nur auf „Environment“ beschränkt ist. Auch die Themenbereiche „Social“ und „Governance“ rücken stärker in den Blickpunkt der Unternehmen.

Was treibt das Thema? Sind es die politischen und regulatorischen Vorgaben, die die Unternehmen in die Pflicht nehmen?

Wir haben letztens einen CFO-Roundtable zu ESG veranstaltet, mit Verantwortlichen aus verschiedenen Branchen und verschiedenen Unternehmensgrößen. Dabei wurde klar kommuniziert, dass es nicht die Politik ist, die die Unternehmen treibt. Das gilt vor allem für die Vorreiter in diesem Bereich. Es sind eher konkrete wirtschaftliche und strategische Punkte, die Unternehmen veranlassen, sich des Themas anzunehmen.
Ein gewisser Druck kommt hier von der Finanzierungsseite. Banken und Investoren lassen sich aufzeigen, ob die Geschäftsmodelle auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit noch tragfähig sind, bevor sie Kredit- oder Investitionszusagen machen.
Auch die Personalabteilungen drängen zunehmend darauf, angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels ESG stärker im Unternehmen zu verankern. Viele Bewerber und Bewerberinnen – gerade die Jüngeren – fragen gezielt danach, bevor sie sich für ein Unternehmen entscheiden. Aber auch für die Bindung von Mitarbeitenden ist ESG ein wichtiges Thema.
Von Kundenseite ist es bislang vor allem der B2B-Bereich, der hier einen gewissen Druck ausübt und bei ESG-Themen nachfragt. Hier wirkt sich vielleicht auch das Lieferkettensorgfaltsgesetz aus. Die B2C-Kunden scheinen noch nicht wirkliche Treiber bei ESG zu sein, wie sich auch in unserem Roundtable-Gespräch gezeigt hat.

Sie haben das Thema Wirtschaftlichkeit angesprochen: Wie stark belasten die Aktivitäten die Margen in den Unternehmen und beeinträchtigen eventuell die Wettbewerbsfähigkeit?

Natürlich erfordert die Beschäftigung mit ESG zusätzliche Ressourcen, vor allem auf Personalseite. Aber manche Maßnahmen reduzieren zum Beispiel den Einsatz von Rohstoffen und Energie und sorgen damit für Einsparungen. Oder die Finanzierung durch die Kreditinstitute wird günstiger, weil das Unternehmen in der Risikobewertung einige Basispunkte besser abschneidet.
Ein Teilnehmer beim CFO-Roundtable aus dem Verlagswesen erzählte, dass sie eine besonders nachhaltige Tinte beim Druck einsetzen. Damit das nicht zum finanziellen Nachteil im Wettbewerb wird, versuchen sie, den Einsatz branchenweit zum gesetzlichen Standard zu machen. Das hilft dann der Umwelt und der Gesellschaft auf breiter Basis und vermeidet Wettbewerbsnachteile.
Andere Themen wie Diversität oder Governance sind per se erstmal kostenneutral. Hier profitieren die Unternehmen dann zusätzlich von der höheren Diversität und klaren Leitlinien im Unternehmen, und können so die Resilienz des Unternehmens stärken.

Was sollte man beachten, wenn man das Thema ESG im Unternehmen einführen oder stärker verankern möchte?

Entscheidend ist, Themen zu finden, die zum eigenen Unternehmen passen. Deshalb ist es so wichtig, dass sich das Top-Management aktiv einbringt. Dann lassen sich ESG-Themen auch leichter mit anderen laufenden Initiativen wie Einsparungsmaßnahmen verbinden.
Machen Sie die „Hidden Experts“ im Unternehmen ausfindig. Schauen Sie sich Ihre Belegschaft an und entdecken sie, welche Expertise da zu bestimmten Themen schlummert. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bringen häufig schon aus persönlichem Interesse Erfahrungen im Bereich Umwelt oder Diversität mit, die sie im Unternehmen einbringen können.
Natürlich hilft es gerade zum Start auch externe Experten einzubinden, die Erfahrung in der Umsetzung mitbringen. Das kann eine Unternehmensberatung sein, die hilft, Methoden festzulegen. Im fortgeschrittenen Stadium können es dann Experten für die inhaltliche Beratung sein, z.B. Energieberater bei energetischen Maßnahmen.

Zum Thema ESG gehört auch das entsprechende Reporting! Was brauchen die Unternehmen für das Reporting und wie können Sie ihre Aktivitäten messen?

„Was Du nicht messen kannst, kannst Du auch nicht steuern“, heißt es immer. Und ja, es ist sehr wichtig, passende KPIs zu definieren und die Entwicklung darzustellen. Denn es geht auch darum, die Versprechungen nachprüfbar zu machen. Gerade bei Gesprächen zur Finanzierung oder bei Verhandlungen mit Kunden für die Lieferkette ist es unabdingbar, konkrete Maßnahmen auch belegen zu können.
Reporting alleine ist aber nicht ausreichend. Gerade beim Thema ESG sollten Planung und Reporting eng zusammengehören und die Finanzdaten mit ESG verknüpft werden. Denn ich muss Ziele planen, Forecasts machen, Analysen durchführen und am Ende dann auch das Reporting daraus erstellen.
Und jede gute Finanzabteilung sollte heutzutage eine moderne und intelligente Planungsplattform verfügen, auf der die Daten aus den verschiedensten Quellen zusammengeführt werden können, um sie gemeinsam für Planung, Analyse und Reporting aufzubereiten. Diese Plattformen eignen sich natürlich perfekt für die Verarbeitung der ESG-Daten. Wir selbst haben in den letzten zwei Jahren bereits viele ESG-Dashboards bei unseren Kunden implementiert.
Zu unseren Kunden, die ESG bereits in ihr Reporting-Portfolio aufgenommen haben, gehört KPMG Deutschland. KPMG nutzt dafür die Board-Plattform, die Sie auch bereits für Planung, Analyse und Reporting im Finanzbereich einsetzen. Kunden oder Investoren können die Daten einsehen und alle Anstrengungen, die KPMG in den ESG-Bereichen unternimmt, lassen sich darstellen und nachprüfen. Gleichzeitig bekommt KPMG ein Steuerungselement in die Hand, um die eigenen Ziele und Fortschritte nachzuverfolgen und in die Unternehmenssteuerung einfließen zu lassen.

Welchen Rat geben Sie Unternehmen, die beginnen, sich mit ESG zu befassen?

Die Empfehlung ist so schnell wie möglich anzufangen. Bereits 2024 müssen Unternehmen, die schon jetzt von der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) betroffen sind, ein Sustainability Statement erstellen. Viele weitere Unternehmen sind ab 2025 gefordert, ESG-Themen zu reporten. Je eher ich starte, desto strategischer kann ich das Thema angehen und für mein Unternehmen gewinnbringend nutzen. Und auch Unternehmen, die noch nicht gleich von der Regulatorik betroffen sind, sollten ESG-Themen in ihre Maßnahmenplanung integrieren. Schauen Sie, was für ihr Unternehmen Sinn macht. Welche Maßnahmen bringen Ihr Unternehmen voran und schaffen einen wirklichen Wert? Dann profitieren Sie von ESG und verbessern Ihre Position im Wettbewerb!

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Aufmacherbild: Cacey Horner  by Unsplash