Mining-Trips für nachhaltige Verkehrskonzepte
Soll die Mobilitätswende gelingen, benötigen wir entsprechende Rohstoffe. Welche Probleme damit einhergehen und wie sich nachhaltige Minenbetreiber finden lassen, erläutert Tobias Tretter, geschäftsführender Gesellschafter der Commodity Capital AG, im ausführlichen Interview.
Herr Tretter, was Nachhaltigkeit betrifft, haben Minenbetreiber oft keine gute Presse. Wie können Sie das Gewissen der Anleger beruhigen?
Wie in jeder Branche gibt es natürlich auch im Minensektor schwarze Schafe und diese bestimmen leider das öffentliche Bild für den gesamten Sektor. Schaut man nach Afrika oder auch den ein oder anderen Asiatischen Staat findet man diese zahlreich. In Nordamerika und Australien gleichen die Minen jedoch großen Industrieanlagen. Sauber, aufgeräumt und in Kooperation mit der lokalen Bevölkerung bzw. im weitgehenden Einklang mit der Umwelt. Mining ist immer Raubbau an der Natur, aber wenn wir Produkte wollen, müssen wir die Rohstoffe dafür auch abbauen. Dies funktioniert entweder auf schmutzige Art und Weise in jeglicher Hinsicht oder aber sauber und nachhaltig im Einklang mit der lokalen Bevölkerung. Es ist an uns, diese Minen zu finden und in diese auch zu investieren.
Welche Rolle spielen Rohstoffe für die Mobilitätswende?
Rohstoffe sind elementar für die Mobilitätswende und ich befürchte sie stellen auch das größte Problem für den letztendlichen Durchbruch dar. Ich glaube Politik, Wirtschaft und auch jeder Einzelne von uns ist sich dessen bewusst, dass es keine Alternative zur Mobilitätswende gibt. Es gibt lediglich die Frage darüber bis wann uns der Umstieg gelingen kann. Nehmen wir als prominentestes Beispiel Lithium. Derzeit werden etwa 300.000 Tonnen Lithium abgebaut und konservativ geschätzt werden wir 2025 bereits 1.000.000 Tonnen und 2030 mindestens 3.000.000 Tonnen benötigen.
Lithium ist grundsätzlich reichlich vorhanden und ich sehe langfristig keinerlei Engpässe genügend Lithium produzieren zu können. Die Zeit ist hier jedoch entscheidend. Bis 2025 müssten wir die aktuelle Produktion mindestens verdreifachen – obwohl aktuell wenig neues Geld in Lithiumunternehmen investiert wird. Die zeitliche Verfügbarkeit macht nicht nur uns, sondern auch der Industrie gigantische Sorgen. Denn selbst wenn alle aktuell bekannten Projekte morgen ihre Genehmigungen bekommen würden und alle Projekte finanziert werden könnten, ist dies fast unmöglich
„Es ist leider immer noch zu leicht im Rohstoffsektor mit Hochglanzprospekten Gelder für Projekte einzusammeln, welche aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten von Anfang an zum Scheitern verurteilt sind.“
Tobias Tretter
Ähnlich sehen wir die Situation bei Nickel, Kobalt oder auch Kupfer. Insbesondere Kupfer ist zwar in enormen Mengen verfügbar, allerdings wurde in den vergangenen 20 Jahren viel zu wenig investiert um eine zusätzliche Nachfrage für Stromtrassen und/oder einen Ausbau der Infrastruktur für die E-Mobilität bewerkstelligen zu können. Wir verbrauchen seit vielen Jahren die Ressourcen, welche wir vor 30 oder 40 Jahren gefunden haben, schaffen es allerdings nicht, neue große Projekte zu entwickeln, welche eine derart massive zusätzliche Nachfrage bedienen könnte. Im Gegenteil, wir werden mit ziemlicher Sicherheit in den kommenden Jahren mit einer rückläufigen Produktion rechnen müssen, da einige der sehr alten großen Minen auslaufen und geschlossen werden müssen.
Was prüfen Sie auf Ihren Reisen, wenn Sie die Minenbetreiber kontrollieren? Wie können wir uns so einen Mining-Trip vorstellen?
Mining-Trips sind elementar für unsere Investitionsstrategie und unsere Investitionsentscheidungen und unser größtes Unterscheidungsmerkmal von anderen Fondsmanagern. Sie können sich einen Miningtrip wie einen Städtebesuch vorstellen. Sie fliegen in die nächstgelegene größere Stadt und fahren von dort aus meist mehrere Stunden zur Mine. Dort treffen sie die Geologen und lokalen Arbeiter, welche sie sonst auf keiner Messe kennenlernen und werden dann auf der Mine herumgeführt.
Unsere Due Dilligence beinhaltet neben der Besichtigung der Schächte und Produktionsanlage auch klassische Punkte, wie Infrastruktur, Strom, Wasser oder den Zugang zu Schiene oder Straße. Bei produzierenden Minen legt man natürlich einen großen Wert auf die Mine selbst und die Qualität der Anlage und versucht herauszufinden, wo evtl. Probleme auftreten können. Das Entscheidende an einem Minenbesuch ist allerdings, dass sie einerseits mehrere Tage zusammen mit dem Management verbringen können und es näher kennenlernen und andererseits in Kontakt kommen mit der lokalen Bevölkerung.
„Ein Austausch und ein Eingehen auf die lokale Bevölkerung ist ein elementarer Schritt zu einem nachhaltigen Abbau der für unseren Wohlstand so dringend benötigten Rohstoffe.“
Tobias Tretter
Es empfiehlt sich manchmal auch einfach nur die lokale Zeitung zu lesen. Denn eines ist sicher: Die lokale Bevölkerung kennt häufig Details, welche der „normale“ Investor nie gesagt bekommen würde und andererseits ist es die lokale Bevölkerung, welche über den Erfolg oder Misserfolg eines Rohstoffprojektes entscheidet. Rohstoffprojekte haben lange Laufzeiten und da die meisten Kosten vor Produktionsbeginn anfallen und sie anschließend nur noch Geld verdienen ist es für den Investor das Wichtigste, dass die Mine lange ohne Probleme reibungslos läuft. Und das Entscheidende hierfür ist die lokale Bevölkerung. Sie sind diejenigen, die ersten die z.B. von Umweltsünden betroffen sind und entsprechend wichtig ist uns der Umgang und die Zustimmung der lokalen Bevölkerung zu den Projekten in welche wir investieren.
Was sind die ersten Anzeichen dafür, dass eine Mine gut bzw. schlecht bewirtschaftet wird?
Die Frage schließt direkt an die vorherige an. Es sind grundsätzlich viele Faktoren an denen erkannt werden kann, ob ein Projekt profitabel sein kann, oder wann es in Schieflage gerät. Das Wichtigste Anzeichen neben unzähligen geologischen und wirtschaftlichen Faktoren ist aber erneut die lokale Bevölkerung. Sie sind es die meist mehr wissen als das Management selbst, wenn bspw. der lokale Minenarbeiter abends nach Hause geht und davon berichtet, dass die Erzvene kleiner wird, oder sich anderweitig negativ verändert. Insofern gilt es Minen nicht nur einmalig zu Besuchen, sondern ihnen in regelmäßigen Abständen erneut einen Besuch abzustatten.
Welche Entwicklung erwarten Sie bei den sogenannten „Next-Generation“- Rohstoffen in den nächsten Jahren?
Den Umstieg von Verbrennungsmotoren auf Elektrofahrzeuge können Sie mit dem Beginn der industriellen Revolution und dem Verkauf der ersten Automobile vergleichen. Auch wenn es sicherlich genügend Öl damals wie heute gab, war es die zeitliche Verfügbarkeit, welche die Preise nach oben schießen ließ und zum ersten Ölboom führte. Die E-Mobilität und somit die Next-Generation-Rohstoffe zeichnen aktuell ein sehr ähnliches Bild. Grundsätzlich gibt es ausreichend Rohstoffe. Wenn der Umstieg auf Elektroautos allerdings zu schnell geht wird es keine Möglichkeit geben die Nachfrage zu bedienen. Daher erwarten wir leider ein böses Erwachen bei einigen Rohstoffen, sobald die Massenproduktion von Elektroautos ins Rollen kommt.
1% Marktdurchdringung von Elektroautos entspricht beispielsweise in etwa einer zusätzlichen Nachfrage von 70.000 Tonnen Lithium. Bei einer aktuellen Produktion von 300.000 bis 350.000 Tonnen wäre dies ein Anstieg um gigantische 20%. Und Lithium hat einen entscheidenden Nachteil gegenüber anderen Rohstoffen wie bspw. Öl. Es reicht nicht aus, den Rohstoff lediglich in ausreichender Konzentration zu finden. Lithium ist ein Rohstoff, der in einem komplizierten chemischen Prozess gewonnen wird und jedes einzelne Projekt ist einzigartig und benötigt deshalb einen lange Vorlaufzeit um den idealen Prozess zur Gewinnung herauszufinden. Eine Tatsache, welche eine kurzfristige Produktionsanpassung auf eine sprunghaft steigende Nachfrage schlicht nicht zulässt.
Ähnlich kritisch sehen wir die Versorgung mit Nickel, Kobalt, Kupfer und einigen Spezialrohstoffen wie bspw. Mangan. Die Frage in den kommenden Jahren wird sich weniger um den Preis dieser Metalle drehen, sondern in erster Linie um deren Verfügbarkeit.
Wieviel Minenbetreiber weltweit arbeiten ihrer Meinung nach wirklich nachhaltig?
Ich glaube die Rohstoffbranche ist viel nachhaltiger als es sich die meisten Investoren vorstellen. Und grundsätzlich legen die kleineren Gesellschaften einen deutlich höheren Wert auf Nachhaltigkeit und eine exzellente Beziehung zur lokalen Bevölkerung als die großen Majors, da sie einfach auf die lokale Bevölkerung angewiesen sind und meist nicht über die Beziehungen in die Politik verfügen wie die großen Majors bzw. auch nicht über deren finanzielle Mittel verfügen. Ansonsten sehen wir insbesondere Nordamerika und Australien als sehr nachhaltig an. Dort gibt es keine Genehmigungen ohne, dass bereits im Vorfeld ein Geldpool gebildet wird und ein finaler Plan feststeht, wie die Mine nach ihrer Schließung wieder der Natur übergeben wird.
Afrika, China, aber auch einige Regionen in Südamerika nehmen es allerdings mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit nicht so genau. Genau hier müssen wir als Investoren ansetzten. Evtl. ist nicht das margenstärkste Projekt in Afrika das Projekt in welches sie als Investor auch guten Gewissens investieren sollten. Daher habe wir auch für uns entschieden aktuell weder in China, noch in Russland oder in Afrika zu investieren oder wenn, dann nur unter sehr strikten Voraussetzungen verbunden mit regelmäßigen site visits.
Was können Minenbetreiber verbessern, um nachhaltiger zu agieren?
Transparenz ist hier sicherlich an oberster Stelle zu nennen. Es ist leider immer noch zu leicht im Rohstoffsektor mit Hochglanzprospekten Gelder für Projekte einzusammeln, welche aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten von Anfang an zum Scheitern verurteilt sind. Ein Beispiel war z.B. ein Unternehmen, welches das lithiumhaltige Gestein direkt von Afrika über Zug und Schiff nach China zum Verarbeiten transportieren wollte. Wenn Sie sich überlegen, wie viel Gestein sie transportieren müssen um Gestein mit 1 bis 2% Lithium zu transportieren, dann können Sie sich sicherlich vorstellen, dass dies unter Umständen ökonomisch sinnvoll sein mag, ökologisch allerdings ist es eine Katastrophe und führt den ganzen Umstieg zur E-Mobilität ad absurdum.
Ansonsten sind wir wieder beim Punkt der lokalen Bevölkerung. Die Bevölkerung ist grundsätzlich immer positiv hinsichtlich Rohstoffprojekten eingestellt, da sie Jobs und Infrastruktur bringen. Insofern ist ein Austausch und ein Eingehen auf die lokale Bevölkerung ein elementarer Schritt zu einem nachhaltigen Abbau der für unseren Wohlstand so dringend benötigten Rohstoffe.
Aufmacherbild / Quelle / Lizenz
Bild von rhianjane auf Pixabay
Kommentare sind deaktiviert.