Künstliche Intelligenz für die Logistik
Die TREND-REPORT-Redaktion im Gespräch mit Lars Schmermbeck, Regional Channel Manager DACH Region bei Zebra Technologies, und Hans-Jörg Tittlbach, CEO, ICS Group, über zukünftige Wertschöpfungsketten
Alle Experten sind sich einig, dass Industrie 4.0 die Logistik verändern wird. Herr Tittlbach, wie sieht ein Logistikprozess im Industrie-4.0-Zeitalter aus?
Hans-Jörg Tittlbach: Logistik im Zeitalter von Industrie 4.0 basiert im Wesentlichen auf dynamischen, selbststeuernden Prozessen und intelligenten Sendungen und Landungsträgern. Lassen Sie mich das am Beispiel eines Paketes verdeutlichen, das an einen Kunden zugestellt werden soll. Das Paket wird mit Intelligenz ausgestattet; es weiß, wo es ist, und erkennt eigenständig Verzögerungen im Transportablauf. Es kommuniziert seinen Status an Backoffice- und Warenwirtschaftssysteme, wie unser Stradivari. Diese haben im Falle einer Verzögerung die Chance, redundante Prozesse anzustoßen und das Paket auf alternative Routen oder Versandmöglichkeiten umzuleiten – ohne dass ein Mensch eingreift. In wichtigen Fällen wird beispielsweise ein Ersatzpaket auf den Weg gebracht.
Welche konkreten Vorteile haben die selbststeuernden Prozesse?
Tittlbach: Durch verbesserte Transparenz und Steuerung werden In-time und On-demand noch viel besser funktionieren als heute. Auf die Paketsendung bezogen: Der Empfänger wird nicht nur wissen, an welchem Tag seine Sendung zugestellt wird, sondern auch in welchem Zeitfenster. Zweite und dritte Zustellversuche werden gar nicht mehr vorkommen, da der Empfänger Einfluss darauf nehmen kann, wann und wo er seine Sendung entgegennimmt. Das sind Prozesse, die es theoretisch schon heute geben könnte.
Warum sind diese Prozesse noch keine Realität?
Tittlbach: Das liegt primär daran, dass es eben in vielen Bereichen keine richtige Standardisierung, Integration und Zusammenarbeit der IT-Systeme gibt. Logistik hat mit sehr vielen Partnern zu tun und mit sehr heterogenen IT-Landschaften. Nötig ist im Prinzip ein Schirm über die gesamte Prozesskette. Hervorzuheben sind die technischen Möglichkeiten, die heute Endgeräte und Software-Schnittstellen bereits bieten. Diese müssen einfach nur genutzt, aufeinander abgestimmt und integriert werden. Wir als ICS arbeiten mit Hochtechnologie-Partnern wie beispielsweise Zebra Technologies zusammen, die zur Unterstützung solcher Prozesse große Schritte nach vorne getan haben.
Herr Schmermbeck, wie sieht eine Integration von intelligenten Geräten in eine Logistikkette ganz praktisch aus?
Lars Schmermbeck: Das Internet of Things (IoT) im Lager und in der Logistik baut für uns als Hersteller auf drei Hauptfaktoren auf. Das fängt an mit hochleistungsfähigen kabellosen Netzwerken, die in ständiger aktiver Verbindung mit den Datensystemen im Backoffice sind. Der zweite Faktor sind Smart Sensors wie zum Beispiel RFID-Chips oder entsprechend angepasste Barcodes, NFC und Bluetooth-Beacons. Sie dienen dazu, als Lokalisierungstechnologie die Erfassung von Artikeldaten, das Überwachen des Warenstatus, das Auffinden von Artikeln und die effizientere Wegeoptimierung in Lagern zu unterstützen. Der dritte entscheidende Faktor ist das integrierte Backoffice-System, das für eine vereinfachte Datenanalyse zur Erzielung vollständiger Transparenz wichtig ist.
Geht es dabei nur um die Position und das Routing der Ware?
Schmermbeck: Keineswegs. Smarte Sensoren können beispielsweise überwachen, ob die Temperaturanforderungen während des Transports eingehalten werden. Es geht auch nicht allein um die Ware. Auch die IT-Infrastruktur überwacht sich selbst. Die in der Logistikkette eingesetzten Geräte wie bspw. Scanner und mobile Terminals haben ebenfalls smarte Sensoren und können mit den Backoffice-Systemen kommunizieren. Sie melden ihren technischen Zustand – zum Beispiel, ob der Akku geladen ist. Das ist das IoT der heutigen Zeit: Ich ziehe die Geräte schon aus der Kette heraus, bevor sie nicht mehr funktionieren. So verhindere ich, dass ein Ausfall negativen Einfluss auf die Produktivität hat.
Welche Chancen bietet die Online-Anbindung der Geräte?
Tittlbach: Diese Online-Anbindung der Geräte ermöglicht es, mittels einer Remote- und Managementplattform, Mobile-Device-Management zu betreiben. Man sieht auf der Managementplattform, ob Geräte einwandfrei funktionieren oder nicht, und kann entsprechend eingreifen. Man kann das sogar noch weitertreiben, indem man neue Funktionalitäten zentral von einer Stelle auf hunderte oder tausende Geräte bringt. Ein weiterer Entwicklungsschritt sind Managed Services, die es ermöglichen, beispielsweise bei Druckern noch vor Ausfall von Cuttern oder anderen mechanischen Teilen einzugreifen und präventiv eine Wartungsmaßnahme durchzuführen, bevor das Gerät überhaupt ausfällt.
Schmermbeck: Das ist ein wesentlicher Ansatz unserer engen Zusammenarbeit mit der Firma ICS. Mobiles Device-Management oder eine Operational- Visibility-Plattform funktionieren nur, wenn man die Erfahrung eines Lösungsanbieters wie der ICS mit unserer Kompetenz als Hersteller bündelt.
Herr Tittlbach, welche Wettbewerbsvorteile haben Ihre Kunden von den smarten Technologien?
Tittlbach: Unsere Kunden profitieren von einer wesentlich höheren Transparenz über ihre Supply-Chain und einer höheren Zuverlässigkeit in den Lieferprozessen – sowohl vom Lieferanten als auch zum Kunden hin. Die Lieferrisiken lassen sich signifikant senken und der Gesamtprozess besser steuern. Es nützt nichts, wenn man zum Beispiel mit Vorlieferanten On-demand-Belieferungen für Produktionsbänder vereinbart, aber auf Grund einer fehlenden smarten IT keine Dynamik in dem Logistikprozess ist und nicht gegengesteuert werden kann, wenn Störungen auftreten. In diesen Fällen funktionieren normale Prozesse nicht. Lieferstörungen verursachen teils sehr hohe Kollateralschäden. Unsere Kunden senken durch den Einsatz von Smart-Technologien in Verbindung mit durchgängig intelligenten Prozessen im Stradivari Verlustschäden auf ein Minimum. Erhöhter ROI und steigende Kundenzufriedenheit sind das Ergebnis.
Weitere Informationen unter:
www.ics-group.eu
www.zebra.com
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