Kommunikation und der Mensch im Mittelpunkt – „Office 4.0“

Über die Zukunft des Arbeitsplatzes sprach die TREND-REPORT-Redaktion mit Günter Osterhaus, Leiter Planung und Objektmanagement bei Assmann Büromöbel.

 

Herr Osterhaus, was hat eigentlich der Begriff  „Office 4.0“ mit dem „Internet der Dinge“ (IoT) zu tun?

Den Begriff, oder eher Oberbegriff „Office 4.0“ gibt es ja eigentlich nicht, denn er ist eher eine Ableitung von Arbeit 4.0.

Das Internet der Dinge ist aber das, was unseren Büroalltag revolutionieren wird/soll. Algorithmen regeln Standardaufgaben selbstständig und es kommt auf hohe Datenmengen und Geschwindigkeiten an. Komplexe, überall verfügbare Datenbanken speichern unser Wissen speichern und machen es abrufbar. Auch das Smart Office wird dann möglich sein und alle technischen Geräte miteinander vernetzen. Sogar Möbel wie z.B. Stühle und Tische melden biogenetische Daten und messen unser Wohlbefinden und unsere Aktivität am Arbeitsplatz im Büro.

Ein Dilemma wird die Fähigkeit und Geschwindigkeit für uns Menschen darstellen. Wir sind halt keine Maschinen die sich programmieren lassen und dann brav das tun was der Programmierer vorgegeben hat.

 

Wie sollten heute moderne Büroeinrichtungen gestaltet werden um agil arbeitende Projektteams sinnvoll zu unterstützen?

Agilität in heutigen strukturierten Prozessen ist sicher schwierig bis nicht machbar. Die Begriffe gehen einem mittlerweile leicht von den Lippen, aber was bedeutet das überhaupt, was braucht man zur Umsetzung?

Agilität bedeutet auch ortsunabhängiges Arbeiten, teilweise ohne konkrete Strukturen, extrem technologisch und schnell veränderlich.

Diese Innovation, die viele Unternehmen gerne hätten, erfordert eine große Offenheit und eine i.d.R. neue Unternehmenskultur. Es macht keinen Sinn auf der einen Seite die Zeit zu stoppen und auf der anderen Seite Kreativität zu erwarten.

Agiles Arbeiten setz auf große Tatkraft und Ideenreichtum.

Um agile Teams zu erhalten ist es z.B. notwendig, Arbeitsorte zu gestalten, die eine Art Firma in der Firma darstellen. Hier wird frei von allen Zwängen gearbeitet und zwar nur ziel- und ergebnisorientiert. Die Gruppe entscheidet selbst wie sie dorthin kommt. Ein Begriff wird hier immer wieder verwendet. Das ist z.B. das „Coworking“, in dem sich unterschiedliche, auch externe Mitarbeiter treffen und an Themen arbeiten. Ingenieure arbeiten mit Facharbeitern, Marketingfachleuten und Produktentwicklern gemeinsam an einem Thema. Das kann zunächst konzentriert und allein stattfinden und dann auch je nach Bedarf ganz spontan mit der Gruppe sein.

 

Können dann in diesem Kontext mehr Mitarbeiter auf der selben Fläche untergebracht werden und wird dann der individuelle Arbeitsplatz an Bedeutung verlieren?

Hmmm, genau das ist das was wir sehr oft erleben aber aus meiner Sicht sicher der falsche Ansatz ist. Zunächst kommt es nach wie vor auf die individuelle Arbeitsaufgabe an. Es macht keinen Sinn über Desksharing-Quoten und ein nonterritoriales Büro zu sprechen, wenn man nur mehr Leute auf die gleiche Fläche quetschen möchte!

Alles hat zwei Seiten und da sollte man sich unbedingt beraten lassen oder sich mal eine Referenz anschauen die bereits umgesetzt wurde. Ich kenne einige Unternehmen die das teilweise zurückgebaut haben, weil die Mitarbeiter nicht „mitgespielt“ haben.

Die eingesparte Fläche sollte zugunsten der „verbleibenden“ Mitarbeiter zu Meetingpoints und Relaxzonen umgebaut werden. Das macht mehr Sinn.

Auch sollte in den Büros mehr Wert auf Gestaltung gelegt werden. Das gibt den Menschen ein gutes Gefühl und trägt zum Wohlbefinden bei, was wiederum einen positiven Effekt für die Wertschöpfung darstellt.

 

Gibt es Vorlagen oder Muster für das „Office 4.0“?

Nun ja, die großen Konzerne wie Microsoft oder Evonik etc. machen es ja vor, weil in den großen Verwaltungseinheiten der größte sichtbare Effekt erzielt wird. Daraus partizipieren auch andere Unternehmen und auch der Mittelstand. Wie gesagt, die Effekte sind halt anders aber es bleibt immer noch eine individuelle Analyse und Planungsaufgabe.

Hier kommen auch wieder die Fachleute der Consulter, Büroeinrichter und Architekten ins Spiel, die sich ja von Berufs wegen mit dem Thema befassen.

Oft werden auch über die verschiedenen Plattformen wie z.B. Fraunhofer IAO oder Euroforum-Exkursionen bzw. Infoveranstaltungen zu den Thema angeboten.

 

Inwieweit sollten Mitarbeitende bei der Planung neuer Arbeitswelten mit einbezogen werden?

Meiner Meinung nach ist es wichtig die Mitarbeiter mit einzubeziehen und sei es durch eine umfassende und offene Informationspolitik. Auch helfen interne Umfragen, die aber individuell ausgearbeitet werden müssen. Es heißt „Offenheit schafft Vertrauen“ und das gilt auch hier.

 

Wieviel Technologie und Equipment vertragen heute moderne Büromöbel?

Die Aufgabe die uns heute oft erreicht ist die Integration von Bildschirmen, Arbeitsplatzleuchten oder Beleuchtung allgemein, Ladestationen und Dockingstationen sowie ein gutes Kabelmanagement am Schreibtisch. Ein Container kann heute in seinen Schüben eine Steckdose und Datensteckdosen haben.

Ein neuer Trend sind allerdings Gleichstrom-Anlagen, die mittels Akku betrieben werden und die zukünftig keine Strom-Anschlüsse mehr im Boden oder am Fensterbankkanal brauchen. Die innovative Lösung kommt aus dem Hause Bachmann GmbH & Co. KG. Hier wird alles in einem mobilen Container eingebaut, der dann nach Dienst an der Ladestation geparkt werden kann. Die Akku Ladung hält ca. 14 Stunden und versorgt den Tischmotor, den Bildschirm, die LED Arbeitsplatzleuchte und das Notebook
(Qi-Standard induktiv). Dies wird heute alles mittels Netzteil von Wechsel- auf Gleichstrom transformiert. Außerdem kommt aus den Solaranlagen auf dem Firmendach auch Gleichstrom, also direkt, ohne Umwege zum Verbraucher.

Auch wird es in den nächsten zehn Jahren eher interaktive Tischflächen geben, die zwei drittel der Tischfläche beinhaltet, die vielleicht auch etwas kleiner wird. Einen Bildschirm braucht es dann auch nicht mehr. Alles auf der Tischfläche, incl. Tastatur, a la Tablett. Heute sieht man das ja schon in der einen oder anderen Fernsehserie, meist aus den USA.

 

Können bereits bestehende klassische Einrichtungen noch modifiziert werden? Wenn nein, inwieweit müssen räumliche Grundlagen (Grundrisse) angepasst werden?

Interessante Frage und sehr gern beantwortet. In den ganz alten „Kästen“, so bis in die Fünfziger Jahre gibt es so schöne großzügige Raumzuschnitte, die wir wohl in den Sechziger Jahren verlassen haben. Seit dem musste alles schön nach Raumachse und möglichst einfach und gerade sein. Um eine moderne Bürowelt zu kreieren, braucht es z.B. Raumtiefen von 15m wobei wir häufig auf 11 – 12m Raumtiefe treffen. Ein Quadrat eignet sich meiner Meinung nach sehr gut für die Umsetzung.

Entgegen mancher Meinung braucht Arbeitswelt 4.0 mehr Fläche und Raum um kreativ zu sein. Auch für ganz normale Bürotätigkeiten wie die Buchhaltung.

Ab wann schalten Sie sich in die Planung mit ein?

Das ist unterschiedlich. Am häufigsten werden wir Büromöbelhersteller mit unserer Planungsabteilung erst bei der Flächenplanung einbezogen. Dann gibt es oft viele Kompromisse, denn es sollen ja auch noch alle gesetzlichen Vorschriften etc. eingehalten werden.

Gerne sind wir unterstützend in einem frühen Stadium tätig und beschäftigen uns dann mit Analysen und Flächenmodellen.

Welche Trends machen Sie für das „Büro der Zukunft“ aus?

Auf der einen Seite werden die Büros tatsächlich enger, indem man mehr Mitarbeiter an sogenannte Workbenches zueinander setzt. Wenn man dies tut, ohne eine genaue Aufgabenanalyse oder z.B. anderweitig Flächen zur „Erholung“ schafft, werden wir in den nächsten Jahren viel Potential haben, um diese „Anlagen“ wieder zurück zu bauen oder zu verändern.

Auf der anderen Seite werden die Büros schöner, moderner und werden technisch aufgerüstet. Der Arbeitsplatz wird ein Arbeitsort den man mit Kollegen teilt, vielleicht so gar so, als würde man sich gegenseitig in die gute Stube einladen. Neben sehr agilen Arbeitsgruppen gibt es Konzentrationsbereiche und Bibliotheken wo man sich treffen und austauschen kann.

Wir planen große Anlagen die genau so aussehen wie vor zehn Jahren, weil die Unternehmen diese Veränderungen nicht übernehmen wollen/können und bleiben bei Bewährtem. Das trifft auch insbesondere auf die Bürogebäude der öffentlichen Verwaltungen zu, schön in den gewohnten Achsen zu bauen. ( 120 – 125 cm)
Daraus entstehen dann nur eng strukturierte Räume mit langen Fluren und je nach Stufe gibt es ein bis zwei Achsen mehr.

Wann wird das „Office 4.0“ zur Realität?

Wenn es nach Frau Nahles unserer Arbeitsmininsterin geht, soll das bis 2025 umgesetzt sein. Ich behaupte mal das dies etwas länger dauert z.B. eine „Arbeitergeneration“, damit Generation Y sich richtig entfalten kann. Soweit die Theorie.

Welche Anforderungen werden heute an Co-Working-Spaces gestellt?

Der Begriff ist ja schon Programm. Man darf auch vermuten das es sich hierbei um „Zusammenarbeit“ handelt, was zunächst nicht falsch ist.

Co-Working-Spaces werden heute für die kreative Entwicklung von Aufgaben initiiert. Hier arbeiten Leute aus verschiedenen Sparten an einem Thema oder auch an vielen kleinen Themen. Der informelle Austausch, das kreative Miteinander und dann das nötige Umfeld, soll dazu beitragen, frei von allen Zwängen Neues zu entdecken.

Co-Working-Spaces sollen zwanglos, offen und in eine ansprechende Atmosphäre getaucht sein. Das kann eine alte Lagerhalle, ein Dachboden oder eine Garage sein oder zumindest so aussehen, als ob alles noch im Bau wäre und es jederzeit Veränderungen geben kann. Nur Mama´s Küchentisch und Oma´s gemütlicher Sessel darf nicht fehlen. Unkompliziert essen und trinken und sich mit Freunden treffen ist ein wichtiger Faktor. Und High-End-Technik und ein super schnelles Netz wären perfekt.

Beim „Googlen“ findet man sehr viele unterschiedliche Beispiele dafür, insbesondere in den Groß- und Universitätsstätten.

Gibt es Ihrerseits aktuelle Beispiele anhand aktueller Projekte?

In den nächsten Wochen wird eine „Co-Working-Area“ auf dem Campus der Uni Paderborn eingerichtet. Hier wurde mit einem Innenarchitekten aus Bielefeld ein spezieller Bereich geschaffen, der den Studenten, Start-Up´s und vor allem der Industrie im Umland die Möglichkeit geben soll, an gemeinsamen Projekten zu arbeiten und dies außerhalb von festen Unternehmensstrukturen.

In der Zuarbeit für einige Großkunden, wie z.B. Automobilhersteller oder Chemieunternehmen, arbeiten wir an ähnlichen Aufgaben.

Die eigentliche Planungsarbeit liegt hier primär bei den Architekturbüros und Consultern.

 

Danke, Herr Osterhaus für das Hintergrundgespräch!

 

Assmann Büromöbel

 

 

Lesen Sie mehr von Herrn Günter Osterhaus:
Beitrag: „Der Bedarf an individueller Beratung steigt enorm“