Gesicherter White-Label-Rechnungskauf
Gastbeitrag
Eine Rechnung, eine gute Rechnung, ist das Beste, was es gibt auf der Welt. Oder?
Die Deutschen sind Gewohnheitstiere. Die Zeitung am Morgen, Fisch am Freitag, der „Tatort“ am Sonntagabend – und der Rechnungskauf.
Seit Jahrzehnten im Handel das Zahlungsmittel Nummer eins, ist des Deutschen Liebling auch aus dem E-Commerce nicht mehr wegzudenken: Aktuell begleichen 40 Prozent der Onlineshopper offene Beträge am liebsten per Rechnung.
Kein Wunder, ist der Rechnungskauf doch sicher und bequem. Kunden können bestellte Waren wie Kleidung oder Schuhe zuhause anprobieren bzw. testen und sie bei Nichtgefallen zurückschicken. Den Rechnungsbetrag bezahlen sie nach ihrer Kaufentscheidung.
Für Onlinehändler birgt diese Zahlart aber das Risiko, auf einer unbeglichenen Rechnung sitzenzubleiben – eben dann, wenn Kunden nicht bezahlen können oder nicht bezahlen wollen. Abhilfe schafft der gesicherte White-Label-Rechnungskauf, mit dem Händler das Risiko von Zahlungsausfällen auf ein Minimum reduzieren können.
Rechnungskauf bedeutet einen großen Vertrauensvorschuss
Digitalisierung hin, Transformation her – vielen Konsumenten ist das Internet nach wie vor nicht geheuer, insbesondere dann nicht, wenn es um ihr hartverdientes Geld geht. Auch dieser Tatsache ist es geschuldet, dass der Rechnungskauf hierzulande einen derart hohen Stellenwert hat – trotz ebenso bequemer Zahlarten wie Kreditkarte oder PayPal.
Das bedeutet: Ein Onlinehändler, der den Kauf auf Rechnung anbietet, hat einen klaren Vorteil gegenüber allen Wettbewerbern, die das nicht tun. Doch zugunsten der Aussicht auf höhere Umsätze und eine stärkere Kundenloyalität geht er ein recht hohes Risiko ein:
Er räumt seinen Kunden einen Vertrauensvorschuss ein, der unter Umständen ungerechtfertigt sein kann.
Und er nimmt in Kauf, dass er sich mit komplizierten nachgelagerten Prozessen herumplagen muss:
Vom Umgang mit Teillieferungen und dem Management von (Teil-)Stornos über eine mögliche Absicherung von Zahlungsausfällen bis hin zu einem etwaigen Forderungsmanagement.
Gesicherter Rechnungskauf minimiert Risiko von Betrugsversuchen und Zahlungsausfällen
Um zumindest das Risiko von Betrugsversuchen und Zahlungsausfällen auf ein Minimum zu reduzieren, gibt es eine einfache Lösung: den gesicherten Rechnungskauf.
Damit lagern Händler nicht nur das Zahlungsausfall-Risiko, sondern auch alle unbequemen Prozesse an ein Zahlungsinstitut aus – inklusive der komplizierten Kommunikation mit zahlungssäumigen Kunden und des kompletten Debitorenmanagements samt möglicher Übergabe des Forderungsmanagements an einen Zahlungsdienstleister.
Zu unterscheiden sind dabei zwei Methoden. Manche Rechnungskauf-Anbieter kaufen dem Händler als externe Versicherer alle Forderungen ab. Auch wenn der Händler damit fein raus ist, hat dies einen entscheidenden Nachteil: Vertragspartner des Kunden ist nicht mehr der Händler, sondern der Versicherer – mit der Folge, dass eine etwaige Mahnung vom Versicherer kommt. Das kann Kunden unter Umständen verärgern, weil sie von ihrem neuen Vertragspartner nichts wussten.
Im Gegensatz dazu bietet der White-Label-Rechnungskauf gleich mehrere Vorteile: Am Vertragsverhältnis zwischen Händler und Kunde ändert sich prinzipiell nichts. Konsumenten, die ihre Rechnung begleichen, bleiben Kunden des Händlers. Erst wenn eine Zahlung ausbleibt, kommt ein externer Zahlungsdienstleister, der das Forderungsmanagement übernimmt, als dritte Vertragspartei hinzu.
Zahlungsdienstleister ist nicht gleich Zahlungsdienstleister
Dass immer mehr Onlineshops den gesicherte Rechnungskauf offerieren, belegen aktuelle Zahlen: Rund ein Fünftel der Onlinehändler hat diese Zahlart in den vergangenen zwei Jahren in das Zahlarten-Portfolio aufgenommen – ein Plus von fast zehn Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr.
Doch bei der Entscheidung für einen Zahlungsdienstleister lohnt sich ein Vergleich, denn nicht alle bieten gleich gute Lösungen. Ein wichtiges Kriterium ist, dass sich das Rechnungs-Template und die Zahlungserinnerungen an das individuelle Look-and-Feel des Shops anpassen lassen. Auch eine Integration ohne Medienbrüche und der Verzicht auf Weiterleitungen an Drittanbieterseiten sind relevante Aspekte.
Zudem sollte das Handling der Rechnung so einfach wie möglich sein – für den Händler und für seine Kunden. Übrigens: Dass seine Rechnung gegen Ausfälle versichert ist, bemerkt der Kunde nicht. Er profitiert ausschließlich von den Vorteilen.
Zahlungsinstitut mit Bedacht auswählen
Bei der Auswahl des Zahlungsinstituts sollten Onlinehändler auch auf die Annahmequoten achten. Die Unterschiede hinsichtlich Bonitäts- und Risikoprüfung sind zum Teil sehr groß. Der aus Händlersicht günstigste Dienstleister ist nicht immer der beste.
Kauft er die günstigen Konditionen durch geringe Annahmequoten, hat der Händler nichts gewonnen. Darum ist darauf zu achten, mit wie vielen Auskunfteien ein Zahlungsinstitut zusammenarbeitet. Sollte er sich auf die Daten einer einzigen Auskunftei verlassen, entgeht dem Onlinehändler unnötig Geschäft.
Ebenso wichtig sind die Erfahrung des Dienstleisters – nicht nur mit dem Rechnungskauf, sondern auch mit anderen Zahlarten – und sein Wissen über „gute“ und „schlechte“ Kunden. Für die nötige Flexibilität, Skalierbarkeit und Zukunftssicherheit sorgt eine unabhängige, leistungsstarke Technologie. Idealerweise ist sie einfach in eine bestehende Shop-Infrastruktur zu integrieren und mit allen gängigen Shop- sowie Warenwirtschafs-Systemen kompatibel.
Und sie sollte es ermöglichen, den gesicherten White-Label-Rechnungskauf auch auf Marktplätzen mit gemischten Warenkörben abzuwickeln.
PSD2 könnte Rechnungskauf beflügeln
Obwohl der Rechnungskauf umständlich und teuer ist, erwartet ihn eine rosige Zukunft. Die PSD2-Richtlinie steigert seine Attraktivität enorm. Wenn die Richtlinie (EU) 2015/2366 im Januar 2018 wirksam wird, können Zahlarten wie die Kreditkarte ins Hintertreffen geraten.
Gegenstand von PSD2 ist die sogenannte starke Kundenauthentifizierung. Will der Zahlende bspw. online auf sein Zahlungskonto zugreifen oder elektronisch bezahlen, muss er sich mit mindestens zwei von drei unabhängigen Faktoren authentifizieren:
Über sein Wissen (etwas, das nur der Nutzer weiß, z.B. ein Passwort),
über seinen Besitz (etwas, das nur der Nutzer besitzt, z.B. eine Chip-Karte) und
über Inhärenz (etwas, das dem Nutzer persönlich bzw. körperlich zu eigen ist, z.B. ein Fingerabdruck).
Der Rechnungskauf ist davon nicht betroffen. Um diese Zahlungsmittel zu benutzen, müssen Käufer auch in Zukunft lediglich ihren Namen und ihr Geburtsdatum angeben.
Rechnungskauf am POS
Nicht zuletzt aufgrund dieser Tatsache ist davon auszugehen, dass sich der gesicherte White-Label-Rechnungskauf auch am stationären Point-of-Sale (POS) durchsetzen wird. Schließlich sind automatische E-Commerce-Prozesse inzwischen auch am POS abbildbar, etwa auf speziellen Terminals und interaktiven Schaufenstern.
Über solche Terminals können Kunden Produkte bedarfsgerecht konfigurieren, bezahlen und ggf. direkt bestellen, falls sie nicht vorrätig sind. Gleiches gilt für interaktive Schaufenster, über die Konsumenten im Sortiment des Händlers stöbern, Produkte in ihren Warenkorb legen und bezahlen können.
Mit dem gesicherten White-Label-Rechnungskauf per Terminal und/oder Schaufenster vergrößern stationäre Händler ihr Angebot an Zahlungsmitteln, erschließen neue Kundensegmente und bieten Bestandskunden einen besonders innovativen Mehrwert.
Nicht für alle Waren und Zielgruppen geeignet
Trotz aller Vorteile – der Kauf auf Rechnung eignet sich nicht für alle Waren und Zielgruppen. Zum Beispiel schätzen die 16- bis 21-Jährigen eher das einfache Bezahlen via PayPal, während beim Handel mit Möbeln der hohe durchschnittliche Warenkorb gegen den Rechnungskauf spricht.
Nicht zu unterschätzen ist die hohe Betrugsgefahr im Bereich Unterhaltungselektronik, denn diese Produkte lassen sich ohne Wertverlust direkt weiterverkaufen. Entscheiden sich Onlinehändler dafür, den Rechnungskauf für jene Warengruppe anzubieten, ist mit strengen Prüfungen durch das Zahlungsinstitut und einer höheren Ablehnungsquote zu rechnen.
Auch müssen sich Händler die Frage stellen, ab welchem Einkaufswert sich die Kosten für die versicherte Zahlart rechnen. Generell gilt: Der Kauf auf Rechnung ist sinnvoll, wenn ein Warenkorb zwischen 50 und 500 Euro groß ist. Ab dieser Grenze ist wiederum der Ratenkauf interessant.
Übrigens: Eine solche Option ist in die Rechnungskauf-Lösung einiger Zahlungsinstitute bereits integriert.
Weiterführende Informationen unter:
www.heidelpay.de
Unser Autor
Mirko Hüllemann, Geschäftsführer der Heidelberger Payment GmbH
Mirko Hüllemann (Jahrgang 1969) ist Gründer und Geschäftsführer der Heidelberger Payment GmbH, kurz: heidelpay, ein von der BaFin zugelassenes und beaufsichtigtes Zahlungsinstitut für Online-Paymentverfahren. heidelpay deckt das komplette Leistungsspektrum der elektronischen Zahlungsabwicklung ab: vom Processing der Transaktionen über die Tätigkeit als Acquiring-Bank bis hin zum Monitoring und Risikomanagement.
Vor der Gründung von heidelpay im Jahr 2003 war Mirko Hüllemann u.a. für verschiedene Anbieter von Online-Zahlungsdiensten tätig: als Vertriebsleiter für die paybox.net AG und als Geschäftsführer für die United Payment GmbH.
Quellenangaben:
[1] https://www.ifhkoeln.de/pressemitteilungen/details/online-shops-ruesten-auf-wieder-mehr-zahlungsverfahren-im-angebot/