Fünf Erfolgsfaktoren für effektives Krisenmanagement
Knapp ein Jahr ist es her, da nahm die Corona-Pandemie ihren Ursprung. Was zunächst Ratlosigkeit hervorrief, hat Führungskräfte wie Mitarbeiter einiges gelehrt und gänzlich neue Kompetenzen zu Tage gebracht.
Von Dr. Katja Nagel, Gründerin und Inhaberin der Unternehmensberatung cetacea
Das Jahr 2021 hat gerade erst begonnen, da stellen die Folgen der Pandemie die Unternehmen und ihre Mitarbeiter weiterhin vor enorme Herausforderungen. Der erneute Lockdown und die Ungewissheit, wann denn das öffentliche Leben wieder hochgefahren werden kann, haben unterschiedlichste Auswirkungen auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Eines scheint derweil sicher: es wird noch eine ganze Weile dauern, bis sich persönliche wie unternehmerische Normalität einstellt.
Wenn wir auf das letzte Jahr zurückblicken und uns die Situation vor Augen führen, in der von heute auf morgen plötzlich das eigene Geschäftsmodell ins Wanken gerät, in der althergebrachte Prozesse und Strukturen plötzlich hinfällig sind, dann ruft das bei den meisten Führungskräften zunächst wieder das Gefühl der Ratlosigkeit hervor – und natürlich das Wissen um Kontrollverslust. Die Corona-Pandemie war und ist ein Ereignis, was nur schwer beeinflussbar ist, was uns Menschen ratlos macht. Und dennoch: Eine vergleichbare Herausforderung liegt nicht allzu fern, die nächste Unternehmenskrise kommt bestimmt.
Gestärkt durch und aus der Krise
Umso wichtiger ist es, sich auf die Stärken zu besinnen, auf das Positive, auf das, was in den wenigen Wochen und Monaten gemeinsam von Führungskräften und Mitarbeitern geleistet wurde. Wie schnell sich der Großteil der Menschen an die ungewohnte Situation angepasst hat, wie durch Home- und Mobile Office der Betrieb am Laufen gehalten wurde, wie Distance Leadership plötzlich das Gebot der Stunde war. So ist es auch nur wenig verwunderlich, dass wir aus den größten Herausforderungen seit sehr, sehr langer Zeit gänzlich neue Kompetenzen entwickelt haben, dass sich neue Führungsfertigkeiten fast schon gezwungenermaßen etabliert haben. Fünf Erfolgsfaktoren seien deshalb exemplarisch erwähnt:
- Geschwindigkeit: Wer im letzten Jahr schnell reagiert und Prozesse und Strukturen bereitwillig auf den Kopf gestellt hat, beseitigte den Modus des Getriebenen und erlangte neben der Deutungshoheit auch die Handlungsfreiheit sehr zügig zurück. Gleichzeitig wurde das Vertrauensverhältnis bei seinen Teams neu geschaffen oder gestärkt. Solch schnelles Handeln gilt es beizubehalten und in einer vergleichbaren Krisensituation anzuwenden.
- Schonungslosigkeit (im positiven Sinne): Eine unbeschönigte Situationsanalyse und das Denken in Szenarien hat vielen Führungskräften geholfen, sich maximal auf den schwierigsten Fall einzustellen. Sprich: Was kommt nun konkret auf uns zu? Wie könnten erste Lösungsansätze aussehen? Dafür sollte auch in Zukunft eine performante Task Force gegründet werden, die tägliche “Radar-Meetings” koordiniert, in denen die krisenbedingte Lage fortwährend durchgesprochen wird. Wichtig: Klare und wenig interpretationsbedürftige, permanente Kommunikation.
- Mut: Mutiges Handeln war und ist die Konsequenz aus der schonungslosen Analyse und dem Denken in Worst-Case-Szenarien. Oft sprechen Führungskräfte lieber über Möglichkeiten anstatt ihre Handlungsspielräume maximal auszunutzen, um tatsächlich schnell und mutig zu handeln. Deshalb sollten Worten schnell sichtbare Taten folgen, auch um das Vertrauen der Belegschaft zu bewahren. Entschlossenheit zeigt Stärke in der Krise.
- Klarheit und Transparenz: Klare und transparente Kommunikation hat noch nie geschadet, auch außerhalb einer Krisensituation. Kommt es allerdings zu einer angespannten Lage, ist sie unabdinglich. Denn eine Krise ruft zwangsläufig Unsicherheiten und möglicherweise eine zunächst ablehnende Haltung bei den Mitarbeitern hervor. Es gilt, die Dringlichkeit zu vermitteln und diese in ein „Big Picture“ einzubetten.
- Positives Denken: Aus positiven Zukunftsbildern schöpfen Führungskräfte und Mitarbeiter mehr Kraft als aus Drohszenarien, das hat die Krise uns gezeigt. Die Organisation sollte für jeden noch so kleinen Fortschritt gelobt werden. Dabei schadet es nicht, zunächst bei sich selbst anzufangen und selbstreflektierend die eigene Leistungen zu bewerten respektive auch mal mit sich selbst zufrieden zu sein. Wer seine eigenen Leistungen nicht wertschätzen kann, wird auch nicht die Leistungen seiner Organisation würdigen.
Neue Art der Führung hat sich etabliert
Letztlich führen all diese Erfolgsfaktoren zu einem neuen Führungsverständnis. Einem Führungsverständnis basierend auf Vertrauen, Empathie und Autonomie, auf Fairness und Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Eingebettet in eine teamorientierte Kultur der Offenheit, die Fehler zulässt und ein positives Zukunftsbild entwickeln lässt, entfaltet dieses Führungsverständnis seine ganze Wirkung – für die Zeit nach der Krise, aber vor allem auch für kommende Unwägbarkeiten.