Die intelligent, interconnected City
Jens-Peter Feidner, Managing Director bei Equinix Deutschland, erläutert im Interview mit der Redaktion die Stadt der Zukunft im Kontext der digitalen Transformation.
Herr Feidner, was verstehen Sie unter dem Begriff „intelligent, interconnected“ City?
Die „intelligent, interconnected“ City – oder auch Smart City – beschreibt ein Konzept darüber, wie unsere Städte sich heute und auch langfristig digital weiterentwickeln. Kern dieses Konzepts ist die Vernetzung zwischen allen Akteuren und Institutionen in der Stadt, wodurch ihre Bewohner auf digitale Dienstleistungen jederzeit und überall zugreifen können. Ziel der Smart City ist es, das Zusammenleben in Städten künftig nachhaltiger, sicherer und effizienter zu gestalten. Durch die Vernetzung können Städte Herausforderungen, wie das Thema Umweltschutz oder wachsende Verkehrsaufkommen angehen und innovative Lösungsansätze entwickeln. In Deutschland sind Städte wie Hamburg oder München führend bei der Umsetzung von Smart City-Initiativen.
Welches Fundament benötigen Smart Cities?
Das Fundament der Smart City bilden digitale Infrastrukturen, also Rechenzentren sowie Netzwerk- und Cloud-Provider. Sie ermöglichen den reibungslosen Austausch von Daten, die bei der Kommunikation zwischen den Akteuren entstehen. Kommuniziert beispielsweise das autonom fahrende Auto mit dem städtischen Parkleitsystem, entstehen große Datenmengen, etwa über den aktuellen Standort des Autos oder zu Verfügbarkeiten von Parkplätzen. Neutrale Anbieter, wie Rechenzentren, stellen als Teil dieser digitalen Infrastruktur eine Plattform bereit, auf der die Datenströme unterschiedlichster Akteure in der Smart City zusammentreffen.
„Durch eine einheitliche Infrastruktur bilden sich anstelle von Insellösungen digitale Ökosysteme“, erläutert Jens-Peter Feidner. |
Welche Rolle spielen dabei Echtzeitinformationen, Rechenzentren und Cloud-Umgebungen?
Beim Austausch von Daten spielt Schnelligkeit eine entscheidende Rolle. Nur wenn Daten in Echtzeit übertragen werden, können digitale Anwendungen ihre Funktion zuverlässig erfüllen. Nehmen wir ein Beispiel: Einige Konzepte sehen vor, dass smarte Straßenbeleuchtungen eines Tages direkt mit der städtischen Ambulanz vernetzt sind. So können Straßenlaternen Unfälle durch Sensoren sofort erfassen und ein Notsignal an Rettungskräfte aussenden. Natürlich muss das Signal dann in Echtzeit übertragen und verarbeitet werden.
Rechenzentren und darin angesiedelte Cloud-Anbieter ermöglichen diesen schnellen Austausch durch direkt physische Verbindungen – auch Interconnection genannt.
Wie kann eine einheitliche Infrastruktur über eine neutrale Plattform Insellösungen bei der Vernetzung vermeiden?
Im Grunde ermöglichen neutrale Plattformen, dass relevante Akteure miteinander kompatibel und Arbeits- bzw. Kommunikationswege zwischen diesen möglichst gering sind. Durch eine einheitliche Infrastruktur bilden sich anstelle von Insellösungen digitale Ökosysteme, in denen Unternehmen, Cloud-Anbieter oder städtische Institutionen Daten schnell und zuverlässig austauschen. So werden auch Nachteile ausgeglichen, die mit Insellösungen einhergehen, wie etwa inkompatible Datensysteme oder hohe Latenzzeiten.
Welche Aufgaben haben Rechenzentren in der Smart City und wie lösen Sie das Problem am Netzwerkrand?
Rechenzentren erfüllen eine sehr wichtige Funktion in der Smart City: Sie stellen die neutrale Plattform bereit, über die sich die verschiedenen Akteure der Smart City miteinander vernetzen und austauschen können. Dies erfolgt über direkte und private Verbindungen zwischen Unternehmen und städtischen Infrastrukturen, der sogenannten Interconnection.
Um Latenzzeiten und Ausfälle zu vermeiden, sind auch Rechenzentren am Rande des Netzes notwendig – dort, wo Daten entstehen und sofort mit anderen Teilnehmern der Smart City ausgetauscht werden müssen. Dabei sammeln und priorisieren Edge Computing Anwendungen große Datenmengen direkt vor Ort – etwa in vernetzten Fahrzeugen. Maßgebliche Daten zur langfristigen Analyse und Modellbildung können dann an naheliegende Rechenzentren übermittelt werden. Diese Arbeitsteilung an der „Digital Edge“ hilft dabei, das Netz zu entlasten und gewährleistet reibungslose Prozesse in der Smart City.
„Durch die Vernetzung können Städte Herausforderungen wie das Thema Umweltschutz oder wachsendes Verkehrsaufkommen angehen und innovative Lösungsansätze entwickeln.“
Jens-Peter Feidner
Gibt es einen einheitlichen Standard für Smart Cities?
In Deutschland gibt es zwar erste Initiativen zur Standardisierung wie das DIN Smart City Standards Forum – einen allgemeingültigen Standard gibt es allerdings noch nicht. Gemeinsame Standards und Indikatoren können künftig dabei helfen, Smart City-Projekte zu evaluieren und zu vergleichen. Das dabei gewonnene Wissen kann entscheidend zur Weiterentwicklung der Smart City beitragen. Dabei sind gemeinsame Standards am effektivsten, wenn sich alle Akteure in den Findungsprozess einbringen. Dazu zählen sowohl Kommunen und Unternehmen als auch die Anbieter der grundlegenden digitalen Infrastruktur: Netzwerkanbieter, Cloud-Provider und Rechenzentren.
Vor welchen Herausforderungen stehen in diesem Kontext Smart Cities?
Kommunen stehen beim Auf- und Ausbau der Smart City vor drei zentralen Herausforderungen: Erstens müssen sie einen Weg finden, wie sie die immensen Datenmassen aus vernetzten Sensoren, Apps und Geräten übertragen und zu ihrem Nutzen auswerten können. Zweitens gilt es, eine Vielzahl von heterogenen Akteuren und Programmen zusammenzubringen, um gemeinsame Lösungen in den Bereichen Verkehr, Energiemanagement oder dem Gesundheitswesen umzusetzen. Drittens benötigen sie möglichst sichere Verbindungsmöglichkeiten, über die sie auch sensible Daten miteinander Teilen können.
In allen drei Fällen ist der Aufbau effektiver, digitaler Infrastrukturen nötig, um die Herausforderungen zu meistern. Dies umfasst den Ausbau von Breitbandverbindungen, 5G sowie privater Verbindungsmöglichkeiten zu Clouds und Netzwerken innerhalb von Rechenzentren. Gerade private Verbindungen zeichnen sich dabei durch maximale Sicherheit vor unbefugten Zugriffen und Ausfällen aus, da sich Partner direkt im Rechenzentrum vernetzen und so das öffentliche Internet umgehen.
„Die “interconnected“ Stadt wird für die Generationen, die nach uns kommen, zum Alltag gehören und die Art und Weise, wie Menschen in Städten zusammenleben, radikal verändern.“
Jens-Peter Feidner
Wie gut ist Deutschland Ihrer Meinung nach aufgestellt, bezüglich der Smart-City-Konzepte und des Status quo in Sachen Umsetzung?
Zahlreiche Städte in Deutschland investieren in vielversprechende Pilotprojekte um Verwaltung, Gesundheitsversorgung oder Energiemanagement zu digitalisieren und effizienter zu gestalten. Einige Kommunen – etwa Hamburg oder München – haben zudem detaillierte Digitalisierungsstrategien verabschiedet, die eine umfassende Vernetzung und Digitalisierung der städtischen Infrastruktur zum Ziel haben. Dennoch ist die Vision der voll vernetzten und integrierten Smart City bislang noch nicht erreicht worden.
Kommunen sollten sich in den kommenden Jahren vor allem darauf konzentrieren, innovative Partner zu finden und zusammen mit diesen leistungsstarke IT-Infrastrukturen aufzubauen, mit denen sie Smart City-Projekte weiter vorantreiben können. Die “interconnected“ Stadt wird für die Generationen, die nach uns kommen, zum Alltag gehören und die Art und Weise, wie Menschen in Städten zusammenleben, radikal verändern. Bis dahin arbeiten unzählige Digital-Pioniere jeden Tag schon heute daran, die Grundlage für diese Vision zu schaffen und das Fundament, das andere vor uns gelegt haben, weiter voranzutreiben. Gemeinsam mit unseren Kunden und Partnern verstehen wir uns als wesentlichen Teil dieses Fundaments und werden dieser Verantwortung gerecht.
Kommentare sind deaktiviert.