Die Energiewende als Balanceakt für Unternehmen

Gastbeitrag von Philip Gutschke.

Bis 2050 soll die Energie in Deutschland zu rund 60 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Darüber hinaus soll die allgemeine Energieeffizienz deutlich erhöht werden. Welche Rolle nehmen deutsche Unternehmen dabei ein und wie kann der Balanceakt zwischen Wirtschaftswachstum und Klimafreundlichkeit gelingen? Philip Gutschke, Bereichsleiter der Energiebeschaffung bei wattline, gibt einen Einblick in dieses komplexe Thema.

Unternehmen in der Verantwortung

Unternehmen sind für rund 70 % des Primärenergieverbrauchs in Deutschland verantwortlich. Dementsprechend groß ist der Einfluss, den Unternehmen mit ihren Entscheidungen auf die Energiewende haben. Wer große Energiemengen verbraucht, sollte jetzt dafür sorgen, dass diese nicht mehr aus fossilen Brennstoffen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle stammen. Dafür sind oft weitreichende Investitionen notwendig, um das eigene Unternehmen entsprechend umzurüsten.

 

Über den Autor:  Philip Gutschke ist Leiter der Energiebeschaffung bei der wattline GmbH. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Energiesektor und begann seine berufliche Laufbahn als Unternehmensberater. Bei einem Energieversorger vertiefte er sein Wissen und verantwortet heute die strategischen und operativen Einkaufsprozesse bei wattline.

 

Was Unternehmen nun unter einen Hut bekommen müssen

Es heißt nun also weg vom klassischen Wachstum mit allen Mitteln und hin zu einer nachhaltig wachsenden Wirtschaft mit erneuerbaren Energien. Denn um wirtschaftlich weiterhin erfolgreich zu sein und die Ziele für eine nachhaltigere Zukunft zu erreichen, müssen Unternehmen nun viele Aspekte gleichzeitig im Auge behalten:

  • Einhalten der gesetzlichen Vorgaben
  • Sicherstellen der Rentabilität
  • Erhalten der Wettbewerbsfähigkeit
  • Investieren in zukunftsfähige Lösungen
  • Bewahren eines positiven Corporate Images nach innen und außen

Eine wesentliche Rolle bei all diesen Punkten spielen die damit verbundenen Kosten. Die wattline-Studie zur Energiewende 2024 zeigt: Über die Hälfte der Führungskräfte sieht in den begrenzten finanziellen Ressourcen die größte Herausforderung bei der Umsetzung der Energiewende. Mehr als ein Drittel der Befragten nennt außerdem mangelnde Infrastruktur als weiteres Hindernis, um die Energiewende erfolgreich umzusetzen.

 

Nur ein kleiner Prozentsatz der Führungskräfte sieht in der Umsetzung der Energiewende keine Herausforderung (© www.wattline.de).

 

Nicht nur die Kosten stellen Unternehmen vor Herausforderungen

Unternehmen stehen nun vor der Aufgabe, zukunftssichere Technologien auszuwählen, die langfristig zu ihren individuellen Anforderungen passen. Diese Veränderungen gehen meist über die reine Frage nach der Energieversorgung hinaus: Neue Prozesse, wie beispielsweise eine neue Nachhaltigkeitsstrategie, gehen nicht selten auch mit einem kulturellen Wandel innerhalb des Unternehmens einher.

Das bedeutet, dass derartige Veränderungen von den Mitarbeitenden getragen werden müssen, um erfolgreich und nachhaltig implementiert zu werden. Herrscht aber im jeweiligen Fachbereich bereits ein Fachkräftemangel, kann dies Unternehmen weiter unter Druck setzen. Deshalb sind hier Unternehmen besonders in der Pflicht, ihre Teams inhaltlich rechtzeitig abzuholen und die Wichtigkeit der Maßnahmen zu verdeutlichen.

Tipp: Es empfiehlt sich, zumindest eine Person im Unternehmen zu haben, die als Ansprechperson für alle Fragen rund um die Energiewende zur Verfügung stehen kann. Dabei handelt es sich im Idealfall um eine Vertrauensperson, zu deren Aufgaben es gehört, sich regelmäßig im Bereich der Energiepolitik weiterzubilden.

Chancen ergreifen und nutzen

Auch wenn die Energiewende mit Herausforderungen für Unternehmen verbunden ist: Nicht zu handeln, wäre der falsche Ansatz. Über kurz oder lang wäre dies auch mit höheren Kosten verbunden, etwa, wenn dauerhaft der CO-Preis für die Nutzung fossiler Brennstoffe gezahlt werden muss.

Wer jetzt rechtzeitig in klimafreundliche Lösungen investiert, sichert sich auch einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz, die dies nicht tut. Denn verantwortungsvoll agierende Unternehmen sind bei Kunden ebenso beliebt wie bei Investoren. Auch potenzielle neue Fachkräfte werden sich von einem zukunftsorientierten Unternehmen eher angesprochen fühlen.

Aktiv mitgestalten statt nur dabei

Einige Unternehmen können die neuen Anforderungen bereits aktiv für sich nutzen und bringen klimagerechte Innovationen auf den Markt. So entstehen zum Beispiel ganz neue Ideen für Energieträger, wie etwa eine Megawattbatterie aus Salz.

Auch die bewusste Entscheidung für den Bezug von Ökostrom oder Biogas trägt dazu bei, die Energiewende weiter voranzutreiben. Wer unabhängig von den Energiemarktpreisen werden möchte, investiert – sofern möglich – am besten gleich in die eigene Versorgung mit Sonnenenergie.

Wie der Balanceakt gut gelingen kann

Um den Balanceakt zwischen Wirtschaftlichkeit und Energiewende gut zu meistern, sollten Unternehmen strategisch vorgehen und die eigenen Möglichkeiten bestmöglich ausloten. Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen kann es zudem hilfreich sein, sich mit anderen Unternehmen zusammenzuschließen und beispielsweise die Vorteile von Energie-Einkaufsgemeinschaften zu genießen.

Wer die Chancen der Energiewende für sich nutzen kann und sich entsprechend positioniert, wird als Unternehmen langfristig profitieren. Der springende Punkt dabei ist, stets offen zu sein und flexibel auf die neuen Bedingungen des Marktes zu reagieren.

Über den Autor: 

Philip Gutschke ist Leiter der Energiebeschaffung bei der wattline GmbH. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Energiesektor und begann seine berufliche Laufbahn als Unternehmensberater. Bei einem Energieversorger vertiefte er sein Wissen und verantwortet heute die strategischen und operativen Einkaufsprozesse bei wattline.